Dienstag, 1. Oktober 2013

Mietrecht: Eigenbedarfskündigung auch bei einem erst kurz zuvor geschlossenen Mietvertrag möglich


Bei Abschluss eines Wohnraummietvertrages soll der Mieter Vorsicht obwalten lassen. Nach der Entscheidung des BGH vom 20.03.2013 – VIII ZR 233/12 -  hindert der erst erst kurz vorher erfolgte  Abschluss eines Mietvertrages nicht die Kündigung wegen Eigenbedarfs, wenn dieser zumindest bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht absehbar war. Ob er absehbar war, ist eine vom Gericht zu prüfende Tatfrage. Will der Mieter sicher sein, sollte er eine Regelung im Mietvertrag aufnehmen, wonach eine Kündigung wegen Eigenbedarf, jedenfalls für eine gewisse Zeit, nicht möglich ist.
 BGH, Urteil vom 20.03.2013 - VIII ZR 233/12 -

Freitag, 20. September 2013

Arbeitsrecht: Unwirksamer Freiwilligkeits-Vorbehalt der Zahlung von Weihnachtsgeld in Formulararbeitsvertrag


Das BAG hat in seinem Urteil vom 20.02.2013 – 10 AZR 177/12 – einen Freiwilligkeitsvorbehalt für die Zahlung von Weihnachtsgeld in einem Formulararbeitsvertrag als Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit den Vorbehalt als unwirksam angesehen. Es könne nicht zum einen Weihnachtsgeld „gewährt“ werden, zum anderen aber ein Vorbehalt aufgenommen werden. Will der Arbeitgeber im Einzelfall entscheiden, ob er Weihnachtsgeld zahlen will, muss er dies mithin klar zum Ausdruck bringen.
BAG, Urteil vom 20.02.2014 - 10 AZR 177/12 -

Dienstag, 17. September 2013

Schadensersatz: Halter der selbstfahrenden Arbeitsmaschine haftet nicht bei Steinschlagschaden am vorbeifahrenden PKW

Plötzlich ein Schlag und auf der Windschutzscheibe bilden sich Risse: Steinschlag.

Ein fahrbahrer Rasenmäher mit einer Geschwindigkeit von über 25 km/h hatte beim Mähen an der BAB A 66 Höhe Autobahnbeginn Miquellallee einen Stein aufgeschleudert. Die Eigentümerin des Fahrzeugs begehrte vom Halter des Rasenmähers und dessen Haftpflichtversicherer Schadensersatz. Das Amtsgericht wies die Klage gegen den Haftpflichtversicherer ab, da kein Pflichtversicherungsverhältnis und damit kein Direktanspruch bestand. Der Klage gegen den Halter des Rasenmähers gab es statt mit der Erwägung, dieser habe vorab die Fläche auf mögliche Steine untersuchen können und müssen, was nicht erfolgt sei.
Die Berufung des Halters des Rasenmähers hatte erfolg. Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 10.06.2013  - 2-11 S 63/13 -  die Klage insgesamt abgewiesen. Es verwies dabei auf die fehlende Zumutbarkeit für Schutzmaßnahmen und hat deshalb auch eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung negiert.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.06.2013  - 2-11 S 63/13 - 

Schuldrecht: Drohung mit Schufa-Eintragung zulässig ?

Die Schufa hat eine starke Stellung: Ihre Bonitätsauskunft wird häufig bei Abschluss von Mietverträgen verlangt, aber insbesondere auch bei der Aufnahme von Bankkrediten erfolgt eine Nachfrage. Negative Eintragungen schaden mithin. Von daher kommt der Entscheidung des OLG Hamburg vom 30.01.2013 - 5 U 174/11 -  besondere Bedeutung zu. Hier verlangte die Schufa von einem Gewerbetreibenden die Unterlassung, in Mahnungen (hier der "letzten" Mahnung) mit die Möglichkeit einer negativen Schufa-Eintragung ansprach. Auch wenn die Schufa die Unterlassung mit der Begründung begehrte, der Gewerbetreibende sei nicht Mitglied bei ihr und hätte auch keinen von ihr autorisierten Anwalt beauftragt, könne also selbst die Eintragung nicht bewirken, hat die Entscheidung darüberhinaus Bedeutung. Denn nicht nur dieses Argument wurde vom OLG nicht beachtet (der Gewerbetreibende könne immerhin noch einen entsprechenden Anwalt mandatieren); es hat auch die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Hinweises angenommen. Damit dürften wohl in der Zukunft Gläubiger versuchen, ihren (eventuell sogar einredebehafteten) Forderungen mit dem Hinweis auf die Möglichkeit negativer Schufa-Eintragungen versuchen mehr Druck zu verschaffen.
Hans. OLG Hamburg, Urteil vom 30.01.2013 - 5 U 174/11 -

Familienrecht: Bei Streit der Erziehungsberechtigften: Pro Releigionsunterricht ?

Wenn zwei sich streiten  -  entscheidet das Familiengericht pro Religionsunterricht (hier: katholisch).  Dieser würde nicht schaden, so das OLG Köln im Beschluss vom 18.04.2013 – 12 UF 106/13 -; es bestätigte damit seine bereits zuvor in einem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung benannte Rechtsauffassung (Beschluss vom 10.09.2012).

Kernsätze der Entscheidung sind:

„Da hier nicht zu entscheiden ist, ob die Kinder religiös zu erziehen sind, kommt es alleine darauf an, ob aus dem Vorgenannten der Schluss gezogen werden kann, die Teilnahme an den Religionsstunden und dem Schulgottesdienst diene dem
Wohl der Kinder. Diese kommen im alltäglichen Leben ständig mit christlichem Kulturgut in Berührung. Gerade die im hiesigen Kulturbereich praktizierten Festtage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, die gerade für Kleinkinder interessanten Gebräuche wie Martinszug, Nikolausfeiern, Krippengestaltungen und Ostereiersuche erklären sich nur bei Kenntnis ihres Ursprungs. …"
Für die Frage, ob deshalb dem Kindesvater der Teilbereich der elterlichen Sorge übertragen werden soll, kommt es allerdings auch darauf an, wie der Unterricht sich in der Praxis gestaltet. Die von dem Senat angehörte Religionslehrerin der Kinder hat angegeben, dass nicht nur über Jesus und Gott gesprochen werde, sondern auch soziale Aspekte erörtert sowie im Laufe des Jahresrhythmus auch das Erntedankfest, St. Martin, Advents- und Weihnachtszeit und Ostern angesprochen werden. Auch die Erörterung ethischer Fragen stehe in den nächsten Grundschuljahren an. Nach ihren Bekundungen beteiligen sich die Zwillinge bei diesen Themen wie im normalen Unterricht. Sobald ein religiöser Bezug hergestellt werde, falle insbesondere Gedeon allerdings durch abfällige Bemerkungen oder Gesten auf. Diese Verhaltensweise zeigt aber gerade, dass die Kinder durchaus in der Lage sind, eine Grenze zu ziehen zwischen den religiösen Inhalten des Unterrichts und allgemeinen Themen. Dass sie dabei möglicherweise den nötigen Respekt gegenüber der Lehrerin und letztlich auch gegenüber der anderen Gesinnung der Mitschüler vermissen lassen, kann nur auf die Beeinflussung der Antragsgegnerin zurückgeführt werden und ändert nichts daran, dass die Vermittlung der Kenntnisse über die religiösen Grundlagen unseres Zusammenlebens ein wichtiger Baustein in ihrer Ausbildung darstellt, ohne dass eine Gefährdungslage für die Kinder heraufbeschworen wird.“
Das OLG hat sich bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, Religion und Religionsunterricht wären für die Entwicklung des Kindes wichtig und beim Willen eines Elternteils müsste dies befolgt werden. Vielmehr stellt es auf eine allgemeine Wissensvermittlung (auch kultureller Umstände) ab.
Man wird die Entscheidung nicht verallgemeinern können. Denn das OLG hat hier auf die besonderen Umstände des speziellen Religionsunterrichts an dieser Schule durch die von ihr als Zeugin befragte Religionslehrerin abgestellt. Es hat sich dabei (leider) nicht mit den Curricula für den Religionsunterricht auseinandergesetzt, weshalb bei einem Lehrerwechsel eventuell erneut entschieden werden müsste.  Gleichwohl wäre interessant zu wissen, wie der BGH  - sollte die unterlegene Mutter das zugelassene Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen -  entscheidet.
OLG Köln, Beschluss vom 18.04.2013 - 12 UD 106/13 -

Prozess- und Vollstreckungsrecht: Titulierung 8% statt 8 Prozentpunkte

Der BGH (hier im Beschluss vom 07.02.2013 - VII ZB 2/12 -) muss sich (leider) auch mit Ungenauigkeiten der Instanzgerichte befassen.  So wurde auf den Antrag eines Gläubigers die titulierte Summe mit 8% über dem Basiszinssatz als verzinslich ausgesprochen. Der Gerichtsvollzieher verweigerte den mit 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz berechneten Vollstreckungsauftrag, da er mit dem Titel nicht übereinstimmen würde. Während das titulierende Gericht eine Berichtigung des Titels ablehnte und dann im Rahmen der  Erinnerung im Vollstreckungsverfahren Amtsgericht und Landgericht auch den Vollstreckungsauftrag als fehlerhaft ansahen, führte die (zugelassene) Rechtsbeschwerde beim BGH zum Erfolg: Der Titel müsse ausgelegt werden. Maßstab der Auslegung ist das Gesetz, welches in § 288 Abs. 2 BGB die Verzinsung mit 8 Prozentpunkten über den Basiszins vorsieht.
Die (häufig in anwaltlichen Schriftsätzen) zu findende Ungenauigkeit, die gar noch von den Gerichten übernommen wird, findet eine Parallele auch im Basiszinssatz selbst. Dieser ist in § 247 BGB bestimmt. Häufig wird aber formuliert, dass die Verzinsung über dem Zinssatz oder Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegen soll. Für den Zinssatz der Europäischen Zentralbank fehlt aber eine Rechtsgrundlage. Der Basiszins gem. § 247 BGB knüpft zwar an den von der Zentralbank  festgestellten Zinssatz an, ist aber nicht mit diesem identisch. Nicht nur wird der Basiszinssatz nur jeweils zum 1.1. und 1.7. eines jeden Jahres gem. § 247 Abs. 1 Satz 2 BGB neu festgestellt, unabhängig von zwischenzeitlichen Änderungen des Zinssatzes der Zentralbank, auch liegt er etwas niedriger (was damit zusammenhängt, dass bei Inkrafttreten der Norm der Zinssatz höher als der zur Zeit des Gesetzesbeschlusses in § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB benannte und diesem Datum entsprechende Ausgangszinssatz von 3,62% lag).
Der Anwalt sollte schon diese Grundlagen berücksichtigen, insbesondere wenn er den Schuldner vertritt. Und vom Gericht sollte man an sich die ausreichende Rechtskenntnis auch erwarten; nur darf man sich darauf nicht verlassen, wie die Entscheidung des BGH dokumentiert.

BGH, Beschluss vom 07.02.2014 - VII B 2/12 -


Miet-/Pachtrecht: Rückgabe des Pachtgrundstücks bei Pachtende

Pachtende  - und nun ? Verständlich wird bei einem vertraglichen oder auch vereinbarten Pachtende der Verpächter den Pachtgegenstand, ist er wie eine frei liegende Landwirtschaftsfläche frei zugänglich, wieder für sich nutzen.  Er wird sich allerdings wundern, wenn der ehemalige Pächter einen Besitzanspruch geltend macht und im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gar noch zugesprochen bekommt (so in dem vom OLG Hamm am 23.08.2012 – 10 U 68/12 – entschiedenen Fall). Zwar hatten Zeugen bekundet, dass sich die Parteien auf ein Pachtende verständigt hätten. Das Pachtende als solches rechtfertigt aber noch nicht die Inbesitznahme durch den Verpächter. Diese stellt sich  - ebenso wie bei einem Mietende bei einer Wohnung das Eindringen in diese bei Mietvertragsende – als verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB dar. Erforderlich ist stets, dass sich Verpächter und Pächter über den Besitzübergang einig sind. Diese Einigung hat der Verpächter nachzuweisen. Kommt es nicht zur Einigung, hat der Verpächter seinen Herausgabeanspruch gerichtlich geltend zu machen.
OLG Hamm, Urteil vom 23.08.2012 - 10 U 68/12 -