Es ist keine Seltenheit, dass der
Gläubiger erfolgreich einen Titel gegen den Schuldner (oft mühsam) erstreitet,
um dann in der Vollstreckung deshalb nicht weiterzukommen, da der (neue)
Aufenthaltsort des Schuldners unbekannt ist. Vorliegend betrieb der Gläubiger
die Zwangsvollstreckung aus einem Titel über € € 163,63 zzgl Zinsen und Kosten.
Er beauftragte den Gerichtsvollzieher, den Schuldner zur Abnahme der
Vermögensauskunft zu laden. Die Gerichtsvollzieherin teilte mit, der Schuldner
sei unbekannt verzogen; dies habe eine Nachbarin glaubhaft bekundet, die
angegeben habe, dass der Schuldner unter der Meldeanschrift seit längerer Zeit
nicht mehr wohne. Der Gläubiger beantragte gemäß § 766 ZPO (Erinnerung gegen
die Art und Weise der Zwangsvollstreckung) die Gerichtsvollzieherin anzuweisen,
die Zwangsvollstreckung fortzusetzen. Das Amtsgericht hat die Erinnerung
zurückgewiesen; die dagegen eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.
Das Landgericht als
Beschwerdegericht führte aus, die Gerichtsvollzieherin hätte ohne weitere
Ermittlung des Aufenthaltsortes die Zwangsvollstreckung nicht einstellen
dürfen. Mit der Befragung einer Nachbarin und der Kontrolle der Klingelschilder
habe er seiner Verpflichtung zur Ermittlung einer neuen Anschrift noch nicht
genügt. Denn alleine durch Befragen der Nachbarin konnte sie nicht zweifelsfrei
feststellen, dass der Schuldner tatsächlich „unbekannt“ verzogen sei, wobei
nicht einmal ermittelt wurde, dass unter der bisherigen Anschrift ein neuer
Mieter wohnen würde. Auch wenn von einem Gerichtsvollzieher nicht verlangt
werden könne, dass er zeitaufwendig investigativ tätig wird, muss er doch
offenkundigen Anhaltspunkten und mühelos feststellbaren Äußerlichkeiten
nachgehen. Da der Gerichtsvollzieher aktuelle Schuldneranschriften über
bestimmte Behörden ermitteln lassen darf, so sei erst recht berechtigt und verpflichtet,
die offiziell gültige Meldeanschrift selbst zu überprüfen.
Das Landgericht verweist darauf,
dass der Gläubiger anders als der Gerichtsvollzieher nicht über staatliche
Autorität verfüge. Dritte sind dem Gläubiger nicht zur Auskunft verpflichtet.
Es könne von daher nicht die Aufgabe des Gläubigers sein, Meldeanschriften zu
überprüfen. Dazu gehört auch die Befragung des festzustellenden Vermieters. Die
hier von der Gerichtsvollzieherin vertretene Ansicht, es handele sich nur um
eine Bagatellforderung, greife nicht. Bei der pflichtgemäßen Wahrnehmung und
Bemühung des Gerichtsvollziehers ginge es nicht um die Höhe der Forderung,
sondern um die Ermöglichung der Zwangsvollstreckung als solcher. Die Ermittlung
des Vermieters wäre durch Befragen der Hausbewohner leicht möglich gewesen. Es
bestünde eine Vermutung, dass der Vermieter wegen der Abwicklung des
Mietverhältnisses (Mietkaution, Abrechnung der Mietnebenkosten) die neue
Anschrift des Schuldners habe.
LG Verden, Beschluss vom 31.05.2016 – 6 T 2/16 -