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Freitag, 6. Januar 2023

Wenn entsteht entgegen § 123 Abs. 3 BauGB ein Erschließungsanspruch ?

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Durchführung von Erschließungsmaßnahmen für sein Grundstück, damit er seine Ausfahrt wegegerecht benutzen könne. Das Verwaltungsgericht wies nach Ortstermin die Klage ab. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) war hier anderer Ansicht und verurteilte die Beklagte, geeignete Maßnahmen zur Herstellung der wegemäßigen Erschließung des klägerischen Grundstücks zu ergreifen. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BVerwG zurückgewiesen.

Grundsätzlich bestünde kein Rechtsanspruch auf Erschließung nach § 123 Abs. 3 BauGB, obwohl die Erschließung Sache der Gemeinde ist, § 123 Abs. 1 BauGB. Allerdings könne sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine gemeindliche Erschließungsaufgabe zu einem korrespondierenden Anspruch und damit eine Erschließungspflicht verdichten. Diese Verdichtung läge vor, wenn sich die Gemeinde nach Erlass des qualifizierten Bebauungsplanes entschließe, den Plan zwar nicht aufzuheben, aber von der Durchführung der Erschließung abzusehen (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 -). Hier habe der VGH darauf abgestellt, dass seit Erlass des nach wie vor wirksamen (Änderungs-) Bebauungsplanes ohne dessen Vollzug vergangen seien und daher(beanstandungsfrei) den Erschließungsanspruch anerkannt.

Vorliegend war zusätzlich zu berücksichtigen, dass sich der klägerische Anspruch auf einen aus einem Änderungsbebauungsplan ableitete. Das fragliche Flurstück sei zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung hinreichend erschlossen gewesen. Vorliegend gehe es lediglich um einen weitergehenden Erschließungsanspruch („ungehinderte Zufahrt … ohne Erschwernis“) gemäß dem Änderungsbebauungsplan. Diesen Anspruch auf ergänzende Erschließung (aufgrund eines seit Jahren nicht vollzogenen) Änderungsbebauungsplanes sah das BVerwG mit dem VGH auch als gegeben an, wenn im Übrigen bereits eine Erschließung vorlag.

Bereits in seinem vom BVerwG in der besprochenen Entscheidung benannten Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 - führte das BVerwG zur möglichen Verdichtung des Erschließungsanspruchs aus (Leitsatz 5): „Eine Gemeinde, die einen qualifizierten Bebauungsplan erlassen hat, dann jedoch erkennen muß, aus wirtschaftlichen Gründen zur Erschließung außerstande zu sein, kann ein Angebot der Erschließung durch die Betroffenen, dessen Annahme weder aus sachlichen noch persönlichen Gründen unzumutbar ist, nicht ablehnen, ohne dadurch selbst erschließungspflichtig zu werden.“

BVerwG, Beschluss vom 15.06.2022 - 9 B 32.21 -