Mittwoch, 27. Juni 2018

Nebenkosten und Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 BGB gegenüber dem dinglichen Wohnungsberechtigten


Die Klägerin erwarb 2006 eine Eigentumswohnung und räumte dem beklagten an dieser ein lebenslängliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht (dingliches Nutzungsrecht) ein. Der Beklagte war verpflichtet, die auf den Mieter umlegbaren Betriebskosten (Nebenkosten) für die Wohnung zu tragen, so insbes. die Kosten für Wasser, Abwasser, Heizung, Strom, Versicherung und Grundsteuer. Vorauszahlungen darauf waren nicht geschuldet. Für 2010 erstellte die Klägerin am 22.12.2014 die Nebenkostenabrechnung und machte diese gerichtlich geltend. Die Klage wurde vom Amts- und Landgericht abgewiesen; auch die zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Nach Ansicht des BGH hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf die Abrechnung des Eigentümers gegenüber dem dinglich Nutzungsberechtigten die Regelung aus dem Mietrecht nach § 556 Abs. 3 BGB entsprechend angewandt. Nach dieser Regelung hat der Vermieter gegenüber dem Mieter von Wohnraum die Vorauszahlungen auf Betriebskosten binnen zwölf Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode (die maximal 12 Kalendermonate betragen darf) vorzunehmen. Dementsprechend habe der Senat bereits entscheiden, dass die Abrechnung des Eigentümers gegenüber dem dinglich Nutzungsberechtigten auch innerhalb dieser Frist zu erfolgen habe (Urteil vom 25.09.2009 - V ZR 36/09 -).  Noch nicht entschieden sei, wie es sich verhält, wenn (wie vorliegend) der dinglich Nutzungsberechtigte keine Vorauszahlungen zu leisten habe. Dies sei umstritten, doch würde sich der Senat der Ansicht anschließen, die auch in diesem Fall § 556 Abs. 3 BGB entsprechend anwenden will.

Das Gesetz enthalte hier eine planwidrige Regelungslücke, soweit es nicht berücksichtigt, dass nicht notwendig vereinbart werden müsse, dass auf Nebenkosten Vorauszahlungen zu leisten sind. Ersichtlich sei der Gesetzgeber nur davon ausgegangen, dass entweder eine Pauschale (ohne Abrechnung) vereinbart würde, oder Vorauszahlungen, über die abzurechnen sei (und für die der Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist keine Nachforderung mehr geltend machen könne). Eine Regelungsbedürftigkeit der fristgebundenen Abrechnung ohne Vorauszahlungen sei als nicht notwendig angesehen worden, da dies unüblich sei. Diese Lücke sei für das dingliche Wohnungsrecht (welches der Gesetzgeber auch nicht bedacht hat und wegen dem auch eine Regelungslücke vorliegt) durch eine entsprechende Anwendung des § 556 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB zu schließen. Ziel der Fristgebundenheit der Abrechnung sei, durch eine zeitnahe Abrechnung dem Mieter Abrechnungssicherheit zu geben und Streit zu vermeiden (BT-Drucks. 14/4533 S. 37; Urteil des BGH vom 05.07.2006 - VIII 220/05 -). Dies rechtfertige die Anwendung der Norm auch für den dinglichen Wohnungsberechtigten.

Auch wenn dieser mangels Vorauszahlungen kein Guthaben haben könne, müsse er damit rechnen, dass Forderungen auf ihn zukommen würden. Von daher habe er ein berechtigtes Interesse daran, nach Ablauf des Abrechnungszeitraums Klarheit über die Höhe der Betriebskosten zu erlangen, zumal sich über mehrere Abrechnungszeiträume hinweg hohe Forderungen gegen ihn ansammeln könnten. Denn für die Verjährung des Anspruchs auf Nachzahlung sei der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem dem Wohnungsberechtigten die Abrechnung zugehen würde, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

BGH, Urteil vom 16.03.2018 - V ZR 16/17 -


Aus den Gründen:


Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 25. Januar 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Auf der Grundlage eines notariellen Kaufvertrags vom 13. Juli 2006 erwarb die Klägerin von dem Beklagten eine Eigentumswohnung und räumte diesem daran ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht ein. Der Beklagte verpflichtete sich, die auf einen Mieter umlegbaren Nebenkosten hinsichtlich des Vertragsgegenstandes zu tragen, insbesondere die Kosten für Wasser, Abwasser, Heizung, Strom, Versicherung und Grundsteuer. Vorauszahlungen wurden nicht vereinbart.
Für das Kalenderjahr 2010 erstellte die Klägerin am 22. Dezember 2014 eine Nebenkostenabrechnung. Von dem darin ausgewiesenen Betrag von 3.906,55 € hat die Klägerin mit der Klage zuletzt 3.827,74 € geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin sei mit ihrer Nebenkostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB analog ausgeschlossen, weil sie nicht innerhalb der in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgesehenen Frist abgerechnet habe. Die Pflicht des Beklagten zur Zahlung von Nebenkosten ergebe sich aus einer neben dem dinglichen Wohnungsrecht stehenden vertraglichen Abrede. Auf diese seien die Regelungen des § 556 Abs. 3 BGB entsprechend anwendbar. Das gelte auch dann, wenn keine Vorauszahlungen auf die Nebenkosten geschuldet seien. Die Zielsetzung der Vorschrift, dem Wohnungsberechtigten rasch Gewissheit über die zu leistende Zahlung zu geben und Streit über lange zurückliegende Abrechnungszeiträume zu vermeiden, spreche für ihre Anwendung auch dann, wenn Vorauszahlungen nicht vereinbart seien. Dass die Nebenkosten dem Wohnungsberechtigten, anders als dem Mieter, auch ohne gesonderte Vereinbarung zur Last fielen, hindere die entsprechende Anwendung des § 556 Abs. 3 BGB nicht.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Klägerin ist mit der Geltendmachung ihres Anspruchs auf Erstattung der Betriebskosten für das Jahr 2010 nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB analog ausgeschlossen, weil sie die Abrechnungsfrist versäumt hat.
1. Hat der Eigentümer, wie hier, die von dem dinglichen Wohnungsberechtigten zu tragenden Betriebskosten verauslagt, ist Grundlage des Erstattungsanspruchs eine Abrechnung über die Höhe der tatsächlich entstandenen und umzulegenden Betriebskosten. Sind keine Vorauszahlungen geleistet, beschränkt sich die Abrechnung auf die Zusammenstellung der im Abrechnungszeitraum entstandenen und umlagefähigen Betriebskosten.
2. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass auf diese Abrechnung des Eigentümers über die von dem dinglich Wohnungsberechtigten zu tragenden Betriebskosten die Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB entsprechende Anwendung finden.
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass im Verhältnis von Eigentümer und dinglich Wohnungsberechtigten für die Abrechnung über die Vorauszahlungen, die der Berechtigte auf die von ihm zu tragenden Betriebskosten zu leisten hat, die Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB entsprechend gelten (Urteil vom 25. September 2009 - V ZR 36/09, WuM 2009, 672 Rn. 11 ff.). Das bedeutet, dass der Eigentümer die Abrechnung über die Betriebskosten dem dinglich Wohnungsberechtigten spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen muss (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB entsprechend); nach dem Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch den Eigentümer ausgeschlossen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechend).
b) Noch nicht entschieden hat der Senat, wie es sich verhält, wenn der dinglich Wohnungsberechtigte zwar Betriebskosten zu tragen hat, Vorauszahlungen aber - wie hier - nicht vereinbart sind. Das ist umstritten.
aa) Teilweise wird angenommen, die Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB seien auch in diesem Fall entsprechend anwendbar (doppelte Analogie, vgl. LG Köln, NZM 2017, 763; AG Frankenberg-Eder, ZMR 2017, 896 f.; Schmid, ZfIR 2012, 231, 232; Pfeifer, jurisPR-MietR 17/2017 Anm. 3). Nach anderer Auffassung liegen die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vor (Grauer, IMR 2018, 2176). So hat es das Oberlandesgericht Zweibrücken in einem früheren Rechtsstreit der Parteien über eine Betriebskostennachforderung für die Jahre 2007 bis 2009 gesehen.
bb) Auch im Wohnraummietrecht wird die Anwendbarkeit des § 556 Abs. 3 BGB für den Fall, dass keine Vorausleistungen des Mieters auf Betriebskosten vereinbart sind, unterschiedlich beurteilt.
Teilweise wird sie bejaht. Auch der Mieter, der die Mietkosten zu tragen habe, aber keine Vorauszahlungen schulde, sei daran interessiert, in angemessener Zeit zu erfahren, welchen Betrag er für den abgelaufenen Abrechnungszeitraum zu entrichten habe. In dem Unterlassen einer Vorschussvereinbarung könne die „Vorschusshöhe Null“ als vereinbart angesehen werden (vgl. LG Berlin, GE 2007, 1252; Blank/Börstinghaus/Blank, Miete, 5. Aufl., § 556 BGB Rn. 137, 202; Langenberg in Schmidt-Futter, Mietrecht, 13. Aufl., § 556 BGB Rn. 446; Langenberg/Zehelein in Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Aufl., G.II., Rn. 35; BeckOKMietrecht/Pfeifer [1.12.2017], § 556 BGB Rn. 1261; Schneider, in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2013, § 556 BGB Rn. 351; Lützenkirchen, NJW 2015, 3078; Schmid, ZfIR 2012, 231, 232; ders., NZM 2012, 855, 856).
Nach anderer Auffassung ist § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nur anwendbar, wenn eine Pflicht zur Entrichtung von Vorauszahlungen besteht. Die Regelung wolle den Mieter vor unvorhergesehenen Nachforderungen schützen. Dieses Schutzes bedürfte ein Mieter, der keine Vorauszahlungen leiste, nicht. Demgegenüber würde der Vermieter, der nicht binnen zwölf Monaten nach Ablauf des Abrechnungszeitraums dem Mieter die Abrechnung mitteile, mit seiner Forderung gänzlich ausfallen und schlechter stehen als der Vermieter, der sich mit dem Mieter auf Vorauszahlungen verständigt habe (vgl. LG München II, NZM 2012, 342; AG Neuruppin, WuM 2011, 565 f.; AG Potsdam, ZMR 2011, 48; AG Berlin-Köpenick, GE 2006, 1411; Staudinger/Artz, BGB [2018], § 556 Rn. 106; BeckOGKBGB/Drager [1.1.2018], § 556 Rn. 101; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl., § 556 BGB Rn. 48; Breiholdt, in 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, 2011, S. 522, 529 ff.; Hausding, ZMR 2012, 777; Hein, Info M 2012, 322; Grauer, IMR 2018, 2176).
c) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage für das dingliche Wohnungsrecht im Sinne einer analogen Anwendung des § 556 Abs. 3 BGB. Ist der dinglich Wohnungsberechtigte zur Zahlung von Betriebskosten verpflichtet, gelten für die Abrechnung der Betriebskosten die Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB auch dann entsprechend, wenn keine Vorauszahlungen vereinbart sind.
aa) Für diesen Fall liegt eine weitere planwidrige Regelungslücke im Bürgerlichen Gesetzbuch vor. Die erste, bereits von dem Senat geschlossene Lücke bestand darin, dass eine § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechende Regelung für den Fall fehlte, dass ein Wohnungsberechtigter Vorauszahlungen für die von ihm zu tragenden Betriebskosten an den Eigentümer leistet (vgl. Urteil vom 25. September 2009 - V ZR 36/09, WuM 2009, 672 Rn. 11 ff.). Eine Regelung fehlt auch für den hier gegebenen Fall, dass Vorauszahlungen nicht vereinbart sind. Der Wortlaut des § 556 Abs. 3 BGB erfasst diesen Fall nicht. Die Vorschrift betrifft die Abrechnung über die Vorauszahlung für die Betriebskosten (Satz 1 und 2) und die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter (Satz 3). Darum handelt es sich begrifflich nur, wenn nach Ablauf der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist ein Betrag verlangt wird, der eine bereits erteilte Abrechnung oder, falls eine rechtzeitige Abrechnung nicht erstellt worden ist, die Summe der Vorauszahlungen übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007 - VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142 Rn. 25; Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499, 1503).
bb) Das Fehlen einer Regelung für den Fall, dass derjenige, der Betriebskosten zu tragen, aber keine Vorauszahlungen an den Eigentümer zu leisten hat, ist keine bewusste gesetzgeberische Entscheidung. Es erklärt sich vielmehr daraus, dass der Gesetzgeber bei Einführung der Vorschrift des § 556 BGB durch Art. 1 des Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) die Überwälzung von Betriebskosten ohne Vereinbarung von Vorauszahlungen nicht bedacht hat. Entscheidend für die Regelung der Abrechnungspflicht in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB und der Abrechnungsfrist in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB war die Vorstellung des Gesetzgebers, dass zur besonderen Abgeltung von Betriebskosten durch den Mieter entweder eine Pauschale vereinbart wird, bei der eine spätere Abrechnung über die Betriebskosten nicht erfolgt, oder Vorauszahlungen zu leisten sind, über die abzurechnen ist. Letztere hat er als Regelfall angesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 14/4553, S. 37, 51). Die Abrechnung über Betriebskosten ohne Vereinbarung von Vorauszahlungen wurde nicht für regelungsbedürftig angesehen, weil die Vereinbarung einer Nettomiete ohne Vorauszahlungen für das Wohnraummietverhältnis unüblich ist. Daraus kann nicht auf einen Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, die Regelungen des § 556 Abs. 3 BGB seien für die Abrechnung nicht anwendbar, wenn der Nutzer keine Vorauszahlungen zu leisten hat.
cc) Die Lücke ist für das dingliche Wohnungsrecht durch eine entsprechende Anwendung von § 556 Abs. 3 BGB zu schließen. Das Ziel von § 556 Abs. 3 Satz 2 u. 3 BGB, durch eine zeitnahe Abrechnung dem Mieter Abrechnungssicherheit zu geben und Streit zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 37; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/5663, S. 79; BGH, Urteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 107/08, NZM 2009, 274 Rn. 15; Urteil vom 5. Juli 2006 - VIII ZR 220/05, NZM 2006, 740 Rn. 17 mwN), das auch dem Interesse des dinglichen Wohnungsberechtigten entspricht (Senat, Urteil vom 25. September 2009 - V ZR 36/09, WuM 2009, 672 Rn. 15), rechtfertigt die Anwendung der Vorschrift auch dann, wenn der dinglich Wohnungsberechtigte Betriebskosten zu tragen hat, aber keine Vorauszahlungen leisten muss.
Der dinglich Wohnungsberechtigte kann zwar mangels Vorauszahlungen kein Guthaben erlangt haben, über das er in angemessener Zeit Gewissheit erlangen soll. Er muss auch damit rechnen, dass Forderungen auf ihn zukommen. Trotzdem hat er ein Interesse daran, innerhalb einer absehbaren Zeit nach Ablauf des Abrechnungszeitraums Klarheit über die Höhe der Betriebskosten zu erlangen. Stünde es im Belieben des Eigentümers, wann er die Nebenkosten abrechnet, könnten sich über mehrere Abrechnungszeiträume hinweg hohe Forderungen ansammeln. Für den Beginn der Verjährung des Nachzahlungsanspruchs ist nämlich der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dem Wohnungsberechtigten die Abrechnung zugeht, weil vorher der Anspruch mangels Fälligkeit noch nicht entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; zur Wohnraummiete vgl. BGH, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 19. Dezember 1990 - VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188, 194; Urteil vom 14. Februar 2007 - VIII ZR 1/06, NJW 2007, 1059 Rn. 8; Urteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 261/07, NJW 2008, 2260 Rn. 10). Der Berechtigte müsste für lange Zeit Rücklagen bilden, ohne zu wissen, ob deren Höhe ausreicht. Demgegenüber könnte er bei zeitnaher Abrechnung je nach deren Ergebnis sein weiteres Verhalten ausrichten, nämlich entweder - bei verbrauchsabhängigen Betriebskosten - den Verbrauch beibehalten oder - insbesondere bei verbrauchsunabhängigen Betriebskosten - die Rücklagen unverändert lassen, erhöhen oder herabsetzen. Dieses Interesse deckt sich mit dem des Wohnberechtigten, der Vorauszahlungen auf Betriebskosten zahlt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 25. September 2009 - V ZR 36/09, WuM 2009, 672 Rn. 15). Es entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, durch die Regelung über die Abrechnungspflicht und -frist dem Nutzer Anreiz zu einem energiebewussteren Verhalten und zur Energieeinsparung zu geben (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 37).
Die analoge Anwendung von § 556 Abs. 3 BGB führt zwar zu Nachteilen für den Eigentümer. Versäumt er die Frist, ist sein Anspruch auf Erstattung der Betriebskosten gänzlich ausgeschlossen. Er steht somit schlechter als derjenige, der nicht fristgerecht über vereinbarte, aber von dem Wohnberechtigten tatsächlich nicht erbrachte Vorauszahlungen abrechnet. In diesem Fall kann der Eigentümer nach Ablauf der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nämlich den Betriebskostensaldo bis zur Höhe der vertraglich geschuldeten Vorauszahlungen verlangen. Nur hinsichtlich des darüberhinausgehenden Differenzbetrags, der sog. Abrechnungsspitze, handelt es sich dann um eine unzulässige Nachforderung im Sinne des § 556 Abs. 3 BGB, mit der er ausgeschlossen ist (vgl. zum Wohnraummietrecht BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007 - VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142 Rn. 25 f.).
Diesem Nachteil steht jedoch der Gewinn an Rechtssicherheit gegenüber, der nicht nur im Interesse des dinglich Wohnungsberechtigten, sondern auch im Interesse des Eigentümers erzielt wird. Eine zeitnahe Abrechnung ist weniger streitanfällig. Nach einem langen Zeitablauf wird es häufig schwierig sein zu klären, ob die Betriebskosten korrekt ermittelt bzw. Einwendungen berechtigt sind oder nicht. § 556 Abs. 3 BGB bietet zudem ein ausgewogenes Regelungskonzept, das der für den Eigentümer geltenden Abrechnungspflicht und Abrechnungsfrist den Einwendungsausschluss des Wohnungsberechtigten gegenüberstellt (§ 556 Abs. 3 Satz 5 u. 6 BGB; vgl. zur Wohnraummiete BGH, Urteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81 Rn. 24 f.; Beschluss vom 31. Januar 2012 - VIII ZR 335/10, GE 2012, 543 Rn. 4; Beschluss vom 18. Februar 2015 - VIII ZR 83/13, WuM 2014, 336 Rn. 2). Dadurch entsteht in absehbarer Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die daraus folgenden Ansprüche. Die berechtigten Belange von Eigentümer und Wohnungsberechtigten werden dadurch gewahrt, dass die (Nach-)Forderung bzw. die Einwendungen nicht ausgeschlossen sind, wenn der Eigentümer bzw. der Nutzer die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten haben (§ 556 Abs. 3 Satz 3 u. Satz 6 BGB entsprechend).
3. Danach ist die Klägerin mit der Geltendmachung ihres Anspruchs auf Erstattung der Betriebskosten für das Kalenderjahr 2010 ausgeschlossen, weil sie - ausgehend von den rechtsfehlerfreien und unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts, dass das Kalenderjahr als Abrechnungszeitraum vereinbart ist - die Abrechnung nicht bis zum Ablauf des Monats Dezember 2011, sondern erst im Dezember 2014 dem Beklagten mitgeteilt hat. Dass sie die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat, ist nicht festgestellt und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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