Samstag, 13. Juni 2015

Motorradunfall durch querliegende Wasserleitung auf "Feldweg"

Bild: Ralf Kistner  / pixelio.de
Der Kläger befuhr seiner Behauptung zufolge mit seinem Motorrad auf Feldwegen Richtung Main. Dort sei er in einen Pfad eingebogen, der sich „erkennbar als Fahrbahn darstelle“ um dort zu wenden. Quer über diesen „Pfad“ war eine Wasserleitung der Beklagten (auf deren nicht als Privatgrundstück gekennzeichneten Gelände) verlegt, mit der er kollidiert sein will. Durch den Sturz will er sich Verletzungen zugezogen haben. Mit seiner Klage macht er gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche einschließlich Schmerzensgeld geltend, da die Beklagte ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht genügt habe.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, da der Kläger den Nachweis einer von ihm behaupteten Kollision mit der Wasserleitung nicht geführt habe. Im entsprechenden Bereich konnten später, nachdem der Kläger einen Polizisten hinzuzog, keine Unfallspuren festgestellt werden.


Das Amtsgericht wies aber darauf hin, dass auch ansonsten die Klage abzuweisen gewesen wäre. Der „Pfad“ würde sich bereits optisch deutlich von den offiziellen Feldwegen durch höheren Grasbewuchs und weniger ausgebildeten Spuren abheben. Bereits daher hätte der Kläger davon Abstand nehmen müssen, diesen Weg zu befahren oder aber äußerst vorsichtig auf Sicht fahren müssen. Sowohl nach den Lichtbildern als auch der Aussage des Polizeibeamten sei die Leitung deutlich sichtbar gewesen, weshalb der Kläger bei einem Fahren auf Sicht auch dann noch hätte abbremsen können müssen, wenn die Leitung vor einer Kurve durch Gras verdeckt gewesen sein sollte. Das Eigenverschulden des Klägers würde hier ein etwaiges Verschulden der Beklagten zurückdrängen. 

AG Würzburg, Urteil vom 09.06.2015 - 15 C 671/15 -

Aus den Gründen:



Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Unfalls vom 11.06.2014 ge­ gen 19:50 Uhr.

Der Kläger fuhr mit seinem Kraftrad (Crossmaschine) am 11.06.2014 gegen 19:50 Uhr im Be­ reich des Mainufers zwischen  Heidingsfeld  und Winterhausen .

Die Beklagte betreibt eine Rebschule und hat landwirtschaftliche Flächen am Mainufer gepach­ tet. Zur Rebenbewässerung liegt auf ihrem Grundstück mit entsprechender Genehmigung des Wasserwirtschaftsamtes  eine Wasserrohrleitung  im 90 Grad-Winkel  zum  Mainufer. Angren­ zend an das Grundstück der Beklagten befinden sich zwei offizielle Feldwege, der Sölläcker­ weg, der von der Staatsstraße 2418 im 90 Grad-Winkel runter zum Mainufer führt sowie der par­ allel zur Staatsstraße und zum Mainufer verlaufende Untere Wiesenweg. Im Bereich des Unte­ ren Wiesenwegs sind die Wasserrohrle itungen deutlich gekennzeichnet  und mit Schlauch­ brücken versehen . In dem Bereich zwischen dem Unteren Wiesenweg und dem Mainufer befin­ den sich keine solchen  Sicherungen.

Der Kläger trägt vor, er sei zunächst auf dem Unteren Wiesenweg gefahren , dann Richtung Main abgebogen. Abgehend vom Unteren Wiesenweg und dann parallel zu diesem in Richtung Mainufer gesehen befände sich ein Pfad, der sich erkennbar als Fahrbahn darstelle. Der Kläger habe in diesem Bereich wenden wollen , und sei dann mit der dort verlegten Wasserleitung kolli­ diert. Diese sei vom  Feldweg kommend durch hohes Gras verdeckt  gewesen , so dass er  sie nicht rechtzeitig habe sehen können. Der Unfall habe auf der landwirtschaftlichen Fläche stattge­ funden, die von der Beklagten gepachtet  sei.

Der Kläger ist der Ansicht , die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Es handele sich um einen öffentlichen Weg, nachdem dort regelmäßig Kfz-Verkehr stattfinde, der von der Beklagten nicht unterbunden werde. Hierfür sprächen bereits die deutlich erkennbaren Fahrspuren.

Durch den Sturz habe sich der Kläger eine Überdehnung des medialen Kollateralbandes und eine Teilruptur Grad 1 an der lateralen Femurkondyle zugezogen. Zudem habe er einen kräftigen Reizerguss  im Knie erlitten ; dieses sei geschwollen  gewesen  und habe Schmerzen verursacht. Er sei 7 Wochen arbeitsunfähig und noch mindestens weitere 3 bis 4 Wochen beeinträchtigt ge­ wesen . Der Kläger hält deswegen ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 EUR für gerechtfertigt, auch unter Berücksichtigung  einer Mithaftung.

Zudem seien  ihm Fahrtkosten entstanden.  So sei er am  11.06.14 ins Krankenhaus  nach Ochsenfurt 20 km gefahren , ·am 12.06. zum Hausarzt in Eibelstadt 7 km, am 14.06. in das Kreiskranken­ haus Kitzingen 30 km, am 21.07. in die Orthopädie Nowak in Würzburg 3p km, 12 x zur Kranken­ gymnastik  in Randersacker  (insgesamt ca. 100 km) und 3 x zum  Rechtsanwalt  (50 km). Er stellt sich den Ersatz einer Fahrtkostenpauschale von 0,3 EUR pro km, insgesamt 71,10 EUR vor. Zudem begehrt der Kläger Ersatz der Kosten für die Zuzahlung bei der Krankenkasse zur Krankengymnastik  in Höhe von 30,00 EUR und den Ersatz einer ebenso hohen  Auslagenpauschale.

Der Kläger beantragt:

1.           Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.631,1O nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.09.2014 zu zahlen.

2.           Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungs­ kosten gegenüber ihren Anwälten, den Rechtsanwälten Dr. Vocke & Partner Würzburg in Höhe von 255,85 € freizustellen.

3.           Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesetzt wird, das jedoch mindestens 1.500,00 € betragen sollte, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:


die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass der Unfall überhaupt im Bereich ihres Grundstücks stattfand und der Kläger an dieser Stelle zum Main runtergefahren und mit der dort verlegten Wasserleitung kollidiert sei. Die Wasserleitung  sei in dem Bereich gut sichtbar gewesen , so dass man sie nicht hätte übersehen kö'nnen. Hätte der Kläger sie tatsä_chlich übersehen, sei er selbst am Un­ fall schuld aufgrund Verstoßes  gegen § 3 StVO. Dieses Eigenverschulden des Klägers sei so hoch, dass eine etwaige Schuld der Beklagten zurücktrete.

Zudem seien bereits die Feldwege Sölläckerweg und Unterer Wiesenweg nur für landwirtschaftli­ chen Verkehr  freigegeben  gewesen.  Die Verkehrssicherungspflicht  der Beklagten beziehe sich nur auf berechtigte Nutzer. Im Bereich des Pfades unterhalb des Unteren Wiesenweges finde kein Kfz-Verkehr statt. Allenfalls die Beklagte selbst benutze diesen für landwirtschaftliche Zwecke. Allenfalls seien dort Fußgänger  geduldet.

Die Unfallkausalität der vorgetragenen  Verletzungen  wird beklagtenseits  bestritten. Im Übrigen sei das geltend gemachte Schmerzensgeld überhöht und läge selbst ohne Berücksichtigung einer Mithaftung unter 1.500,00 EUR, nachdem die Teilruptur winzig   sei.

Dass Fahrten, wie klägerseits geltend gemacht, stattfanden und die jeweils behauptete Entfer­ nung werden  bestritten, die Fahrtkostenpauschale  für zu hoch gehalten , ebenso die allgemeine·Auslagen pauschale.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme d!3S Zeugen Oliver Müller. Zu­ dem wurden Kläger und Beklagte informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweis­ aufnahme und der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.05.2015 verwiesen. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft  Würzburg, Az. 981 AR 419/14  ist beigezogen   worden.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen .

  
Entscheidungsgründe
  
I.

Die zulässige  Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld  aus §§ 823 Abs.  1, Abs. 2 BGB, 229  StGB, 253 BGB.

1.

Der Kläger konnte nicht beweisen, dass er im Bereich des von der Beklagten gepachteten land­ wirtschaftlichen  Grundstücks  zu  Fall gekommen ist.

Zwar schilderte der Kläger in seiner mündlichen Anhörung durchaus glaubhaft, wie seine entspre­ chende Fahrtroute war.  Die Beklagte  bestritt dies  aber zulässigerweise  mit Nichtwissen. Bewei­ se für sein Vorbringen  hatte der Kläger keine.

Der insoweit vernommene Zeuge PK Müller gab an, an der Unfallsteile hätten sich keinerlei  Spuren befunden, die auf den geschilderten Unfall zurückschließen ließen. Auch am Motorrad selbst und an der Rohrleitung, mit der der Kläger kollidiert sein wolle , hätten sich keine Spuren befunden. Der Zeuge gab zwar auch an, dass solche Spuren bei einem Unfall wie dem geschilderten nicht zu erwarten seien; dies stellt aber keinen Beweis dafür dar, dass der Unfall tatsächlich statt­ gefunden hat. Es verbleibt allein die klägerische Schilderung , die zulässigerweise bestritten wur­ de.  Die Beweislast  liegt  beim Kläger.

2.

Im Übrigen gilt folgendes:

Selbst wenn man annähme , dass die Beklagte auch den Bereich, bei dem es sich nicht um einen offiziell freigegebenen Feldweg handelt, sondern  nur um einen Trampelpfad , entspre­ chend sichern müsste, so überwöge das Eigenverschulden des Klägers am Unfall derart, dass ein etwaiges Verschulden der Beklagten dahinter zurückträte (s. auch LG Wuppertal , Urteil vom 10.07.2007 , Az.  16 0 7/07, zitiert nach Juris).

Das Gericht geht nach der durchgefüh rten Beweisaufnahme davon aus, dass sich der Bereich unterhalb des Unteren Wiesenweges optisch deutlich von den offiziellen Feldwegen unterschei­ det, der Grasbewuchs höher war und die Spuren weniger ausgebildet. Dies gab der Zeuge PK Müller in seiner Einvernahme entsprechend an; zudem ergibt es sich aus den Lichtbildern der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Würzburg , Az. 981 AR 419/14 . Allein die­ se Beschaffenheit des Weges hätte den Kläger dazu veranlassen müssen, den Weg entweder gar nicht oder äußerst vorsichtig  auf Sicht zu  befahren.

Sowohl aus den Lichtbildern der beigezogenen Ermittlungsakte als auch aus der Aussage des Zeugen PK Müller ergibt sich ferner , dass die Rohrleitung gut sichtbar und im Bereich des  Trampelpfades nicht durch hohes Gras verdeckt war. Zudem befand sie sich erst 3 bis 4 m nach der Kurve. Bei einem Fahren auf Sicht hätte der Kläger dementsprechend auch dann abbremsen können müssen, wenn die Leitung vor der Kurve durch das Gras auf der landwirtschaftlichen Fläche verdeckt  gewesen wäre.  ·

Die Klage war dementsprechend abzuweisen .


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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