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Dienstag, 24. Mai 2016

Zum Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess bei unterlassener Belehrung des Minderjährigen im Ordnungswidrigkeitsverfahren

Streitig war, ob der zum Unfallzeitpunkt 15-jährige Beklagte bei Rot über eine Fußgängerampel ging. Das Amtsgericht hat der Klage des PKW-Fahrers nach Beweisaufnahme stattgegeben. Dabei stützte es sich maßgeblich auf die Zeugenaussagen der der den Verkehrsunfall aufnehmenden Polizeibeamten zu den Angaben des Beklagten ihnen gegenüber. Allerdings hatten diese den Beklagten nicht gemäß § 67 JGG belehrt. Auf die Berufung des Beklagten wurde das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.


Das Landgericht weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Missachtung des § 67 JGG der Polizisten bei der Unfallaufnahme zu einem Beweisverwertungsverbot auch für das Zivilverfahren führe, auch insoweit, als die Polizisten wiedergeben sollten, was der Beklagte ihnen gegenüber erklärt habe. Nach §§ 46 OWIG, 136 StPO war der Beklagte als Beschuldigter eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens zu belehren gewesen. Da er minderjährig war, wäre eine Belehrung nach § 67 JGG erforderlich gewesen, wonach er berechtigt sei, vor einer Aussage seine Eltern zu kontaktieren. Die gesetzliche Regelung beruhe auf der kriminologischen Erkenntnis, dass jugendliche Beschuldigte gegenüber Erwachsenen eine deutlich höhere „Geständnisfreudigkeit“ aufweisen würden, mithin in geringerem Umfang auch bei ansonsten korrekter Belehrung über ein Schweigerecht von ihrer Aussagefreiheit im Sinne eines Verzichts auf eine Aussage Gebrauch machen würden.

Zwar habe der BGH entschieden, dass die strafprozessuale Belehrung nicht darauf gerichtet sei den Beschuldigten vor einer zivilrechtlichen Verfolgung zu schützen. Er solle nur davor bewahrt werden, sich an seiner strafrechtlichen Verfolgung zu beteiligen. Auch wenn damit ein strafrechtliches Verwertungsverbot nicht ohne Weiteres auf den Zivilprozess übertragen werden könne, sei aber stets eine Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall vorzunehmen (BGHZ 153, 165).

Vorliegend träfe dem Kläger kein Verschulden an der fehlenden Belehrung. Allerdings sprächen hier die Umstände gleichwohl für ein Beweisverwertungsverbot. Entscheidend dabei sei die Minderjährigkeit des Beklagten. Nach § 455 ZPO dürfe die Parteivernehmung von Minderjährigen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr nur durch Vernehmung der gesetzlichen Vertreter erfolgen. Dies bedeute, dass eine verantwortliche Aussage eines Minderjährigen überhaupt erst ab dem 16. Lebensjahr in Betracht käme. Berücksichtigt werden müsse ferner, dass der Beklagte nach dem Unfall unter Schock stand, da er unmittelbar vor seinen Angaben angefahren wurde; jedenfalls ergäbe sich aus den Bekundungen der Polizeibeamten nicht über die psychische Verfassung des Beklagten, weshalb dies nicht auszuschließen sei, zumal die Polizeibeamten nicht sachkundig für psychische Einflüsse wären.


LG Köln, Urteil vom 13.01.2016 – 13 S 129/15 -