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Mittwoch, 16. Mai 2018

(Keine) Wahlweise Hauptsacheerledigungserklärung oder materielle Schadensersatz-/Kostenerstattungsklage ?


Die Klägerin erhob eine Räumungsklage. Nach Zustellung der Klage und vor der mündlichen Verhandlung räumte die Beklagte, die damit einer Verurteilung auf Räumung zuvor kam. Seitens der Klägerin wurde nach der Räumung schriftsätzlich ausgeführt, dass in Ansehung der Räumung der Rechtsstreit „in der Hauptsache für erledigt zu erklären sein wird“, hat aber dann noch vor dem Verhandlungstermin eine Klageänderung dahingehend vorgenommen, dass die Kostentragungspflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes festgestellt werden solle. Im Termin veranlasste das Landgericht die Klägerin dann doch zur Erledigungserklärung und hat die Kosten vollumfänglich gemäß § 91a ZPO der Beklagten auferlegt. Die Beschwerde der Beklagten führte zu einer Änderung der Kostenentscheidung durch das Beschwerdegericht (Kammergericht – KG) dahingehend, dass die Beklagte 86%, die Klägerin 14% der erstinstanzlichen Kosten und für das Beschwerdeverfahren die Beklagte 73% und die Klägerin 27% zu tragen habe.

Vom Grundsatz her geht auch das KG in seiner Entscheidung davon aus, dass grundsätzlich die Kosten des Verfahrens vollumfänglich von der Beklagten zu tragen gewesen wären, da diese Veranlassung zur Klage gegeben habe. Von einer entsprechenden Kostenentscheidung alleine zu Lastend er Beklagten sei allerdings abzuweichen, da es die Klägerin unterlassen hätte, zeitlich vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung nach der Räumung durch die Beklagte die Hauptsache für erledigt zu erklären und die Verhandlung auf den statt dessen von der Klägerin angekündigten materiell-rechtlichen Feststellungsantrag zurückzuführen sei.

Anders als das Landgericht negierte das KG die Sachdienlichkeit der Klageänderung nach § 263 ZPO in einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Die prozessualen Kostenregelungen in den §§ 91ff ZPO seien in Bezug auf den laufenden Rechtstreit vorrangig und auch grundsätzlich abschließend. Anders als materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen würden sie an ein ebstehendes Prozessrechtsverhältnis anknüpfen und die Kostentragung unabhängig von einem Verschulden alleine nach dem Maß des Obsiegens zum Unterliegen regeln. So würde der Kläger auch dann die Kosten des Rechtsstreits gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO tragen, wenn er die Klage wegen nach Rechtshängigkeit eintretender Erledigung zurücknehmen würde. Erledigung nach Rechtshändigkeit (BGH, Beschluss vom 27.03.2003 - II ZB 38/02 -). Der Kläger, dessen Klage sich nach Rechtshängigkeit erledigt, sei daher gehalten, die Hauptsache für erledigt zu erklären; schließe sich der Gegner an, komme es zur Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, schließe er sich nicht an, zum Erlass eine Feststellungsurteils über die Erledigung mit entsprechender Kostenentscheidung (BGH aaO.; war also die Klage zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet, hat der Gegner die Kosten zu tragen, andernfalls der Kläger, und bei Nichtklärung nach dem zum zeitpunkt des erledigenden Ereignisses käme auch eine Kostenquotelung in Betracht).

Die ZPO biete dem Kläger kein Wahlrecht dahingehend, ob er eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO (im Falle der Anschließung des Gegners) „riskiere“ oder lieber durch Klageänderung eine materiell-rechtliche Prüfung durch das Gericht (mit möglicher Beweisaufnahme) erzwinge (so auch OLG München, Beschluss vom 03.08.2915 - 18 U 1787/15 -).

Soweit der BGH eine Umstellung der Klage auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bzw. eine entsprechende Feststellung zugelassen habe, hätten dem andere Sachverhalte zugrunde gelegen.

Zum Einen beträfe dies die Sonderfälle, in denen der Kläger mangels einer prozessualen Kostenregelung keine Möglichkeit hätte einer möglichen Kostenlast zu entgehen und es unzumutbar und prozessunökonomisch wäre, ihn auf eine gesonderte Kostenklage zu verweisen (so BGHZ 79, 275; z.B. der nach erteilter Auskunft unbegründete Zahlungsanspruch einer Stufenklage, BGH, Urteil vom 05.05.1994 – III ZR 98/94 -).

Zum Anderen wäre der Fall betroffen, dass die Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung komme (BGH, Urteil vom 18.04.2013 - III ZR 156/12 -). Hier könnte der Kläger die Klage zurücknehmen und gem. § 279 Abs. 3 S. 3 ZPO Kostenantrag stellen. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auf eine Klageänderung in eine Kostenerstattungsklage anstelle der Klagerücknahme mit Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO habe der BGH mit Hinweis darauf negiert, dass der Weg des Kostenantrags nicht in gleicher Weise sicher und wirkungsvoll sei. Zugrunde lag dem ein Fall, in dem die dortige Klägerin ihre Klage vor deren Zustellung zurücknahm und sodann (neu) eine Kostenklage erhob. Daraus lasse sich, so das KG, nicht ableiten, dass es der Kläger stets und auch im Anwendungsbereich des § 91a ZPO in der Hand haben müsse, ein summarisches Verfahren über die Kostenfrage (wie bei §§ 91a, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO) zu verhindern; zudem habe der BGH nicht entschieden, dass im laufenden Verfahren eine Klageumstellung möglich sei.  

Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass es durch den Termin (infolge der Klageumstellung, da ansonsten im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung nach § 91a ZPO bei Anschließung der Beklagten hätte entschieden werden können) durch die Termingebühr zu Mehrkosten gekommen, die zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen seien. Im Rahmen der Beschwerde, mit der die Beklagte eine Kostenaufhebung angestrebt habe, sei dies ebenfalls quotal im Rahmen des Unterliegens zu berücksichtigen, § 92 Abs. 1 ZPO.

KG, Beschluss vom 26.02.2018 - 8 W 2/18 -