Die Eigentümergemeinschaft fasste mit qualifizierter Mehrheit (3/4-Mehrheit)
in dem vom LG Frankfurt am Main zu entscheidenden Fall den Beschluss, einem
Wohnungseigentümer die Nachrüstung seiner Wohnung mit einer sichtbaren
Klimaanlage zu genehmigen. Der dagegen erhobenen Anfechtungsklage gab das
Landgericht (LG) im Berufungsverfahren statt. In einem vom BGH entschiedenen
Fall (das Berufungsverfahren wurde auch bei dem LG Frankfurt am Main geführt)
wurde von einem Miteigentümer auf seine Kosten eine Veränderung am Dachvorbau einer
Penthousewohnung vorgenommen; anders als das LG ging der BGH nicht grundlegend
von einer Unzulässigkeit iSv. § 22 Abs. 2 WEG aus und verwies den Rechtstreit
zur anderweitigen Entscheidung an das LG zurück.
1. Zur Entscheidung des LG vom 13.01.2017: Grundlage war die Frage, ob
es sich bei der Maßnahme um eine Modernisierung iSv. § 22 Abs. 2 S. 1 WEG
handelt, da eine solche auch gegen den Willen einzelner Wohnungseigentümer
durchgesetzt werden könnte. Anders als das erstinstanzlich entscheidende Amtsgericht
wurde dies vom LG negiert. Dabei stellte das LG auf § 559 Abs.. 1 BGB (§ 555b
Nr. 1 BGB a.F.) ab, der eine Modernisierung u.a. dann bejaht, wenn es zu einer
nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts oder Verbesserung der allgemeinen
Wohnverhältnisse käme (andere Möglichkeiten nach der Norm würden hier
ausscheiden). Während allerdings diese als Legaldefintion vom Landgericht herangezogene
Norm auf die einzelne Wohnung zugeschnitten ist, verlangt das Landgericht, dass
diese Voraussetzung sich nicht nur auf einzelne Wohnungen beziehen dürfe,
sondern sich auf die gesamte Wohnungsanlage beziehen müsse. Dies begründet es
mit Verweis auf § 22 WEG und die sich daraus ergebende Gesetzessystematik: Zu
beachten sei das Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen § 22 Abs. 1 WEG
(beeinträchtigende bauliche Veränderungen bedürfen der Zustimmung aller
Wohnungseigentümer) und § 22 Abs. 2 BGB (bei Modernisierungen iSv. § 555b BGB
reicht eine 3(4-Mehrheit aus) umkehren, da eine bauliche Maßnahme im Bereich
des Sondereigentums des Einzelnen in der Regel zu einer Erhöhung dessen
Gebrauchswert bzw. zur Verbesserung der dortigen Wohnverhältnisse führen würde
(beispielsweise Anbau eines Balkons oder eines Wintergartens, Anbringung einer
Markise pp.).
Soweit sich das Amtsgericht zur Stützung seiner gegensätzlichen
Auffassung auf zulässige Mehrheitsbeschlüsse nach § 22 Abs. 2 WEG zum Einbau
eines Aufzugsbezieht, würde es verkennen, dass es sich dabei um eine
tatsächliche Maßnahme nach dieser Norm handele, da sich mit ihm der Gebrauchswert
für alle Einheiten erhöhe.
2. Zur Entscheidung des BGH vom 18.11.2016: Auch der BGH prüft
zunächst, ob eines erhebliche Veränderung des optischen Gesamteindrucks
erfolgt. Allerdings sei, so der BGH, in diesem Fall nicht notwendig die Zustimmung
aller Eigentümer nach § 22 Abs. 1 WEG erforderlich. Zwar erschließt sich aus
den Entscheidungsgründen, dass auch der BGH davon ausgeht, dass § 22 Abs. 2 WEG
ebenso wie § 22 Abs. 3 WEG (modernisierende Instandsetzung iSv. § 21 Abs. 5 Nr.
2 WEG) die Gesamtanlage und nicht das einzelne Sondereigentum betrifft. Allerdings
sei im Falle der Beeinträchtigung der baulichen Maßnahme § 22 Abs. 2 WEG resp.
§ 22 Abs. 3 WEG entsprechend anzuwenden. Der Gesetzgeber habe lediglich die
bauliche Beeinträchtigung und deren Folgen für das Gemeinschaftseigentum
gesehen und nicht bedacht, dass entsprechende Probleme auch bei dem
Sondereigentum auftreten können. Die Zurückverweisung erfolgte zur
Feststellung, ob eine entsprechende Modernisierung angenommen werden kann, da
das LG im Berufungsverfahren auf der Grundlage eines fehlenden Beschlusses
entschieden hatte.
Anmerkung: Die
Auffassung des BGH dürfte rechtsdogmatisch richtig sein. Zwar kann nicht das
Gericht anstelle des Gesetzgebers entscheiden und würde dies einer entsprechenden
Anwendung der §§ 22 Abs. 2 und 3 WEG für Maßnahmen, die lediglich einzelnen
Eigentümern nutzen, entgegenstehen. Allerdings ergibt sich aus den
Gesetzesmaterialien, dass dort z.B. die Verglasung von Balkonen, von der lediglich
einzelne Sondereigentümer profitieren würden, als Veränderung der Eigenart der
Anlage behandelt wurde. Allerdings verwundert, dass der BGH dem fehlenden
Beschluss keine Bedeutung beizumessen scheint und nur erörtert, dass ein
Rückbau lediglich bei fehlender Modernisierung im Sinne der Norm verlangt
werden könne, was impliziert, dass ein Rechtsanspruch auf positive
Beschlussfassung angenommen wird.
LG Frankfurt am Main, Urteil
vom 13.01.2017 – 2-13 S 186/14 -
BGH, Urteil vom 18.11.2016 -
V ZR 49/16 -