Die Klägerin betrieb eine Paketzustelldienst. Deren angestellte Fahrer hatten die Aufgabe, Pakete bei den Kunden abzuholen oder den Kunden Pakete zuzustellen. Regelmäßig hielten die Fahrer in der Nähe der Kunden (um den Vorgang zu beschleunigen). Soweit die Klägerin keine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO zum Halten im Halteverbot pp. erhielt, nahm es die Klägerin hin, dass die Fahrer die Fahrzeuge gleichwohl im Halteverbot pp. abstellten und dann Verwarnungsgelder angefordert wurden. Diese wurden direkt von der Klägerin als Halterin angefordert und auch von dieser gezahlt, auch dann, wenn sie nur aufgefordert wurde, entweder einen Zeugenfragebogen auszufüllen oder das Verwarnungsgeld zu zahlen. Anderweitige Verwarnungs- und Bußgelder (so für Geschwindigkeitsverstöße ihrer Fahrer) zahlte die Klägerin nicht.
Der Beklagte (das Finanzamt [FA]) war der Ansicht, es handele sich bei diesen von der Klägerin gezahlten Verwarnungsgeldern um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn und berief sich auf die Entscheidung des BFH vom 14.11.2013 zur Zahlung von Bußgeldern für die Überschreitung von Lenk- und Ruhezeiten. Die Klägerin meldete daher in ihrer Lohnsteuer-Anmeldung für April 2014 für Lohnsteuer in Bezug auf die benannten Verwarnungsgelder in Höhe von € 1.925,96 sowie die darauf beruhende Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag pauschaliert nach § 38a EstG an und legte dagegen auch Einspruch ein. Der Einspruch wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Revision des FA führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Finanzgericht.
Der BFH führte aus, bei der pauschalierten Steuer handele es sich um eine von der Steuer ´des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer. Es müsste sich mithin um eine in Geldwert bestehende Einnahme iSv. § 19 EstG handeln. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit würden neben dem Lohn auch andere Bezüge gehören, die dem Arbeitnehmer (AN) gewährt würden, unabhängig davon, ob der AN darauf einen Rechtsanspruch habe. Ein Bezug zum Dienstverhältnis läge vor, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt würde, da der AN Arbeitnehmer des Arbeitgebers (AG) sei und nur deshalb die Zuwendung als Gegenleistung für die Dienste des AN gezahlt würden. Auch der Erlass von Forderungen, die dem AG gegen den AN zustünden könne Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 S. 2 EstG sein.
Zutreffend sei danach das FG zunächst davon ausgegangen, dass den AN nicht schon deshalb Arbeitslohn zugeflossen sei, da der AG (die Klägerin) die Verwarnungsgelder iSv. § 56 OWiG gezahlt habe. Die Verwarnungsgelder seien jeweils bei der Klägerin als Halterin der Fahrzeuge wegen Parkverstößen ihrer AN geltend gemacht worden. Daher habe die Klägerin eine eigene Verbindlichkeit erfüllt. Betroffener im Sinne des OWiG sei ungeachtet eines Tatbeitrages auch der Halter des Fahrzeuges (BVerfGE 80, 109). Sei der Halter nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit der Verwarnung einverstanden und zahlt er, würde die Verwarnung wirksam, ohne dass damit die Voraussetzungen sachlich-rechtlicher Art bzw. eines Bußgeldtatbestandes festgestellt würden. Nach der Zahlung sei ein Rechtsmittelausgeschlossen.
Dies unterscheide sich von den Sachverhalten, die den Entscheidungen in BFHE 208, 104 und BFHE 243, 520 zugrunde gelegen hätten, da dort zugrunde lag, dass die jeweilige Klägerin die Zahlung von Verwarnungsgeldern bzw. Bußgeldern erfolgte, die gegen die jeweiligen Fahrer erhoben wurden.
Allerdings ließe sich, anders als das FG meine, daraus noch nicht ableiten, dass den AN der Klägerin hier kein geldwerter Vorteil zugeflossen sei. Ein geldwerter Vorteilwürde auch dann dem AN zufließen, wenn der AG zu erkennen gebe, dass er keinen Rückgriff nehmen würde und sich der AN damit einverstanden erkläre. Ein vom FG negierter Rückgriffsanspruch des AG könne nicht festgestellt werden.
Die Erwägung des FG, ein vertraglicher Regressanspruch liege nicht vor, da eine Zusage des AG, eine dem AN bei der Arbeitsdurchführung erfolgte Geldstrafe/-buße zu übernehmen einen Verstoß gegen die guten Sitten darstelle (§ 138 BGB) und daher eine Vereinbarung nicht zur Disposition des AG stünde, trage nicht, da es darum hier nicht gehen würde. Die Klägerin habe zudem selbst geltend gemacht, ihre Fahrer angewiesen zu haben, in Gebieten, für die eine Ausnahmegenehmigung nicht hätte erlangt werden können, sich an die Verkehrsregeln zu halten. Damit könne auch nicht konkludent eine (Neben-) Pflichtverletzung der AN ausgeschlossen werden. In Ansehung der von der Klägerin vorgetragenen Weisung hätte das FG auch nicht einen gesetzlichen Anspruch der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag verneinen können (§§ 683 S. 1, 670 BGB) und die Übernahme sei im ausschließlich eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin erfolgt.
Es sei daher nunmehr vom FG nach der Zurückverweisung zu prüfen, ob und wenn ja in welcher Höhe der Klägerin wegen der unstreitig durch ihre Fahrer begangenen Parkverstöße ein (vertraglicher oder gesetzlicher) Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zustünde. Stelle es einen realisierbaren (also einredefreien und fälligen) Ersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer fest, wäre die Frage des Zeitpunktes des Erlasses (§ 397 BGB) zu klären, d.h. dem Zeitpunkt des jeweiligen Zuflusses des geldwerten Vorteils bei dem AN
Klarstellend wies der BFH darauf hin, dass im Falle eines Erlasses eines realisierbaren Anspruchs das Vorliegen von Arbeitslohn nicht mit der Erwägung verneint werden könne, die Zahlung sei im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin erfolgt. Ein rechtswidriges Tun des AN stelle sich nicht als beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung dar (Aufgabe der Rechtsprechung in BFHE 208, 104), auch wenn es sich bei den Parkverstößen wie hier regelmäßig um solche im absoluten Bagatellbereich handele.
BFH, Urteil vom 13.08.2020
- VI R 1/17 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 04.11.2016 - 1 K 2470/14 L aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Unternehmen der im Logistikbereich tätigen A-Gruppe. Als Tochterunternehmen der A-Gruppe betreibt sie in der Bundesrepublik Deutschland einen Paketzustelldienst im gesamten Bundesgebiet.
Die von der Klägerin als Arbeitnehmer beschäftigten Fahrer haben die Aufgabe, Pakete unmittelbar bei den Kunden der Klägerin abzuholen oder den Kunden Pakete zuzustellen. Um eine möglichst schnelle Zustellung zu gewährleisten, halten die Fahrer mit ihren Fahrzeugen in unmittelbarer Nähe zu den Kunden. Insbesondere in Innenstädten ist dies jedoch mit den zur Verfügung stehenden Parkmöglichkeiten in straßenverkehrsrechtlich zulässiger Weise nicht immer möglich.
In mehreren Städten hat die Klägerin daher bei den zuständigen Behörden Ausnahmegenehmigungen nach § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) beantragt, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen unter bestimmten Auflagen (beispielsweise Abstand von 10 m zu Signalanlagen, keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer) gestatten. Die Genehmigungen sind kostenpflichtig, gelten nur für ein bestimmtes Fahrzeug und werden für ein Jahr erteilt.
Ist eine Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs und im Interesse der Kunden im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten und hierfür gemäß § 56 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) dann gegebenenfalls Verwarnungsgelder erhoben werden.
Die Verwarnungsgelder werden teilweise direkt von der Klägerin als Halterin der Fahrzeuge erhoben (ihr gegenüber "festgesetzt"). Zum Begleichen des Verwarnungsgeldes ist in diesem Fall ein Überweisungsvordruck beigefügt und ein Zahlungsziel von einer Woche bestimmt. In anderen Fällen werden der Klägerin als Halterin ein Zeugenfragebogen und ein Überweisungsvordruck übersandt, mit der Aufforderung zur Vermeidung weiterer Ermittlungen die Personalien des Fahrers mitzuteilen oder das Verwarnungsgeld innerhalb von einer Woche zu entrichten. In beiden Varianten leistet die Klägerin die Verwarnungsgelder innerhalb der gesetzten Wochenfrist.
Die Klägerin entrichtet aber nur die Verwarnungsgelder, die auf den vorgenannten Verkehrsverstößen ihrer Fahrer beruhen. Verwarnungs- oder Bußgelder für andere Verstöße ihrer Fahrer gegen die StVO (wie etwa überhöhte Geschwindigkeit) trägt sie nicht. Mitarbeiter, die einen Firmenwagen nutzen und nicht im Zustelldienst tätig sind, müssen Verwarnungs- und Bußgelder für alle Verkehrsverstöße selbst tragen.
Auf der Grundlage des Senatsurteils vom 07.07.2004 - VI R 29/00 (BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367) zog die Klägerin in der Vergangenheit aus der Zahlung der Verwarnungsgelder keine lohnsteuerlichen Konsequenzen.
Nach Ergehen des Senatsurteils vom 14.11.2013 - VI R 36/12 (BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278) gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, die Zahlung der auf den Parkverstößen der Fahrer beruhenden Verwarnungsgelder führe bei diesen nunmehr zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn. Die Klägerin meldete daher in der Lohnsteuer-Anmeldung für April 2014 für diesen Sachverhalt Lohnsteuer in Höhe von 1.925,96 € sowie darauf entfallende Annexsteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) in Höhe von 240,72 € an.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Der im Anschluss erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 315 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
- Es beantragt,das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- Die Klägerin beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der erkennende Senat nicht abschließend prüfen, ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, es fehle am Zufluss eines geldwerten Vorteils bei den Arbeitnehmern der Klägerin.
1. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, soweit von dem Arbeitgeber sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen gewährt werden.
Die pauschale Lohnsteuer ist eine von der Steuer des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer, die dem Grunde nach durch eine Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entsteht (Senatsurteil vom 06.05.1994 - VI R 47/93, BFHE 174, 363, BStBl II 1994, 715). Die Übernahme der pauschalen Lohnsteuer durch den Arbeitgeber setzt mithin voraus, dass für den Arbeitnehmer eine in Geldeswert bestehende Einnahme i.S. des § 19 EStG vorliegt (Senatsurteil vom 03.07.2019 - VI R 36/17, BFHE 265, 239, Rz 12).
2. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG --neben Gehältern und Löhnen-- auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).
a) Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zuwendungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, die Einnahmen dem Empfänger also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile in BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367; vom 07.05.2014 - VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904, Rz 15; vom 19.11.2015 - VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, Rz 10, und in BFHE 265, 239, Rz 14).
Auch der Erlass einer Forderung (§ 397 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), die dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer zusteht, kann Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellen (Senatsurteile vom 27.03.1992 - VI R 145/89, BFHE 168, 99, BStBl II 1992, 837, und vom 24.05.2007 - VI R 73/05, BFHE 218, 180, BStBl II 2007, 766).
b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist das FG zunächst zutreffend davon ausgegangen, den Arbeitnehmern der Klägerin sei nicht schon deshalb Arbeitslohn zugeflossen, weil die Klägerin die Verwarnungsgelder i.S. des § 56 OWiG an die zuständige Verwaltungsbehörde gezahlt hat.
aa) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) sind die Verwaltungsbehörden im Hinblick auf die streitgegenständlichen, von den Fahrern begangenen Parkverstöße jeweils an die Klägerin als Halterin des maßgeblichen Zustellfahrzeugs herangetreten. Dabei wurde ihr entweder im Rahmen einer schriftlichen Verwarnung mit Verwarnungsgeld und Anhörung selbst vorgeworfen, als Halterin den betreffenden Parkverstoß begangen zu haben, oder ihr wurde ein Zeugenfragebogen mit einem Überweisungsvordruck und der Aufforderung übersandt, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen oder das Verwarnungsgeld innerhalb einer Woche zu entrichten.
bb) Die darauf basierende Würdigung des FG, die Klägerin habe mit den hierauf geleisteten Zahlungen eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
(1) Das Wesen des Verwarnungsverfahrens besteht darin, dass das Fehlverhalten bei einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit mit der Verwarnung nur vorgehalten wird, ohne darüber zu entscheiden (Gürtler in Göhler, OWiG, 17. Aufl., Vor § 56 Rz 4). Das Verfahren will die Durchführung eines Bußgeldverfahrens mit einer förmlichen Entscheidung "im äußersten Bagatellbereich" ersparen und eine geringfügige präventive Maßnahme genügen lassen, sofern der Betroffene sich einsichtig zeigt und von sich aus daran mitwirkt, d.h. die Verwarnung durch Zahlung wirksam werden lässt (Gürtler in Göhler, a.a.O., Vor § 56 Rz 5). Insoweit ist die Verwarnung mit Verwarnungsgeld ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt aus Anlass einer Ordnungswidrigkeit, die auf dem Einverständnis (d.h. der Selbstunterwerfung) des Betroffenen mit einer geringen präventiven Maßnahme in einem zusätzlichen Vorschaltverfahren beruht, das dann die Verfolgung und Entscheidung erübrigt (Gürtler in Göhler, a.a.O., Vor § 56 Rz 6). Dabei ist die Zahlung des Verwarnungsgeldes eine freiwillige Leistung, die nicht erzwungen werden kann.
(2) Betroffener i.S. des OWiG ist ungeachtet eines Tatbeitrags auch der Halter des Fahrzeugs (z.B. Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26.02.2020 - IV-2 RBs 1/20, und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 01.06.1989 - 2 BvR 239/88 u.a., BVerfGE 80, 109), soweit ihm gegenüber ein Verwarnungsgeld erhoben wird.
(3) Ist der Halter nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit der Verwarnung einverstanden und zahlt das Verwarnungsgeld, wird die Verwarnung wirksam (§ 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG). Das Einverständnis bezieht sich nur auf die Art der verfahrensmäßigen Erledigung im Verwarnungsverfahren, nicht aber auf die Voraussetzungen sachlich-rechtlicher Art bzw. auf das Vorliegen des Bußgeldtatbestandes. Die Verwarnung kann nach erfolgter Zahlung nicht mehr wegen ihres materiellen Inhalts angefochten werden. Der Betroffene, hier der Halter, kann sich nach erklärtem Einverständnis daher auch nicht darauf berufen, eine Verwarnung hätte nicht erteilt werden dürfen, da eine Ordnungswidrigkeit nicht vorgelegen habe bzw. nicht von ihm begangen worden sei (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.03.1966 - VII C 157.64, BVerwGE 24, 8; Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11.04.2011 - 8 A 589/10). Eine Entscheidung, wer für den Verkehrsverstoß verantwortlich ist, wird nicht (mehr) getroffen, eine Zuweisung von Schuld findet nicht statt. Mit der Wirksamkeit der Verwarnung entsteht gemäß § 56 Abs. 4 OWiG ein Verfolgungshindernis eigener Art. Die Tat darf nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden.
(4) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Vorinstanz im Streitfall zutreffend entschieden, dass die Zahlung des Verwarnungsgeldes auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Die Klägerin als Betroffene hat die Verwarnung durch Zahlung des Verwarnungsgeldes sich gegenüber wirksam werden lassen. Da ihr die Verwarnung ungeachtet ihres fehlenden Tatbeitrags erteilt wurde, war nur die Klägerin Beteiligte des Verwaltungsverfahrens und nicht der Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hatte. Unerheblich ist daher in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin durch die Zahlung des Verwarnungsgeldes und die Nichtbenennung des Fahrzeugführers die Erteilung einer Verwarnung verbunden mit der Erhebung eines Verwarnungsgeldes bzw. die Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen den Fahrzeugführer vermieden hat.
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem dem Senatsurteil in BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367 zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn dort hatte das FG bindend festgestellt, dass die Klägerin die Zahlung von Verwarnungsgeldern übernommen hatte, die von den bei ihr beschäftigten Fahrern wegen Verletzungen des Halteverbots erhoben worden waren. Auch im Senatsurteil in BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278 ging es um die Übernahme von gegen die Arbeitnehmer verhängten Bußgeldern.
c) Die Feststellungen des FG tragen indes nicht dessen weitere Würdigung, den Arbeitnehmern der Klägerin sei auch dadurch kein geldwerter Vorteil zugeflossen, weil die Klägerin ihnen keine realisierbare Forderung in Form eines vertraglichen oder gesetzlichen Rückgriffs- oder Schadensersatzanspruchs erlassen habe, da ein solcher nicht bestanden habe.
aa) Einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt es auch dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung erlässt (Senatsurteile in BFHE 168, 99, BStBl II 1992, 837, und in BFHE 218, 180, BStBl II 2007, 766). Der Arbeitslohn fließt in einem solchen Fall in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er keinen Rückgriff nehmen wird (Senatsurteil in BFHE 168, 99, BStBl II 1992, 837), und sich der Arbeitnehmer hiermit einverstanden erklärt.
bb) Die Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, dass ein solcher Rückgriffsanspruch im Streitfall nicht vorliege.
(1) Einen vertraglichen Regressanspruch der Klägerin hat das FG verneint, weil eine Zusage des Arbeitgebers, eine dem Arbeitnehmer bei der Arbeitsausübung auferlegte Geldstrafe oder -buße zu übernehmen, einen Verstoß gegen die guten Sitten i.S. des § 138 BGB begründe und eine derartige Vereinbarung daher nicht zur Disposition von Arbeitnehmer und Arbeitgeber stehe.
Um eine derartige, dem Arbeitnehmer auferlegte Geldstrafe oder -buße geht es nach den vorstehenden Ausführungen vorliegend aber gerade nicht. Auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.01.2001 - 8 AZR 465/00 kann das FG sich für seine Ansicht daher nicht stützen. Denn dort geht es um den Fall eines (nicht bestehenden) vertraglichen Erstattungsanspruchs des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber. Ebenso wenig kann das FG sich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 01.12.2009 - B 12 R 8/08 R (BSGE 105, 66) berufen, da es auch dort --entgegen der eigenen Annahme des FG im Streitfall-- um die Übernahme eines unmittelbar gegen den Arbeitnehmer verhängten Bußgeldes durch die Arbeitgeberin ging.
Die Klägerin selbst macht zudem geltend, ihre Fahrer seien angewiesen, sich auch in solchen Gebieten an die geltenden Verkehrsregeln zu halten, für die eine Ausnahmegenehmigung nicht zu erlangen sei. Dem widerspricht die Annahme des FG, ein Anspruch der Klägerin wegen einer (Neben-)Pflichtverletzung des Arbeitnehmers sei zumindest konkludent ausgeschlossen.
(2) Das FG konnte einen gesetzlichen Anspruch der Klägerin aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) nicht gestützt auf das Vorbringen der Klägerin verneinen, die Übernahme der Verwarnungsgelder sei im ausschließlich eigenbetrieblichen Interesse erfolgt. Denn dieses Vorbringen steht im Widerspruch zu ihrem weiteren Vortrag, ihre Fahrer seien angewiesen, sich auch in solchen Gebieten an die geltenden Verkehrsregeln zu halten, für die eine Ausnahmegenehmigung nicht zu erlangen sei.
cc) Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang erneut zu prüfen haben, ob und wenn ja in welcher Höhe der Klägerin wegen der von ihren Fahrern unstreitig begangenen Parkverstöße ein (vertraglicher oder gesetzlicher) Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zusteht.
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin wegen der Parkverstöße ein realisierbarer (einredefreier und fälliger) Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zustand, wird es der Frage nach dem Zeitpunkt des Erlasses gemäß § 397 BGB, d.h. dem Zufluss des damit einhergehenden geldwerten Vorteils, nachzugehen haben.
Abschließend weist der erkennende Senat zur Klarstellung für den Fall, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern eine realisierbare Schadensersatzforderung erlassen hat, darauf hin, dass das Vorliegen von Arbeitslohn entgegen der Ansicht des FG nicht unter dem Aspekt verneint werden könnte, die Zahlung der Verwarnungsgelder sei --anders als in dem dem Senatsurteil in BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278 zugrunde liegenden Fall-- im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin erfolgt. Denn der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass ein rechtswidriges Tun (hier die von den Arbeitnehmern entgegen der geltenden StVO begangenen Parkverstöße) keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung sein kann, und in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht mehr an seiner im Urteil in BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367 vertretenen Auffassung festgehalten. Dies gilt auch, soweit es sich --wie vorliegend-- bei den Parkverstößen regelmäßig um solche im absoluten Bagatellbereich handelt.
3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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