Dienstag, 13. Mai 2014

Vereinsrecht: Fehlerhafte Einladung zur Mitgliederversammlung führt grundsätzlich zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
Die Einberufung zu einer Mitgliederversammlung muss entsprechend der Satzung des Vereins erfolgen. Wird davon abgewichen führt dies grundsätzlich zu einer Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse. Zwar hat der BGH früher die Ansicht vertreten, dass die Nichtigkeit nur eintreten würde, wenn  die fehlerhafte Einberufung kausal geworden ist (BGHZ 59, 369); in seiner neueren Rechtsprechung ist der BGH allerdings davon abgewichen und stellt nur noch auf die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ab (BGH NZG 2007, 826). Daraus folgert die Rechtsprechung,  dass der Verein den Nachweis erbringen muss, dass der Beschluss auch ohne den Verfahrensfehler gefasst worden wäre (OLG Köln NJW-RR 2001, 88 und OLG Hamm vom 18.12.2013 – 8 U 20/13 -).  Das bedeutet auch, dass der Verein den Nachweis erbringen muss, dass bei ordnungsgemäßer Einberufung keine andere Willensbildung erfolgt wäre (OLG Hamm aaO. Mit Verweis auf Stöber, Hdb. z. VereinsR Rn. 870).


In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall hätte die Einberufung durch Veröffentlichung in der Vereinszeitung erfolgen müssen; statt dessen erfolgte eine gesonderte postalische Mitteilung an die Mitglieder.  Zwar erkennt das OLG an, dass dies grundsätzlich weder die Kenntniserlangung und die Willensbildung beeinflussen könne. Da aber vorliegend die postalische Übermittlung per sogenannter Infopost der Deutschen Post erfolgte bestünde die Gefahr, dass Mitglieder dies als Werbung angesehen hätten und deshalb nicht zur Kenntnis nahmen, da Werbematerialien häufig über diesen Weg versandt werden. Die Relevanz des Verstoßes bejaht das OLG mit Hinweis darauf, dass das Recht zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung nicht nur dem Interesse des einzelnen Mitgliedes dient, sondern sämtlicher Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Willensbildung (BGHZ 59, 369). 

OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2013 - 8 U 20/13

Aus den Entscheidungsgründen:


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 03.01.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Münster abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die in der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 03.06.2012 in Köln durchgeführten Wahlen von Frau I zur Vorstandsvorsitzenden in Wahlgang 1, von Frau T zur stellvertretenen Vorstandsvorsitzenden in Wahlgang 2, von Herrn F zum Schatzmeister in Wahlgang 3, von Frau C2 und von Herrn C zu Beisitzer/innen in Wahlgang 4 und von Herrn U zum Vorsitzenden der Schiedskommission in Wahlgang 5 sowie die gefassten Beschlüsse über die Änderungen der §§ 1, 2, 3, 4, 6 und 20 der Satzung unwirksam sind.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen und Wahlen, die auf der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 03.06.2012 gefasst bzw. durchgeführt wurden.
Der Beklagte ist ein bundesweit tätiger eingetragener Verein mit ca. 11.000 Mitgliedern. Der Vereinszweck ist ausweislich der Satzung auf die Förderung des Verbraucherschutzes, des Umweltschutzes, der Landschaftspflege, der Kunst und der Kultur gerichtet. Der Kläger ist langjähriges Mitglied des Beklagten.
In § 9 der Satzung des Beklagten heißt es:
"§ 9 Einberufung der Mitgliederversammlung
1. Ordentliche Mitgliederversammlungen finden jährlich - möglichst vor dem 30. Juni des jeweiligen Jahres statt. Sie werden vom/von der Vorstandsvorsitzenden oder von zwei Mitgliedern des Vorstandes unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen durch Veröffentlichung im D Magazin unter Angabe der Tagesordnung und des Versammlungsortes einberufen. Die Einladung gilt dem Mitglied mit der Versendung des Magazins als zugegangen, wenn dieses an die letzte, vom Mitglied dem Verein bekannt gegebene Adresse gesandt wurde.
2. Mit der Ladung zur Mitgliederversammlung übersendet der Vorstand den Mitgliedern den Finanzbericht über den vergangenen Berichtszeitraum und den Haushaltsplan für den Zeitraum bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung per E-Mail an die Convivien und durch Bereitstellung von Download im Internet auf der Homepage www.########.de.
3. Jedes Mitglied kann bis spätestens zwei Wochen vor der Mitgliederversammlung schriftlich Ergänzungsanträge stellen. Über die endgültige Tagesordnung beschließt die Mitgliederversammlung."
Wegen des sonstigen Inhalts der Satzung wird auf das zur Akte gereichte Satzungsexemplar Bezug genommen (Bl. 11 ff. d.A.).
Durch einen e-mail-Newsletter vom 10.04.2012 wurde den Mitgliedern des Beklagten mitgeteilt, dass die ordentliche Mitgliederversammlung des Jahres 2012 am Sonntag, den ####2012 um 11.30 Uhr in Köln stattfindet. An den Tagen zuvor, am #### und ####2012, sollten in Köln die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen des Beklagten stattfinden. Die Einladung zur Mitgliederversammlung wurde Anfang Mai 2012 mittels der Infopost der Deutschen Post an die Mitglieder übersandt, wobei der Versammlungsbeginn auf 10.00 Uhr vorverlegt wurde. Am 06.05.2012 wurden der Finanzbericht und der Haushaltsplan auf der Webseite des Beklagten zum Download bereit gestellt.
Im Rahmen der Mitgliederversammlung vom 03.06.2012, die plangemäß im Anschluss an die Jubiläumsfeierlichkeiten stattfand, wurden diverse Wahlen abgehalten und Beschlüsse - auch satzungsändernde - gefasst. Wegen der Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Versammlungsprotokoll Bezug genommen (Bl. 145 ff. d.A.).
Der Kläger hat vorgetragen: Die streitgegenständlichen Wahlen und Beschlüsse seien unwirksam. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Einladung zur Mitgliederversammlung in satzungswidriger Weise erfolgt sei, weil sie entgegen § 9 Ziff. 1 der Satzung nicht im D Magazin veröffentlicht worden sei. Hinzu komme, dass auf den Umschlägen der Einladungsschreiben die "E GmbH" als Absender hervorgetreten sei, ohne dass sich auf den Umschlägen ein Hinweis auf den Beklagten befunden habe. Daher hätten viele Mitglieder des Beklagten die Postsendung als vermeintliche Werbesendung unbeachtet gelassen. Außerdem seien der Einladung weder der Finanzbericht noch der Haushaltsplan beigefügt gewesen. Zudem sei die Ladungsfrist nicht gewahrt worden, weil der Kläger und andere Mitglieder das Einladungsschreiben erst am 07.05.2012 erhalten hätten. Die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Wahlen und Beschlüsse ergebe sich ferner daraus, dass die Versammlung zur Unzeit abgehalten worden sei. Durch den Umstand, dass die Mitgliederversammlung an einem Sonntag um 10.00 Uhr in einer dezentral gelegenen Stadt wie Köln stattgefunden habe, seien zahlreiche Mitglieder aus entfernt gelegenen Gebieten daran gehindert worden, an der Versammlung teilzunehmen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die in der Mitgliederversammlung des Beklagten vom ####2012 in Köln durchgeführten Wahlen ungültig und die gefassten Beschlüsse unwirksam sind,
2. hilfsweise die Beschlüsse und Wahlen der Mitgliederversammlung des Beklagten vom ####2012 für nichtig zu erklären,
3. äußerst hilfsweise die auf der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 03.06.2012 durchgeführte Wahl von Frau I zur Vorstandsvorsitzenden in Wahlgang 1, die Wahl von Frau T zur stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden in Wahlgang 2, die Wahl von Herrn F zum Schatzmeister in Wahlgang 3, die Wahl von Frau C2 und von Herrn C zu Beisitzer/innen in Wahlgang 4 und die Wahl von Herrn U zum Vorsitzenden der Schiedskommission in Wahlgang 5 sowie die gefassten satzungsändernden Beschlüsse zu den §§ 1, 2, 3, 4, 6 und 20 der Satzung für nichtig erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen: Nichtigkeitsgründe seien nicht gegeben. Zwar sei die Einladung zur Mitgliederversammlung nicht durch Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift erfolgt. Dies habe jedoch darauf beruht, dass die Einladung mit umfassenden Hinweisen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen habe versehen werden müssen, was den Rahmen der Vereinszeitschrift gesprengt hätte. Hinzu komme, dass durch die Form der Einladung keine Mitgliedschaftsrechte beeinträchtigt worden seien, weil ein persönliches Einladungsschreiben eine stärkere Form der Einladung darstelle als eine Einladung durch Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift. Dass Finanzbericht und Haushaltsplan nicht mit der schriftlichen Einladung an die Mitglieder verschickt worden seien, sei nicht zu beanstanden, weil in § 9 Abs. 2 der Satzung ausdrücklich vorgesehen sei, dass Haushaltsplan und Finanzbericht den Mitgliedern durch Bereitstellung zum Download im Internet zugänglich gemacht werden könnten. Auch die Einberufungsfrist sei gewahrt worden. Ferner seien auch Ort und Zeit der Mitgliederversammlung nicht zu beanstanden, was der Beklagte im Einzelnen näher dargelegt hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zur Begründung trägt er vor:
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Einladung zur Mitgliederversammlung in satzungswidriger Weise erfolgt. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Einladung durch ein persönliches Einladungsschreiben ein höheres Gewicht habe als eine in der Vereinszeitschrift des Beklagten veröffentlichte Einladung. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass ein Vereinsmitglied dem Inhalt des Vereinsmagazins gewöhnlich eine erhöhte Aufmerksamkeit widme, was Grund für die entsprechende Satzungsbestimmung sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Infopostsendung einer Werbesendung in hohem Maße ähnlich gewesen sei. Entsprechend hätten diverse Mitglieder die Postsendung als vermeintliche Werbesendung unbeachtet gelassen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt - etwa aufgrund von Hinweisen anderer Vereinsmitglieder - bemerkt, dass der betreffende Umschlag die Einladung zur Mitgliederversammlung enthalte. Wenn die Einladung form-und fristgerecht erfolgt wäre, hätte sich eine wesentlich größere Zahl an Mitgliedern an der Mitgliederversammlung beteiligt und die Wahlen und Beschlüsse wären nicht wie geschehen durchgeführt bzw. gefasst worden. Weiterhin habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass Ort und Zeit der Mitgliederversammlung nicht zu beanstanden seien, was der Kläger im Einzelnen näher dargelegt hat.
Der Kläger beantragt,
in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass die in der Mitgliederversammlung des Beklagten vom ####2012 in Köln durchgeführten Wahlen ungültig und die gefassten Beschlüsse unwirksam sind, wobei er hinsichtlich der Wahlen und Beschlüsse auf seinen erstinstanzlichen Hilfsantrag zu 3. Bezug nimmt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
1. Die Klage ist zulässig.
Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO statthaft. Fehlerhafte Beschlüsse sind im Vereinsrecht grundsätzlich nichtig; eine Differenzierung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Beschlüssen findet im Vereinsrecht nicht statt. Die Nichtigkeit von Vereinsbeschlüssen ist daher mit der allgemeinen Feststellungsklage geltend zu machen (BGH NJW 2008, 69 ff.).
Der Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt. Zwar waren die Wahlen und Beschlüsse, deren Unwirksamkeit der Kläger festgestellt wissen will, im Klageantrag ursprünglich nicht im Einzelnen genannt. Dieses Defizit hat der Kläger jedoch behoben, indem er seinen Feststellungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf diejenigen Wahlen und Beschlüsse bezogen hat, die in seinem erstinstanzlichen Hilfsantrag zu 3. aufgeführt waren.
Soweit der Beklagte erstinstanzlich das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers in Zweifel gezogen hat, weil es diesem möglich gewesen wäre, rechtzeitig vor den Abstimmungen über die hier in Rede stehenden Wahlen und Beschlussfassungen am Versammlungsort zu erscheinen, greift dieser Einwand nicht durch. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ergibt sich nämlich ohne weiteres daraus, dass er als Mitglied des Beklagten ein legitimes Interesse daran hat, die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Wahlen und Beschlussfassungen überprüfen zu lassen.3
2. Die Klage ist auch begründet.
Die streitgegenständlichen Wahlen und Beschlüsse sind ungültig bzw. nichtig, weil die Einberufung zu der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 03.06.2012 in satzungswidriger Weise erfolgt ist.
Beschlüsse einer Mitgliederversammlung sind nichtig, wenn sie gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder gegen die Vereinssatzung verstoßen (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Auflage 2012, Rn. 864). Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich sowohl aus der Verletzung einer verfahrensrechtlichen Bestimmung als auch aus dem Inhalt des Beschlusses ergeben.
Gemäß § 9 Ziff. 1 der Satzung des Beklagten hat die Einladung zur Mitgliederversammlung durch Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift zu erfolgen. Diesem Satzungserfordernis wurde hier nicht Genüge getan, weil die Einladung zur Mitgliederversammlung unstreitig nicht im D Magazin veröffentlicht, sondern sämtlichen Mitgliedern postalisch übersandt wurde. Soweit der Beklagte geltend macht, dass angesichts des Umfangs des Einladungsschreibens, insbesondere im Hinblick auf die Erläuterungen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen, die Einladung in Form eines persönlichen Einladungsschreibens geboten gewesen sei, überzeugt dies nicht. Die Vorgabe, die Einladung zur Mitgliederversammlung nebst Angabe der Tagesordnung in der Vereinszeitschrift zu veröffentlichen, gilt nach § 9 Ziff. 1 der Satzung des Beklagten ausnahmslos und somit unabhängig davon, welchen Umfang die jeweilige Tagesordnung hat. Zudem kann zugunsten des Beklagten auch nicht festgestellt werden, dass es objektiv unmöglich war, die Einladung einschließlich der Erläuterungen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen in der Vereinszeitschrift abzudrucken. Auf eine etwaige Unpraktikabilität oder den hohen Kostenaufwand einer solchen Vorgehensweise kann sich der Beklagte angesichts der eindeutigen Regelung in § 9 Ziff. 1 der Satzung nicht berufen. Im Übrigen wäre es zumindest möglich gewesen, die Einladung zur Mitgliederversammlung in die Vereinszeitschrift aufzunehmen und lediglich die Erläuterungen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen gesondert zu versenden.
Ein Verstoß gegen zwingende Satzungsvorschriften führt grundsätzlich zur Nichtigkeit des betreffenden Vereinsbeschlusses (BGH NJW 1973, 235). Nach früherer Rechtsprechung des BGH sollte die Nichtigkeitsfolge allerdings nicht eintreten, wenn das Abstimmungsergebnis nicht auf dem Verfahrensfehler beruht (BGH NJW 1973, 235). Mittlerweile ist der BGH von einer reinen Kausalitätsbetrachtung abgerückt und hält die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitwirkungsrechte für maßgeblich (BGH NJW 2008, 69 ff.). Dies ändert aber nichts daran, dass ein Einberufungsmangel regelmäßig nur dann unerheblich sein kann, wenn der Verein nachweist, dass der Beschluss auch ohne den Verstoß in gleicher Weise zustande gekommen wäre (vgl. OLG Köln MDR 2001, 326 für einen WEG-Beschluss; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, Rn. 870). Maßgeblich hierfür ist nicht allein das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis. Darüber hinaus muss auch ausgeschlossen sein, dass bei ordnungsgemäßer Einberufung die Willensbildung der Mitglieder zu einem anderen Abstimmungsergebnis geführt hätte (Stöber aaO.).
Einen entsprechenden Nachweis hat der Beklagte nicht geführt. Zwar ist dem Beklagten dahin Recht zu geben, dass allein der Umstand, dass die Einladung statt durch Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift durch gesonderte postalische Übersendung an jedes einzelne Vereinsmitglied erfolgt ist, weder unmittelbar das Abstimmungsergebnis noch die vorgelagerte Willensbildung der Vereinsmitglieder beeinflusst haben kann. Denn während die Veröffentlichung der Einladung in der Vereinszeitschrift eine Mitwirkung des Mitglieds erfordert, weil das Mitglied die Einladung zunächst in der Zeitschrift ausfindig machen muss, gewährleistet eine Einladung durch persönlichen Brief grundsätzlich eine unmittelbare Kenntnisnahme der Einladung durch das Mitglied. Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Einladungsschreiben mittels der sog. Infopost der Deutschen Post übermittelt wurden. Hierdurch wurde die realistische Gefahr einer Verwechselung des Einladungsschreibens mit Werbesendungen begründet. Es ist gerichtsbekannt, dass mittels der Infopost der Deutschen Post häufig Werbemagazine, Produktkataloge etc. übersandt werden, und zwar auch im DIN A 4 - Format und unter Angabe des Adressaten. Zudem enthielten die Umschläge der Postsendungen, anders als bei der Übersendung der Vereinszeitschrift mittels der Infopost in den vorangegangenen Jahren, gerade keinen Hinweis auf den Beklagten als Absender. Vielmehr trat als Absender eine den Mitgliedern unbekannte GmbH hervor, deren Name aus Sicht der Empfänger dem Geschäftsfeld der Übermittlung von Werbesendungen zugeordnet werden konnte. Angesichts dieser Gesamtumstände kann nicht ausgeschlossen werden, dass zumindest eine nicht ganz unerhebliche Anzahl von Vereinsmitgliedern die Postsendung als Werbesendung betrachtet hat und den betreffenden Umschlag daher entweder entsorgt oder ihn zunächst unbeachtet gelassen und erst zu einem späteren Zeitpunkt geöffnet hat. Dies kann sich auf die Willensbildung der Vereinsmitglieder und das Abstimmungsergebnis ausgewirkt haben, weil die betreffenden Vereinsmitglieder möglicherweise keine Kenntnis von der Mitgliederversammlung erhalten oder diese Kenntnis erst zu einem späteren Zeitpunkt erlangt haben und deshalb daran gehindert waren, innerhalb der Frist des § 9 Abs. 3 der Satzung Ergänzungsanträge zur Mitgliederversammlung zu stellen oder sich angemessen auf die Mitgliederversammlung vorzubereiten. Da ausweislich des Versammlungsprotokolls lediglich 175 von den ca. 11.000 Vereinsmitgliedern an der Mitgliederversammlung teilgenommen haben, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei ordnungsgemäßer Einberufung der Mitgliederversammlung die Willensbildung der Vereinsmitglieder anders verlaufen wäre und sich abweichende Abstimmungsergebnisse ergeben hätten.
Auch die Relevanz des Satzungsverstoßes im Sinne der neueren BGH-Rechtsprechung ist gegeben. Das Recht zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung gehört zu den existentiellen Mitgliedschaftsrechten. Die Einladung der Mitglieder zur Mitgliederversammlung dient nicht nur dem Interesse des einzelnen Mitglieds, sondern dem Interesse sämtlicher Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Willensbildung (BGH NJW 1973, 235). Vor diesem Hintergrund ist eine satzungswidrige Form der Einladung, welche nicht in vergleichbarer Weise eine (rechtzeitige) Kenntnisnahme der Mitglieder von der Einladung gewährleistet wie die in der Satzung vorgesehene Einladungsform, ein relevanter Satzungsverstoß, welcher die Unwirksamkeit der in der betreffenden Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse zur Folge hat.
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze des Beklagten vom 02.12.2013 und 12.12.2013 gaben zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass. Denn das dortige Vorbringen des Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung der Rechtslage. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass den Mitgliedern die Übersendung des Einladungsschreibens zuvor per e-mail angekündigt worden sei, ändert dies nichts daran, dass die Einberufungsform satzungswidrig war und keine gleichwertige Alternative zu der in der Satzung vorgesehenen Einberufungsform dargestellt hat. Vor diesem Hintergrund ist auch der weitere Einwand des Beklagten, dass mit der Infopost der Deutschen Post nicht ausschließlich Werbesendungen, sondern gelegentlich auch Briefsendungen anderer Art versandt würden, ohne Relevanz.
Auf die weiteren vom Kläger geltend gemachten Nichtigkeitsgründe kam es danach nicht mehr an.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die der Senat auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen