Der Beklagte kaufte von der
klagenden Bauträgerin drei noch zu sanierende Eigentumswohnungen mit
notariellem Kaufvertrag vom 04.05.2011 zum Preis von € 309.692,00. In diesem
wurde auch die Auflassung erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels im
Grundbuch. Mit Schreiben vom 24.07.2012 verlangte der Beklagte von der Klägerin
eine Kaufpreisminderung wegen nach seiner Ansicht nicht notwendiger
Dekontaminationsarbeiten in Höhe von € 27.100,76. Die Klägerin unterzeichnete dies Schreiben mit dem Zusatz
„zur Kenntnis genommen und anerkannt“.
Mit ihrer Klage verlangte die
Klägerin Zahlung eines Restkaufpreises von € 26.323,83; der Beklagte beantragte
widerklagend Rückzahlung überzahlter € 776,93 sowie die Feststellung, dass der
Kaufpreis mit € 282.591,24 vollständig bezahlt sei. Das Landgericht wies die
Klage unter Stattgabe der Widerklage ab. gab der Klage teilweise statt und wies
die Widerklage ab. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG der Klage
teilweise statt und wies die Widerklage ab. Der Beklagte legte (vom OLG
zugelassen) Revision ein.
Kernpunkt der
Rechtsauseinandersetzung war die Frage, ob die Vereinbarung über eine
Kaufpreisminderung dem Formerfordernis der notariellen Beurkundung des § 311b
Abs. 1 BGB unterlag, wovon das OLG ausgegangen war und die hier nicht
eingehalten war; insoweit wurde an der bisherigen Rechtsprechung des BGH zunehmend
Kritik geübt. Der Formbedürftigkeit unterlägen, so auch der BGH, alle
Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen
Übereignungsgeschäft gehören würden. Daher würde die Norm auch auf einen schon
beurkundeten Grundstückskaufvertrag, der nachträglich geändert würde, Anwendung
finden. Formfreiheit würde insoweit lediglich dann bestehen, wenn die
Abänderung einer bei der Abwicklung des Geschäfts unvorhergesehenen Schwierigkeit
dienen würde, ohne die beiderseitigen Verpflichtungen wesentlich zu ändern,
weshalb eine nachträgliche Herabsetzung des Kaufpreises an sich formbedürftig
sei.
Allerdings könnten
Grundstückskaufverträge nach der Auflassung formlos abgeändert werden, da die
Verpflichtung zur Eigentumsübertragung mit der Auflassung erfüllt sei, soweit
nicht mit der Abänderung eine neue selbständige Erwerbs- oder Veräußerungspflicht
begründet würde.
Der BGH geht in seiner
Entscheidung auf die an seiner ständigen Rechtsprechung geübten Kritik ein.
Nach dieser Kritik würde insbesondere nicht berücksichtigt, dass der
historische Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass die Auflassung in einer gesonderten
Urkunde nach Erfüllung der beiderseitigen Pflichten aus dem Kaufvertrag erklärt
würde und habe daher alle zwischenzeitlichen Änderungen des Kaufvertrages
erfasst. Heute würde regelmäßig die Auflassung zusammen mit in die Kaufvertragsurkunde
sowohl aus Gründen der Praktikabilität als auch aus Kostengründen mit
aufgenommen. Damit sei die Billigung von formfreien Änderungen mit dem der Norm
des § 311b BGB bezweckten „Übereilungsschutz“ nicht vereinbar. Dieser Kritik
folgt der BGH ausdrücklich nicht.
Die Formfreiheit der Änderungen
nach bindender Auflassung ergebe sich aus § 873 Abs. 2 BGB und stünde dem Sinn
und Zweck des § 311b BGB nicht entgegen. Der „Übereilungsschutz“ durch
Mitwirkung eines Notars mit rechtskundiger Belehrung und Beratung sei nicht mehr notwendig, wenn die
schuldrechtlichen Erklärungen beurkundet worden seien und die für die erstrebte
Rechtsänderung erforderlichen dinglichen Erklärungen (so die Auflassung)
erklärt in bindender Form worden seien. Zwar sei mit der bindend gewordenen
Auflassung noch keine Erfüllung iSv. § 363 BGB eingetreten, da dies erst mit
der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch erfüllt sei.
Allerdings sei für die Frage der Formbedürftigkeit nicht auf die Erfüllung
abzustellen, sondern darauf, dass die geschuldeten Leistungshandlungen
unwiderruflich erbracht worden seien. Mit der bindend gewordenen Auflassung sei
ein Automatismus in Gang gesetzt worden, im den Eigentumswechsel zur Eintragung
zu bringen.
Um zu verhindern, dass der
Verkäufer das Eigentum an seinem Grundstück ohne Erhalt des Kaufpreises
verlöre, würde meist eine Treuhandtätigkeit des Notars nach § 24 BnotO vereinbart
dahingehend, dass dieser den Eigentumswechsel im Grundbuch erst beantragen dürfe,
wenn die Kaufpreiszahlung ihm nachgewiesen würde (oder auf seinem
Notaranderkonto auszahlungsreif hinterlegt würde), und er vorher auch dem
Käufer keine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde erteilen dürfe,
die die Auflassung enthalte (vgl. auch § 49 Abs. 5 S. 1 BeurkG). Diese Abrede
ändere aber nichts daran, dass die Auflassung ohne Vorbehalt und verbindlich
erklärt worden sei.
Daher hätten hier die Parteien
den Kaufpreis wirksam um € 27.100,76 auf € 282.591,24 ermäßigt.
BGH, Urteil vom 14.09.2018 - V ZR 213/17 -