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Samstag, 13. Februar 2021

Haftung des Landes bei Riss von Schafen durch einen Wolf ?

 

Die Kläger, Schafhalter und -züchter, machten gegen das Land Schleswig-Holstein Ansprüche wegen Verlustes von 12 Schaden geltend, der durch mehrere Angriffe eines Wolfs auf deren Schafherde im Zeitraum 25.10 bis 16.11.2018 entstand. Es kam zu Verhandlungen über die Art der Einzäunung bzw. des Zaunmaterials und schließlich zur Errichtung (zusammen mit Mitarbeitern des Landes) mit elektrischen Weidezäunen gesicherten Nachtpferches. Es wurde festgestellt, dass für die Risse der Wolf GW924 verantwortlich war. Nachdem dieser in der Folge bei einem anderen Halter einen als wolfssicher eingestuften Zaun überwand, wurde vom Land im Januar 2019 die Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zur Tötung des Wolfes erteilt. Er wurde im Januar 2020 überfahren.

Die Kläger behaupteten, durch die Wolfsangriffe sei es zum Verlammen (Abort) bei 140 trächtigen Schafen gekommen. Dafür begehren sie Schadensersatz und weiterhin Feststellung, dass das Land zum Ersatz von Schäden durch Wolfsangriffe verpflichtet sei. Die Klage wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Das OLG erließ einen Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO, demzufolge es beabsichtige, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen (was dann auch in der Folge mit Beschluss vom  03.11.2020 erfolgte.

Wie das Landgericht negierte das OLG einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG wegen Amtspflichtverletzung durch das Land. Es gäbe keine gesetzliche Grundlage für eine Verpflichtung, eine Anwesenheit von Wölfen in Schafzuchtgebieten in Schleswig-.Holstein zu verhindern. In Betracht käme nur eine Genehmigung zum Töten von Wölfen auf der Grundlage des § 45 Abs. 7 Nr. 1 BNatSchG als Ausnahme vom hier einschlägigen Tötungsverbot für besonderes geschützte Arten nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Diese Ausnahme greife in Einzelfällen, um ernste landwirtschaftliche Schäden abzuwenden. Eine entsprechende Genehmigung habe das Land nicht pflichtwidrig unterlassen, sondern erteilt.

Ob eine Genehmigung erteilt wird läge im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Zwar hätten die Kläger einen Anspruch auf richtige Ermessensausübung. Diesen sah das OLG hier aber als gegeben an. Die Abschussgenehmigung sie erteilt worden, nachdem der Wolf eine als wolfssicher geltende Schutzmaßnahme überwunden habe. Erst damit fehlten ersichtlich geeignete Maßnahmen, um landwirtschaftliche Schäden durch dieses Tier abzuwenden. Mithin habe auch erst zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzung für die Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG vorgelegen. Das OLG weist (wohl hilfsweise) darauf hin, dass hier eine frühere Genehmigung auch nicht nachweislich geholfen hätte, da selbst nach der Genehmigung eine Tötung des Wolfes nicht gelungen sei.

Ferner würde auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Enteignung oder des enteignungsgleichen Eingriffs bestehen, da ein solcher seitens des Landes nicht vorgelegen habe. Nicht ein Handeln des Landes habe zu den behaupteten Schäden geführt. Ein positives Handeln sei aber für einen Eingriff im enteignungsrechtlichen Sinne erforderlich; nicht ausreichend sei ein reines Unterlassen und Untätigbleiben. Hier habe das Land nicht getan, um die Wolfspopulation im Land zu fördern. Ferner wäre erforderlich, dass das Land unmittelbar in das Eigentum eingreift, was hier auch nicht erfolgt sei.

Ebenfalls wäre auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt gegeben, dass das Eigentum und die Berufsfreiheit der Kläger zu schützen sei. Diesem Schutz sei das Land durch die Leitlinien zur Gewährung von Billigkeitsleistungen im Artenschutz mit den Verwaltungsvorschriften zur Entschädigung von Landwirten für Wolfsangriffe und der Unterstützung bei der Schaffung von Schutzmaßnahmen entsprochen. Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass eine Schutzpflichtverletzung bestünde, würde dies mangels einer entsprechenden gesetzlichen Norm nicht eine Entschädigungs- oder Ausgleichsanspruch begründen können. Derartiges könne nicht durch Richterrecht eingeräumt werden (BGH, Urteil vom 10.12.1987 - III ZR 220/86 -).

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 24.09.2020 - 11 U 61/20 -