Der klagende Rechtsanwalt hatte
seinen Kanzleisitz in Österreich und vertrat 2013 u.a. den in Deutschland wohnhaften Beklagten in einem
Zivilprozess vor dem Bezirksgericht Hallein in Österreich. Sein Honorar machte
er in Österreich gegen den Beklagten gerichtlich geltend. Die von ihm vor dem
Bezirksgericht Hallstein erhobene Klage wurde von diesem an das Bezirksgericht
Salzburg verwiesen, welches sie am 27.02.2015 mangels internationaler Zuständigkeit
abwies. Hiergegen legte der Kläger Rekurs (Berufung) zum Landgericht Salzburg ein.
Dieses stellte nunmehr mit rechtskräftigem Beschluss vom 20.08.2015 die internationale
Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg fest und verwies das Verfahren an
dieses zurück, wo sich die Parteien am 06.10.2015 verglichen.
Im März 2015 hatte der Kläger
allerdings auch bereits seine Forderung vor dem AG Groß-Gerau in Deutschland
geltend gemacht. Dieses hatte das Verfahren bis zur Entscheidung der
österreichischen Gerichte über ihre Zuständigkeit ausgesetzt, und, nachdem das
Verfahren in Österreich beendet war, nach Hauptsacheerledigungserklärung des
Klägers, dem sich der Beklagte nicht anschloss, die Klage kostenpflichtig für
den Kläger abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers stellte das LG Darmstadt die
Erledigung der Hauptsache fest und erlegte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens
auf. Auf die zugelassene Revision stellte der BGH das erstinstanzliche Urteil
wieder her.
Der BGH führt aus, die
Rechtshängigkeit einer Streitsache vor einem Gericht habe in Deutschland die
zivilprozessuale Wirkung, dass während der Dauer dieser Rechtshängigkeit die
Streitsache bei keinem anderen Gericht geltend gemacht werden dürfe, § 261 Abs.
3 Nr. 1 ZPO. So würde verhindert, dass sich mehrere Gericht mit derselben Sache
beschäftigen müssten und (insbesondere) dass widerstreitende Urteile ergehen
würden. Die fehlende weitere Rechtshängigkeit sei daher eine negative Prozessvoraussetzung,
die von Amts wegen zu beachten sei. Deshalb sei eine spätere Klage während der
anderweitigen Rechtshängigkeit von Anfang an unzulässig.
Allerdings regele § 261 Abs. 3
Nr. 1 ZPO nur die doppelte Rechtshängigkeit vor einem deutschen Gericht.
Allerdings sei in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass die
Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht der Rechtshängigkeit vor einem
deutschen Gericht gleich komme, wenn das ausländische Urteil anzuerkennen sein
würde.
Zudem sei die vor einem deutschen
Gericht erhobene Klage nicht „zunächst“ zulässig. Art. 29 Abs. 1 und 3 EuGVVO
sehe vor, dass das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen
aussetzt, bis die Zuständigkeit des zunächst angerufenen Gerichts fest stünde. Sobald
dies fest stünde, habe sich das später angerufene Gericht zugunsten des zunächst
angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären; die doppelte Rechtshängigkeit
würde mithin wie im deutschen Zivilprozessrecht auch im Verhältnis zwischen Gerichten
verschiedener Staaten der Europäischen Union einer Sachentscheidung
entgegenstehen. Die Regelung der EuGVVO habe Vorrang vor dme nationalen
Prozessrecht, reiche aber über dessen Regelungen nicht hinaus. Mit der danach
gebundenen Entscheidung, bei Feststellung der internationalen Zuständigkeit des
ausländischen Gerichts, seine eigene Unzuständigkeit zu erklären, sei nichts
über die prozessuale Erledigung nach nationalen Recht und die Kosten ausgesagt.
Schon zu den früheren Regelungen in Art. 21 EuGVÜ und Art. 27 EuGVVO a.F. habe
der BGH entschieden, dass in diesen Fällen entsprechend § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO,
wonach die Klage als von Anbeginn an als unzulässig anzusehen sei zu verfahren
sei und mithin die Kosten dem Kläger aufzuerlegen seien.
Damit könnten die Kosten auch nicht
über eine Erledigungserklärung auf die beklagte Partei abgewälzt werden. Selbst würde man der vom LG Darmstadt
vertretenen Rechtsansicht folgen, Art. 29 EuGVVO regele auch den Zeitpunkt, ab
dem die später anhängig gemachte Klage unzulässig sei, würde die Rechtsansicht
des Landgerichts nicht zutreffen, dass die spätere Klage bis zum Zeitpunkt der
Zuständigkeit durch das ausländische Gericht zulässig sei. Dies könne nicht
daraus abgeleitet werden, dass Art. 29 EuGVVO eine Aussetzung des späteren
Verfahrens vorsähe. Die zwingende Aussetzung sei nach Art. 8 des Übereinkommens
über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik 1989
aufgenommen worden, da eine mögliche Klageabweisung wegen Unzulässigkeit
infolge doppelter Rechtshängigkeit als zu einschneidend angesehen wurde, da
diese evtl. wegen drohender Verjährung erfolgt sei und bei Abweisung im
ausländischen Staat wegen fehlender Zuständigkeit zu einem Rechtsverlust führen
würde. Die Aussetzung besagt also nicht, daß die Klage vorläufig zulässig ist,
sondern hindert nur eine Entscheidung über die Zulässigkeit, die bei Abweisung
im Ausland wegen Unzulässigkeit nicht mehr bestehen würde.
BGH, Urteil vom 22.02.2018 - IX ZR 83/17 -