Der Kläger als Pflichtteilsberechtigter begehrte mit seiner Klage von der Beklagten als Erbin Auskunft und Belegvorlage, um seine Pflichtteilsansprüche beziffern zu können. Die Beklagte vertrat die Ansicht, sie habe bereits einen Teil vorgelegt, aber der Kläger habe ohnehin keinen Anspruch auf Belegvorlage.
Das Landgericht hatte der Klage mit dem angefochtenen Teilurteil stattgegeben. Es sah die Beklagte ausnahmsweise als zur Belegvorlage verpflichtet an. Dem folgte das OLG im Berufungsverfahren nicht. Es legte seiner Entscheidung folgende Grundsätze zugrunde:
a) Die Auskunftspflicht des Erben nach § 2314 BGB
erstrecke sich auf alle tatsächlich zum Erbfall vorhandenen Aktiv- und
Passivposten.
b) Es
bestünde kein allgemeiner Anspruch auf Belegvorlage im Rahmen der Auskunft (OLG
Koblenz, Beschluss vom 20.02.2009 - 2 U 1386/08 -; OLG Düsseldorf, Urteil vom
06.07.2018 - I-7 U 9/17 -).
(1) Ausnahmsweise seien Unterlagen vorzulegen, wenn zum
Nachlass ein Unternehmen gehöre und zur Beurteilung von dessen Wert Bilanzen und
ähnliche Unterlagen erforderlich seien (BGH, Urteil vom 02.06.1960 - V ZR
124/59 -).
(2) Ausnahmsweise seien Unterlagen auch dann vorzulegen, wenn der Wert einzelner Nachlassgegenstände ungewiss sei und die Vorlage erforderlich sei, damit der Pflichtteilsberechtigte den Wert selbst abschätzen könne.
Maßgeblich sei, dass § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB nur auf § 260 BGB verweise, nicht auch auf § 259 BGB. § 260 BGB enthalte keine allgemeine Pflicht zur Rechenschaftslegung und auch keine Pflicht zur Vorlage von Belegen.
Die Ausnahmen, nach denen hier Unterlagen im Rahmen der dem Pflichtteilsberechtigten erteilten Auskunft zur eigenen Feststellung desselben zum Wert des Nachlasses erforderlich seien, lägen hier nicht vor.
Zum Nachlass würden ehemalige landwirtschaftliche Flächen gehören, die allerdings alle verpachtet seien. Es sei sicherlich für die Beklagte einfach, die Pachtverträge vorzulegen und praktisch für den Kläger zur späteren Bezifferung eines Anspruchs nützlich, die Pachtverträge zur Erkenntnis der Erträge aus diesen zu sehen. Auch sei die Vorlage nicht erforderlich um festzustellen, ob die Pachtflächen ein Landgut iSv. § 2312 BGB seien, da bei einem Streit über die Eigenschaft als Landgut es besonderer Sachkunde bedürfe und ggf. ein Gutachten einzuholen sei (BGH, Beschluss vom 26.09.2007 - IV ZR 207/06 -).
Allerdings würde dies die Vorlagepflicht nicht rechtfertigen; der Bestand des Nachlasses würde feststehen. Der Kläger habe hier einen Auskunftsanspruch (wenn auch mit Belegvorlage) geltend gemacht, § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Belege würden gerade nicht für den Auskunftsanspruch benötigt, sondern nur für den (selbständig neben dem Auskunftsanspruch stehenden) Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB benötigt und könnten von daher auch nur in diesem Rahmen begehrt werden. Ein Wertermittlungsanspruch sei aber nicht geltend gemacht worden.
Von daher könne der Pflichtteilsberechtigte auch keine Auskunft dazu begehen, ob die Erblasserin eine Vollmacht zur Verfügung über ihre Konten erteilt habe. Der Auskunftsanspruch sei auf die Bekanntgabe von Aktiven und Passiven beschränkt, zu denen eine Vollmacht nicht zählt.
Anmerkung: Das OLG hat in seiner
Entscheidung fehlerhaft für den Auskunftsanspruch § 2314 Abs. 1 BGB statt §
2314 Abs. 1 S. 1 BGB und für den Wertermittlungsanspruch § 2314 Abs. 2 BGB
statt § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB benannt. § 2314 Abs. 2 BGB behandelt die Kosten
für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses, der Wertermittlung pp.
OLG München, Urteil vom
23.08.2021 - 33 U 325/21 -