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Dienstag, 18. Oktober 2016

Gerichtsvollzieher: Ermittlungspflicht zum Aufenthaltsort des Schuldners

Es ist keine Seltenheit, dass der Gläubiger erfolgreich einen Titel gegen den Schuldner (oft mühsam) erstreitet, um dann in der Vollstreckung deshalb nicht weiterzukommen, da der (neue) Aufenthaltsort des Schuldners unbekannt ist. Vorliegend betrieb der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus einem Titel über € € 163,63 zzgl Zinsen und Kosten. Er beauftragte den Gerichtsvollzieher, den Schuldner zur Abnahme der Vermögensauskunft zu laden. Die Gerichtsvollzieherin teilte mit, der Schuldner sei unbekannt verzogen; dies habe eine Nachbarin glaubhaft bekundet, die angegeben habe, dass der Schuldner unter der Meldeanschrift seit längerer Zeit nicht mehr wohne. Der Gläubiger beantragte gemäß § 766 ZPO (Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung) die Gerichtsvollzieherin anzuweisen, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen. Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen; die dagegen eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Das Landgericht als Beschwerdegericht führte aus, die Gerichtsvollzieherin hätte ohne weitere Ermittlung des Aufenthaltsortes die Zwangsvollstreckung nicht einstellen dürfen. Mit der Befragung einer Nachbarin und der Kontrolle der Klingelschilder habe er seiner Verpflichtung zur Ermittlung einer neuen Anschrift noch nicht genügt. Denn alleine durch Befragen der Nachbarin konnte sie nicht zweifelsfrei feststellen, dass der Schuldner tatsächlich „unbekannt“ verzogen sei, wobei nicht einmal ermittelt wurde, dass unter der bisherigen Anschrift ein neuer Mieter wohnen würde. Auch wenn von einem Gerichtsvollzieher nicht verlangt werden könne, dass er zeitaufwendig investigativ tätig wird, muss er doch offenkundigen Anhaltspunkten und mühelos feststellbaren Äußerlichkeiten nachgehen. Da der Gerichtsvollzieher aktuelle Schuldneranschriften über bestimmte Behörden ermitteln lassen darf, so sei erst recht berechtigt und verpflichtet, die offiziell gültige Meldeanschrift selbst zu überprüfen.

Das Landgericht verweist darauf, dass der Gläubiger anders als der Gerichtsvollzieher nicht über staatliche Autorität verfüge. Dritte sind dem Gläubiger nicht zur Auskunft verpflichtet. Es könne von daher nicht die Aufgabe des Gläubigers sein, Meldeanschriften zu überprüfen. Dazu gehört auch die Befragung des festzustellenden Vermieters. Die hier von der Gerichtsvollzieherin vertretene Ansicht, es handele sich nur um eine Bagatellforderung, greife nicht. Bei der pflichtgemäßen Wahrnehmung und Bemühung des Gerichtsvollziehers ginge es nicht um die Höhe der Forderung, sondern um die Ermöglichung der Zwangsvollstreckung als solcher. Die Ermittlung des Vermieters wäre durch Befragen der Hausbewohner leicht möglich gewesen. Es bestünde eine Vermutung, dass der Vermieter wegen der Abwicklung des Mietverhältnisses (Mietkaution, Abrechnung der Mietnebenkosten) die neue Anschrift des Schuldners habe.


LG Verden, Beschluss vom 31.05.2016 – 6 T 2/16 -