§ 577 BGB regelt das
Vorkaufsrecht des Mieters im Falle des Verkaufs einer Eigentumswohnung für den
Fall, dass nach Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet wird und
es sich um den ersten Verkauf dieser Wohnung handelt.
Die Klägerin war Mieterin eines
Hauses in einer Siedlung ehemaliger Zolldienstwohnungen. Die Eigentümerin
(Beklagte) veräußerte mit einem Kaufvertrag vom 14.12.2012 das Gesamtgrundstück,
auf dem mehrere Häuser, u.a. das von der Klägerin gemietete Haus standen, an
fünf Ehepaare dergestalt, dass das Gesamtgrundstück und die
Grundstücksteilflächen als Kaufgegenstand bezeichnet wurden und in einem gesonderten
Paragraphen geregelt wurde, dass in einem dem Vertrag beigefügten Lageplan noch
nicht vermessene farblich markierte Teilflächen bestimmten Käufern zuzuordnen
sind, im übrigen eine Gemeinschaftsfläche bilden. Zum Zwecke der Berechnung der
Grunderwerbsteuer stellten die Käufer in einem weiteren gesonderten Paragraphen
klar, dass der Gesamtpreis einschließlich Kosten in einem bestimmten Anteil von
ihnen bezahlt wurde. Weiterhin wurde in dem Vertrag die Auflassung erklärt, und
zwar dergestalt, dass das Eigentum in einem bestimmten Anteil an die jeweiligen
Käufer (Eheleute) übergehen sollte. In einer weiteren Urkunde vereinbarten die
Käufer die Miteigentumsrechte an den Gemeinshaftsflächen und führten in dessen
Vorbemerkung aus, sie hätten das Grundstück zu „Eigentum in Teilflächen“
erworben.
Die Klägerin berief sich auf §
577 BGB und machte einen Anspruch auf Auflassung an sich geltend. Das
Amtsgericht gab der Klage statt, das Landgericht wies die Klage ab. Auf die
zugelassene Revision hin stellte der BGH die amtsgerichtliche Entscheidung
wieder her.
Der BGH hatte bereits in früheren
Entscheidungen entschieden, das § 577 BGB nicht nur auf in Wohnungseigentum
umzuwandelnde Objekte anwendbar wäre, sondern wegen der vergleichbaren
Interessensklage auch auf die Realteilung unterschiedlich Grundstücke anwendbar
sei (Urteile vom 28.05.2016 – VIII ZR 126/07 – und 23.06.2010 – VIII ZR 325/09
-). Vorliegend wird vom BGH klargestellt, dass die Grundsätze zur Umwandlung in
künftiges Wohnungseigentum auch dann beachtlich sind, wenn zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Kaufvertrages die Teilung noch nicht vollzogen ist. Allerdings
muss sich aus dem Vertrag eine Verpflichtung des Verkäufers (wie hier) ergeben
und die jeweiligen Flächen müssen sich aus dem Vertrag auch ermitteln lassen,
wobei es nicht darauf ankommen könne, dass eine vollständige Übereinstimmung
gegeben ist.
Da danach entgegen der Auffassung
des Landgerichts nicht das Gesamtgrundstück an die Käufer verkauft werden
sollte, sondern nach dem objektiven Vertragswortlaut elf Einzelgrundstücke
gebildet werden sollten und nur zwei Grundstücke im Interesse eines gemeinschaftlichen
Zusammenlebens gemeinsam genutzt werden sollten, läge bereits mit dem
Kaufvertrag die Verpflichtung des Beklagten zur Teilung des Grundstücks vor,
aus dem er dann einzelne Grundstücke und Miteigentumsanteile an den gemeinschaftlichen
Flächen veräußert. Der streitgegenständlich wesentliche Vekaufsgegenstand, das
von der Klägerin angemietet Haus, wäre mit dem entsprechenden Grundstücksteil
identisch; dass eine weitere Mietteilfläche nicht vom Kaufgegenstand umfasst
ist (es handelt sich hier um die für die Gemeinschaft vorgesehene Fläche), sei
unschädlich. Dies ergäbe sich aus §§ 577 Abs. 1 S. 3, 467 S. 1 BGB.
Auch wenn danach die benannte
Teilfläche nicht dem Vorkaufsrecht nach § 467 BGB unterfallen würde, habe der
Kläger gleichwohl einen Anspruch. Hier würden zugunsten des Klägers §§ 577 Abs.
1 S. 3, 467 S. 2 BGB analog greifen (zur Analogie BGH vom 10.10.1969 – V ZR
155/66 -). Denn die Beklagte habe von der ihr als Vorkaufsverpflichteter von
dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch gemacht, den Vorkauf auf alle Teilflächen
zu erstrecken, die nicht ohne Nachteile für sie getrennt werden können. Dieses
sei von der Klägerin aufgegriffen worden.
BGH, Urteil vom 27.04.2016 – VIII ZR 61/15 -