Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zu einer Geldbuße in Höhe von € 250,00, und zwar wegen vorschriftswidriger Benutzung eines elektronischen Geräts (Mobiltelefon) als Führer eines Kraftfahrzeugs. Nach der eigenen „geständigen Einlassung“ des Betroffenen will er ein Mobiltelefon in der linken Hand gehalten haben und über die Freisprechanlage telefoniert haben. Als rechtlich unerheblich sah das Amtsgericht die weitere Angabe des betroffenen an, er habe das Handy nur für eine Umlagerung in die Hand genommen und den Gesprächspartner aufgefordert, während der Umlagerung das Gespräch nicht fortzuführen.
Die dagegen vom Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Die entscheidende Fragestellung lautete, ob nach der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO der Tatbestand auch dann erfüllt ist, wenn der Fahrzeugführer während des Betriebs des Fahrzeugs sein Mobiltelefon aufnimmt, während er es über eine Freisprecheinrichtung nutzt. Oder bedarf es im Zusammenhang mit einer Nutzung einer Bedienfunktion ?
Es sei nicht mit dem Wortlaut von § 23 Abs. 1a StVO vereinbar, einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO anzunehmen, wenn das Gerät nur gehalten würde. Deshalb müsse eine über das Halten hinausgehende Benutzung des Geräts erfolgen. § 23 Abs. 1a S. 1 Nr. 1 StVO bestimme, dass der Fahrzeugführer ein elektronisches Gerät, welches der Kommunikation, Information oder Organisation diene oder dazu bestimmt sei, nur benutzen dürfe, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten würde. Das Aufnehmen / Halten des Geräts sei mithin nur im Zusammenhang mit dessen Bedienung (Nutzung) untersagt. Eine Ortsveränderung des Geräts sei unter Berücksichtigung der Grenzen zulässiger richterlicher Interpretation dem Wortsinn des Begriffs „Benutzen“ nicht zu entnehmen (Art. 103 Abs. 2 GG; BVerfG, Beschluss vom 23.06.2010 - 2 BvR 2559/08 -). Die Begründung des Änderungsentwurfs für den heutigen § 23 Abs. 1a StVO bezieht sich auch darauf, dass statt dem bisherigen Verbot nunmehr ein Gebot, unter welchen Voraussetzungen eine Gerätenutzung zulässig sei, aufgenommen worden sei (BR-Drs. 556/17 S. 25). Es wäre nicht einsichtig, eine funktionsneutrale Tätigkeit wie das Umlegen des Gerätes anders zu bewerten als bei sonstigen im Fahrzeug mitgeführten Gegenständen, unabhängig auch davon, ob eine - von der Benutzung entkoppelte - Verbindung zuvor beendet wurde oder über die Freisprecheinrichtung fortgeführt würde.
Allerdings weist das Oberlandesgericht unter Verweis auf den Beschluss des OLG Stuttgart vom 25.04.2016 4 Ss 212&16 -) auch darauf hin, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung eine Regelungslücke habe schließen wollen, in denen das Gerät in der Hand gehalten würde, obwohl dies nicht notwendig sei, da das Gespräch über eine Freisprecheinrichtung geführt würde. Daher sei es ausreichend für die Verwirklichung des § 23 Abs. 1a StVO, wenn Halten und Benutzung tatsächlich zusammenfallen würden, ohne dass das Halten für die Nutzung relevant sei. Allerdings: Es sei nicht ersichtlich, dass die Absicht bestanden hätte, ein generelles Verbot des Aufnehmens oder Haltens elektronischer Geräte (ohne einen Zusammenhang mit der Bedienfunktion) einzuführen. Wäre es Ziels Ziel des Verordnungsgebers gewesen, die Hände des Fahrzeugführers vollständig von fahrfremden Tätigkeiten freizuhalten (oder immer neue Beweisschwierigkeiten im Hinblick auf Schutzbehauptungen auszuräumen), wäre das spezifische Verbot für elektronische Geräte unverständlich. Die Begründung mache deutlich, dass der Verordnungsgeber gerade in der Kombination von Halten und Bedienen einer Nutzungsfunktion eine erhöhte Gefährdung der Verkehrssicherheit gesehen hat, im Gegensatz zu andren fahrfremden Tätigkeiten (wie essen).
Das Amtsgericht würde zu klären haben, ob eine Umlegung oder ein Halten im Zusammenhang mit einer Bedienung vorgelegen habe. Abschließend wies das Oberlandesgericht noch darauf hin, dass eine den Ordnungswidrigkeitstatbestand erfüllende Nutzung auch dann vorläge, wenn die Umlegung (auch) erfolge, um störungsfrei weitertelefonieren zu können.
OLG Karlsruhe, Beschluss
vom 18.04.2023 - 1 ORbs Ss 151/23 -