Die Klägerin hatte 1990 in der
Schweiz befindliches Vermögen auf ein schweizerisches Konto ihrer Stieftochter
transferiert, über welches sie später Vollmacht erhielt. 2001 wurde das Konto
geschlossen und auf ein Konto der Klägerin bei einer anderen Schweizer Bank übertragen.
2010 wurde dies dem zuständigen Finanzamt in Deutschland mitgeteilt. Das
Finanzamt erließ Schenkungssteuerbescheide, die rechtskräftig wurden. Sodann erließ
es 2011 einen Bescheid über Hinterziehungszinsen. Der Einspruch der Klägerin führte
zu einer geringen Verringerung zur Höhe, die Klage wurde vom Finanzgericht
abgewiesen. Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf und verwies den
Rechtsstreit an dieses zurück.
Die Klägerin hat sich darauf
berufen, die Übertragung an ihre Stieftochter wäre nicht auf der Grundlage
einer Schenkung sondern lediglich im Rahmen eines Treuhandverhältnisses
erfolgt. Dem folgte das Finanzgericht nicht, welches in der Übertragung an die
Stieftochter eine Schenkung annahm. Da diese unbeschadet der der Klägerin
erteilten Vollmacht über das Vermögen frei hätte verfügen können. Auch habe die Klägerin das Bestehen
eines materiell gewollten Treuhandverhältnisses nicht nachgewiesen und es träfe
ihm diesbezüglich die Feststellungslast.
Voraussetzung für die
Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 1 AO ist eine vollendete
Steuerhinterziehung. Es müssen damit die objektiven und subjektiven
Voraussetzungen des § 370 AO erfüllt sein. Der BFH weist darauf hin, dass bei
der Feststellung tatbestandlicher Voraussetzungen einer Strafrechtsnorm wie des
§ 370 AO im Rahmen der Anwendung von steuerrechtlichen Vorschriften wie des §
235 AO nicht die Strafprozessordnung, sondern die Bestimmungen der AO und FGO
anzuwenden sind. Dies unabhängig davon, dass auch im Finanzgerichtsverfahren
der Grundsatz in dubio pro reo gelten würde. Danach hätte das Finanzgericht in
freier Überzeugung festzustellen, ob für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen
die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 370 AO gegeben sind, was auch für
die Frage der Verletzung der erweiterten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten
nach §§ 90 Abs. 2 iVm. 76 Abs. 1 S. 4 FGO gelte.
Letztlich entscheidend ist,
welche Voraussetzungen an die richterliche Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1
Satz 1 1. Halbsatz FGO zu knüpfen sind. Hier ergäbe sich aus der Entscheidung
des Finanzgerichts nicht, dass dieses davon überzeugt war, dass bei der
Übertragung auf die Stieftochter kein Treuhandverhältnis begründet wurde.
Vielmehr stützt sich die Entscheidung darauf, die Klägerin habe nicht
nachgewiesen, dass ein Treuhandverhältnis begründet worden sei. Die fehlende
Nachweislichkeit ginge zu ihren Lasten, da sie die Feststellungslast für ein
die Steuerhinterziehung ausschließendes Treueverhältnis trage.
Der BFH verdeutlicht, dass die
Entscheidung nicht auf der Grundlage einer Feststellungslast hätte ergehen
dürfen. Da auch nach der Feststellung des Finanzgerichts wohl die Stieftochter bis Ende 1990er Jahre nicht über
das Vermögen verfügte, entsprach das Vorbringen der Klägerin auch nicht einer
bloßen Behauptung ohne irgendwelche Anhaltspunkte. Dies hätte das Finanzgericht
zum Anlass nehmen müssen, den Sachverhalt weiter aufzuklären.
BFH, Urteil vom 12.07.2016 – II R 42/14 -