Das Mietverhältnis war beendet.
Der Mieter war nach dem Vertrag zur Erbringung einer Mietsicherheit
verpflichtet und hatte eine Mietkautionsversicherung gestellt. Der Vermieter
nahm diese – während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens zu Ansprüchen des
Vermieters gegen den Mieter in Anspruch. Dies nach Ansicht des LG Berlin in
einem Beschwerdeverfahren zu Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens
mit der Folge, dass dem Vermieter die Kosten auferlegt wurden.
Nach dem Urteil des BGH vom 24.07.2019- VIII ZR 141/17 - ist der Vermieter nach Vertragsende kann der Vermieter nach Beendigung des
Mietverhältnisses zur Verwertung einer vom Mieter gestellten Barkaution selbst
dann befugt, wenn die vermieterseits geltend gemachten Ansprüche weder
rechtskräftig festgestellt noch zwischen den Parteien unstreitig sind. Das LG
Berlin äußert Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung im Hinblick
darauf, dass zweifelhaft sei, ob eine derartige Auslegung der Sicherungsabrede dem
tatsächlichen Willen der Mietvertragsparteien eines Wohnraummietvertrages und
der in § 551 Abs. 3 S. 3 BGB angeordneten insolvenzfesten Anlage entspricht.
Jedenfalls aber sei diese Entscheidung für eine Barkaution ergangen und nicht
auf eine (wie hier) vom Mieter gestellte Mietkautionsversicherung.
Auch sei eine Auslegung der
Sicherungsabrede dahingehend, dass unabhängig vom Vorliegen einer
rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder eines zwischen den
Mietvertragsparteien unstreitigen Anspruchs diese Mietkautionsversicherung bei
Beendigung des Vertragsverhältnisses in Anspruch genommen werden kann,
ausgeschlossen, die die Klausel in einem vom Vermieter gestellten
Formularvertrag enthalten sei. Darauf sei die Unklarheitenregelung des § 305c Abs.
2 BGB anzuwenden, derzufolge Unklarheiten bei der Auslegung zu Lasten des
Verwender gehen würden. In der Überschrift und der Klausel selbst würde nur
über eine „Mietsicherheit“
gesprochen, ohne dass die Befugnis über eine vermieterseitige Verwertung
während oder nach dem Ende des Mietverhältnisses geregelt worden sei. Es sei
daher vertretbar die Klausel im Sinne einer auf den Wortlaut bezogenen Funktion
dahingehend zu verstehen, dass ihr nur eine Sicherung des Vermieters vor einer
möglichen Insolvenz des Mieters zukäme, die ihm allenfalls für rechtskräftig
festgestellte oder unstreitige Ansprüche eine Verwertungsmöglichkeit eröffne.
Ausdrücklich hält das LG Berlin fest, dass dahinstehen könne, ob dies auch für
eine inhaltsgleiche Individualvereinbarung oder eine Formularvereinbarung, in
der eine Regelung zur Verwertung durch den Vermieter enthalten sei, maßgebend
sei. Ausreichend sei hier, dass vorliegend eine kundenfreundlichste Auslegung
von zumindest zwei Auslegungsvarianten vertretbar sei.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde
gegen die Entscheidung schied aus, worauf das LG Berlin hinweist, da die Kammer
über einen für erledigt erklärten Antrag über eine einstweilige Verfügung
entschieden hatte, §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Anmerkung: Zwar hatte der BGH in der vorgenannten
Entscheidung lediglich zur Verwertung einer Barkaution entschieden. Den
Entscheidungsgründen lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass seine
Rechtsauffassung nur auf diese bezogen sein soll, zumal auch nach der hier vom
LG Berlin ausgelegten Klausel die Mietsicherheit als Barkaution hätte geleistet
werden können. Die Auslegung einer Norm, die verschiedene Arten der
Sicherheitserbringung zulässt dahingehend, je nach Art der danach erbrachten Sicherheit
ist unvertretbar. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in der benannten
Entscheidung des BGH es um die Frage der Aufrechnungsmöglichkeit mit der als
Barkaution erbrachten Sicherheit ging. Eine Aufrechnung mit einer
Mietkautionsversicherung ist nicht möglich. Die weitergehende Frage wäre, ob
der Mieter nach der Entscheidung des BGH bei Geltendmachung von Ansprüchen des
Vermieters im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens die Sicherheit (vorliegend
in Form der Mietkautionsversicherung) herausverlangen könnte (wenn nicht der
Vermieter zuvor die Geltendmachung weiterer Ansprüche ankündigt), da der
Vermieter diese nicht in Anspruch nahm. Während aber die Barkaution ein liquides,
dem Vermieter zur Verfügung stehendes Mittel ist, ist dies die Mietkautionsversicherung
nicht, insoweit ein Dritter, der Versicherer, in Anspruch zu nehmen ist. Hier
kann der Vermieter mithin sicherlich zuwarten, ob er seinen Anspruch tituliert
bekommt und daraufhin der Mieter zahlt. Gleichwohl wird man zur Frage der
Verwertungsmöglichkeit selbst keinen Unterschied zwischen der Barkaution und der
Mietkautionsversicherung sehen können. Von daher entspricht die Entscheidung
des LG Berlin nicht der Vorgabe des BGH.
LG Berlin, Beschluss vom 01.10.2019 - 67 T 107/19 -