Viele Verfahren sind davon
abhängig, dass ein Sachverständiger sich zu einem bestimmten Problem kreis
äußern soll. Sei es zur Feststellung eines bestimmten Geschehensablaufs, sei es
zur (nicht rechtlichen) Bewertung eines solchen. So auch vorliegend: Die
Parteien stritten um die Zahlung restlichen Werklohns. Das Landgericht hatte
die Klage abgewiesen, da die Klägerin trotz Hinweis die geforderten
Nachtragspreise nicht auf die Preisermittlungsgrundlagen des Hauptvertrages
zurückführte. As OLG hat im Berufungsverfahren
sodann darauf abgestellt, ob es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten
Einheitspreisen um eine übliche Vergütung handele und diesbezüglich die
Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Nacheinander wurden vier
Sachverständige vom OLG beauftragt, aber keiner sah sich in der Lage, die Beweisfrage
zu beantworten. Daraufhin hat das OLG die Berufung der Klägerin mit der Begründung
zurückgewiesen, die Sachverständigen hätten die Beweisfrage nicht beantworten
können und ein geeigneter Sachverständiger sei nicht ersichtlich.
Die Nichtzulassungsbeschwerde
gegen das Urteil war teilweise erfolgreich; in diesem Rahmen war die
anschließende Revision erfolgreich.
Der BGH sieht hier Art. 103 Abs.
1 GG (den Anspruch auf rechtliches Gehör) verletzt. Die Nichtberücksichtigung
eines erheblichen Beweisangebotes verstoße stets gegen Art. 103 ZPO, wen sie im
Prozessrecht keine Stütze finde. Auch wenn
zwar der Richter das Beweisangebot zur Kenntnis genommen hat, aber die
unterlassene Beweisaufnahme im Prozessrecht keine Stütze findet, sei Art. 103
Abs. 1 GG ebenfalls verletzt.
Die Suche nach einem geeigneten
Sachverständigen obliege dem Gericht. Dieses könne die Parteien auffordern,
einen geeigneten Sachverständigen zu bezeichnen, § 404 Abs. 4 ZPO. Kann das
Gerichtallerdings unter Ausschöpfung aller Quellen keinen geeigneten
Sachverständigen finden, könne es nach Maßgabe des § 356 ZPO von der
Beweiserhebung absehen. Die entsprechenden Erwägungen müssen, eventuell unter Bezugnahme
auf entsprechende Verfügungen und Beschlüsse, nachvollziehbar im Urteil
dargelegt werden. Es müssen auch sämtliche Bemühungen des Gerichts so dargelegt
werden, dass sich aus ihnen der Schluss ergibt, dass der Beweis durch einen
Sachverständigen nicht geführt werden kann.
Diesen Anforderungen entsprach nach
Auffassung des BGH das angefochtene Urteil des OLG nicht. Es seien Kontaktaufnahmen
zu Kammern, Berufsverbänden und Institute nicht dokumentiert. Einer der sachverständigen
sei wegen fehlenden einschlägigen Fachgebiet abgelehnt worden, ohne ihm die
Möglichkeit zu geben, sich dazu zu äußern. Ein weiterer Sachverständiger wurde
lediglich auf Grund von Angaben eines ersten Sachverständigen abgelehnt. Eine
Kontaktaufnahme zu einem mit betriebswirtschaftlicher Kalkulation betrauten
Sachverständigen, der eigene Sachkunde hätte bejahen oder einen anderen
sachverständigen hätte vorschlagen können, wurde ebenfalls nicht dokumentziert.
Der Umstand, dass die Klägerin im
Beschwerdeverfahren selbst keinen Sachverständigen benannte, sei unbeachtlich,
da die Benennung des Sachverständigen nicht der beweisführenden Partei obläge.
BGH, Beschluss vom 29.03.2017 - VII ZR 149/15 -