Bild: pixabay |
Der BGH musste sich im Rahmen
eines Rechtsbeschwerdeverfahrens mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die
Zahlung an einen zur Trittschallmessung beauftragten Sachverständigen aus der Instandhaltungsrücklage
bezahlt werden darf. Der Kläger hatte einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft
angefochten, mit dem die Beauftragung eines Sachverständigen zur
Trittschallmessung zwischen der Wohnung des Klägers und einer darunter
liegenden Wohnung zu einem Betrag von bis zu € 1.500,00 zu Lasten der Instandhaltungsrücklage
beschlossen wurde.
Die Klage wurde abgewiesen. Die
Berufung und die Rechtsbeschwerde hatten keinen Erfolg.
Der BGH sah keine Veranlassung
zur Annahme, da es sich hier nicht um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage
handeln würde. Es wäre in der Vergangenheit bereits entschieden, dass der
Verwalter seine Vergütung nicht aus der Instandhaltungsrücklage entnehmen dürfe
(OLG Düsseldorf NZM 2006, 628). Damit sei der vorliegende Sachverhalt nicht
vergleichbar; vorliegend ginge es um die Kosten für eine Trittschalldämmung um
daran festzustellen, ob und in welchem, Umstand das Gemeinschaftseigentum instand
gesetzt werden müsse. Der Sachverhalt würde auch nicht die grundsätzliche Frage
aufwerfen, ob (und unter welchen Voraussetzungen) Sachverständigenkosten stets aus
der Instandhaltungsrücklage bezahlt werden könnten (dies negierend OLG
Frankfurt MDR 1974, 848). Vielmehr behandle der vorliegende Sachverhalt
lediglich die in Rechtsprechung und Literatur bisher bejahte Frage, ob die
Kosten für die Feststellung des
Instandsetzungsbedarfs aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt werden
dürfen (z.B. OLG München ZMR 2006, 311).
BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – V ZB 78/14 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 55 des Landgerichts Berlin vom 8. April 2014 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
- Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 1.165,45 €.
Gründe
- I.
- Das Amtsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 16. Februar 2013 abgewiesen, einen Sachverständigen zu Lasten der Instandhaltungsrücklage bis zum einem Betrag von 1.500 € für die Messung der Trittschalldämmung zwischen der Dachgeschosswohnung des Klägers und den Wohnungen des 3. Obergeschosses zu beauftragen und einem anderen Eigentümer die Kosten einer Trittschallmessung von 618,80 € zu erstatten. Die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung hat das Landgericht durch Beschluss als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Durchführung der Berufung erreichen will. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
- II.
- Das Berufungsgericht meint, die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer von mehr als 600 € sei nicht erreicht. Maßgeblich sei, in welchem Umfang allein der Kläger durch die Beschlüsse beschwert sei. Dieser Betrag übersteige 600 € nicht. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus etwaigen Ersatzansprüchen gegen den Kläger, der das Dachgeschoss ausgebaut habe, aus der Notwendigkeit, zur Durchführung der Messungen seine Wohnung zu betreten, oder daraus ableiten, dass bei den Messungen auch Bauteilöffnungen erforderlich werden könnten. Dies sei nicht Gegenstand der angefochtenen Beschlüsse.
- III.
- Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
- 1. Sie ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Zulässig ist sie aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
- 2. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) erfordert, anders als der Kläger meint, eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Eine solche Entscheidung ist auch nicht deshalb geboten, weil das Berufungsgericht überzogene Anforderungen an die Darlegung der Beschwer gestellt und dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwert hätte (vgl. dazu: Senat, Beschluss vom 3. Mai 2010 - V ZB 242/09, juris Rn. 4 mwN).
- a) Eine solche unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebenen Berufung kann in einem Fehler bei der Bemessung der Beschwer liegen. Ein solcher Fehler liegt hier nicht vor.
- aa) Voraussetzung dafür wäre, dass das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte. Denn die Bemessung der Beschwer kann auch in dem Verfahren über eine aus anderen Gründen zulässige Rechtsbeschwerde nur in dieser Hinsicht überprüft werden (Senat, Beschlüsse vom 9. Juli 2004 - V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219, 220 und vom 20. Januar 2011 - V ZB 193/10, NZM 2011, 488 Rn. 8). Dieser Prüfung hält die angefochtene Entscheidung stand.
- bb) Maßgebend für den Beschwerdewert (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist auch in Wohnungseigentumssachen das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, NZM 2012, 838 Rn. 4). Es kommt deshalb entscheidend auf die Belastung des Klägers an, zu der die Umsetzung der angefochtenen Beschlüsse führt.
- Dass seine finanzielle Belastung mit den durch die angefochtenen Beschlüsse ausgelösten Kosten den Betrag von 600 € übersteigt, hat der Kläger weder dargelegt noch, wie aber nach § 511 Abs. 3 ZPO erforderlich, glaubhaft gemacht. Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Bemessung der Beschwer die von dem Kläger im Zuge der Durchführung der Trittschallmessungen befürchteten Beeinträchtigungen seines Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG und seines Sondereigentums durch Bauteilöffnungen unberücksichtigt gelassen. Die beschlossene Messung wird zwar ein Betreten der Wohnung des Klägers erforderlich machen, das notfalls nach § 14 Nr. 4 WEG erzwungen werden könnte. Der Kläger hat aber nicht, wie geboten, dargelegt, wie seine Beeinträchtigung zu bemessen ist oder auf Grund welcher tatsächlichen Anknüpfungspunkte sie geschätzt werden könnte. Die übrigen Nachteile sind schon nicht Gegenstand der beiden Beschlüsse, die sich in der Beauftragung der neuen Messung und der Erstattung von Kosten für eine andere Untersuchung erschöpfen. Ob und in welchem Umfang es zu den befürchteten weiteren Beeinträchtigungen kommt, bestimmt sich danach, wie die Untersuchung ausgeführt wird und welche Schlussfolgerungen die Wohnungseigentümer aus dem Ergebnis der Messung ziehen. Dazu enthalten die angefochtenen Beschlüsse keinerlei Vorgaben.
- Auch die Berücksichtigung der von dem Kläger beanstandeten Finanzierung der Trittschallmessung aus der Instandhaltungsrücklage ergibt keine den Betrag von 600 € übersteigende Beschwer. Das ideelle Interesse des Klägers an einer zweckentsprechenden Verwendung dieser Rücklage erhöht seine Beschwer nicht; sie bestimmt sich allein nach seiner persönlichen wirtschaftlichen Belastung (dazu: Senat, Beschluss vom 15. Mai 2012 - V ZB 282/11, NJW-RR 2012, 1103 Rn. 7 für die Beanstandung des Wirtschaftsplans). Dass und in welchem Umfang die Entnahme der Kosten aus der Instandhaltungsrücklage seine persönlichen wirtschaftlichen Interessen über den seiner Kostenbelastung entsprechenden Kostenanteil hinaus konkret beeinträchtigt, hat der Kläger weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.
- b) Das Berufungsgericht hat dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung auch nicht dadurch unzumutbar erschwert, dass es die gebotene Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 242/11, WuM 2012, 402 Rn. 12) nicht nachgeholt hat.
- aa) Die unterlassene Prüfung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nachzuholen, wenn die getroffenen Feststellungen - wie hier - eine solche Entscheidung erlauben (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 72/11, NJW-RR 2012, 82 Rn. 7). Sie ergibt, dass ein Grund für die Zulassung der Berufung nicht vorliegt. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
- bb) Die von dem Kläger geltend gemachte Divergenz der angefochtenen Entscheidung zu dem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2005 (3 Wx 326/04, OLGR 2005, 365, 366) liegt ersichtlich nicht vor. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich mit der Frage zu befassen, ob das Honorar des amtierenden Verwalters aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden darf. Hier geht es demgegenüber um die Kosten einer Trittschallmessung, mit der festgestellt werden soll, ob und in welchem Umfang das Gemeinschaftseigentum in dieser Hinsicht instandgesetzt werden muss. Der Fall wirft deshalb entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht die grundsätzliche Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachverständigenkosten generell aus der Instandhaltungsrückstellung bezahlt werden dürfen (insoweit verneinend: OLG Frankfurt/Main, MDR 1974, 848; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 156; Jennißen/Heinemann, WEG 4. Aufl., § 21 Rn. 97; MüKoBGB/Engelhardt, 6. Aufl., § 21 WEG Rn. 35). Es geht allein um die von Rechtsprechung und Literatur bislang, wie in der angefochtenen Entscheidung, bejahte Frage, ob die Kosten für die Feststellung des Instandsetzungsbedarfs aus der Instandhaltungsrückstellung bestritten werden dürfen (vgl. OLG München OLGR 2006, 330, 331; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 21 Rn. 12I Stichwort Zweckbindung; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 64). Sie erfordert die Zulassung der Berufung nicht.
- IV.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Rechtsbeschwerdeverfahrens beruht auf § 49a Abs. 1 Sätze 1 und 2 GKG und entspricht dem Fünffachen des Eigeninteresses des Klägers an der Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse sowohl zur neuen Trittschallmessung als auch zur Erstattung der Kosten der erfolgten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen