Die Klägerin wollte eine Leber für
ihre Mutter spenden. Das beklagte Universitätsklinikum erklärte sich (nachdem zwei andere Kliniken vorher abgesagt hatten)
zur Durchführung der Transplantation bereit. Während der Operation zur Entnahme
stellten die Ärzte fest, dass die Leber der Klägerin „fleckig und blau-livid“ sei und brachen daraufhin
die Organentnahme ab. Postoperativ bildete sich bei der Klägerin eine
Narbenhernie, die mehrere Folgeeingriffe zur Folge hatten. Von der Klägerin wird
ihr Schadensersatzanspruch mit einer fehlerhaften Aufklärung durch die Ärzte
der Beklagten begründet.
Klage und Berufung blieben ohne
Erfolg. Der BGH hat unter Aufhebung des Urteils den Rechtsstreit an das OLG
zurückverwiesen.
Das OLG vertrat die Auffassung, dass
die Beklagte den Beweis für eine ausreichende Aufklärung nicht geführt habe. Allerdings
sei gleichwohl von einer hypothetischen Einwilligung auszugehen. Die Klägerin
sei gewillt gewesen, ihrer Mutter zu helfen und habe unbedingt spenden wollen. Wovon
sie sich auch durch Widerstände nicht habe abbringen lassen. Es sei davon
auszugehen, dass die Klägerin auch bei vollständiger Aufklärung in den Eingriff
eingewilligt hätte.
Dem folgt der BGH nicht. Es sei
von den tatrichterlichen Feststellungen auszugehen, dass die Klägerin weder
über psychisch postoperative Komplikationen noch in verständlicher Form über
das Risiko der bei ihr jetzt eingetretenen Narbenbrüche und die Gefahr
dauerhafter Schmerzen aufgeklärt worden
sei. Der Aufklärungsmangel führe zur Unwirksamkeit der Einwilligung und damit
zur Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Die vom OLG angewandten Grundsätze des
rechtmäßigen Alternativverhaltens würden hier die Haftung nicht entfallen
lassen. Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens (d.h., dass die
Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Organentnahme eingewilligt
haben würde) sei der Beklagten verwehrt. Dieses Rechtsinstitut widerspräche
vorliegend dem Schutzzweck der erhöhten Aufklärungsanforderungen bei
Lebendspenden (§ 8 Abs. 2 S. 1 und 2 TPG) (BGH, Urteile vom 29.01.2010 zu VI ZR
495/16 und VI ZR 318/17). In den in Bezug genommenen Entscheidungen hatte der
BGH darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber mit § 8 Abs. 2 S. 1 und 2 TPG eine
dem heutigen § 630h Abs. 2 S. 2 BGB entsprechende Regelung über die grundsätzliche
Beachtlichkeit des Einwands der hypothetischen Einwilligung nicht getroffen
habe.
Der BGH wies noch ergänzend darauf
hin, dass sich das OLG auch mit dem vorbringend er beklagten im Revisionsverfahren
zur Frage der Aufklärung auseinandersetzen müsse. Es habe zu berücksichtigen,
dass es sich bei der Berufungsinstanz auch nach dem Inkrafttreten des
Zivilprozessreformgesetzes (zum 01.01.2002) um eine zweite, wenn auch
eingeschränkte, Tatsacheninstanz handeln würde, deren Aufgabe in der Gewinnung
einer „fehlerfreien und überzeugenden“ und damit „richtigen“ Entscheidung des
Einzelfalles bestünde (BGH, Beschluss vom 22.12.2015 - VI ZR 67/15 -; BGH,
Beschluss vom 14.02.2017 - VI ZR 434/15 -). Diesen Hinweis hielt der BGH
offenbar als geboten, da dies häufig von Berufungsgerichten verkannt wird.
BGH, Urteil vom 11.02.2020 - VI ZR 415/18 -