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Samstag, 12. September 2020

Keine Stornierungskosten bei Reiserücktritt ohne Reisewarnung wegen Corona


Der Kläger hatte eine Pauschalreise auf die italienische Insel Ischia im Mai 2019 mit Hin- und Rückflug Hamburg - Neapel bei der Beklagten, einem Reiseveranstalter, gebucht. Mit Mail vom 07.03.2020 stornierte er die Buchung u.a. mit Verweis auf die „außergewöhnlichen Umstände in Italien“. Die Beklagte bestätigte die Stornierung und begehrte Stornierungskosten. Da der Kläger bereits den Reisepreis entrichtet hatte, erhob er Klage auf den insoweit von der Beklagten begehrten Betrag, den diese nicht zurückgezahlt hatte.

Das Amtsgericht bejahte den Anspruch. Zunächst bestünde das freie Rücktrittsrecht, § 651 Abs. 1 S. 1 BGB. Die allgemeinen Wirkungen eines Rücktritts in § 346 BGB würden in den reiserechtlichen Sonderregelungen des § 651h Abs. 1 bis 3 BGB dahingehend modifiziert, dass der Reiserveranstalter seinen Anspruch auf Reisevergütung verliert, er aber eine angemessene Entschädigung verlangen könne.  § 651h Abs. 2 BGB sähe allerdings vor, dass der Reiseveranstalter vor Reisebeginn keine Entschädigung verlangen könne, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten würden, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

Für die Corona-Krise will das Amtsgericht zur Beurteilung, ob ein außergewöhnliches Ereignis vorliegt/vorlag darauf abstellen, wann der Kläger zurückgetreten ist und ob die Gegebenheiten zu dieser Zeit bereits als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren waren. Es sei eine Prognoseentscheidung, bei der es auf eine ex-ante-Betrachtung ankäme. Bei einem übereilten Rücktritt würde es bei der Entschädigungspflicht gem. § 651h Abs. 1 S. 3 BGB verbleiben, auch wenn sich später eine Betroffenheit der Reise von außergewöhnlichen Ereignissen ergäbe, die den entschädigungslosen Rücktritt legitimiert hätten.

Bei der Beweisführung sei der Reisende nicht zu überfordern. Nicht erforderlich sei, dass bereits Reisewarnungen für das Reiseziel vorlägen. Ausreichend sei eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Gesundheitsgefährdung. Dies sei zum Zeitpunkt des Rücktritts durch den Kläger der Fall gewesen (was dann im Urteil im Einzelnen näher ausgeführt wird).

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.08.2020 – 32 C 2136/20 (18)