Sonntag, 13. April 2025

Beschränkte persönliche Dienstbarkeit „Wohnen und/oder Büro“

Im Grundbuch war für den Berechtigten eine „beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnnutzung gemäß § 1093 BGB“ für die Berechtigte mit dem Zusatz eingetragen, dass das Recht auch zur Benutzung als Büro unter „Ausschluss des Eigentümers berechtige.“ Die Eigentümerin regte die Löschung von Amts wegen an, da die Nutzung des Gebäudes oder eines Teils von diesen zu Bürozwecken nur ein untergeordneter Nebenzweck des Wohnungsrechts sein solle wofür sich aus der Eintragungsbewilligung keine Anhaltspunkte ergeben würden, weshalb der Berechtigte das Grundstück auch ausschließlich zu Bürozwecken nutzen könne. Ein solches Recht könne nur als gewöhnliche beschränkte Dienstbarkeit eingetragen werden, weshalb die erfolgte Eintragung unzulässig gewesen sei.

Geltend gemacht wurde damit der Umstand, dass nach § 1093 lediglich ein persönliches Wohnungsrecht für den berechtigten eingetragen werden kann, nach § 1090 BGB auch andere Rechte für den Berechtigten eingetragen werden können. Da explizit auf § 1093BGB abgestellt sei, sei mithin eine Büronutzung (als Hauptzweck) ausgeschlossen, da dies einer Eintragung nach § 1090 BGB bedurft hätte.

Das Grundbuchamt hat die Anregung zur Löschung nach § 53 GBO zurückgewiesen, Hiergegen legte die Eigentümerin direkt bei dem OLG Beschwerde ein, welches die Beschwerde als unbegründet zurückwies. 

Die Eintragung als beschränkte persönliche Dienstbarkeit sei keine unzulässige Eintragung iS. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO. Eine inhaltliche Unzulässigkeit läge nur vor, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder der Ausgestaltung, wie eingetragen, aus Rechtsgründen nicht bestehen könne (BGH, Beschluss vom 06.11.2014 - V ZB 131/13 -). Wobei sich die Unzulässigkeit aus dem Eintragungsvermerk oder in zulässiger Weise der in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergebe (BGH, Beschluss vom 13.07.2017 - V ZB 136/16 -). Das träfe insbesondere auf nicht eintragungsfähige Rechte (wie z.B. eines Mietrechts) zu, ferner bei der Eintragung eines Rechts ohne den gesetzlich gebotenen Inhalt oder ohne Angabe des Berechtigten, und weiterhin bei Eintragung eines Erbbaurechts zur nicht ersten Rangstelle.    

Die Eintragung eines dinglichen Wohnrechts nach § 1093 BGB sei in diesem Sinne nicht unzulässig. Das Recht sei auch nicht mit einem unzulässigen Inhalt eingetragen worden.  Bei einem dinglichen Wohnrecht sei die Mitbenutzung zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken solange erlaubt, wie der Wohnzweck Hauptzweck bleibe. Dass das bewilligte Recht mit dem eingetragenen Recht nicht identisch, also möglicherweise unrichtig sei, führe nicht zur Unzulässigkeit nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO, nach der eine Löschung von Amts wegen erfolgen müsse.

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30.04.2024 - 5 W 26/24 -

Freitag, 11. April 2025

Einwand der Nichtigkeit des Anwaltsvertrages im Kostenfestsetzungsverfahren

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss legte der Kläger (als Kostenschuldner) sofortige Beschwerde mit der Begründung ein, der Anwaltsvertrag zwischen dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten A sei nichtig, da eine Interessenkollision des A bestünde. Er sei sowohl dem Beklagten wie auch dem Kläger als freier Mitarbeiter verbunden. Damit hätte er nicht für den einen Dienstherrn gegen den anderen vorgehen dürfen. Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Oberlandesgericht (OLG) vor.  Dieses wies sie zurück.

Unter Bezugnahme auf einen Beschluss des BGH vom 09.03.2006 - V ZB 164/05 – verwies das OLG darauf, dass das Kostenfestsetzungsverfahren eine Fortsetzung der Kostengrundentscheidung sei und mir dem Kostenfestsetzungsbeschluss abschließe. Es sei lediglich zu entscheiden, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten sei, weshalb keine materiell-rechtlichen Fragen zu klären seien. Für streitige Tatsachen und komplizierte Rechtsfragen sei das Verfahren nicht vorgesehen, daher nicht zu berücksichtigen und einer möglichen Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) vorbehalten.

Ausnahmsweise könnten es verfahrensökonomische Gründe angezeigt erscheinen lassen, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf eine Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwendungen gehen würde, die keiner Tatsachenaufklärung bedürfen und mit den in einem Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres geklärt werden könnten (BGH, Beschluss vom 23.03.2006 - V ZB 189/05 -.

Diesen Ausnahmefall verneint das OLG bereits deshalb, da streitig sei, ob der Prozessbevollmächtigte des Beklagten noch für diesen tätig sei.

Dem stünde nicht entgegen, dass der Rechtspfleger prüfen müsse, ob die zur Festsetzung angemeldeten Kosten entstanden seien.  Damit verbunden sei nicht die Prüfung aller materiell-rechtlicher Fragen, vielmehr beschränke sich die Prüfung auf rein prozessuale und gebührenrechtliche Gesichtspunkte. Dies sei Folge des Umstandes, dass mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss die betragsmäßige Umsetzung der Kostengrundentscheidung erreicht werden soll. Die materiell-rechtliche Frage, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem Prozessbevollmächtigten die Gebühren im Innenverhältnis schulde, gehöre nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren (OLG Hamm, Beschluss vom 15.01.1999 – 23 W 534/98 -; BGH, Beschluss vom 22.11.2006 – IV ZB 18/06 -).

Zudem sei der Einwand der Nichtigkeit des Anwaltsvertrages wegen Verstoßes gegen § 134 BGB bzw. gem. § 138 ZPO keine einfache Rechtsfrage, die für das Kostenfestsetzungsverfahren geeignet sei.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.02.2025 - 30 W 20/25 -

Freitag, 4. April 2025

Unberechtigte Datenweitergabe an SCHUFA und Entschädigung nach Art. 82 DSGVO

Die Parteien hatten einen Telekommunikationsvertrag geschlossen. Mehrere in Rechnung gestellte Beträge soll die Beklaget nicht gezahlt haben, weshalb die Klägerin einen Eintrag bei der SCHUFA bewirkte. Die Klägerin klagte auf Zahlung und due Beklaget erhob Widerklage auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von € 6.000,00 nach Art. 82 DSGVO und Information der SCHUFA darüber, dass die Voraussetzungen für die Meldung personenbezogener Daten und eines Zahlungsverzugs der Beklagten nicht vorgelegen hätten und sämtliche von der Klägerin mitgeteilten Daten zu löschen seien. Der Klage wurde vom Landgericht stattgegeben, die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht (OLG) das Urteil ab, wies die Klage zurück und gab der Widerklage mit einem auf die Widerklage zu zahlenden Betrag von € 500,00, mit Anrechnung auf einen von der Beklagten an die Klägerin zu zahlenden, von ihr anerkannten Betrag von € 54,74 statt. Die Beklagte verfolgte das Klageziel der Zahlung von insgesamt € 6.000,00 mit der zugelassenen Revision weiter.

Der BGH wies die Revision zurück. Er folgte nicht der Ansicht der Beklagten, das OLG habe bei der Bemessung des Schadensersatzes einer abschreckenden Wirkung größeres Gewicht einräumen müssen; Es hätte vielmehr diese überhaupt nicht berücksichtigen dürfen, sondern ausschließlich eine Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes berücksichtigen dürfen.

Der Terminus des „immateriellen Schadens“ in Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist mangels eines Verweises in der Norm auf das innerstaatliche Recht der Mitgliedsstaaten autonom unionsrechtlich zu definieren /EuGH, Urteil vom 20.06.2024 - C-590/22 -). Nach den ErwG 146 S. 2 DSGVO solle der Begriff des Schadens weit ausgelegt werden, und zwar in einer den Zielen der Verordnung in vollem Umfang entsprechenden Art und Weise (BGH, Urteil vom 18.11.2024 – VI ZR 10/24 -). Der EuGH würde in dem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO ausschließlich eine Ausgleichfunktion sehen (EuGH aaO.).

Da dem Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DSGVO eine Ausgleichsfunktion zukäme, sei eine auf Art. 82 DSGVO gestützte Entschädigung in Geld als „vollständig und wirksam“ anzusehen, wenn sie es ermögliche, den aufgrund des Verstoßes gegen die Verordnung konkret erlittenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen (EuGH aaO.).

Das OLG habe auf die Weitergabe von personenbezogenen Daten der Beklagten an die SCHUFA , die bei dortigen Abfragen zu einer einsehbaren Eintragung zu Lasten der Beklagten führen können, abgestellt, zum anderen beachtet, dass der Eintrag bei der SCHUFA die Kreditfähigkeit  der Beklagten beeinträchtige und sich dies auch bereits zum Nachteil der Beklagten ausgewirkt habe (zeitweises Anhalten einer Kreditvergabe an die Beklagte durch deren Hausbank). Auch die Dauer der Eintragung sei berücksichtigt worden. Es sei von der Revision nicht geltend gemacht noch ersichtlich, dass die zugesprochenen € 500,00 nicht ausreichend seien.

Anmerkung: Es ist allgemein bekannt, dass Schmerzensgelder in den USA ein vielfaches von dem betragen, die in Deutschland zugesprochen werden. Während sie in Deutschland eine „billige Entschädigung in Geld“ darstellen, soll der Geschädigte in den USA unabhängig von den daraus noch zu zahlenden (ebenfalls exorbitant hohen) Anwaltskosten einen merkbaren Vermögenszuwachs als Ausgleich haben. Auch wenn hier nicht dem amerikanischen Modell für Schmerzensgeld gefolgt wenn soll und kann: Was nun aber die Rechtsprechung zu Ersatzansprüchen bei unzulässiger Datenweitergabe anbelangt, so heißt offenbar das Motto „klein, kleiner am kleinsten“. Ob dies dem Umstand der Vielzahl von entsprechenden Verstößen geschuldet ist, die sich bei höheren Beträgen im Einzelfall durch meist fahrlässige und grob fahrlässige Verstöße bei Unternehmen (aber auch der öffentlichen Hand) schnell zu größeren Beträgen addieren können, kann nur spekuliert werden. Ein Ausgleich mit € 500,00 bei (durch SCHUFA-Eintragung nicht weiter prüfbarer) öffentlicher Diskreditierung, welche auch schon Auswirkungen zeigte, ist zu niedrig.

BGH, Urteil vom 28.01.2025 - VI ZR 183/22 -