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Freitag, 11. Januar 2019

Kein Schadensersatzanspruch auf Umsatzsteuer bei fiktiver Schadensberechnung trotz umsatzsteuerpflichtiger Ersatzbeschaffung


Nach einem Verkehrsunfall begehrt der Kläger von den Beklagten Schadensersatz. Der von ihm beauftragte Sachverständige hatte den Widerbeschaffungswert des Fahrzeuges mit € 22.350,00 incl. Umsatzsteuer (differenz- bzw. regelbesteuert) und einen Restwert von € 8.000,00 ermittelt. Der Kläger veräußerte das unfallbeschädigte Fahrzeug zu € 8.200,00 und erwarb einen Ersatzwagen zu € 14.500,00 incl. Umsatzsteuer. Er machte nun gegenüber den Beklagten den Wiederbeschaffungswert gemäß Gutachten von € 22.350,00 abzüglich des erzielten Verkaufserlöses für das beschädigte Fahrzeug mit € 8.200,00 geltend, mithin € 14.150,00.- Die Beklagten zahlten € € 12.896,63. Die Differenz machte der Kläger gerichtlich geltend. Dabei machte er geltend, es sei vom Brutto-Wiederbeschaffungswert wegen der Anschaffung eines Neufahrzeuges auszugehen.

Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und wies die Sache zur Feststellung des in Abzug zu bringenden Umsatzsteueranteils an das Landgericht zurück.

Der BGH verwies darauf, dass der Kläger vorliegend nicht entsprechend der konkret vorgenommenen Ersatzbeschaffung seinen Schaden geltend gemacht habe, sondern die fiktive, auf dem Gutachten beruhende Schadensabrechnung gewählt habe. Bei dieser sei vom  Netto-Wiederbeschaffungswert auszugehen. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB würde die Umsatzsteuer bei dem Schadensersatzanspruch nur mit einschließen, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei, nicht aber dann, wenn sie nur fiktiv bliebe, da es nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung käme. Ein Verzicht auf die Herstellung würde also zum Verlust des Anspruchs auf die Umsatzsteuer führen. Dies würde auch dann gelten, wenn (wie hier) der Geschädigte zwar eine umsatzsteuerpflichtige Ersatzbeschaffung vornehme, mithin die Umsatzsteuer zur Wiederherstellung des früheren Zustandes einsetze (BT-Drs. 14/7752, S. 23), er allerdings bei der Schadensberechnung auf eine von ihm als günstiger angesehen fiktive Abrechnung der Kosten einer Ersatzbeschaffung auf der Grundlage eines Gutachtens ausweicht. Der Geschädigte müsse sich an der von ihm einmal gewählten fiktiven Schadensabrechnung jedenfalls dann festhalten lassen, wenn die konkreten Kosten der tatsächlichen Ersatzbeschaffung unter Einbeziehung der Nebenkosten den ihm aufgrund der fiktiven Schadensberechnung zustehenden Betrag nicht übersteigen würden. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung sei ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15 -). Die bei der gewählten fiktiven Schadensberechnung (nach Gutachten) enthaltene Umsatzsteuer bleibe auch dann fiktiv, da diese nicht angefallen sei, wenn tatsächlich Umsatzsteuer bei einer nicht der Schadensberechnung zugrunde gelegten Ersatzbeschaffung anfalle. Nur wenn die tatsächlichen Kosten des Ersatzgeschäfts einschl. Umsatzsteuer und Nebenforderungen (wie hier nicht) den Betrag nach der fiktiven Schadensberechnung übersteigen würden, könnte der Geschädigte grundsätzlich zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung übergehen.

Das Urteil wurde aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen, da der Tatrichter noch im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO klären müsse, ob solche Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt regelmäßig der Regelbesteuerung nach § 10 UStG oder der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterfallen würden oder von privat umsatzsteuerfrei angeboten würden.

BGH, Urteil vom 02.10.2018 - VI ZR 40/18 -