Donnerstag, 25. Juli 2019

Influencer-Marketing und verbotene getarnte Werbung (§ 5a Abs. 6 UWG)


Der Antragsgegner (AG) war nach seinem Internetauftritt seit 2012 hauptberuflich mit der Gestaltung von Aquarienlandschaften beschäftigt. Auf Instagram präsentierte er unter dem Pseudonamen „X“ Aquarien, Aquarienzubehör und Wasserpflanzen, wobei er u.a. Wasserpflanzen der Firma Y zeigte und die gezeigten Produkte mit dem Instagram-Account des Herstellers verlinkte. Zu seiner Person hieß es auf youtube, dass er seit Juli 2017 für die Sozialen Medien bei Y tätig sei. Der Antragsteller (AS), der im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die Untersagung bestimmter Angaben und Abbildungen durch den AG auf Instagram im Rahmen kommerzieller Werbung ohne Hinweis darauf verlangte,  verwies auf einen Verstoß von § 5a Abs. 6 UWG. Dort heißt es:

Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Das Landgericht sah keinen Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG und hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde führte zum Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung.

Kernfrage war, ob es sich bei der Produktpräsentation des Antragsgegners um redaktionelle Werbung iSv. § 5a Abs. 6 UWG (so die Auffassung des Antragstellers) oder um private Empfehlungen resp. Meinungsäußerungen (so die Auffassung des Antragsgegners) handelt.

Das OLG stellte darauf ab, dass geschäftliches Handeln gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss sei, welches mit der Förderung des Warenabsatzes objektiv zusammenhänge. Hier habe die streitbefangene Präsentation Werbung dargestellt, die dem Absatz dieser Produkte habe dienen sollen. Dieser Annahme würde nicht das Auftreten des Antragsgegners auf Instagram als „X“ entgegenstehen, da dieser nach Auffassung des OLG Entgelte oder sonstige Vorteile (wie Rabatte oder Zugaben) erhalte. Dafür sprächen die hauptberufliche Befassung mit Aquarienlandschaften sowie die geschäftliche Beziehung des AG zu Y, wie durch die Beschreibung des AG bei youtube belegt würde. Zudem würde auch die Verlinkung der präsentierten Produkte mit dem Instagram-Account des Herstellers ein starkes Indiz gegen die Annahme darstellen, es würde sich nur um eine private Meinungsäußerung handeln, und für die Annahme des kommerziellen Zwecks sprechen (KG, Beschluss vom 11.10.2017 – 5 W 221/17, S. 19).

Die weitere Voraussetzung des § 5a Abs. 6 UWG, dass der Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst würde, die er ohne diese Produktwerbung ansonsten nicht tätigen würde, liegt nach Annahme des OLG auch vor. Eine geschäftliche Entscheidung läge danach nicht nur in dem Aufrufen eines Verkaufsportals (dem Betreten eines Geschäfts gleichstehend) vor, vielmehr genüge bereits das Öffnen einer Internetseite, die es ermögliche, sich näher mit dem Produkt auseinanderzusetzen (BGH, Urteil vom 07.03.2019 - I ZR 184/127 -). Da vorliegend der Leser des AG auf den Instagram-Account des Herstellers geleitet würde und sich dort mit dem Produkt näher zu befassen, läge in dem Klick die geschäftliche Entscheidung.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.06.2019 - 6 W 35/19 -

Aus den Gründen:


Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert.
Dem Antragsgegner wird es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Antragsgegner, untersagt, im geschäftlichen Verkehr in sozialen Medien, beispielsweise in dem sozialen Medium „Instagram“ unter Abbildung von verschiedenen Aquarien, Aquarienzubehör und Wasserpflanzen (z. B. unter der Bezeichnung „X“) kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, indem dies geschieht wie
-mit der Abbildung von Aquarien, Aquarienzubehör und/oder Wasserpflanzen,
unter der Bezeichnung „X = 1. Ansicht (Anlage A3-1, A3-8, A3-11)
-nach Abruf der 1. Ansicht durch einen Klick des Anzeigens des Namens von einem oder mehreren Unternehmen (oder Marken) auf der gleichen Seite unter der Bezeichnung „X“ = 2. Ansicht (Anlage A3-2, A3-9, A3-12)
und
-durch einen weiteren Klick auf die eingeblendeten Namen des Unternehmens (oder der Marke), deren Namen bei der 2. Ansicht ins Bild gekommen ist, Weiterleitung auf den jeweiligen Account der/des Unternehmens = 3. Ansicht,
ohne die 1. oder 2. Ansicht als kommerzielle Veröffentlichung zu kennzeichnen,
jeweils wenn dies geschieht wie In Anlage A3-1 - A3-7 zum Schriftsatz vom 12.04.2019 wiedergegeben.
Die Kosten des Eilverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Beschwerdewert: 20.000,-- €

Gründe

I.
Der Antragsgegner arbeitet ausweislich seines Internetauftritts (Anlage A 17 zum Schriftsatz des Antragstellers vom 28. März 2019) seit 2012 hauptberuflich als Aquasacaper, das heißt er gestaltet Aquarienlandschaften. Auf Instagram tritt er unter seinem angenommenen Namen „X“ auf und präsentiert Aquarien, Aquarienzubehör und Wasserpflanzen wie aus den Anlagen A 3-1 bis A 3-7 zum Schriftsatz vom 12.04.2019 wiedergegeben. Er zeigt dort u.a. Wasserpflanzen der Firma Y.
In der Beschreibung seiner Person bei youtube heißt es:
„Since July 2017 he is responsible for the social media of the Y.“ (Anlage A 3 zur Antragsschrift).
Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner betreibe mit der Produktpräsentation auf seinem Instagram-Account verbotene redaktionelle Werbung im Sinne von § 5a Abs. 6 UWG.
Der Antragsgegner behauptet, es handele sich um rein private Empfehlungen bzw. private Meinungsäußerungen, die nicht als Werbung zu kennzeichnen seien.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nicht dargetan sei. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 5a Abs. 6 UWG auch deshalb nicht gegeben, weil nicht ersichtlich sei, dass der Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werde, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 3, 5a Abs. 6 UWG. Gemäß § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt.
Der angegriffene Internetauftritt des Antragsgegners stellt zur Überzeugung des Senats eine geschäftliche Handlung dar.
Geschäftliche Handlung ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unter anderem jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv zusammenhängt. Darunter fällt auch der streitgegenständliche Auftritt, bei dem es sich um Werbung handelt, die den Absatz der dort präsentierten Aquarien und Aquarienzubehörartikel fördern soll. Dass es sich hierbei um eine Präsentation des auf Instagram als „X“ auftretenden Antragsgegners handelt, steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht entgegen, weil dieser nach der Einschätzung des Senats hierfür Entgelte oder sonstige Vorteile, wie z.B. Rabatte oder Zugaben, erhält (vgl. auch KG, Beschluss vom 11. Oktober 2017, 5 W 221/17, Seite 19). Hierfür spricht zunächst, dass der Antragsgegner sich hauptberuflich mit der Gestaltung von Aquarienlandschaften beschäftigt. Dass er geschäftliche Beziehungen zu den Unternehmen unterhält, deren Produkte er bei Instagram präsentiert, liegt nicht nur sehr nahe, sondern ist in Bezug auf die Firma Y durch die Beschreibung des Antragsgegners bei youtube belegt. Im Übrigen ist die Verlinkung der präsentierten Produkte mit dem Instagram-Account des jeweiligen Herstellers ein starkes Indiz dafür, dass es dem Antragsgegner nicht nur um eine private Meinungsäußerung geht, er vielmehr mit der Präsentation einen kommerziellen Zweck verfolgt (ebenso KG, a.a.O.).
Weiter setzt § 5a Abs. 6 UWG voraus, dass die geschäftliche Handlung geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Entscheidung ist nicht nur das Aufrufen eines Verkaufsprotals, das dem Betreten eines Geschäfts gleichsteht. Es genügt das Öffnen einer Internetseite, die es ermöglicht, sich näher mit einem bestimmten Produkt zu befassen (BGH, Urteil vom 7. März 2019, I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III, Tz. 29, Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 37. Aufl., § 2 Rdn. 159). Im Streitfall wird der angesprochene Verkehr auf den Instagram-Account der Hersteller geleitet, die die von dem Antragsgegner präsentierten Produkte vertreiben, wo sie die Möglichkeit haben, sich näher mit den jeweiligen Produkten zu befassen. Hierin liegt eine geschäftliche Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO.

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