Bild: Ralf Kistner / pixelio.de |
Der Kläger befuhr seiner
Behauptung zufolge mit seinem Motorrad auf Feldwegen Richtung Main. Dort sei er
in einen Pfad eingebogen, der sich „erkennbar als Fahrbahn darstelle“ um dort
zu wenden. Quer über diesen „Pfad“ war eine Wasserleitung der Beklagten (auf
deren nicht als Privatgrundstück gekennzeichneten Gelände) verlegt, mit der er
kollidiert sein will. Durch den Sturz will er sich Verletzungen zugezogen
haben. Mit seiner Klage macht er gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche
einschließlich Schmerzensgeld geltend, da die Beklagte ihrer
Verkehrssicherungspflicht nicht genügt habe.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Das Amtsgericht wies die Klage
ab, da der Kläger den Nachweis einer von ihm behaupteten Kollision mit der
Wasserleitung nicht geführt habe. Im entsprechenden Bereich konnten später,
nachdem der Kläger einen Polizisten hinzuzog, keine Unfallspuren festgestellt
werden.
Das Amtsgericht wies aber darauf
hin, dass auch ansonsten die Klage abzuweisen gewesen wäre. Der „Pfad“ würde
sich bereits optisch deutlich von den offiziellen Feldwegen durch höheren
Grasbewuchs und weniger ausgebildeten Spuren abheben. Bereits daher hätte der
Kläger davon Abstand nehmen müssen, diesen Weg zu befahren oder aber äußerst
vorsichtig auf Sicht fahren müssen. Sowohl nach den Lichtbildern als auch der
Aussage des Polizeibeamten sei die Leitung deutlich sichtbar gewesen, weshalb
der Kläger bei einem Fahren auf Sicht auch dann noch hätte abbremsen können
müssen, wenn die Leitung vor einer Kurve durch Gras verdeckt gewesen sein
sollte. Das Eigenverschulden des Klägers würde hier ein etwaiges Verschulden
der Beklagten zurückdrängen.
AG Würzburg, Urteil vom 09.06.2015 - 15 C 671/15 -
Tatbestand
Die Parteien
streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Unfalls vom 11.06.2014 ge gen
19:50 Uhr.
Der Kläger fuhr mit seinem Kraftrad
(Crossmaschine) am 11.06.2014 gegen 19:50 Uhr im Be reich
des Mainufers zwischen Heidingsfeld und Winterhausen .
Die Beklagte
betreibt eine Rebschule und hat landwirtschaftliche Flächen am Mainufer
gepach tet. Zur
Rebenbewässerung liegt auf ihrem Grundstück mit entsprechender Genehmigung des Wasserwirtschaftsamtes eine Wasserrohrleitung im 90 Grad-Winkel zum
Mainufer. Angren zend an das Grundstück der Beklagten befinden
sich zwei offizielle
Feldwege, der Sölläcker
weg, der von der Staatsstraße 2418 im 90 Grad-Winkel runter zum Mainufer
führt sowie der par allel zur Staatsstraße und zum Mainufer
verlaufende Untere Wiesenweg. Im Bereich des Unte ren Wiesenwegs sind die Wasserrohrle itungen
deutlich gekennzeichnet und mit
Schlauch brücken versehen
. In dem Bereich zwischen
dem Unteren Wiesenweg
und dem Mainufer befin den sich keine
solchen Sicherungen.
Der Kläger trägt vor, er sei zunächst
auf dem Unteren Wiesenweg
gefahren , dann Richtung
Main abgebogen. Abgehend
vom Unteren Wiesenweg
und dann parallel zu diesem
in Richtung Mainufer gesehen
befände sich ein Pfad, der sich erkennbar
als Fahrbahn darstelle.
Der Kläger habe in diesem Bereich wenden wollen , und sei
dann mit der dort verlegten Wasserleitung kolli diert. Diese sei vom
Feldweg kommend durch hohes Gras verdeckt gewesen , so dass
er sie
nicht rechtzeitig habe sehen können. Der Unfall habe auf der
landwirtschaftlichen Fläche stattge funden, die von der Beklagten gepachtet sei.
Der Kläger ist der Ansicht , die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Es handele sich um einen
öffentlichen Weg, nachdem dort regelmäßig Kfz-Verkehr stattfinde, der von der Beklagten
nicht unterbunden werde. Hierfür sprächen
bereits die deutlich erkennbaren Fahrspuren.
Durch den Sturz habe sich der Kläger eine Überdehnung des medialen Kollateralbandes und eine Teilruptur Grad 1 an der lateralen Femurkondyle zugezogen.
Zudem habe er einen kräftigen
Reizerguss im Knie erlitten ; dieses
sei geschwollen gewesen und habe Schmerzen verursacht. Er sei 7 Wochen arbeitsunfähig und noch
mindestens weitere 3 bis 4 Wochen beeinträchtigt ge wesen . Der Kläger hält deswegen ein Schmerzensgeld in
Höhe von 1.500,00 EUR für gerechtfertigt, auch
unter Berücksichtigung einer Mithaftung.
Zudem seien ihm Fahrtkosten
entstanden. So sei er am 11.06.14 ins Krankenhaus nach Ochsenfurt 20 km gefahren
, ·am 12.06. zum Hausarzt in Eibelstadt 7 km, am 14.06. in das Kreiskranken haus Kitzingen 30 km, am 21.07. in die
Orthopädie Nowak in Würzburg 3p km, 12 x zur Kranken gymnastik
in Randersacker (insgesamt ca. 100 km)
und 3 x zum Rechtsanwalt (50 km). Er stellt sich den Ersatz einer Fahrtkostenpauschale von 0,3 EUR pro km, insgesamt 71,10 EUR vor. Zudem begehrt der Kläger Ersatz der Kosten
für die Zuzahlung bei der Krankenkasse zur Krankengymnastik in Höhe von 30,00 EUR
und den Ersatz einer ebenso hohen Auslagenpauschale.
Der Kläger beantragt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
1.631,1O € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
hieraus seit dem 08.09.2014 zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von
vorgerichtlichen Rechtsverfolgungs kosten
gegenüber ihren Anwälten, den Rechtsanwälten Dr. Vocke & Partner Würzburg in
Höhe von 255,85 € freizustellen.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in
das Ermessen des Gerichts gesetzt wird, das jedoch mindestens 1.500,00 €
betragen sollte, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt:
die Klage
abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet,
dass der Unfall überhaupt im Bereich
ihres Grundstücks stattfand und der Kläger an dieser Stelle zum Main runtergefahren und mit der dort verlegten Wasserleitung kollidiert sei. Die Wasserleitung sei in dem Bereich gut sichtbar gewesen , so dass man sie nicht hätte übersehen
kö'nnen. Hätte der Kläger sie tatsä_chlich übersehen, sei er selbst am Un fall schuld aufgrund Verstoßes
gegen § 3 StVO. Dieses Eigenverschulden des Klägers
sei so hoch, dass eine etwaige Schuld der Beklagten
zurücktrete.
Zudem seien bereits die Feldwege Sölläckerweg und Unterer Wiesenweg
nur für landwirtschaftli chen Verkehr freigegeben
gewesen. Die
Verkehrssicherungspflicht der Beklagten
beziehe sich nur auf berechtigte Nutzer.
Im Bereich des Pfades unterhalb
des Unteren Wiesenweges finde kein Kfz-Verkehr statt. Allenfalls
die Beklagte selbst benutze diesen für landwirtschaftliche Zwecke. Allenfalls seien dort Fußgänger geduldet.
Die
Unfallkausalität der vorgetragenen Verletzungen
wird beklagtenseits bestritten. Im Übrigen sei das geltend gemachte
Schmerzensgeld überhöht und läge selbst ohne Berücksichtigung einer Mithaftung unter 1.500,00 EUR,
nachdem die Teilruptur winzig sei.
Dass Fahrten, wie
klägerseits geltend gemacht, stattfanden und die jeweils behauptete Entfer nung werden bestritten, die
Fahrtkostenpauschale für zu hoch
gehalten , ebenso die allgemeine·Auslagen pauschale.
Das Gericht
hat Beweis erhoben durch uneidliche
Einvernahme d!3S Zeugen Oliver Müller. Zu dem wurden Kläger und Beklagte informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweis aufnahme und der
Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.05.2015 verwiesen.
Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft
Würzburg, Az. 981 AR 419/14
ist beigezogen
worden.
Wegen des weiteren
Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen .
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige
Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die
Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz und
Schmerzensgeld aus §§ 823 Abs.
1, Abs. 2 BGB, 229 StGB, 253 BGB.
1.
Der Kläger konnte nicht beweisen, dass er im Bereich des von der Beklagten
gepachteten land wirtschaftlichen Grundstücks
zu Fall gekommen ist.
Zwar
schilderte der Kläger in seiner mündlichen Anhörung durchaus glaubhaft, wie
seine entspre chende Fahrtroute war. Die Beklagte
bestritt dies aber
zulässigerweise mit Nichtwissen. Bewei se für sein Vorbringen hatte der Kläger keine.
Der insoweit vernommene Zeuge PK Müller gab an, an der Unfallsteile hätten sich
keinerlei Spuren befunden, die auf den geschilderten Unfall zurückschließen ließen. Auch am Motorrad selbst
und an der Rohrleitung, mit der der Kläger kollidiert
sein wolle , hätten sich keine Spuren befunden. Der Zeuge gab zwar auch an, dass solche Spuren bei einem Unfall
wie dem geschilderten nicht zu erwarten seien;
dies stellt aber keinen Beweis dafür dar, dass der Unfall tatsächlich statt gefunden hat. Es verbleibt
allein die klägerische Schilderung , die zulässigerweise bestritten wur de. Die Beweislast liegt beim Kläger.
2.
Im Übrigen
gilt folgendes:
Selbst wenn man annähme
, dass die Beklagte auch den Bereich, bei dem es sich nicht um einen offiziell freigegebenen Feldweg
handelt, sondern nur um einen Trampelpfad , entspre chend sichern müsste, so überwöge
das Eigenverschulden des Klägers am Unfall derart, dass ein etwaiges Verschulden der Beklagten dahinter
zurückträte (s. auch LG Wuppertal , Urteil vom 10.07.2007 , Az. 16 0 7/07, zitiert nach Juris).
Das Gericht geht nach der durchgefüh rten Beweisaufnahme davon aus, dass sich der Bereich
unterhalb des Unteren
Wiesenweges optisch deutlich
von den offiziellen Feldwegen unterschei det, der Grasbewuchs höher war und die Spuren weniger ausgebildet. Dies gab der Zeuge PK Müller in seiner
Einvernahme entsprechend an; zudem ergibt es sich aus den Lichtbildern der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Würzburg
, Az. 981 AR 419/14 . Allein die se Beschaffenheit des Weges
hätte den Kläger dazu veranlassen müssen, den Weg entweder gar nicht oder äußerst vorsichtig auf Sicht zu befahren.
Sowohl aus den Lichtbildern der beigezogenen Ermittlungsakte als auch aus der Aussage
des Zeugen PK Müller ergibt sich
ferner , dass die
Rohrleitung gut sichtbar und im Bereich des Trampelpfades nicht durch hohes Gras verdeckt
war. Zudem befand sie sich erst 3 bis 4 m nach der Kurve. Bei einem Fahren auf Sicht hätte der Kläger dementsprechend auch dann abbremsen können müssen, wenn die Leitung vor der Kurve durch das Gras auf der
landwirtschaftlichen Fläche verdeckt gewesen wäre. ·
Die Klage war dementsprechend abzuweisen .
II.
Die Kostenentscheidung beruht
auf § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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