Die Klägerin, die mit dem
Versicherungsnehmer mitfuhr, machte
gegen die Kfz-Versicherung (Beklagte) nach einem Unfall, der von dem Versicherungsnehmer
der Beklagten verursacht wurde, Schadensersatzansprüche geltend. U.a. befand sich in dem beschädigten Wohnwagen
ein elektrischer Rollstuhl, der ebenfalls beschädigt wurde. Von der Beklagten wurde
eine Regulierung abgelehnt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die
Berufung dagegen wurde vom OLG Jena zurückgewiesen.
Der Anspruch wurde abgewiesen, da
kein Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 7 Abs. 1, 8 Nr. 3 StVG, 115 Abs. 1 S. 1
Nr. 1 VVG hergeleitet werden könne. Grundlage der Entscheidung des OLG war eine
Klausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2008), die
unter A.1.5.5 eine Ausschlussklausel enthalten. Danach besteht bei
Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen von
Sachen, die mit dem Fahrzeug befördert werden, kein Versicherungsschutz , es
sei denn, es handele sich um Gegenstände, die (wie Kleidung, Brille,
Brieftasche) üblicherweise mit sich geführt würden.
Die aus der Sicht eines verständigen
Versicherungsnehmers auszulegende Klausel sei dahingehend zu verstehen, dass
damit mitgenommene Gegenstände, die unter die Klausel fallen würden, vom
Versicherungsschutz ausgenommen würden. Befördern sei das Verbringen von einem
Ort zum Anderen. Erfasst würden Transportschäden, die durch den zweckgerichteten
Einsatz des Fahrzeugs als Transportmittel entstünden. Ausreichend sei, dass das
Fahrzeug (wie hier im Hinblick auf den Rollstuhl, der am Urlaubsort zum Einsatz
kommen sollte) auch als Transportmittel genutzt würde.
Entscheidend ist daher
vorliegend, ob es sich bei dem Rollstuhl um eine Sache handelt, die „Insassen
eines Fahrzeugs üblicherweise mit sich führen“. Die enumerative Benennung von Gegenständen in
der Klausel sei nicht abschließend, würde aber verdeutlichen, dass es sich um
solche Sachen handelt, die es sich um solche Sachen handeln würde, die
Fahrzeuginsassen typischerweise am Körper tragen oder zu denen zumindest eine
engere Beziehung als zu gewöhnlichem Reisegepäck bestünde. Die Versicherung
wolle allgemein keine allgemeine Sachversicherung für alle von Fahrzeuginsassen
mitgeführten Gegenstände anbieten und müsse dies auch nicht; hier könne der Geschädigte
den Schädiger in Anspruch nehmen oder diese Gegenstände gesondert versichern.
Der Begriff „üblicherweise“ sei
objektiv und nicht subjektiv auszulegen. Dazu bestünden unterschiedliche
Ansichten. Allerdings sei vorliegend zu berücksichtigen, dass der Rollstuhl im
zusammengebauten und betriebsfähigen Zustand ca. 40kg wöge, zusammengefaltet
der Rollstuhl zwischen 15 – 20 kg, due Antriebselemente ca. 20 – 35kg. Mit
diesem Gewicht und seinen Ausmaßen stelle der Rollstuhl keine Sache mehr dar,
die Fahrzeuginsassen üblicherweise und ohne Weiteres in Fahrzeugkabine oder Kofferraum
transportieren würden, anders als bei einem klappbaren Stamdrd-Rollstuhl oder
Rollator. Das gelte auch, wenn der Rollstuhl in einem Anhänger oder Wohnwagen
verstaut würde.
Für diese Auslegung spräche auch
die Gesetzesentwicklung. Bis 2002 hätte nur dann eine Haftung nach § 7 StVG bestanden,
wenn eine entgeltlich und geschäftsmäßig beförderte die Sache getragen oder mit
sich geführt habe. In 2002 sei die Haftung auch auf die Verletzung und Tötung
von Fahrzeuginsassen, die nicht entgeltlich und geschäftsmäßig befördert
wurden, ausgedehnt. Eine Erweiterung bezüglich der mitgeförderten Sachen für
diesen Personenkreis wurde nicht aufgenommen; der Gesetzgeber sei davon
ausgegangen, dass sich entweder ein Anspruch aus dem Beförderungsvertrag oder
aus dem allgemeinen Deliktsrecht ergeben könne, nicht jedoch aus dem Rechtsinstitut
der Gefährdungshaftung hergeleitet werden soll (BT-Drs. 14/7752, S. 31).
OLG Jena, Urteil
vom 19.09.2019 - 4 U 208/19 -