Auf einem Schotterweg neben dem
Main-Donau-Kanal, der als Betriebsgelände von der Strompolizei nur für „Fußgänger
und Radfahrer (ohne Motorkraft)“ freigegeben war kam es zu einem Zusammenstoß
zwischen dem Kläger, der als Fußgänger unterwegs war, und der Beklagten, die
mit einem Pedelec fuhr. Die Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen; das OLG
wies den Kläger darauf hin, dass es das Urteil bestätigen wolle und die
Berufung abzuweisen gedenke (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das OLG verwies darauf, dass ein
Pedelec verkehrsrechtlich einem Fahrrad gleichgestellt sei, § 1 Abs. 3 StVG.
Im Hinblick auf den
Batteriebetrieb des Pedelec führte das OLG aus, es handele sich hier um einen
vergleichsweise schwachen Elektromotor, weshalb dem Zustand und der Sicherheit
des Ufergrundstücks durch das Pedelec kein Schaden drohe. Es könne auf sich
beruhen, ob das Wasser- und Schifffahrtsamt als Strompolizei ungeachtet dessen
den Zweck verfolgt habe, durch Freigabe für „Radfahrer (ohne Motorkraft)“ die
Nutzung durch Pedelec auszuschließen, da selbst in diesem Fall eine Haftung
wegen Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 Abs. 2 BGB nicht gegeben wäre.
Bei einem Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB handele es sich um eine Norm, die
nach Sinn und Zweck auf den Schutz von Individualinteressen vor einer näher
bestimmten Art ihrer Verletzung ausgerichtet sei. Nicht genügend sei, dass ein
Individualschutz durch Befolgung der Norm als Reflex erreicht werden könne.
Hier aber läge der Schutzzweck nicht im Normbereich. Das Schild als
Allgemeinverfügung iSv. § 24 Abs. 1 WaStrG iVm. § 28 WaStrG diene nicht dem
Schutz der Personen auf dem Weg, sondern dazu, die Bundeswasserstraße in einem
für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten.
Auch wenn man von einer gesteigerten
Pflicht der Beklagten als Fahrerin des Pedelec ausgehen würde, ergäbe sich
daraus keine Haftung. Der Kläger hätte schon nach der Beschilderung davon
ausgehen müssen, dass sich auf dem Schotterweg nicht nur Fußgänger befinden.
Anhaltspunkte dafür, dass sich hier spezifische Gefahren des Pedelec ausgewirkt
hätten, die nicht auch von einem normalen Fahrrad ausgehen würden, ergäben sich
nicht.
Aus dem allgemeinen Gebot, auf
kombinierten Fußgänger-/Radfahrwegen auf Fußgänger im besonderen Maße Rücksicht
zu nehmen würde sich keine situationsunabhängige Pflicht ergeben, Fußgänger
(z.B. durch Klingelzeichen) auf sich aufmerksam zu machen oder sich diesen nur
mit Schrittgeschwindigkeit zu nähern, auch wenn die (abstrakte) Gefahr
bestünde, dass ein Fußgänger unvermittelt zur Seite tritt und dadurch in das
von hinten nahe Fahrrad hineinläuft. Zwar könne der Fußgänger den Weg auf
seiner gesamten Breite nutzen und müsse nicht ständig nach eventuell von hinten
nahenden Rädern Ausschau halten da Fahrräder keinen Vorrang hätten. Mit einer
Sorglosigkeit, die hier den Fußgänger veranlasst plötzlich und unerwartet zur
Seite zu gehen, müsse der Radfahrer aber nicht rechnen. Auch der Fußgänger
müsse sich auf die besondere Situation des Mischverkehrs einrichten.
Allerdings könne der Fußgänger
erwarten, dass der Radfahrer Abstand und Geschwindigkeit für eine gefahrlose
Begegnung wählt. Dass dies von der Beklagten missachtet worden wäre, hätte der
Kläger aber nicht nachgewiesen. Ausgehend vom Vortrag des Klägers läge hier ein
ausreichender Abstand von 75cm bei einer vom Sachverständigen geschätzten Geschwindigkeit
von 15 – 20km/h vor.
Auch hätte keine unklare
Verkehrslage vorgelegen, die zu besonderen Sicherheitsmaßnahmen (wie klingeln
oder abbremsen) Veranlassung gegeben habe. Der Schotterweg sei an der
Unfallstelle ohne Abzweigung geradeaus verlaufen. Die Beklagte will den Kläger
schon von weitem durchgängig auf der rechten Wegseite gehend gesehen haben,
ohne dass es dabei Anzeichen für Unaufmerksamkeit, Unachtsamkeit oder
Sorglosigkeit gegeben habe. Zwar habe der Kläger einen (nicht um Unfall
involvierten) Hund mit sich geführt, der in Fahrtrichtung gesehen links im
Grünstreifen der Uferböschung „umhergeschnüffelt“ hat, weshalb der Kläger, wenn
er zu seinem Hund wollte, die Fahrtlinie der Beklagten hätte kreuzen müssen.
Das aber alleine begründet keine unklare Verkehrslage, da die Parteien keinen
Anlass beschreiben hätten, der den Kläger hätte motivieren können, seine
Ausgangslage unvermittelt zu verändern.
OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 31.01.2019 - 2 U 1967/18 -