Mehr als bedenklich ist der
Beschluss des BFH vom 15.04.2014 – II B 71/13 -, mit dem dieser eine Beschwerde gegen einen Beschluss des Finanzgericht des Saarlandes im Hinblick
auf einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 FGO zurückgewiesen
hat.
Der Entscheidung lag u.a. ein
Einheitswertbescheid zugrunde, der von dem Steuerpflichtigen mit dem Einspruch
und - in Ansehung eines darauf
basierenden Grundsteuerbescheides – sodann verbunden mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
angefochten wurde. Die Rechtmäßigkeit
des Einheitswertbescheides sieht der BFH als ernstlich zweifelhaft an, wobei er
auch auf seine Entscheidung vom 30.06.2010 und die weitere Untätigkeit des
Gesetzgebers verweist. Trotz dieser ernstlichen Zweifel gab es dem Aussetzungsantrag
des Steuerpflichtigen mit der Begründung nicht statt,
a) ein
besonderes Interesse des Steuerpflichtigen läge bei einer auf dem
Einheitswertbescheid basierenden jährlichen Grundsteuer von € 155,75 nicht vor
b) es
läge auch kein Fall vor, „wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die einem
Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschriften (dem Interesse des Steuerpflichtigen) den Vorrang vor den
öffentlichen Interessen“ einzuräumen, da die Rechtsfrage nach Art. 100 Abs. 1
GG noch nicht dem BVerfG vorgelegt worden sei.
-
Anmerkung: § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO lautet: „Auf Antrag soll die Aussetzung
erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine
unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur
Folge hätte.“ Dies
gilt auch im Falle der gerichtlichen Entscheidung nach § 69 Abs. 3 FGO. Die
Norm verlangt, dass entweder ernstliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes (Steuerbescheides) bestehen oder die Vollziehung eine unbillige,
öffentliche Interessen überwiegende Härte darstellen würde. Damit reichten also
für die Aussetzung die ausdrücklichen vom BFH geäußerten ernstlichen Zweifel
für die Aussetzung aus und kam es nicht mehr darauf an, ob eine unbillige Härte
vorlag. Die Verknüpfung durch den BFH ist mit dem Gesetzeswortlaut nicht
vereinbar und auch verfassungsrechtlich unzulässig. § 69 FGO stellt sich als
Norm zum Schutz des Steuerpflichtigen dar. Seine Ausweitung der Voraussetzungen
für eine Einstellung einer Vollstreckungsmaßnahmen ist gleichbedeutend mit
einer unzulässigen richterlichen Rechtsbestimmung, zumal diese vom BFH
vorgenommene Ausdehnung auch keine Grundlage in den Gesetzesmaterialien findet.
Die Entscheidung des BFH selbst ist damit wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip
nach Art. 103 GG verfassungswidrig.
BFH, Beschluss vom 15.04.2014 - II B 71/13 -