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Donnerstag, 28. April 2022

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist kein Kaufmann (zur Gerichtstandvereinbarung, § 38 ZPO)

Bei der Klägerin handelte es sich um ein gewerbliches Reinigungsunternehmen, die für die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) tätig war. Ihren Werklohnanspruch machte sie ursprünglich gegen die in Form einer GmbH geführten WEG-Verwalterin vor dem AG W. geltend. Dort wurde die Klage erhoben, da nach den AGB der Klägerin als Erfüllungsort und Gerichtsstand W. benannt wurde. Die Klage gegen die GmbH nahm die Klägerin zurück und richtete sie nunmehr gegen die WEG. Die beklagte WEG rügte die Unzuständigkeit des AG W. Nach Anhörung verwies das AG W. den Rechtsstreit an das AG H.-M., in dessen örtlichen Bereich das Wohnungseigentum lag. Das AG H.-M. sah die Verweisung als willkürlich an, erklärte sich für unzuständig und legte den Rechtsstreit dem OLG Celle zur Zuständigkeitsbestimmung vor mit der Begründung, die WEG sei qua Gesetz teilrechtsfähig und von daher wie eine juristische Person zu behandeln.

Das OLG erklärte das AG H.-M. (bzw. das LG Aurich, zu dessen Bezirk des AG H.-M. gehört) als zuständiges Gericht und führte aus, der Verweisungsbeschluss sei nicht objektiv willkürlich und von daher nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindend. Für eine Willkür sei nicht ausreichend, dass der Verweisungsbeschluss evtl. inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft sei. Vielmehr setze Willkür voraus, dass der Beschluss bei verständiger Würdigung nach den das Grundgesetz beherrschenden Gedanken (gemeint dürfte hier insbes. die Beachtung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1GG ebenso wie das Gebot des gesetzlichen Richters, Art. 101 Abs. 1 GG sein) nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar sei (BGH, Beschluss vom 09.06.2015 - X ARZ 115/15 -).

Das AG H.-M. hatte sich von dem Gedanken leiten lassen, dass in den AGB der Klägerin eine Gerichtsstandklausel enthalten ist, derzufolge für gerichtliche Auseinandersetzungen Gerichtsstand W. ist. Ist der Vertragspartner Kaufmann, kann (auch in AGB) ein Gerichtsstand für schuldrechtliche Auseinandersetzungen abweichend vom Gerichtsstand des Sitzes/Wohnsitzes des Gegners (§ § 13, 17 ZPO) ein Gerichtsstand bestimmt werden (§ 38 ZPO).

Das OLG führte aus, dass das AG W. zutreffend eine Kaufmannseigenschaft der WEG verneint habe, weshalb auf sich beruhen könne, ob eine unzutreffende rechtliche Einordnung durch das AG W. hier die Annahme einer Willkür rechtfertigen könne.

Zwar sei die WEG teilrechtsfähig, doch würde dies nichts dazu aussagen, ob sie auch als Kaufmann einzustufen sei. Wer im Sinne von § 38 Abs. 1 ZPO Kaufmann sei würde das Handelsrecht in §§ 1 bis 7 HGB regeln. Erfasst würden danach alle Betreiber eines Handelsgewerbes, mithin jeder Gewerbetreibende, soweit der Gewerbebetrieb nicht nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere (Anm.: derjenige, der sich darauf beruft, dass sein Gewerbebetrieb keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere, muss dies im Streitfall darlegen und beweisen). Ferner würden unter den Begriff des Kaufmanns alle im Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden, Land- und Forstwirte sowie alle Handelsgesellschaften fallen, unabhängig davon, ob der Zweck auf den Betreib eines Handelsgewerbes gerichtet sei oder ob sie kraft gesetzlicher Fiktion (vgl. z.B. § 12 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG) als solche gelten. Die WEG falle nicht darunter.

Von daher sei es unerheblich, ob die WEG als Verbraucherin iSv. § 13 BGB oder als Unternehmerin iSv. § 14 BGB anzusehen sei, auch wenn die Einordnung als Verbraucherin nach dem Schutzzweck der Norm des § 13 BGB in der Regel nicht zu verneinen sei (Anm.: Der BGH hat mit Urteil vom 24.03.2015 - VIII ZR 243/13 - entscheiden, dass die WEG immer dann einem Verbraucher gleichzustellen sei, wenn anzusehen sei, wenn ihr zumindest ein Verbraucher angehöre und der streitbefangene Vertrag nicht unternehmerischen oder gewerblichen Zwecken diene).

OLG Celle, Beschluss vom 22.12.2021 - 18 AR 27/21 -

Mittwoch, 27. April 2022

WEG: Beschluss zum Verbot der Nutzung der Tiefgarage mit E-Autos

Die E-Mobilität ist auch in der Rechtsprechung angekommen. So hat sich schon mancher die Frage gestellt, wie leicht ein E-Autos Feuer fangen kann und wie schwer es ist, dieses zu löschen. Und die weitergehende Frage daraus ist, ob das Fahrzeug in einer (Tief-) Garage geparkt werden sollte oder nicht. Das AG Wiesbaden musste sich nun damit auseinandersetzen, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss das Abstellen von E-Autos in Tiefgaragen verbieten kann. Dies wurde vom Amtsgericht verneint, welches damit den entsprechenden Beschluss für unwirksam erklärte. Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte und Instanzgerichte dem folgen oder anders entscheiden.

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der WEG und Klageerhebung wurde der der Wohnung des Klägers zugeordnete Tiefgaragenstellplatz von einem Mieter des Klägers für ein Hybrid-Fahrzeug genutzt. Nach dem angefochtenen Beschluss wurde das Abstellen von E-Autos in der Tiefgarage bis auf weiteres untersagt. Der Klägervertrat die Ansicht, der Eigentümerversammlung ermangele es an einer Beschlusskompetenz und zudem greife der Beschluss in sein Sondernutzungsrecht ein und verstoße gegen die gesetzgeberische Zielsetzung der Förderung der Elektromobilität. Die Beklagtenseite wies u.a. auf die Gefahr durch die Lithium-Ionen-Batterien hin, mit denen die Fahrzeuge betrieben würden und die sich entzünden könnten. Nicht nur sei die Dauer des Brandverlaufs länger als bei einem Benzinbrand, es könne nicht mit Löschschaum gelöscht werden und das Fahrzeug müsste von der Feuerwehr in einen Container zum Ausbrennen gezogen werden, wobei ein solcher Container nicht in die Tiefgarage verbracht werden könne, weshalb er mit einer weitergehenden Gefahr für das Gemeinschaftseigentum in der Tiefgarage ausbrennen müsse.

Das Amtsgericht bejahte die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung gem. § 19 Abs. 1 WEG. Es handele sich danach vorliegend um Nutzungsreglungen des Gemeinschafts- und Sondereigentums. Zwar sei ein solcher Beschluss nichtig, wenn er das Sondernutzungsrecht aushöhle, doch würde diese Grenze durch den Beschluss nicht überschritten, da nur das Abstellen bestimmter Fahrzeuge untersagt würde.

Allerdings verstoße der Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Gesetzgeber habe jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein individuelles Recht auf Gestattung baulicher Maßnahmen gegeben, die dem Laden elektrisch beriebener Fahrzeuge dienen, § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Dieses Recht würde mit dem Beschluss ins Leere laufen. Die einzelnen Wohnungseigentümer könnten zwar die Installation einer Ladesäule erzwingen, sie dann aber nicht nutzen. Es läge damit ein Verstoß gegen ein wesentliches gesetzgeberisches Ziel der WEG-Reform vor. Vor diesem Hintergrund verstoße der Beschluss selbst dann gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn man zugunsten der Beklagtenseite die besondere Brandgefahr von Elektrofahrzeugen als wahr unterstelle.

Anmerkung: Das Amtsgericht hat sich im Hinblick auf die Grundlage einer gesetzgeberischen Intention, der Norm des § 20 Abs. 2 WEG und den Grundlagen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht mit der Frage der akuten Brandgefahr und erhöhten Gefährdung des Gemeinschaftseigentums auseinandergesetzt. Zu fragen wäre hier, ob die gesetzgeberische Intention mit dem Grundrecht der Gewährleistung des Eigentum sin Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar ist. Zwar steht dieses unter Gesetzesvorbehalt, Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Grundsätzlich gewährleistet Art. 14 GG einen verfassungsrechtlichen Schutz gegen staatliche Eingriffe in das Eigentum und gewährleistet einen effektiven Rechtsschutz. Danach dürfen solche Sachbereiche nicht der Privatrechtsordnung entzogen werden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören (BVerfG, Urteil vom 18.12.1968 - I BvR 638/64 -). Hier geht es gerade um diesen vermögensrechtlichen Bereich, wenn seitens der Eigentümergemeinschaft eine nicht kalkulierbare Gefährdung des Gemeinschaftseigentums bei Brand derartiger Fahrzeuge geltend macht. So wird teilweise vorgegeben, dass bei Parkern mit Hebebühne der untere Parker nicht unter den Fußboden der Garage gefahren werden darf, damit die Feuerwehr im Brandfall auch Zugriff hat. Der Brandschutz ist ein wesentliches Element des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens, gerade bei Mehrfamilienhäusern, auch in Bezug auf Tiefgaragen. So gilt es auch Regelungen zur Menge der Lagerung von brennbaren Stoffen in Garagen (vgl. 17 Abs. 4 bay. GaStellV). Es dürfte zumindest fraglich sein, ob hier die gesetzgeberische Intention der Förderung der Elektromobilität zu Lasten des Eigentum Dritter vorgeht. Damit hätte sich das Amtsgericht auseinandersetzen müssen.

AG Wiesbaden, Urteil vom 04.02.2022 - 92 C 2541/21 -

Mittwoch, 24. März 2021

Stimmrecht des „werdenden Wohnungseigentümers“ nach alten und neuen Recht

Der Entscheidung des Landgerichts (LG) lagen Beschlüsse einer Eigentümerversammlung von 28.11.2018 zugrunde, die von der Klägerin angefochten wurden. Zu dieser Eigentümerversammlung wurden statt der Klägerin (der Bauträgerin, die das Wohnungseigentum gem. § 8 WEG a.F. geteilt hatte) deren Käufer einer bestimmten Wohnungseinheit eingeladen, denen die Bauträgerin die Wohnung auch bereits übergeben hatte und für die eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war. Eine im Kaufvertrag enthaltene Stimmrechtsvollmacht zugunsten der Käufer war von der Bauträgerin widerrufen worden. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Dem half das LG im Rahmen der von der Bauträgerin eingelegten Berufung nicht ab.

Das Landgericht verwies darauf, dass die Käufer sogen. „werdende Eigentümer“ gewesen seien. Damit käme es nicht darauf an, weshalb hier ggfls. die Bauträgerin nicht geladen worden sei und wer für einen eventuellen Ladungsmangel die Darlegungs- und Beweislast trage, da den Käufern und nicht der Bauträgerin das Stimmrecht zugestanden habe. Bereits mit Urteil vom 11.05.2012 - V ZR 196/11 - habe der BGH entschieden, dass alleine dem werdenden Wohnungseigentümer das Stimm- und Anfechtungsrecht zustünde. Der BGH stellte darauf ab, dass sich die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft als Vorstufe der Wohnungseigentümergemeinschaft konstuituiere, wenn der erste Käufer sowohl mit einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch gewahrt sei und ihm die Wohnung vom Teiler (in der Regel Bauträger) übergeben worden sei und auf werdende Wohnungseigentümergemeinschaft und die werdenden Wohnungseigentümer die Bestimmungen über die Wohnungseigentümergemeinschaft des WEG anzuwenden sei. Mit dem Zeitpunkt, zu dem bei dem ersten Käufer das Eigentum auf diesen umgeschrieben würde, würde die Wohnungseigentümergemeinschaft endgültig entstehen und auch die (noch) werdenden Eigentümer würden darin aufgehen. Damit bleibt der Bauträger nur insoweit stimmberechtigt, als für Käufer noch keine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gewahrt wurde und (kumulativ) die Wohnung übergeben wurde.

Der Widerruf der im Kaufvertrag erteilten Vollmacht würde sich hier nicht auswirken können, da der Bauträger (Teiler nach WEG) dem werdenden Eigentümer nicht dem vorgezogenen Schutz des Wohnungseigentumsgesetzes entziehen könne.

Das LG verwies zusätzlich auf das seit dem 01.12.2020 geltende Wohnungseigentumsgesetz. Der Gesetzgeber habe die Rechtsprechung in § 8 Abs. 3 BGB n.F. umgesetzt. Danach sei nach §§ 8 Abs. 3, 10 WEG n.F. der werdende Wohnungseigentümer (also jener, der vom Teiler erwirbt, mit einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert ist und dem die Wohnung übergeben wurde) zwingend zur Eigentümerversammlung zu laden und er habe auch dort das Stimmrecht, nicht der Teilende (Bauträger) in Bezug auf dieses Sonder-/Teileigentum.

Allerdings unterscheidet sich das neue WEG-Recht vom bisherigen dadurch, dass nach § 9a WEG n.F. die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht, § 9a Abs. 1 S. 2 WEG n.F., nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der erste Käufer nach Eigentumsumschreibung auf ihn im Wohnungsgrundbuch als Eigentümer gewahrt wurde. Damit wird der Teiler (anders als nach bisherigen Recht) zum ersten Wohnungseigentümer. Eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft gibt es damit nicht mehr. Allerdings noch die werdenden Wohnungseigentümer, wie § 8 Abs. 3 WEG n.F. verdeutlicht.

 LG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.01.2021 - 2-13 S 18/20 -

Montag, 22. Juni 2020

Rechtsstellung des (verbliebenen) werdenden Wohnungseigentümers nach Bildung der Wohnungseigentümergemeinschaft


Der BGH hat nunmehr erstmals in einer Sachentscheidung zu der Problematik eine Entscheidung darüber getroffen, welche Rechtsstellung der werdende Wohnungseigentümer hat, der nach Wahrung des oder der ersten Erwerber von Wohnungseigentum nach der durch die Eigentumswahrung erfolgten Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft in dieser hat.

Die T. GmbH hatte mit notarieller Urkunde vom 26.01.2013 das Grundstück in Wohn- und Teileigentum aufgeteilt. Schon bis zur Wahrung im Grundbuch am 30.09.2015 begann die T. GmbH mit dem Verkauf von wohnungs- und Teileigentumseinheiten und am 31.03.2016 wurde die erste Käuferin aufgrund Auflassungserklärung vom 155.01.2015 im Grundbuch als Miteigentümerin eingetragen. Mit notariellen Vertrag vom 30.06.2016 verkaufte die T. GmbH zwei schon errichtete und vier noch zu errichtende Wohnungen an eine andere Erwerberin (nachfolgend: Erwerberin). Am 02.08.2016 wurde zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gewahrt und die Übergabe erfolgte mit Zahlung des Kaufpreises am 22.08.2016. Zu den Wohnungseigentümerversammlungen vom 19.01., 09.05. und 13.07.2017 wurde die Erwerberin geladen, wobei deren Geschäftsführer auf einer der Versammlungen auch zum Mitglied des Verwaltungsbeirates berufen wurde. Auch an der Versammlung vom 06.11.2017 wollte der Geschäftsführer der Erwerberin für diese teilnehmen, wurde aber vom Verwalter mit der Begründung ausgeschlossen, die Erwerberin sei noch nicht im Grundbuch als Eigentümerin gewahrt. Gegen die Beschlussfassung bei dieser Versammlung (mit dem der Verwaltungsbeirat ermächtigt wurde, mit dem Verwalter einen Aufhebungsvertrag zu schließen, für den 9.308,468/10.000stel stimmten) erhoben die Klägerinnen (zu denen nicht die Erwerberin gehörte) unter Berufung auf den Ausschluss der Erwerberin in Person deren Geschäftsführers Klage.

Der BGH gab der Klage statt.

Kernfrage war, ob der Ausschluss der Erwerberin an der Teilnahme zulässig war und – bejahendenfalls – ob die die Ungültigkeit des Beschlusses begründen kann.

Derjenige, der von dem teilenden Eigentümer Wohnungs-/Teileigentum erwerbe, erlange mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung und Übergabe der Wohnung / des Teileigentums eine besondere Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer. Bis zur Eintragung als Eigentümer bestünde eine Übergangsphase, in der er in vorgelagerter Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) wie ein Wohnungseigentümer zu behandeln sei und daher auch an Eigentümerversammlungen teilnehmen und dort abstimmen könne. Diese Rechtsstellung würde er nicht mit Eintragung des ersten Käufers als Eigentümers im Grundbuch verlieren, auch wenn sich mit dieser Eintragung  die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft in eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne wandle. Diese setze sich in der Übergangszeit bis zur Wahrung des letzten werdenden Wohnungseigentümers als Eigentümer im Grundbuch aus den Volleigentümern und den werdenden Eigentümern zusammen.  

Die Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer erlange ein Ersterwerber unabhängig davon, ob er vor oder nach der der Eintragung des ersten Käufers als Eigentümer den Kaufvertrag geschlossen habe. Das Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft würde nämlich nicht die Regelungslücke schließen, die Voraussetzung für die vorgelagerte entsprechende Anwendung der Vorschriften des WEG auf die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft sei. Unabhängig davon, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Gesetz nicht schon mit der Teilung (§ 8 WEG) durch den Eigentümer begründet würde, da sie eine Personenmehrzahl von mindestens zwei Personen erfordere, läge die entscheidende Lücke darin, dass die Regelung des WEG dem „Demokratisierungsinteresse“ der Erwerber mit gesicherter Rechtsposition nicht Rechnung trage. Anders als die bereits als Eigentümer gewahrten Käufer könnten die nicht eingetragenen Käufer, wie es geboten wäre, aus eigenem Recht an der Bewirtschaftung und Verwaltung der Wohnanlage mitwirken. Diese Lücke würde erst mit der Wahrung des letzten werdenden Eigentümers als Eigentümer schließen. Hierbei käme es auch nicht darauf an, ob ein solcher Ersterwerber (also jenem, der vom ursprünglich teilenden Eigentümer erwirbt) während der eigentlichen Vermarktungsphase oder erst längere Zeit danach, evtl. nach Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft, erwerbe.

Damit sei die Erwerberin zu Unrecht von der Versammlung ausgeschlossen worden. Eine Ungültigkeitserklärung würde zwar gleichwohl ausscheiden, wenn  sich der Ausschluss nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hätte. Anders sei dies nur bei schwerwiegenden Verstößen, die dazu führen würden, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitgliedes in gravierender Weise unterlaufen würde. Da vorliegend der Geschäftsführer der Erwerberin an mehreren Wohnungseigentümerversammlungen teilgenommen habe und auch zum Mitglied des Verwaltungsbeirats gewählt worden sei und auch zur fraglichen Eigentümerversammlung erschienenen sei, bei unveränderter Sachlage ausgeschlossen würde. Dies stelle einen gravierenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte dar, bei denen es nicht darauf ankäme, ob der Beschluss auch bei seiner Teilnahme gefasst worden wäre. Von daher sei unerheblich, dass der Beschluss mit einer großen Mehrheit gefasst wurde. Aus dem gleichen Grund käme es nicht darauf an, ob die Beschlussmängelklage von ihm oder auch von ihm erhoben wurde.

BGH, Urteil vom 14.02.2020 - V ZR 159/19 -

Dienstag, 23. Juli 2019

Klagebefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Schadensersatz gegen Ex-Verwalter


Ein zwischenzeitlich der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht mehr angehörender Eigentümer hatte in drei Beschlussanfechtungsverfahren vom ehemaligen Verwalter (der Beklagten) erstellte Jahresabrechnungen erfolgreich angefochten, wodurch der WEG Kosten in Höhe von über € 45.000,00 entstanden, die auf die einzelnen Mitglieder der WEG gem. Teilungserklärung umgelegt und von ihnen gezahlt wurden. In 2016 fasste die WEG einen Beschluss, demzufolge die Beklagte in Regress genommen werden sollte und die neue Verwalterin den Vermögensschaden, ggf. auch gerichtlich, geltend machen sollte. Die darauf erhobene Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht gab ihr (mit Ausnahme eines Betrages von rund € 300,00) statt und ließ zur Frage der umstrittenen Aktivlegitimation der WEG die Revision zu. Die von der Beklagten daraufhin eingelegte Revision wurde vom BGH als unbegründet zurückgewiesen.

Würde die Klägerin einen eigenen Anspruch geltend machen, der ihr als teilrechtsfähigen Verband gem. § 10 Abs. 5 S. 2 WEG zustehen kann, bedürfte die Prozessführungsbefugnis der Klägerin keiner Erörterung, weshalb der BGB prüfte, ob eigene Ansprüche geltend gemacht wurden.

Die Klägerin habe nach Auffassung des BGH die von den einzelnen Wohnungseigentümern getragenen  Kosten geltend gemacht. Auch wenn der Verwaltervertrag mit dem Verband geschlossen worden war, kämen eigene Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer wegen Pflichtverletzung im Hinblick auf die Schutzwirkung des Vertrages gegen den Verwalter in Betracht (BGH, Beschluss vom 07.07.2016 - V ZB 15/14 -); um solche würde es sich vorliegend handeln und einzig darüber habe das Landgericht befunden. Mit der erstmals klägerseits im Berufungsverfahren aufgestellten Behauptung zu einem unberechtigten Zugriff auf das Verbandsvermögen zur Deckung der Prozesskosten für die Beschlussanfechtungsverfahren habe das Landgericht offengelassen (und erscheine unwahrscheinlich, da sich die Kosten schließlich umlegen ließen).

Mache die Klägerin deshalb ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend, bedürfe sie einer besonderen Ermächtigung, § 10 Abs. 6 S. 3 WEG. Zu unterscheiden sei zwischen der so genannten geborenen Ausübungskompetenz gem. § 10 Abs. 6 S. 3 1. Halbs. WEG und der gekorenen Wahrnehmungsbefugnis gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 2, Halbs. WEG.  

Die Ausübungskompetenz betreffe gemeinschaftsbezogene Rechte, also solche Rechte, die im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus Gründen des Schuldnerschutzes eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern würden (BGH, Urteil vom 24.07.2015 - V ZR 167/14 -). Vorliegend würde es bereits deshalb daran ermangeln, da eine gemeinschaftliche Empfangszuständigkeit für die geschädigten Wohnungseigentümer nicht gegeben sei. Es handele sich um Individualansprüche. Damit läge der Fall anders als jener, bei dem es um die Schädigung von Gemeinschaftseigentum, gehen würde.  

Bei der gekorenen Ausübungsbefugnis übe der Verband die sonstigen Rechte der Wohnungseigentümer aus, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können. Dies sei der Fall, wenn die Rechtsausführung für den Verband förderlich sei. Wird dies bejaht, könne die Wohnungseigentümergemeinschaft die Rechte der Eigentümer (im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft) ausüben, wenn sie die Rechtsverfolgung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss ans sich gezogen habe (BGH, Urteil vom 24.07.2015 - V ZR 167/14 -). Der Beschluss der WEG habe vorliegend zu dieser Vergemeinschaftung der Ansprüche geführt.

Allerdings scheide die Vergemeinschaftung insoweit aus, als hier nicht der Verwalter die Beauftragung eines Rechtsanwalts koordiniert hätte, sondern ein Eigentümer - was ihm freistehe -einen eigenen Anwalt mit seiner Rechtsvertretung im Rahmen  der Beschlussanfechtungsverfahren beauftragt habe. Diese Kosten könnte die Gemeinschaft nicht an sich ziehen. Im übrigen würde aber der Vergemeinschaftung nicht der Umstand im Wege stehen, dass evtl. ein Eigentümer kein Interesse daran habe, dass der von ihm im Rahmen der Umlage gezahlte Betrag geltend gemacht wird.

BGH, Urteil vom 08.02.2019 - V ZR 153/18 -

Donnerstag, 21. März 2019

WEG: Keine nachträgliche Änderung der Gläubigerbezeichnung durch Änderung der Rechtslage


Für die (damaligen) Mitglieder eine Wohnungseigentümergemeinschaft wurde mit notariellem Protokoll ein Schuldanerkenntnis protokolliert und eine Sicherungshypothek im Grundbuch gewahrt. Nach Anerkennung der (Teil-) Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft beantragte diese eine Berichtigung der Gläubigerbezeichnung auf sich. Der Antrag wurde zurückgewiesen; die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Kammergericht (KG) zurück.

Die Eintragung, so das KG, erfolge auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn das Recht von dem betroffen sei, der die Eintragung bewilligt, § 19 GBO. Einer Bewilligung zur Berichtigung bedürfe es dann nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen sei. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden.

Zwar habe der BGH die (Teil-) Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft mit seinem Beschluss vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 -  anerkannt und der Gesetzgeber dies auch nachvollzogen (§§ 10, Abs. 6 – 8, 27  Abs. 3 WEG), doch würde dies an der rechtlichen Zuordnung eines für die Wohnungseigentümer eingetragenen Verfügungsverbotes im Grundbuch nichts ändern. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sei nichtumfassend, sondern auf Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen diese im Rahmender Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsleben teilnehme (BGH, Urteil vom 18.03.2016 - 5 ZR 75/15 -), weshalb keine Identität der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft angenommen werden könne. Vielmehr bleibe das Sonder- und Gemeinschaftseigentum in den Händen der Miteigentümer und es würde sich mithin um unterschiedliche Zuordnungsobjekte von Rechten und Pflichtenhandeln. Dies verbiete eine Umdeutung dahingehend, dass die Sicherungshypothek nunmehr nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zustünde.

Zwar könnten offenbare Unrichtigkeiten auch von Amts wegen berichtigt werden. Auch wenn hier die Urkundsnotarin eine Berichtigung vornahm, müsse dies geprüft werden. Die Unrichtigkeit müsse offenkundig sein (§ 44a Abs. 2 BeurkG, der sich an § 319 Abs. 1 ZPO anlehne). Dies sei hier nicht der Fall. Vielmehr läge die Annahme nahe, dass es sich bei der ursprünglichen Bezeichnung der Gläubiger um die  namentlich aufgeführten Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft handele. Dies habe dem damaligen Rechtsverständnis entsprochen, wonach Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft mangels deren Rechtsfähigkeit nur solche der Wohnungseigentümer waren. Damit könne die Nachtragsurkunde der Notarin nicht richtig sein, da ansonsten die Gläubiger des Schuldanerkenntnisses nicht gewahrt blieben.

KG, Beschluss vom 12.03.2019 - 1 W 56/19 -

Mittwoch, 12. September 2018

WEG: Ersetzung der Verwalterzustimmung zur Veräußerung durch Eigentümerzustimmung und werdende Wohnungseigentümergemeinschaft


Die Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft sah vor, dass der Verwalter von der Versammlung der Wohnungseigentümer bestellt und abberufen würde, ferner, dass die Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters (mit Ausnahme der ersten Veräußerung nach Teilung) bedürfe. Vorgesehen war auch, dass die Zustimmung des Verwalters durch die Eigentümerversammlung mit 2/3-Mehrheit ersetzt werden könne. Sämtliche Einheiten wurden sodann vom Teiler an die Beteiligte zu 1. Veräußert, die auch als Eigentümerin eingetragen wurde. In einer mit „Protokoll der Eigentümerversammlung vom 12. Mai 2014“ überschriebenen notariellen Erklärung vom Juli 2014 bestellte die Beteiligte zu 1. J. als Verwalter. In Juli 2015 verkaufte die Beteiligte zu 1. Wohnungseigentum an die Beteiligte zu 2. und 3. Mit dem Eigentumsumschreibungsantrag vom Mai 2017 überließ der Notar eine Vollmacht des J. auf A und eine beglaubigte Erklärung des A, in der es hieß, der Verwalter stimme der Veräußerung zu. Mit einer Zwischenverfügung forderte das Grundbuchamt die Verwalterzustimmung nebst Verwalternachweis und verwies darauf, dass der Beschluss vom 12.05.2014 keine Wirkung entfalte.

Die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen, da nach Ansicht des OLG ein Eintragungshindernis bestünde. Die Auflassung (Eigentumsübertragung) nach §§ 20 GBO, 925 BGB bedürfe gem. §§ 12 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 WEG der Zustimmung des Verwalters, da es sich hier insbesondere nicht um die erste Veräußerung nach Teilung handele. Der Umstand, dass die Eigentumsrechte nach der ersten Veräußerung wieder nur in einer Hand lägen, würde daran nichts ändern.  

Der Beschluss vom 12.05.2014 zur Verwalterbestellung des J. entfalte keine Wirkung. An diesem Tag bestand weder eine Wohnungseigentümergemeinschaft noch eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft (auf die das Wohnungseigentumsgesetz vorverlagert würde). Aus § 10 Abs. 7 S. 4 WEG folge, dass es keine Ein-Person-Gemeinschaft gäbe (BGH vom 05.06.2008 - V ZB 85/07 -) mit der Folge, dass der gefasste Beschluss nichtig sei; die gelte sowohl für Beschlüsse des teilenden Eigentümers wie auch für einen späteren Alleineigentümer. Der teilende Eigentümer (wie auch der spätere Alleineigentümer) könne den Verwalter in der Teilungserklärung bestellen (BGH vom 12.09.2013 - VII ZR 308/12 -) oder sich auch dort Ermächtigung zur Bestellung eines Verwalters einräumen. Es könne dahinstehen, ob der Beschluss vom 12.05.2014 als Änderung der Teilungserklärung angesehen werden kann, da diese jedenfalls nicht im Grundbuch gewahrt worden wäre und hier auch nicht dargelegt worden sei, dass die Sondernachfolger der Verwalterbestellung beigetreten seien.  

Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Verwalterzustimmung wirksam ersetzt worden sei. Zwar könnte vorliegend nach § 26 Abs. 3 WEG die Verwalterzustimmung durch einen 2/3-Mehrheitsbeshcluus der Eigentümerversammlung in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachgewiesen werden. Doch in dem Abschluss des Vertrages mit einem Erwerber könne dies nicht gesehen werden, da im Juli 2017 eventuell bereits eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestand und damit die einseitige Erklärung des Beteiligten zu 1. nicht ausreiche. Mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens (§ 29 GBO) sei nicht festzustellen, wann ggf. der Beteiligte zu 1. den Besitz den Beteiligten zu 2. und 3. überließ. Im Rahmen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft wären diese daher aber als Vormerkungsberechtigte an der Bestellung des Verwalters zu beteiligen gewesen.

KG, Beschluss vom 03.05.2018 - 1 W 370/17 -

Mittwoch, 9. Mai 2018

Wohnungseigentum: Wann hindert § 50 WEG die Festsetzung von Anwaltsgebühren gegen den unterlegenen Kläger bei Einzelvertretung von einem der Beklagten ?


Es kommt häufiger vor als manchmal gedacht: Da klagt ein Miteigentümer gegen die übrigen Miteigentümer einer WEG (z.B. Beschlussanfechtungsklage) und die einzelnen verklagten Miteigentümer beauftragen jeder für sich einen Anwalt zu ihrer jeweiligen Vertretung. Wird die Klage abgewiesen ist damit idR. auch eine Kostenentscheidung dahingehend verbunden, dass die Kosten der Beklagten vom Kläger zu tragen sind. Allerdings werden die Beklagten spätestens im Rahmen der Kostenfestsetzung staunen, wenn sie nicht jeweils die ihnen von ihrem jeweiligen anwaltlichen Vertreter in Rechnung gestellten gebühren gegen den Kläger festgesetzt erhalten.

Anlass auf diesen Umstand hinzuweisen gibt eine Entscheidung des LG Köln.  Nach einem nicht näher dargelegten Rechtstreit in einer Wohnungseigentumssache hatte der Rechtspfleger einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, in dem er die Kosten der Beklagten zu 2. beider Instanzen gegen die  Klägerin festsetzte. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Amtsgericht diese Entscheidung aufgehoben. Hiergegen wandte sich nun die Beklagte zu 2. mit ihrer sofortigen Beschwerde. Dieser wurde vom Amtsgericht nicht abgeholfen; das Landgericht wies sie zurück.

Die Beklagte zu 2. argumentierte, es habe innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft Streit zu dem der ursprünglichen Klage zugrunde liegenden Sachverhalt gegeben, weshalb der Beklagte zu 2. Ein eigenständiges Interesse daran gehabt habe, selbst auf den Verlauf des Rechtsstreits Einfluss zu nehmen. Dem folgte das Landgericht nicht. Grundlage sei hier § 50 WEG. Danach seien den Wohnungseigentümern „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war“. Nach Auffassung des Landgerichts hätten die Erwägungen des Beklagten zu 2. nicht die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts rechtfertigen können, da es allen Beklagten in der Sache um die Abwehr der Beschlussanfechtung und des gleichzeitig gestellten Verpflichtungsantrages gegangen sei. Damit seien aber Interessensgegensätze bei Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten nicht ersichtlich. Streitigkeiten innerhalb der (beklagten) Wohnungseigentümer zur Thematik der Klage würden hier eine getrennte Beauftragung von Anwälten nicht rechtfertigen können.

Anmerkung: Die hier vom LG Köln dargelegten Grundsätze entsprechen der herrschenden Meinung und Rechtsprechung und lassen sich auch aus § 50 WEG unschwer ableiten; die Norm bezweckt die Begrenzung des Kostenrisikos. Eine eigenständige Beauftragung von Anwälten durch verklagte Wohnungseigentümer ist nur dann möglich, wenn ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter in einen Interessenswiderstreit geraten würde. Dies wäre objektiv festzustellen und ist dann nicht der Fall, wenn – wie hier – die Abwehr der Beschlussanfechtung (verbunden mit dem Verpflichtungsantrag) gewollt ist; ein möglicher allgemeiner Streit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und/oder auch mit der WEG-Verwaltung wie auch ein konkreter Streit zur fraglichen Thematik, wenn gelichwohl die Abwehr begehrt wird, reicht nicht aus.

Bei Beauftragung eines Rechtsanwalts durch einen einzelnen verklagten Wohnungseigentümer wird man allerdings auch eine Hinweispflicht des beauftragten Rechtsanwalts annehmen müssen, bei dessen Unterlassen er ggf. keinen Kostenerstattungsanspruch gegen seinen Mandanten hat, wenn davon auszugehen ist, dass dieser den von den übrigen Eigentümern (oder vom WEG-Verwalter) gewählten Anwalt ebenfalls beauftragt hätte. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte wäre davon für den Fall eines entsprechenden Hinweises auszugehen.

Beauftragt der WEG-Verwalter keinen (gemeinsamen) Anwalt mit der Rechtsverteidigung und jeder verklagte Wohnungseigentümer einen eigenen, wird man den am Verfahren als Beklagte beteiligten Wohnungseigentümern nur eine entsprechende Quote entsprechend ihrer fiktiven Beteiligung an der Beauftragung eines einzigen Anwalts (unter Beachtung des Mehrvertertungszuschlags) zubilligen können.

LG Köln, Beschluss vom 21.08.2017 - 29 T 66/17 -

Freitag, 29. September 2017

Wohngeldforderungen gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben nach § 1936 BGB

Ist ein gesetzlicher Erbe nicht vorhanden oder lässt sich ein solcher nicht feststellen, erbt das Land oder der Bund, § 1936 S. 1 BGB. Da bei einem Wohnungseigentümer bei seinem Ableben in 2013 diese Voraussetzungen vorlagen, erbte das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (Klägerin) nahm nun das Land auf Zahlung von Wohngeld für 2013 und 2014 in Anspruch. Obwohl das beklagte Land die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben hat, verurteilte das Amtsgericht zur Zahlung. Das Landgericht hatte die Klage teilweise abgewiesen und dem beklagten Land die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision wandte sich die Klägerin gegen diesen Vorbehalt.

Das Landgericht stützte sich auf § 780 Abs. 2 ZPO. Während nach § 780 Abs. 1 ZPO der Vorbehalt vom Beklagten zu erklären und im Urteil aufzunehmen ist, sieht § 780 Abs. 2 BGB für den Fall des § 1936 BGB vor, dass ein solcher Vorbehalt nicht erforderlich sei. Das Landgericht vertrat die Auffassung, der Erbe hafte nur dann persönlich, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden könne. Dies sei hier nicht der Fall, wobei das Unterlassen der Vermietung der Wohnung zu keinem anderen Ergebnis führe.

Die Revision wurde vom BGH als unzulässig verworfen. Auch bei einer vom Berufungsgericht zugelassenen Berufung müsse der Rechtsmittelführer beschwert sein, was hier nicht der Fall sei, da sich die Klägerin ausdrücklich nur gegen den im Urteil aufgenommenen Vorbehalt wehre.

Durch den Vorbehalt sei der Klägerin nicht weniger zugesprochen worden, als sie begehrte. Dies deswegen, da der Vorbehalt keine über den darin liegenden Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Beklagten hinausgehende Wirkung entfalte. Der Fiskus könne sich stets, unabhängig davon, ob der Vorbehalt im Urteil aufgenommen wurde oder nicht, gem. § 780 Abs. 2 ZPO auf die beschränkte Erbenhaftung berufen. Damit bestünde vorliegend kein Unterschied, ob im Urteil ein Vorbehalt aufgenommen wurde oder nicht. Ob im Fall des § 780 Abs. 1 BGB etwas anderes gelten würde, wurde in der Vergangenheit vom BGH teilweise bejaht, teilweise offengelassen und bedürfe auch hier keiner Entscheidung.

Auch sei das Landgericht entgegen der Annahme der Klägerin nicht veranlasst gewesen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die vom beklagten Land erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung (Dürftigkeitseinrede) vorlagen. Zwar hätte auch bereits im vorliegenden Verfahren geklärt werden können, ob gegenständlich die Voraussetzungen für eine beschränkte Erbenhaftung vorliegen und eine solche überhaupt bei Wohngeldforderungen gegen den Fiskuserben in Betracht kämen, doch habe sich das Landgericht damit (zulässig) nicht befasst. Hätte es die Frage geprüft und wäre zum Ergebnis gekommen, dass ein Vorbehalt nicht greifen würde, hätte es das beklagte Land zur Zahlung aus dem Nachlass verurteilen müssen.

Es sei kein Rechtsfehler, wenn das Prozessgericht die sachliche Aufklärung insoweit dem besonderen Verfahren nach § 785 ZPO überließe. Ob anderes dann gelten würde, wenn Entscheidungsreife dazu bestünde, könne hier auf sich beruhen, da entsprechendes auch von der Klägerin nicht dargelegt worden sei.

Der im Urteil aufgenommene Vorbehalt entfalte auch keine Bindungswirkung iSv. § 318 ZPO, da über die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach §§ 785, 767 ZPO in einem neuen Rechtsstreit durch das Prozessgericht erster Instanz zu entscheiden sei. Begnügt sich, wie hier, das Gericht in zulässiger Weise mit dem Ausspruch des Vorbehalts, kommt es auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen in diesem Erkenntnisverfahren nicht an. Ausführungen des Landgerichts dazu könnten von daher nicht tragend und damit nichts rechtsverbindlich sein.


BGH, Urteil vom 17.02.2017 - V ZR 147/16 -

Montag, 15. August 2016

Bauträger: Abwasserversorgung über Nachbargrundstück ist Mangel der schlüsselfertigen Herstellungsverpflichtung

Die Beklagten haben von der Beklagten, einem Bauträger, eine Eigentumswohnung auf dem Flurstück 91 erworben. Ursprünglich plante die Beklagte, sowohl dieses Flurstück als auch das angrenzende Nachbarflurstück 92 mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen, die eine einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft bilden sollten. Dazu kam es nicht; auf jedem Flurstück wurde jeweils eine rechtlich eigenständige Wohnungseigentümergemeinschaft begründet. Ohne dass sich dies aus den eventuell den Klägern übergebenden Plänen ersichtlich wäre noch sonstwie für die Kläger erkennbar gewesen wäre oder diesen mitgeteilt wurde, wurden die Regenwasserentwässerung und die Schmutzwasserabführung allerdings von dem direkt an einer öffentlichen Straße (K-Straße) befindlichen Flurstück 91 auf das unterhalb belegenen Flurstück 92 und von dort wieder mittels einer Hebeanlage zur öffentlichen Kanalisation in die K-Straße gepumpt. Hierzu existiert eine Grunddienstbarkeit, die nach Abschluss des notariellen Vertrages zwischen den Parteien im Grundbuch gewahrt wurde.


Die Kläger halten die Erstellung der Abwasserversorgung durch den beklagten Bauträger für mangelhaft und klagten darauf, dass die Ableitung des Wassers (Schmutzwasser und Oberflächenabwasser) des Bauvorhabens K...Straße 126 und 128 in W ... , soweit dieses nicht über Rigolen versickert wird, mangelfrei herzustellen ist, indem das in ausreichender Höhe oberhalb der Rückstauebene der öffentlichen Abwasserleitung in der K...Straße anfallende Abwasser auf direktem Wege in die Wasserleitung eingeleitet wird, ohne das Abwasser zuvor über eine Hebeanlage zu führen, sowie das unterhalb ausreichender Höhe oberhalb der Rückstauebene der öffentlichen Abwasserleitung anfallende Abwasser über eine in Höhe des Abwasseranfalles auf dem Grundstück K...Straße 126 und 128 zu errichtende Hebeanlage - und nicht über eine auf erheblich tieferem Höhenniveau und auf einem fremden Grundstück befindliche Hebeanlage - in die öffentliche Abwasserleitung zu führen.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die dagegen Gerichte Berufung der Beklagten wurde vom OLG zurückgewiesen. Mit Beschluss des BGH vom 12.01.2016 – VII ZR 207/13 – wurde die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen.

Das OLG stellte darauf ab, dass nach dem notariellen Kaufvertrag und der diesem beigefügten Baubeschreibung die Beklagte zur schlüsselfertigen Herstellung des Bauvorhabens einschließlich privater Erschließungsanlagen verpflichtet war. Nach dem Kaufvertrag sollten auch die Kosten für Anlagen, die auf dem Kaufgrundstück zur Abwasserbeseitigung errichtet werden, abgegolten sein. Von daher hätten hier die Kläger ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass der Begriff „privat“ hier nicht als Abgrenzung zu „öffentlich“ zu verstehen ist, wobei der beklagten die Herstellung im öffentlichen Bereich ohnehin nicht oblegen hätte.

Da es im übrigen an Anhaltspunkten fehlte, dass der Anschluss hier über das Flurstück 92 geführt wird, zumal das Flurstück 91 direkt an der öffentlichen Straße (K-Straße) lag, auf der die öffentliche Kanalisation verläuft, an der anzuschließen ist, mussten die Kläger von einer Verlegung über ein anders Grundstück nicht ausgehen und stellt sich dies nicht nur als ein minus, sondern als ein Mangel dar.

Als Hilfserwägung führte das OLG aus: Auch wenn ein Mangel  nicht angenommen würde, wenn der Erwerber zwar kein Eigentum erlangen würde, aber eine diesem gleichwertige Position, dass kein wirtschaftlicher Nachteil bestünde, könnte davon hier nicht ausgegangen werden. Denn vorliegend ginge es nicht alleine um das Recht, eine Leitung über das Nachbargrundstück zu führen, sondern darum, eine auf dem Nachbargrundstück befindliche Hebeanlage gemeinsam mit den Eigentümern des Nachbargrundstücks zu betreiben. Die Grundschuld ließe nicht erkennen, dass Streitigkeiten schlicht ausgeschlossen wären, da auch nicht ein recht zur möglichen Erweiterung der Anlage geregelt wäre. Im übrigen wäre erkennbar, dass jegliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Hebeanlage dadurch erschwert würde, dass zwei Eigentümergemeinschaften darüber befinden müssten, nicht nur eine. Zudem müssten die Eigentümer von Flurstück 91 gegebenenfalls eine Duldung auf Zutritt auf das Grundstück Flurstück 92 erstreiten.


OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2013 – 21 U 125/12 -