Wird ein Wohnraummietverhältnis gekündigt und der Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt, kann der Mieter einen Antrag auf Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist stellen, § 721 Abs. 1 ZPO. Auf Antrag kann diese Freist verlängert und verkürzt werden, § 571 Abs. 3 S. 1 ZPO. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren hatte der Vermieter gegen einen einem entsprechenden stattgebenden Beschluss über die Verlängerung der Räumungsfrist durch das Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Dieser gab das Landgericht als Beschwerdegericht statt.
Der Anspruch auf Verlängerung der Frist würde insbesondere dann bestehen, wenn die Suche nach Ersatzwohnraum während der ursprünglich gewährten Räumungsfrist trotz hinreichender Bemühungen des Mieters erfolglos war.
Vorliegend hatte der Kläger (Vermieter) auf den Verlängerungsantrag des Beklagten (Mieters) sowohl die von dem Mieter behaupteten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wie auch Bemühungen des Beklagten um Ersatzwohnraum bestritten. Da der Berliner Wohnungsraum „gerichtsbekannt angespannt sei, gab das Amtsgericht dem Verlängerungsantrag statt.
Das sei nicht frei von Verfahrensfehlern, da dem Mieter wie bei § 573 Abs. 2 BGB (Widerspruch des Mieters gegen eine Eigenbedarfskündigung, wenn diese für ihn und seine Familie angemessener Ersatzwohnraum nicht zu zumutbaren Bedingungen beschafft werden kann) die Darlegungs- und Beweislast zu den Voraussetzungen für die Verlängerung nach § 721 Abs. 3 obliege. Auch wenn keine für den Mieter unüberwindlichen Anforderungen daran gestellt werden dürften, müsse das Gericht bei gegenläufigen Sachvortrag die von den Parteien dazu angebotenen Beweise erheben. Nicht ausreichend sei ein Verweis auf eine angeblich gerichtsbekannte Lage am Wohnungsmarkt (BGH, Urteil vom 22.05.2019 - VIII ZR 180/18 - zu § 574 Abs. 2 BGB, was auch für § 721 Abs. 3 ZPO gelte. Das habe das Amtsgericht nicht beachtet.
Das Amtsgericht werde bei der nunmehr nach § 721 Abs. 3 ZPO vorzunehmenden Interessensabwägung unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags zu befinden haben, ob dem Beklagten bei hinreichender eine Anmietung von Ersatzwohnraum tatsächlich innerhalb der ursprünglichen Räumungsfrist unmöglich gewesen wäre und dabei abklären müssen, on sich der Beklagte tatsächlich in der ursprünglichen Räumungsfrist um Ersatzwohnraum bemüht habe. Zu Recht habe der Kläger gerügt, dass der Beklagte keinerlei Unterlagen vorgelegt habe, wobei auch zu beachten sei, dass die Einreichung alleine von Bewerbungsunterlagen durch den Beklagten noch nicht den Beweis erbringen würde, dass diesen Unterlagen tatsächliche Bewerbungsbemühungen zugrunde liegen würden.
Anmerkung: Die Entscheidung des LG Berlin ist zu begrüßen. Häufig erfolgen die Fristverlängerungen bereits bei pauschalen Vortrag oder bei Vorlage nicht aussagekräftiger Unterlagen. Bewerbungsschreiben als solches reichen nicht, da nicht einmal sichergestellt ist, dass diese tatsächlich versandt wurden. Der Mieter kann Ablehnungsschreiben vorlegen oder sich auf das Zeugnis von potentiellen Vermietern beziehen, dass – und ggf. weshalb – diese den Mietinteressenten nicht berücksichtigten.
LG Berlin II, Beschluss vom
17.02.2024 - 67 T 108/23 -