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Samstag, 28. April 2018

Zur Zurechnung des Verhaltens Dritter im Rahmen der Haftpflichtversicherung des Mieters und zum Ausgleichsanspruch zwischen Gebäude- und Haftpflichtversicherung

Die Klägerin war Gebäudeversicherer, die Beklagte der Haftpflichtversicherer eines dortigen Mieters. Die Lebensgefährtin des Mieters hatte (grob fahrlässig) einen Brand verursachte.  Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Mieter habe bei seinem Haftpflichtversicherer keinen Deckungsschutz, da es sich um eine sogen. Single-Versicherung handele und er für den durch einen Dritten verursachten Brand nicht einzustehen habe. Das Verhalten des  Dritte (hier die Lebensgefährtin des Mieters) müsse sich der Mieter nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen, da dieser nicht Repräsentant des Mieters geworden sei.

Die Berufung der Klägerin war dem Grunde nach erfolgreich.

Nach § 78 Abs. 2 VVG seien mehrere Versicherer, bei denen ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert sei, im Verhältnis zueinander zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflichtet, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen hätten. Die Norm sei nicht unmittelbar anzuwenden, da der Gebäudeversicherer des Sacherhaltungsinteresse des Mieters nicht mitversichere, weshalb im Verhältnis zur Haftpflichtversicherung des Mieters keine Mehrfachversicherung bestünde. Allerdings ergäbe sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung des dem Gebäudeversicherungsvertrages ein Regressverzicht des Gebäudeversicherers für den Fall, dass der Mieter den Gebäudeschaden durch leichte Fahrlässigkeit verursache (so BGHZ 169, 86, 96). Verfüge der Mieter (wie hier) über eine Haftpflichtversicherung und ist diese gegenüber dem Mieter eintrittspflichtig, so liege in seiner Person faktisch eine Mehrfachversicherung vor, weshalb eine analoge Anwendung des § 78 Abs. 2 VVG gerechtfertigt sei (so BGH aaO.).

Die Voraussetzungen lägen hier vor. Der Mieter hafte dem Vermieter für den entstandenen Schaden. Dies folge aus §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Er habe schuldhaft eine Nebenpflicht aus dem Mietvertrag verletzt, da er gegenüber dem Vermieter zur sorgfältigen Behandlung der Mietsache verpflichtet sei. Das Verschulden seiner Lebensgefährtin müsse sich der Mieter zurechnen lassen, da diese die Wohnung jedenfalls auch bewohne; § 540 Abs. 2 BGB. So müsse sich der Mieter auch das Verschulden von seinen Besuchern zurechnen lassen, da diese iSv. § 278 BGB als seine Erfüllungsgehilfen anzusehen seien (BGH, Urteil vom 09.11.2016 - VIII ZR 73/17 -).

Die Einstandspflicht des Mieters begründe den Versicherungsfall im Rahmen von dessen Haftpflichtversicherung. Dem stünde nicht entgegen, dass die Haftung des Mieters nicht auf eigenem sondern zugerechnetem Verschulden beruhe. Auch käme es nicht darauf an, dass im Rahmen einer hier vorliegenden Single-Versicherung Dritte nicht mit in den Schutzbereich der Versicherung mit einbezogen würden; dies sei hier nicht erforderlich, da eine eigene Haftung des Mieters bestünde. Nach Ziffer 1.1 der Allgemeinen Haftpflicht-Versicherungsbedingungen (AHB 2008) bestünde Versicherungsschutz für den Fall, dass der Versicherungsnehmer von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen würde. §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB würden gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts darstellen.

Auch lägen die Voraussetzungen für einen Regressverzicht gegenüber dem Mieter vor, obwohl seine Lebensgefährtin grob fahrlässig gehandelt habe. Deren grobe Fahrlässigkeit müsse sich der Mieter (anders als im mietvertraglichen Verhältnis gegenüber dem Vermieter) aber nicht zurechnen lassen. Im Verhältnis zum Gebäudeversicherer habe der Mieter für das Verhalten Dritter nicht nach § 278 BGB einzustehen, sondern nur dann, wenn sie seine Repräsentanten wären (BGH, Urteil vom 13.09.2006 - IV ZR 378/02 -), was bei der Lebensgefährtin nicht anzunehmen sei.

LG Aachen, Urteil vom 15.12.2017 - 6 S 58/17