Vorliegend musste das Landgericht
über eine sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss
entscheiden, nachdem der Rechtspfleger des Amtsgerichts dieser nicht abgeholfen
hatte. Hier entschied nicht die zuständige Kammer in voller Besetzung, sondern
der Einzelrichter. Er wies die sofortige Beschwerde zurück, ließ aber die
Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung zu. Der BGH hat nun nicht über die
der Entscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage entschieden, sondern den
Beschluss des Einzelrichters wegen eines Verstoßes gegen den „gesetzlichen
Richter“ aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das
Landgericht zurückverwiesen.
Ein Verstoß gegen den „gesetzlichen
Richter“ (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) führt zwingend zur Aufhebung der darauf
beruhenden Entscheidung, da nur der „gesetzliche Richter“ befugt ist, eine
Entscheidung in der Sache zu treffen. Es kommt also nicht darauf an, ob die
Entscheidung materiell-rechtlich zutreffend ist oder nicht und ob sie der BGH
bei einer Entscheidung in der Sache selbst stützen würde und eine gegen sie
erhobene Rechtsbeschwerde zurückweisen würde. Der Verstoß muss nicht notwendig
von dem Rechtsmittelführer gerügt werden; das Gericht hat dies, wenn sich
Anhaltspunkte für einen Verstoß ergeben, von Amts wegen zu prüfen (BSG, Urteil vom
23.08.2007 - B 4 RS 2/06 R -; BGH, Beschluss vom 18.09.2018 - VI ZB 34/17 -).
Grundlage ist im
Beschwerdeverfahren § 568 ZPO, demzufolge das Beschwerdegericht durch eines
seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, § 568 S. 1 ZPO, wenn die
angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter (oder wie hier) einem
Rechtspfleger erlassen wurde. Allerdings ist der an sich originär zuständige
Einzelrichter nach § 568 S. 2 ZPO verpflichtet, der Kammer (Landgericht) oder
dem Senat (Oberlandesgericht) das Verfahren zu übertragen, wenn die Sache
besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (Nr. 1.)
oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 2.).
Indem vorliegend der
Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen habe, habe er der Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung beigemessen. Auch wenn § 568 S. 3 ZPO die Begründung eines
Rechtsmittels mit der erfolgten oder unterlassenen Übertragung ausschließt, sieht
der BGH in dem Beschluss doch eine objektiv willkürliche Entscheidung des
Einzelrichters und Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen
Richters, da er nach § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO zwingend bei Annahme einer grundsätzlichen
Bedeutung das Verfahren der Kammer hätte vorlegen müssen.
BGH, Beschluss vom 18,12,2018 - VI ZB 2/18 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 9. Januar 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
- Der Beschwerdewert beträgt bis zu 1.000 €.
Gründe
- I.
- Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss. Er hat am 27. Januar 2017 bei dem Amtsgericht Klage erhoben. Mit bei dem Amtsgericht am 2. Februar 2017 eingegangenem Schriftsatz hat er die Klage zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 hat sich ein Rechtsanwalt für den Beklagten bestellt und den von ihm gestellten Klageabweisungsantrag am 8. Februar 2017 begründet. Am 13. Februar 2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Kenntnis von der Klagerücknahme erlangt.
- Nachdem die Kosten dem Kläger auferlegt worden waren, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 31. März 2017 die von dem Kläger dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf Antrag des Beklagten in Höhe von 638,54 € festgesetzt (1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG aus einem Gebührenwert von 4.800 €, Pauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG, zzgl. USt. sowie 146 € verauslagte Gerichtskosten/Zustellungskosten).
- Das Beschwerdegericht - Einzelrichter - hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Rechtsbeschwerdeführer gegen die Kostenfestsetzung zugunsten des Beklagten.
- II.
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, ein Kostenerstattungsanspruch bestehe auch dann, wenn der Rechtsanwalt des Beklagten nach Zustellung der Klage und in Unkenntnis der Klagerücknahme tätig geworden sei. Die Kosten seien notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dem Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, sich innerhalb der ihm gesetzten Fristen gegen die Klage verteidigt zu haben. Anderenfalls müsse er Rechtsnachteile befürchten. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Februar 2016 (III ZB 66/15) könne nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen werden.
- 2. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 575 ZPO) ist begründet. Der angefochtene Beschluss unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil er unter Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist.
- Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, die grundsätzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen, das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 ZPO zwingend dem Kollegium zu übertragen. Bejaht er - wie hier - mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, entscheidet er aber zugleich in der Sache als Einzelrichter, so ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, was vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17, juris Rn. 5 mwN).
- 3. Für das weitere Verfahren weist der erkennende Senat auf folgendes hin:
- a) Das Beschwerdegericht ist zu Recht von der (grundsätzlichen) Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten ausgegangen, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16, VersR 2018, 1469; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 112/17, NJW 2018, 1403 Rn. 22 ff.).
- b) Nach der Zurückverweisung wird das Beschwerdegericht auch Gelegenheit haben, die Rüge des Klägers in Bezug auf den Ansatz der verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 146 € in dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu überprüfen. Die Zahlung von Gerichtskosten durch den Beklagten ist nicht ersichtlich.
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