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Donnerstag, 6. Juni 2024

Kredit: Vorfälligkeitsentschädigung bei negativem Zinsumfeld

Der Kläger nahm bei einem Immobiliar-Darlehensvertrag eine vorzeitige Darlehensrückzahlung vor, für die die beklagte Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von € 33.317,74 berechnete und die vom Kläger gezahlt wurde. Seine Klage auf Rückzahlung hatte erstinstanzlich in Höhe von € 2.750,93 Erfolg. Das berufungsgerecht wies die Berufung der Beklagten insoweit zurück. Die zugelassene Revision führte zur Klageabweisung insgesamt. Nach Ansicht des BGH hatte die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung insgesamt mit Rechtsgrund erlangt.

§ 490 Abs. 2 S. 3 BGB verpflichte den Darlehensnehmer dem Darlehensgeber den Schaden zu ersetzen, der diesem aus einer vorzeitigen Kündigung des Darlehensvertrages entstünde (Vorfälligkeitsentschädigung). Dabei könne eine Bank den Schaden nach der Aktiv-Aktiv-Methode wie auch nach der Aktiv-Passiv-Methode berechnen (BGH, Urteil vom 01.07.1007 - IX ZR 267/96 -). Bei der vorliegend von der Bank gewählten Aktiv-Passiv-Methode würde der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei vereinbarungsgemäßer Durchführung des Darlehensvertrages tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite darstellen, die sich aus der laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sichere Kapitalmarkttitel ergäbe. Dieser Differenzbetrag sei um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten zu vermindern und auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Vorfälligkeitsentschädigung abzuzinsen.

Zutreffend habe das Berufungsgericht die Rendite laufzeitkongruenter Hypothekenpfandbriefe zugrunde gelegt (entnommen der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank). Diese liefere eine gesicherte Grundlage tatsächlich durchgeführter Wertpapiergeschäfte. Würde dort der Markt mit einem negativen Wiederanlagezins abgebildet, bedeute dies, dass die Bank mit dem vorzeitig zurückgeführten Darlehensbetrag bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen keine Vorteile erwirtschafte, sondern einen Schaden erleide.

Fehlerhaft sei dieser Schaden vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt worden.  Da der Darlehensgeber bei der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens so gestellt werden solle, wie er bei einer Durchführung des Darlehensvertrages über die Festschreibungszeit stünde, sei aber dieser Schaden bei der Bemessung der Vorfälligkeitsentschädigung zu berücksichtigen. Der mit er Aktiv-Passiv-Methode berechnete Zinsverschlechterungsschaden umfasse daher auch bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfadbriefen anfallende negative Renditen, die Ausdruck der im Rückzahlungszeitpunkt bestehenden Zinslandschaft seien, der sich die Bank aufgrund der vorzeitigen Vertragserfüllung ausgesetzt sehe (u.a. OLG Frankfurt, Urteil vom 26.10.2022 - 3 U 201/21 -).

Die Bank habe ein Wahlrecht, ob sie die Aktiv-Aktiv-Methode oder die Aktiv-Passis-Methode anwende, wobei die Aktiv-Passis-Methode der Bank darüber hinweghelfe, dass es einer Bank häufig nicht möglich oder zumutbar sei, durch eine vorzeitige Darlehensablösung frei gewordene Darlehensmittel laufzeitkongruent in gleichartige Darlehen anzulegen (dann wäre die Aktiv-Aktiv-Methode möglich). Die Aktiv-Passiv-Methode gestattet es mithin der Bank, ihre Nichterfüllungsschaden oder ihre Vorfälligkeitsentschädigung auf Grundlage einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in sicheren Kapitalmarkttiteln zu berechnen.

Die abstrakte Schadensberechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode würde auch keinen Verstoß gegen das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot darstellen. Die sei den Besonderheiten des Geschäftsbetriebs von darlehensgebenden Banken geschuldet und verhindere, dass materielle Ersatzansprüche durch praktisch nicht erfüllbare Beweisanforderungen ihre Wirkung verlieren würden (was das Berufungsgericht verkannt habe).

BGH, Urteil vom 12.03.2024 - XI ZR 159/23 -