Der Sachverhalt, der der
Entscheidung des OLG Nürnberg zugrunde lag, ist an sich einfach gelagert und
immer wiederkehrend: Nach dem Tot des Wohnungseigentümers traten die Erben in
dessen Rechtsstellung ein.
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Da vorliegend die Erwerberin als
Miterbe auch Tochter eines weiteren Miterben war, nach der Teilungserklärung
dieses Verwandtschaftsverhältnis eine Zustimmung nicht als erforderlich ansah, durfte
das Grundbuchamt die Auflassung nicht aus dem Grund der fehlenden Zustimmung
zurückweisen.
OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.08.2015 – 15 W 788/15 -
Tenor
- 1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin E... M.. B.. wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Nürnberg - Grundbuchamt - vom 27.03.2015 aufgehoben.
- 2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
- I.
- 1. Im Grundbuch (Wohnungsgrundbuch) des Amtsgerichts Nürnberg für S... Bd. ... Bl. 3... sind H... V... B..., P... O... B... und E... M... B... in Erbengemeinschaft als Eigentümer des 12,59/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück S..., K..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Haus B/I, I. Obergeschoss Mitte samt Keller- und Bodenabteil, Aufteilungsplan Nr. 31, eingetragen.
- Mit notariellem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 20.01.2015 (Notar B... in F... URNr. ...2015) veräußerten H... V... B..., P... O... B... und E... M... B... in Erbengemeinschaft zum Zweck der Erbauseinandersetzung vorgenannte Eigentumswohnung zum Alleineigentum an E... M... B... (die Tochter des H... V... B... und Schwester des P... O... B...). Die Vertragsparteien erklärten, über den Eigentumsübergang auf den Erwerber im angegebenen Berechtigungsverhältnis einig zu sein und erteilten dem Notar die unwiderrufliche und unbedingte Vollmacht, die Eintragungsbewilligung wegen des Eigentumsübergangs abzugeben. Die Urkunde wurde am 04.02.2015 zum Vollzug vorgelegt.
- 2. Mit der angefochtenen Zwischenverfügung vom 27.03.2015 beanstandete das Grundbuchamt das Fehlen einer gemäß § 12 Abs. 1 WEG erforderlichen Zustimmung des Verwalters und setzte eine Frist bis 27.04.2015 zur Behebung des Hindernisses.
- 3. Gegen diese am 02.04.2015 zugestellte Zwischenverfügung legte der Urkundsnotar namens der Erwerberin mit Schreiben vom 20.04.2015, bei Gericht eingegangen am 21.04.2015, Beschwerde ein. Er wies darauf hin, dass die beantragte Eintragung aufgrund der Ausnahme in der Teilungserklärung vom 28.01.1970 (wonach das Zustimmungserfordernis des Verwalters nicht besteht für eine Veräußerung unter anderem an den Ehegatten des Veräußerers oder an Personen, die mit ihm in gerader Linie verwandt sind oder Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie) auch ohne Zustimmung des Verwalters vorzunehmen sei.
- 4. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
- II.
- Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist zulässig (§ 71 Abs. 1 GBO). Sie ist auch begründet, weil das in der angefochtenen Zwischenverfügung vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht besteht.
- 1. Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Verfügung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Eine entsprechende Regelung in der Teilungserklärung steht einer Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG gleich (vgl. BayObLG Rpfleger 1982, 177). Soweit demnach die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist, ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums schwebend unwirksam, solange die Zustimmung nicht erteilt ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1 WEG). Das Grundbuchamt hat somit von Amts wegen zu prüfen, ob zum Vollzug einer ein Wohnungseigentum betreffenden Auflassung eine solche Zustimmung erforderlich ist (vgl. § 20 GBO) und - wenn dies der Fall ist - auf deren Vorlage durch Zwischenverfügung hinzuwirken. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts bedarf das vorliegende Übertragungsgeschäft jedoch nicht der Zustimmung des Verwalters.
- a) Allerdings geht das Grundbuchamt zu Recht davon aus, dass das dem beantragten Eigentumsübertragung zugrunde liegende Rechtsgeschäft eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG darstellt. Unter Veräußerung von Wohnungseigentum ist dessen rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden zu verstehen. Hierunter fällt auch die Überlassung und Auflassung des der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zustehenden Wohnungseigentums an eines ihrer Mitglieder (vgl. BayObLG Rpfleger 1982, 177).
- Das auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 WEG in einer Teilungserklärung angeordnete Zustimmungserfordernis bei Veräußerungen von Wohneigentum beschränkt den betroffenen Wohnungseigentümer in seiner Verfügungsbefugnis und stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 137 Satz 1 BGB dar, wonach die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht üblicherweise nicht eingeschränkt werden kann. Als rechtlich zulässige Ausnahme von diesem Grundsatz ist die vereinbarte Verfügungsbeschränkung eng und nicht weiter auszulegen, als es Sinn und Zweck erfordert (OLG Karlsruhe ZWE 2012, 490 Rn. 5 nach juris m.w.N. zur Rspr. und Literatur). Der Zweck der durch § 12 WEG für die Gemeinschaft eröffneten Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Veräußerung des einzelnen Wohnungseigentums besteht nach allgemeiner Auffassung darin, die Gemeinschaft vor dem Eindringen wirtschaftlich oder persönlich ungeeigneter Erwerber zu schützen. Dies gilt auch bei der Veräußerung an einen unzuverlässigen Erwerber, der bereits Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, weil dieser mit dem Hinzuerwerb weiterer Miteigentumsanteile zusätzliche Lasten- und Kostentragungspflichten übernimmt und erweiterten Einfluss auf die Beschlussfähigkeit und auf Abstimmungsergebnisse gewinnt (BayObLG Rpfleger 1982, 177; KG MDR 2011, 718 Rn. 5 nach juris; OLG Karlsruhe ZWE 2012, 490 Rn. 5).
- In Übereinstimmung mit dem dargelegten Sinn und Zweck der vereinbarten Verfügungsbeschränkung wird somit durch die rechtsgeschäftliche Übertragung des Wohnungseigentums das Zustimmungserfordernis grundsätzlich auch dann ausgelöst, wenn der Erwerber als Miterbe bereits der Wohnungseigentümergemeinschaft angehört (BayObLG Rpfleger 1982, 177; KG MDR 2011, 718 Rn. 5 nach juris; OLG Karlsruhe ZWE 2012, 490 Rn. 5 und - zu Ausnahmen - Rn. 7 nach juris).
- b) Vorliegend greift jedoch die in der Teilungserklärung enthaltene Ausnahme, wonach das Zustimmungserfordernis des Verwalters nicht besteht für eine Veräußerung unter anderem an den Ehegatten des Veräußerers oder an Personen, die mit ihm in gerader Linie verwandt sind oder Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie. Dies ist der Fall.
- Da die Erbengemeinschaft kein eigenes Rechtssubjekt darstellt und als solche nicht rechtsfähig ist (vgl. ausführlich BGH NJW 2002, 3389 Rn. 11 ff. nach juris), erfolgte die der beantragten Eigentumsübertragung zugrundeliegende Veräußerung der im Nachlass befindlichen Eigentumswohnung ebenso wie die Einigung über den Eigentumsübergang nicht zwischen der Erbengemeinschaft als solcher und der Erwerberin, sondern zwischen sämtlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft und der Erwerberin (s. auch BGH NJW 2002, 3389 Rn. 16 nach juris). Erwerberin ist E... M... B... als Verwandte in gerader Linie (Tochter) des Veräußerers H... V... B... und als Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie (Schwester) des Veräußerers P... O... B... Damit liegt der in der Teilungserklärung beschriebene Ausnahmefall der Veräußerung an Verwandte bestimmten Grades vor, der keiner Zustimmung des Verwalters bedarf. Es kommt somit nicht darauf an, dass die unter 1.a) genannten wirtschaftlichen und rechtlichen Erwägungen für eine Zustimmungsbedürftigkeit des Verwalters auch hier greifen können. Denn das Zustimmungserfordernis entfällt unabhängig hiervon bereits wegen des genannten Verwandtschaftsverhältnisses.
- 2. Gegenstand der Beschwerde ist nur das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst. Die angefochtene Zwischenverfügung ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückzugeben (Demharter, GBO, 29. Aufl. § 77 Rn. 15).
- III.
- 1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG die Haftung der Antragstellerin für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat.
- 2. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 79 Abs. 1 i.V.m. § 61 Abs. 1 und 2, § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.
- Den Geschäftswert für die beantragte Eigentumsumschreibung hat das Grundbuchamt auf 68.000 € festgesetzt. Von diesem ist regelmäßig bei einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung ein Abschlag vorzunehmen. Für den Geschäftswert einer solchen Beschwerde ist im allgemeinen von Bedeutung, welche Schwierigkeit die Behebung des Hindernisses macht, das Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist (vgl. BayObLG JurBüro 1995, 259 Rn. 4 nach juris). Für die Beantwortung der Frage, ob die Verwalterzustimmung (falls - wie nicht - erforderlich) im konkreten Fall leicht oder schwierig beizubringen wäre, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Demgemäß ist nach § 36 Abs. 3 GNotKG der Geschäftswert auf 5.000 € festzusetzen, was wiederum in einem angemessenen Abschlags-Verhältnis zum Geschäftswert für die Eigentumsumschreibung steht.
- 3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
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