Skulptur: Gerechtigkeit |
Immer dann, wenn in einem Urteil festgestellte Tatsachen auch gegenüber
einem Dritten gelten sollen, ist eine Streitverkündung angezeigt. Ebenso kann
ein Dritter, wie z.B. der private Haftpflichtversicherer, sich selbst an einem
Verfahren als Streithelfer beteiligen. Obwohl das Rechtsinstitut der Streithilfe alt
ist, tun sich sowohl Anwälte als auch Gerichte häufig schwer mit ihm. Einer der häufigsten Fehler bei Gericht ist
darin zu finden, dass im Rahmen der Kostenentscheidung in einem Urteil oder
Beschluss (z.B. nach § 91a ZPO) kein Wort zu den Kosten der Nebenintervention
und mithin zu den Kosten des Streithelfers gesagt wird.
Hier war der BGH selbst
betroffen. In einem Beschluss nach § 522 ZPO, mit dem er über die Kosten des Verfahrens
zu entscheiden hatte, vergaß er die Streithelferin, die dem Rechtsstreit Auf Seiten des obsiegenden Beklagten beigetreten
war. Einer gesonderten Entscheidung zu den Kosten der Streithilfe bedarf es im
Tenor gem. § 101 Abs. 1 ZPO (was häufig von Gerichten verkannt wird). Der Beschluss wurde dem anwaltlichen
Bevollmächtigten der Streithelferin am 27.01.2016 zugestellt; noch am gleichen
Tag beantragt der anwaltliche Bevollmächtigte, den Beschluss gemäß § 321 ZPO zu
ergänzen oder, soweit möglich, nach § 319 ZPO dahin zu berichtigen, dass die Klägerin
die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der
Streithelferin zu tragen habe.
Der BGH negierte in seinem darauf
ergangenen Beschluss die Möglichkeit der Berichtigung nach § 319 ZPO. Eine
Berichtigung auch bei einer versehentlich unterlassenen Entscheidung über die
Kosten der Streithilfe käme nur dann in Betracht, wenn eine versehentliche
Abweichung von dem vom Gericht gewollten vorläge und zudem dies auch
offenkundig sei BGH, Beschluss vom 16.03.2013 – II ZR 185/10 -). Offenkundigkeit verlange, dass sich dies für
einen Dritten aus der Entscheidung selbst ergäbe oder zumindest bei dem Erlass
oder der Verkündung der Entscheidung deutlich nach außen zum Tragen käme. Diese
Voraussetzungen negierte hier der BGH für den vorliegenden Fall. Zwar habe er
der Klägerin die Kosten der Streithilfe nach § 101 Abs. 1 ZPO auferlegen
wollen; das versehentliche Vergessen wäre aber nicht offenbar geworden, da
weder der Beschluss selbst einen Hinweis in den Gründen enthalte, auch nicht
jede Entscheidung über Kosten fehle und auch nach außen sonst nichts erkennbar
dokumentiert worden wäre. Alleine der Umstand der Benennung der Streithelferin
Im Rubrum der Entscheidung genügt nicht (BGH, Beschluss vom 16.04.2013 – II ZR
297/11 -).
Allerdings wurde auch förmlich
ein Antrag auf Ergänzung des Beschlusses im Kostenausspruch gestellt. Dieser
Antrag ging innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist ein. § 321 Abs. 1 ZPO,
wonach ein Urteil auf Antrag zu ergänzen ist, ist auf Beschlüsse entsprechend anwendbar (BGH,
Beschluss vom 26.08.2013 – IX ZR 26/13 -).
Diesem Antrag war stattzugeben.
Anmerkung: Als Vertreter eines Streithelfers hat man stets
die Kostenentscheidung des Gerichts genau zu lesen. Fehlt eine Entscheidung
über die Kosten der Streithilfe, ist -
wenn sie der Gegenseite aufzuerlegen wäre, was regelmäßig der Fall ist, wird dem
Rechtsstreit auf Seiten der obsiegenden Partei beigetreten - innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO (2
Wochen) schriftsätzlich (bei Anwaltsprozessen zwingend durch einen zugelassenen
Anwalt) die Ergänzung zu beantragen. Wir die Frist versäumt, fehlt es an einer
Kostengrundentscheidung zugunsten des Streithelfers, vermöge dessen er seine
Kosten gegen die unterlegene Partei festsetzen lassen und so bei dieser
beitreiben könnte. Er bliebe auf seinen Kosten „sitzen“. Es wäre ein
Anwaltsversäumnis, was auch zum Verlust des eigenen Gebührenanspruchs gegen den
Mandanten führen kann. Vor diesem
Hintergrund sind auch die Ausführungen des BGH zu § 319 ZPO bedeutsam, da der
Berichtigungsantrag nicht an eine Frist gebunden wäre.
BGH, Beschluss vom 01.03.2016 – VIII ZR 287/15 -