Donnerstag, 19. März 2015

Steuern: Eine strafbefreiende Erklärung ist bei fehlender Steuerhinterziehung unwirksam

Der Kläger hatte Vermögen auf eine liechtensteinische Stiftung übertragen und, wohl um einem möglichen Steuerstrafverfahren zu entgehen, dieses dann als Schenkungssteuer deklariert.  Nachdem der BFH festgestellt hat, dass Schenkungssteuer nicht anfallen könne, wenn die Stiftung nach den getroffenen Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht frei über das Vermögen verfügen könne, beantragte er  die Änderung der strafbefreienden Erklärung gem. §§ 173 AO bzw. 10 Abs. 3 StraBEG. Das Finanzamt lehnte ab. Die Klage vor dem Finanzgericht war teilweise erfolgreich. Beide Parteien, der steuerpflichtige Kläger und das Finanzamt legten Revision ein. Nur die Revision des Klägers war erfolgreich. Der BFH hielt fest, dass eine strafbefreiende Erklärung bei fehlender Steuerhinterziehung bzw. Steuerordnungswidrigkeit unwirksam sei und von daher vom Steuerpflichtigen insoweit erfolgte Steuerzahlungen zu erstatten sind. 

BFH, Urteil vom 01.10.2014 - II R 6/13 -

Banken: Unterschiedlose Preise pro Buchung gegenüber Verbrauchern sind unwirksam

Der BGH hat gem. § 675y BGB die unterschiedloseen Preise von (hier: € 0,35 je Buchungsposten) gegenüber Verbrauchern als kontrollfähig nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB und unwirksam nach § 307 nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen. 


Die Entscheidung erging auf Grund der Klage eines Verbraucherverbandes und änderte das dessen Klage abweisende Urteil des OLG Bamberg ab. Das OLG Bamberg hatte bereits die vom BGH bejahte Kontrollfähigkeit negiert. Im übrigen dürfe nach § 675e Abs. 1 BGB von der Vorschrift des § 675y BGB  - wie es hier geschehen sei - nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. 

BGH, Urteil vom 27.01.2015 - XI ZR 174/13 -


Entschädigung des Gerichtssachverständigen - Kappung der Gebühren

Häufig müssen vom Gericht Sachverständige zur Beurteilung von bestimmten Sachverhalten beauftragt werden. Sei es Bausachverständige zur Beurteilung von angeblichen Mängeln, Ärzte in Bezug auf behauptete ärztliche Kunstfehler oder zur Beurteilung von behaupteten Verletzungen und Verletzungsfolgen, Sachverständige zur Verkehrsunfallrekonstruktion uvm. Regelmäßig verlangt in diesen Fällen das Gericht von der beweisbelasteten Partei einen Kostenvorschuss. Der beauftragte Sachverständige bekommt entweder die Höhe des angeforderten Kostenvorschusses mitgeteilt oder kann ihn in der ihm überlassenen Gerichtsakte ersehen. Immer wieder kommt es vor, dass dieser Kostenvorschuss  nicht ausreicht. Häufig wird dem Gericht dies erst mit der Übermittlung des Gutachtens unter gleichzeitiger Überlassung der Rechnung offenbart. In der Regel fordert dann das Gericht eine Nachzahlung von der beweisbelasteten Partei.


Nach Auffassung des OLG Hamm kann aber hier eine Nachbelastung nicht erfolgen und hat der Sachverständige keinen weitergehenden Gebührenanspruch. Die Deckelung erfolgt auf Höhe des ursprünglich vom Gericht von der beweisbelasteten Partei angeforderten Kostenvorschusses, maximal bis 20% mehr. Insoweit verweist das OLG auf §§ 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO, 8a Abs. 4 JVEG, die die alte (bi in das Jahr 2013 reichend) Gesetzeslage geändert hätte. Es bezieht sich hier auf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/11471, S. 260 linke Spalte. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8a Abs. 4 JVEG ist die Vergütung ist die Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen. Die Überschreitung von mehr als 20% ist erheblich, weshalb der Sachverständige nur die Vergütung verlangen kann, die als Vorschuss angefordert worden war. 

OLG Hamm, Beschlußvom 24.07.2014 - 24 U 220/12 -

Freitag, 13. März 2015

Fitnessstudio: Die Aufgabe einer selbständigen Tätigkeit und der dadurch bedingte Wegzug zur Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit

Die beklagte Nutzerin eines Fitnessstudios in der Nähe von Frankfurt a.M. war freiberuflich tätig. Da sich dies nicht trug, wechselte sie in ein Anstellungsverhältnis und verzog deshalb nach Berlin. Das AG Charlottenburg hat nunmehr der Klage des Betreibers des Fitnessstudios stattgegeben. Es hielt die von der Nutzerin ausgesprochene fristlose Kündigung als unstatthaft.


Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
Der Kündigungsgrund, so das AG, läge einzig in der Sphäre der Nutzerin. Diese müsste selbst darüber entscheiden, ob sich eine selbständige Tätigkeit noch rentiere oder nicht und welchen Aufwand sie dafür betreiben will. Die berufliche bedingte Kündigung läge stets in der Sphäre des Nutzers; dies gelte erst recht, wenn nicht ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt, sondern es sich um eine Entschließung des Kündigenden handelt, eine selbständige Tätigkeit aufzugeben. Insoweit verwies das AG auch auf die Entscheidung des BGH zum DSL-Anschluss, Urteil vom 09.10.2010 – VI ZR 52/09 -).

Im übrigen hatte das AG auch Bedenken, ob die Nutzerin tatsächlich nur aus beruflichen Gründen nach Berlin zog. Denn sie hatte das Vertragsverhältnis zur Klägerin bereits gekündigt, als sie sich noch in einer Probezeit bei ihrem neuen Arbeitgeber befand. Dies ließe darauf schließen, dass sie von Anbeginn an ohnehin vor hatte, nach Berlin zu ziehen (privat und nicht beruflich begründet).

Soweit die Nutzerin in der mündlichen Verhandlung geltend machte, ein Mitarbeiter des Fitnessstudios habe erklärt, ein Umzug stelle stets einen Grund zur fristlosen Kündigung dar, könne die Beklagte bereits deshalb damit nicht gehört werden, da die rechtliche Würdigung nicht dem Mitarbeiter obliegen würde, sondern letztlich vom Gericht zu entscheiden sei.


Da damit weder nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) noch nach § 314 BGB (wichtiger Grund) ein Kündigungsgrund ersichtlich wäre, war der Klage des Fitnessstudios auf Zahlung des restlichen Entgelts bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages durch ordentliche Kündigung weiterzuzahlen. 

Die Berufung gegen diese Entscheidung wegen Divergenz zu einem Urteil des AG München vom 17.12.2008 war nach Ansicht des AG nicht zuzulassen, da zwischenzeitlich mit der Entscheidung des BGH vom 09.10.2010 eine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, die die Streitfrage geklärt habe. 

AG Charlottenburg, Urteil vom 09.03.2015 - 235 C 504/14 -

Freitag, 6. März 2015

Mietrecht: Kellerfeuchte im Altbau bedingt nicht unbedingt ein Minderungsrecht

Wann liegt ein Mangel vor, der den Mieter zur Minderung Mietzinses berechtigt ? Mit dieser Frage musste sich das LG Dresden in einem Urteil vom 17.06.2014 auseinandersetzen. Der Mieter machte Feuchtigkeit im Keller geltend. Die Klage wurde abgewiesen.


 Ob ein Mangel vorliegt orientiert sich daran, ob die Beschaffenheit, fehlen besondere Parteiabreden, den maßgeblichen technischen Normen entspricht. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes.

Nun hatte allerdings der Vermieter, auch nach Abschluss des Mietvertrages, bauliche Maßnahmen in Bezug auf den Keller vornehmen lassen. Diese waren aber nicht, so das Landgericht, nach der Intensität des Eingriffs mit einem Neubau oder ähnlichem vergleichbar.  Durch diese Maßnahmen konnte mithin nicht ein Zustand verlangt werden, der den Normen des Jahres entsprach, zu dem die Maßnahmen durchgeführt wurden. Da sich – so das eingeholte Sachverständigengutachten -  der Keller in einem baulichen Zustand befand, der der Bauweise zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses entsprach, konnte ein Mangel nicht angenommen werden. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass der sachverständige feststellte, dass bei den Baumaßnahmen in 2005 eine Vertikalabdichtung hätte vorgenommen werden müssen. Es müsse nicht alles im Rahmen einer Sanierung durchgeführt werden, was technisch machbar sei, so das Landgericht. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn die Sanierung derart erfolgt wäre, dass sie nach ihrem Umfang einem Neubau  nahezu gleichgekommen wäre, was nicht der Fall war.


LG Dresden, Urteil vom 17.06.2014 – 4 S 4/14 -

Werkvertragsrecht: Leistungsverweigerungsrecht des Werkunternehmers bei abgelehnter Nachtragsverhandlung

Der Werkunternehmer kann grundsätzlich  bei Streitfällen mit dem Auftraggeber nicht die Arbeiten einstellen (vgl. auch § 18 Nr. 4 VOB/B). Allerdings kann ihm ein Leistungsverweigerungsrecht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dann zustehen, wenn im Einzelfall bei objektiver  Betrachtung dem Werkunternehmer die Leistungserbringung nicht zumutbar ist. Ein derartiger Fall lag einer Entscheidung des OLG Koblenz vom 06.11.2014 zugrunde:

Die Auftraggeberin forderte von dem Werkunternehmer eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung. Auf diese notwendige Leistung musste in dem zur Entscheidung stehenden Fall der Werkunternehmer nicht hinweisen, da er im Rahmen des Bietverfahrens keine (dafür notwendige) Prüfung des ausgeschriebenen Zustandes des Daches vornehmen musste. Die Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeschreibung durch den Auftraggeber geht nicht zu Lasten des Bieters, wenn er dies nicht erkennen muss. Ist danach auf Grund der tatsächlichen Umstände eine weitere Leistung notwendig, die mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, kann der Werkunternehmer seine weiteren Leistungen verweigern, wenn wie hier der Auftraggeber jegliche Verhandlung über eine Mehrvergütung ablehnt. Dies gilt selbst dann, wenn der Werkunternehmer überzogene Forderungen für die Mehrleistung stellte, der Auftraggeber aber jegliche Verhandlung vom Grundsatz her ablehnt.


OLG Koblenz, Urteil vom 06.11.2014 – 6 U 245/14 -

Donnerstag, 5. März 2015

Anlageberatung: Aufklärungspflicht über die Kommanditistenhaftung nach §§ 171, 172 HGB

Geldanlage ist Vertrauenssache. Vertrauen in die Anlage und eventuell auch Vertrauen in den Berater. Aber häufig wird nicht vertrauensvoll beraten, sondern mit dem Ziel, ein Geschäft abzuschließen. Von daher steht bei der Anlageberatung die Information, besser: Aufklärung, im Vordergrund. Einen entsprechenden Fall musste der BGH mit seinem Urteil vom 04.12.2014 entscheiden.

Der Anleger hatte sich für eine Kommanditbeteiligung auf Empfehlung entschieden. Diese Entscheidung war offenkundig fehlerhaft. Offenbar gab es von der KG Auszahlungen an die Kommanditisten. Diese wurden gem. §§ 171, 172 HGB (möglicherweise im Rahmen der Insolvenz der Gesellschaft vom Insolvenzverwalter) zurückgefordert. Der Kläger begehrt nun von dem Vermittler Schadensersatz.

Nach der Entscheidung des BGH muss der Anlagenberater (wobei ein Beratungsvertrag auch stillschweigend geschlossen werden kann)   den Interessenten auf die Haftung nach §§ 171, 172 HGB hinweisen. Nach diesen Vorschriften haftet der Kommanditist in Höhe seiner Einlage. Wird diese teilweise oder ganz zurückgezahlt, muss er sie wieder erbringen. Eine entsprechende Rückzahlung ist z.B. dann möglich, wenn (angebliche) Gewinne ausgeschüttet werden, das Kommanditistenkapital aber nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe besteht. 


BGH, Urteil vom 04.12.2014 – IIIZR 82/14 -