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Samstag, 24. Februar 2024

Verjährungsfrist für Vergütungsanspruch des Bauträgers

Am 20.06.2014 führte die Bauträgerin (Klägerin) unter Beteiligung der Beklagten eine Begehung der gekauften Wohnung mit Unterzeichnung eines Abnahmeprotokolls durch, nach dessen Inhalt die Übernahme/Abnahme gemäß Kaufvertrag erfolgt sei. Am 06.11.2014 erklärten die Beklagten die Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Mit Schreiben vom 24.11.2014 forderte die Klägerin die Beklagten zur Zahlung der letzten Kaufpreisrate auf. Am 28.12.2017 beantragte die Klägerin einen Mahnbescheid in Bezug auf diese Rate gegen die Beklagten. Die Beklagte hatten im Verfahren die Einrede der Verjährung erhoben und beriefen sich zudem auf ein Zurückbehaltungsrecht für von ihnen gerügte Mängel. Einen kleinen Betrag davon akzeptierte die Klägerin und reduzierte insoweit ihre klageweise geltend gemachte Forderung. Die Klage und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil wurden zurückgewiesen. Von der Klägerin wurde die vom Berufungsgericht (OLG) zugelassene Revision eingelegt. Diese führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverwesung des Rechtstreits an dieses. 

Das OLG ging in seinem Urteil von der Regelverjährung des § 185 BGB aus (3 Jahre). Die Anwendung von § 196 BGB schloss es aus, da zwar die streitgegenständliche Forderung Teil des Entgelts dafür sei,, dass die Klägerin den Beklagten Eigentum an einem Grundstück übertragen habe und die errichtete Wohnung „lediglich“ wesentlicher Bestandteil des Miteigentumsanteils sei, sei § 196 BGB nicht anzuwenden. Es würde sich hier auch um die Gegenleistung für die Erbringung von Bauleistungen handeln. Der Vergütungsanspruch sei nicht aufteilbar zwischen Eigentum und Bauleistung, weshalb die Verjährung einheitlich nach der Leistung zu beurteilen sei, die bei weitem überwiegend das Vertragsverhältnis charakterisiere. Der Charakter über den Kauf würde durch den Bau der Wohnung geprägt, weshalb insoweit der Vergütungsanspruch teilwiese im Werkvertragsrecht (§ 631 BGB) geregelt sie. An der Übertragung des Miteigentumsanteils ohne Bauleistung hätten die Parteien kein Interesse gehabt.  Damit greife die 10-jährie Verjährungsfrist des § 196 BGB nicht. 

Dem folgte der BGH nicht, der vorliegend entgegen dem OLG § 196 BGB anwandte mit der Folge, dass die Forderung noch nicht verjährt sei. 

Richtig sei, dass sich die Bauträgervergütung nicht aufteilen ließe in einen Teil für den Kaufpreis des Grundstücksanteils und einen Teil für die Bauleistungen. Es läge ein einheitlicher Vertrag vor. Bei Bauträgerverträgen sei hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung von Eigentum Kaufrecht anzuwenden. Eine Aufteilung der Bauträgervergütung käme aber nur bei einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien in Betracht, die nicht vorläge. Für den einheitlichen Vergütungsanspruch gelte aber nicht die Verjährungsregelung des § 195 BGB, sondern jene des § 196 BGB.  Dies ergäbe eine Auslegung des § 196 BGB, der als speziellere Regelung § 195 BGB verdränge. 

Nach § 196 BGB würden Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in 10 Jahren verjähren. Die Annahme, das § 106 BGB für den  Vergütungsanspruch des Bauträgers gelte, lasse sich allerdings nicht aus dem Wortlaut ableiten, das die Vergütung die Gegenleistung sowohl für die Übertragung des Eigentums als auch für die Errichtung des Bauwerks sei. Die Errichtung des Bauwerks sei aber von § 196 BGB im Wortlaut nicht erfasst. Aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten sei es aber gerechtfertigt, § 196 BGB als speziellere Regelung des Vergütungsanspruchs des Bauträgers anzuwenden. Da der Vergütungsanspruch einer einheitlichen Verjährung unterliege, könne er sich nur nach § 195 BGB oder § 196 BGB richten. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 196 BGB (BT-Drs. 14/7052 S. 179) ergäbe sich, dass mit der Einbeziehung der Ansprüche auf die Gegenleistung in § 196 BGB über die dieser Vorschrift bereits unterfallenden Ansprüche auf Eigentumsübertragung an einem Grundstück hinaus ein in der Sache nicht gerechtfertigtes Ergebnis vermieden werden sollte, das bestehen könnte, wenn derartige Verträge bei Geltung der Regelverjährung nach § 195 BGB für die Ansprüche auf die Gegenleistung nicht beendet werden könnten. Dies greife auch bei Bauträgerverträgen. Da der einheitliche Vergütungsanspruch auch eine Gegenleistung für die von ihm – neben der Bauwerkserrichtung – geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück und damit eine Gegenleistung iSv. § 196 BGB darstelle, sei es gerechtfertigt, insoweit einheitlich die speziellere Verjährungsregelung des § 196 BGB anzuwenden. 

Dem stünde das Urteil des BGH vom 12.10.1978 – VII ZR 288/77 – schon deswegen nicht entgegen, da es auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 12.10.1978 beruhe. Im Übrigen würde der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten. 

Damit musste der BGH das Urteil zurückweisen, da das OLG nunmehr neu im Hinblick auf das von den Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht zu entscheiden hat. 

BGH, Urteil vom 07.12.2023 - VII ZR 231/22 -

Samstag, 19. August 2023

Haftungsproblematik für Folgeschaden bei Fehlern verschiedener Bauunternehmer

Der Kläger machte Mangelfolgeschäden aufgrund fehlerhafter Werkleistungen der Beklagten wegen einer Muffenverbindung geltend, die zu einem umfangreichen Wassereintritt in das von ihm betriebene Schulgebäude führten. Nach einem von der Beklagten eingeholten und vorgelegten Privatgutachten soll die eine Schweißmuffe in der Regenwasserfallleitung im alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten gelegen haben, die dazu geführt habe, auslaufendes Wasser in den Dachaufbau der Dachterrasse führte und die Dämmung beschädigte. Für Folgeschäden im Aufzugsschacht und Gebäude sei - so das Privatgutachten - allerdings keine alleinige Verantwortlichkeit der Beklagten zu erkennen, da auch andere, von der Beklagten nicht zu vertretene Mängel vorlägen (nicht fachgerecht hergestellter Leistungsstoß, der dazu führte, dass der Wasseraustritt die Dampfsperre unterlaufen und in den Brandschutzverschluss der Deckenöffnung gelaufen sei, ferner sei die Dachterrassenabdichtung durch die Dachdeckerfirma nicht vollständig verschweißt worden und es läge eine nicht sorgfältige Bauleitung vor; neben dem schadensursächlichen Wasseraustritt seien die Ausbreitung und Folgeschäden im Gebäude damit durch andere am Bau Beteiligte mitverursacht worden. Das Landgericht (LG) gab der Klage statt. Gegen dieses wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen wurde.

Das LG führte zur Begründung aus, dass auch bei Ausführungs- und Planungsfehlern weiterer am Bau Beteiligter eine gesamtschuldnerische Haftung gem. § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB bestünde und  infolge der gesamtschuldnerischen Haftung der am Bau Beteiligten hier nicht greife. Dem folgte das OLG.

Die Beklagte würde ihre mangelhafte Werkleistung betreffen der Schweißmuffe, der zufolge eine wasserdurchlässiger Spalt von 5 mm verblieb, ebenso wenig wie das Vertretenmüssen dieser Pflichtverletzung nicht in Abrede stellen. Sie hafte damit in vollem Umfang für den auf ihre Schlechtleistung zurückgehenden Feuchteschäden. Das Bestreiten des Umfangs der auf ihre mangelhafte Leistung zurückgehenden Schäden könne die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 830 Abs. 1 S. 1 BGB (und damit der fehlenden Aufklärung dieses Umfangs durch das LG) nicht gegenüber dem Kläger geltend machen; einen Gegenbeweis einer fehlende Ursächlichkeit (soweit auch Drittunternehmer fehlerhafte gearbeitet hätten) ihrer eigenen Fehlleistung habe sie bereits nicht hinreichend angetreten. 

Das OLG verwies auf das Urteil des BGH vom 16.01.2001 - X ZR 69/99 - zum Nachweis der Kausalität der Haftung mehrerer Beteiligter bei ungewissen Verursachungsbeitrag nach § 830 Abs. 1 S. 2 BGB. Hier habe der BGH klargestellt, dass eine Ersatzpflicht nicht nur für solche Schäden gelte, die auf dem pflichtwidrigen Verhalten beruhen würden, sondern die im Deliktsrecht angesiedelte Norm des § 830 BGB auch im Bereich der vertraglichen Haftung führe. Danach sei Voraussetzung für die Einbeziehung von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB, dass bei dem in Anspruch Genommenen wie bei den übrigen Beteiligten ein anspruchsbegründendes Verhalten vorläge, sähe man vom Nachweis der Ursächlichkeit dieser haftungsbegründenden Tatsache für den Schaden ab, weiterhin eine der unter den Begriff der Beteiligung  zusammengefassten Personen diesen verursacht haben muss und nicht festzustellen sei, welcher von ihnen den Schaden ganz oder teilweise verursacht habe.

Hier würde feststehen, dass die Wasserschäden am Gebäude durch das aus der Fallrohrmuffe ausgetretene Wasser verursacht worden seien. Offen sei, ob das Wasser dorthin seinen Weg gerade über den von der Beklagten fehlerhaft geschweißten Spalt entlang dem Fallrohr oder auf eine andere, vom Kläger nicht zu verantwortende Weise über die Dachterrassenabdichtung in die Räumlichkeiten genommen habe. Fest stünde aber, dass das Wasser auf einem der Wege eingedrungen sei. Damit läge eine Lage vor, zu deren Vermeidung vom Kläger, der weder bei der Dachabdichtung noch dem Verschweißen der Muffe anwesend war, Maßnahmen nicht zu erwarten gewesen wären. Er habe die Schadensquellen weder beherrscht noch den zur Schädigung führenden Geschehensablauf im Einzelnen übersehen.

Dieser Beweisnot des Klägers trage § 830 Abs. 1 S. 2 BGB Rechnung (BGH aaO.). Die Beweislast trage hier derjenige, der für diese Schadensquelle verantwortlich sei, was - neben den benannten Dritten - jedenfalls auch die Beklagte sei. Zwar könne sich jeder Beteiligte, so auch die Beklagte entlasten, indem er den Nachweis erbringt, dass sein Verhalten nicht ursächlich für den Schaden sei. Der Beweis sei aber nur geführt, wenn das Gericht die Überzeugung gewonnen habe, dass der in Anspruch Genommene als Verursacher ausscheide. Ein reines Bestreiten, wie hier von der Beklagten, reiche dafür nicht aus.

Der Beklagten würde unbenommen bleiben, im Falle einer Gesamtschuld bei den übrigen Beteiligten einen teilweisen Ausgleich nach §§ 421, 426 BGB geltend zu machen.

In Ansehung der Rechtsauffassung des OLG zu § 830 BGB könne offen bleiben, ob ein gleiches Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Doppelkausalität begründet wäre. 

OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 - 14 U 1551/22 -

Mittwoch, 3. Mai 2023

Schadensersatz bei geringen optischen Mangel einer Hofeinfahrt / -fläche ?

Nach einem Verkehrsunfall verlangten die Kläger von der beklagten Versicherung Schadensersatz in Höhe von € 12.550,00 für die Wiederherstellung der gesamten Hofeinfahrt, §§ 7 Abs. 1 StVG iVm. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. VVG, da nur so ein einheitliches Fugenbild zu erreichen sei. Die Beklagte zahlte lediglich Schadensersatz für die (nach ihrer Ansicht ausreichende) Teilerneuerung der betroffenen Pflasterung. Die Berufung der Kläger gegen die Klageabweisung der ersten Instanz wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen. Das verbleibende teilweise uneinheitliche Fugenbild stelle nur eine kaum wahrnehmbare optische Beeinträchtigung dar und ein auszugleichender Minderwert würde dadurch auch nicht entstehen.

Auch wenn der Geschädigte nach § 249 Abs. 1 grundsätzlich die Wiederherstellung des Zustandes verlangen könne, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Insoweit würde dem Geschädigten (auch der Geldersatzanspruch nach § 249 Abs. 2 BGB, sei allerdings nach § 249 Abs. 2 BGB allerdings dann nicht zustehen, wenn die Herstellung dieses Zustandes unverhältnismäßig sei; dann sei der Ersatzberechtigte in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 2 S. 1 BGB.

Zur Feststellung, ob die Wiederherstellung iSv. § 251 Abs. 2 S. 1 unverhältnismäßig sei, dürfe der mit der Nachbesserung erzielbare Erfolg in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes stehen. Diese Unverhältnismäßigkeit sei anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenüberstünde (BGH, Urteil vom 06.12.2001 - VII ZR 241/00 -). Zu berücksichtigen seien der Wert der Sache in einem mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels (BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 275/12 -).

Daran ausgerichtet sei eine komplette Neupflasterung der ca. 250 m² großen Hofeinfahrt zum Erreichen eines einheitlichen Fugenbildes unverhältnismäßig. Es würde sich nur um einen optischen Mangel handeln, der den bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht beeinträchtige. Zwar handele es sich hier nicht um ein werkvertragliches Vertragsverhältnis zwischen den Parteien (sondern um einen deliktischen Schadenersatzanspruch nach § 7 StVG), doch sei gleichwohl das objektiv geringe Interesse der Klägerin zu berücksichtigen.

Auch bei lediglich optischen Beeinträchtigungen sei ein strenger Maßstab anzulegen (OLG Celle, Urteil vom 01.11.2011 - 14 U 52/11 -). Im Einzelfall sei aber zu differenzieren, wie stark sich diese im Gesamteindruck auswirke. Es handele sich hier um eine Fläche, die dem Rangieren und Abstellen von Fahrzeugen diene. Die nicht ganz gradlinigen Fugen in einem Teilbereich der Pflasterung, die auf den Übersichtsbildern nicht wahrnehmbar seien, würden keine Auswirkungen auf den Gesamteindruck haben. Nur bei vergrößerten Aufnahmen und unter Zuhilfenahme einer Wasserwaage und eines Zollstocks wären die Abweichungen erkennbar. Diese fehlende Einheitlichkeit trete bei der bestimmungsgemäßen Nutzung der Fläche mit parkenden und rangierenden Fahrzeugen im optischen Gesamteindruck soweit zurück, dass sie für den unbefangenen Betrachter nicht mehr wahrnehmbar sei und schon gar nicht zu einer optischen Gesamtbeeinträchtigung der Anlage führe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass besondere ästhetische Anforderungen an die Hoffläche zu stellen seien, denen diese nicht mehr gerecht würde (OLG Celle, Urteil vom 18.07.2002 - 22 U 197/01 -).

Auch sei zu berücksichtigen, dass nach dem eingeholten Sachverständigengutachten die Hoffläche von Anfang an nicht den technischen Regelwerken entsprochen habe und in jedem Fall zu Fugenverschiebungen geführt hätte. Die Kläger stünden bei einer vollständigen Neupflasterung besser als ohne das Schadensereignis, da die sanierte Fläche einen deutlich besseren Aufbau habe und die die nicht sanierte Fläche ohnehin nicht fachgerecht (direktes Aneinanderlegen von Klinkersteinen) verlegt worden sei.

Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 251 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser Anspruch richte sich nicht wie bei §§ 249, 250 BGB auf das Integritätsinteresse des Geschädigten und wäre nicht nach den Herstellungskosten zu bemessen, sondern auf Ersatz des Wertinteresse. Zu ersetzen sei daher im Falle der Unverhältnismäßigkeit von Wiederherstellungskosten die Differenz zwischen dem Vermögen, wie es sich ohne das schädigende Intereses darstellen würde, und dem Wert des Vermögens, wie es sich durch das schädigende Ereignis darstelle (BGH, Urteil vom 11.03.2020 - IX ZR 104/08 -).

Hier läge ein messbarer Minderwert nicht vor. Die Pflasterfläche stelle nach dem Gutachten, unabhängig vom Fugenverlauf, keinen Wertanteil an dem streitgegenständlichen Objekt dar. Der Gesamtwertanteil der Pflasterfläche betrage 0,7% des Verkehrswertes (€ 2.450,00). Bei Berücksichtigung üblicher Rundungsdifferenzen würde dieser Wertanteil nach dem Gutachten in den Rundungen untergehen.

OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 - 14 U 166/21 -

Freitag, 21. April 2023

Substantiierungsanforderung der Geltendmachung von Werklohn auf Stundenlohnbasis

Die Klägerin machte Vergütungsansprüche auf Basis von behaupteten aufgewandten Stunden geltend, die sie mit e 38,00/Stunde netto abrechnete. In der Schlussrechnung wurden die in mehreren Rechnungen bereits berechneten Leistungen Rechnungen von ihr zusammengefasst und die Stunden aufgelistet. Die Auftragserteilungen sollen teilweise durch den Geschäftsführer der Beklagten, teilweise dessen Bauleiter erfolgt sein. Das Landgericht wies die Klage ohne Beweisaufnahme ab, das Oberlandesgericht (OLG) die Berufung mit Beschluss nach § 522 ZPO zurück.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin führte zur Aufhebung des Beschlusses des OLG und zur Zurückverweisung an das OLG. Das OLG habe entscheidungserheblich den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, Art. 103 Abs. 1 GG. Nach Art. 103 Abs. 1 GG müsse das Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen. Dazu gehöre auch, den Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und, wenn es sich um eine zentrale Frage handele, in den Entscheidungsgründen zu bescheiden.  Das rechtliche Gehör sei verletzt, wenn die Begründung nur den Schluss zulasse, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (BGH, Beschluss vom 17.06.2020 - VII ZR 111/19 -).

Zwar wurde von der Klägerin nicht vorgetragen, dass der Bauleiter von der Beklagten bevollmächtigt gewesen sei. Dies sei aber der unter Beweis gestellte Kern der Angaben der Klägerin, in denen sie behauptete, ab dem 13.05.2016 vom Bauleiter oder dem Geschäftsführer der Klägerin oder beiden gemeinschaftlich mit zusätzliche Malerarbeiten beauftragt worden zu sein und der Geschäftsführer der Beklagten haben von den Arbeiten der Klägerin Kenntnis genommen.

Zu den Stundenlohnarbeiten beruhe die Verletzung rechtlichen Gehörs darin, dass das OLG überspannte Substantiierungsanforderungen gestellt habe und deshalb den Sachvortrag der Parteien nicht zur Kenntnis genommen und die angebotenen Beweise erhoben zu haben (BGH, Beschluss vom 10.08.2022 - VII ZR 243/19 -).

Der nach Zeitaufwand abrechnende Unternehmer müsse im Ausgangspukt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden er für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchem Stundensatz angefallen seien. Nicht erforderlich sei für eine schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrages eine Differenzierung dergestalt, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt würden, auch wenn dies sinnvoll sein mag. Erforderlich sei dies nicht, weil die Bemessung und damit die im Vergütungsprozess angestrebte Rechtsfolge nicht davon abhängig sei, wenn der Unternehmer welche Tätigkeiten ausführte, weshalb eine entsprechende Angabe nur erforderlich sei, wenn die Vertragsparteien eine entsprechende detaillierte Abrechnung vereinbart hätten (BGH, Urteil vom 17.04.2009 - VII ZR 164/07 -). Ohne eine entsprechende Vereinbarung sei es Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergebe (BGH, Urteil vom 17.04.2009 - VII ZR 164/07 -).

Damit seien die Angaben der Klägerin zur Anspruchshöhe schlüssig gewesen. Sie habe angegeben, dass sie für insgesamt 15 Häuser Malerarbeiten durchgeführt habe, bei den Häusern 1 - 6 und 15 sowohl im Innen- wie auch im Außenbereich, bei den Häusern 7 - 14 nur im Außenbereich. Sie habe auch ausgeführt, wie viele Stunden auf welche Gewerke entfallen wären. Soweit im Streitstünde, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten gehandelt habe, obläge es der Beklagten als Besteller, diese Umstände darzulegen.

BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - VII ZR 882/21 -

Donnerstag, 8. September 2022

Mängelbeseitigung durch Besteller in Schwarzarbeit

Die Klägerin macht restlichen Werklohn geltend. Nachdem es schon im Sommer 2015 zu Differenzen wegen vermeintlich mangelhafter Arbeiten kam, stellte die Klägerin diese endgültig ein und das Bauvorhaben wurde von der Beklagten anderweitig fertiggestellt. Die Klägerin machte restlichen Werklohn geltend; von der Beklagten wurden diverse Mängel gerügt. Alleine wegen der Mängel am Garagenfußboden berief sich die Beklagte auf eine Minderung mindestens in Höhe der Klageforderung.

Das Landgericht (LG) wies die Klage nach Beweisaufnahme ab. Die Klägerin legte Berufung ein, die teilweise erfolgreich war.

Als fehlerhaft sah das OLG als Berufungsgericht die Bewertung eines Minderungsanspruchs der Beklagten für den Garagenboden an. Die Minderung habe das LG dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten entnommen, und zwar nach den dort geschätzten Kosten, unbeschadet des Umstandes, dass die Beklagte vorgetragen habe, dass die Arbeiten zur Mangelbeseitigung bereits ausgeführt worden seien. Entscheidend seien aber für Schadensersatz und Minderung nach der Rechtsprechung des BGH die tatsächlichen Kosten (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -); abzustellen sei daher nur auf die von der Beklagten dargelegten Mängelbeseitigungskosten.

Die Beklagte hatte (zweitinstanzlich) weiterhin eine Rechnung einer angeblich auf den British Virgin Islands registrierten Gesellschaft vorgelegt. Ob eine solche Gesellschaft tatsächlich existierte, ließ das OLG offen, da es davon ausging, dass dieser Rechnung, mit der die Beklagte weitere Sanierungsaufwendungen belegen wollte, ein sogen. Schwarzgeldgeschäft betraf.  

Es würde auf der Rechnung der nach § 14 Abs. 4 UStG erforderliche Umsatzsteuerausweis fehlen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe auf Nachfrage auch nicht erklären können, wann konkret wer die Arbeiten durchgeführt habe. Sollten also von diesem Unternehmer überhaupt irgendwelche Arbeiten ausgeführt worden sein, wären diese in Schwarzarbeit ausgeführt worden. Schwarzarbeiten müssten aber nicht vergütet werden (BGH, Urteil vom 10.04.2014 - VII ZR 241/13 -). Erst recht könne dann der Beklagte nicht eine solche Rechnung dem Restwerklohnanspruch der Klägerin im Rahmen der Abrechnung als eigene Aufwendungen für Mängelbeseitigungsarbeiten entgegensetzen.

Soweit sich die Beklagte zum Beweis der Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten auf die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bezog, habe dem das Gericht nicht nachkommen müssen. Zum Einen habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, von wem wann die Arbeiten ausgeführt wurden, und zum Anderen hätte die Beklagte den Verdacht der Schwarzarbeit ausräumen müssen, was auch nicht erfolgt sei. Erst wenn diese Punkte beklagtenseits abgearbeitet worden wären, hätte dem Beweisangebot in Ansehung des klägerischen Bestreitens der Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten durch die Beklagte nachgekommen werden müssen. Anmerkung: Es konnte nicht darauf ankommen, ob tatsächlich die Beklagte Mängelbeseitigungsarbeiten veranlasst hatte, da sie die von ihr konkret benannten Kosten in Form der Rechnung der auf den British Virgin Islands registrierten Gesellschaft infolge des Umstandes, dass hier konkrete Anhaltspunkte für Schwarzarbeit bestanden, nicht in die Abrechnung hatte einstellen können.

Da unstreitig Mängel am klägerischen Gewerk vorgelegen hätten, sah sich das OLG veranlasst den danach abzuziehenden Minderungsbetrag nach § 287 ZPO zu schätzen und in das Abrechnungswerk nach den vom BGH aaO. entwickelten Grundsätzen einzustellen. Dazu legte es das Angebot der Klägerin für die Betonarbeiten an der Garage zugrunde und zog Positionen ab, die von den Mängelbeseitigungsarbeiten nicht betroffen sein konnten.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen dieses Urteil wurde vom BGH mit Beschluss vom 12.01.2022 - VII ZR 122/19 - zurückgewiesen.

Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 30.04.2019 - 7 U 152/18 -

Sonntag, 3. Juli 2022

Anforderungen an Abnahmeverweigerung bei Werkvertrag, § 640 Abs. 2 BGB

Die Parteien stritten darum, ob eine Abnahme der Werkleistung des Klägers vorlag,. Im Auftrag des Beklagten führte der Kläger an einer Werkhalle Fugenarbeiten sowie weitere Arbeiten auf der Grundlage eines Angebots und eines Nachtragsangebots durch. Nach Stellung der Schlussrechnung machte der Beklagte Mängel geltend und führte der Kläger Mängelbeseitigungsarbeiten durch, um sodann vom Beklagten die Abnahme bis zum 22.06.2020 zu verlangen. Darauf ließ der Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 22.06.2020 reagieren, dass die Arbeiten gemäß klägerischer Mitteilung abgeschlossen seien und damit dem Beklagten ein umfassender Mängelbeseitigungsanspruch zustünde. Da die Werkhalle nach Kenntnis des Klägers mit Bergefahrzeugen befahren werde, hätten die Fugen so ausgeführt werden müssen, dass diese einer danach üblichen Beanspruchung standhalten. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Fugen einer solchen Beanspruchung standhalten würden. Im Rahmen des Rechtsstreits wurde zusätzlich vom Beklagten ausgeführt, dass die Fugen nicht den Nutzungsanforderungen des Beklagten entsprächen, da eine Vielzahl von Fugenabrissen vorlägen.

Der Kläger erhob Klage mit dem Antrag, dass die „Wirkungen der Abnahme für das Bauvorhaben … von dem Kläger fertiggestellten Fugenarbeiten am 23.06.2020 eingetreten sind“. Das Landgericht wies die Klage ab und negierte damit eine Abnahme durch den Beklagten.

Bei seiner Entscheidung stellte das Landgericht auf § 640 Abs. 2 S. 1 BGB ab, wonach ein Werk als abgenommen gilt, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und er Besteller innerhalb dieser Frist nicht unter Angabe von mindestens einen Mangel die Abnahme verweigert. Der fristgerechten Verweigerung im Sinne der Norm sei der Beklagte nachgekommen.

Das Landgericht verwies auf die Gesetzesbegründung der Neuregelung des § 640 BGB (Gesetz vom 28.04.2017) zur Abnahme, mit der verhindert werden sollte, dass der Auftraggeber (Besteller) einer Werkleistung eine Abnahme ohne Benennung jeglichen Grundes verhindern konnte. Ziel der Gesetzesänderung sei die Beschleunigung des Abnahmeverfahrens gewesen, damit der Auftragnehmer (Unternehmer) zeitnah Rechtsklarheit habe und die Voraussetzungen für eine Fälligkeit der Vergütung (Abnahme, § 641 Abs. 1 BGB) schaffen könne. Der Auftraggeber soll so gezwungen werden, sich bei einer Verweigerung frühzeitig zu äußern, um so eine vorgerichtliche Klärung zwischen den Parteien zu ermöglichen. Die Fiktion der Abnahme würde dann nicht eintreten, wenn bei der Verweigerung ein einziger Mangel benannt würde, wobei es ausreiche, wenn der Auftraggeber (Besteller) mitteile, dass das Werk nach seiner Ansicht nicht die vereinbarte Beschaffenheit habe. Ein Mangel müsse nicht im Detail dargelegt werden, sondern nur so bezeichnet werden, dass dieser vom Auftragnehmer (Unternehmer) nachvollzogen und verortet werden könne. Es reiche die Angabe von Mängelsymptomen; nicht erforderlich sei die Angabe einer Mängelursache. Nach der Gesetzesbegründung sei es auch nicht notwendig, zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln zu unterscheiden, da dies im Einzelfall schwierig sein könnte; insoweit würde erst im gerichtlichen Verfahren die Beurteilung vorgenommen (Anm.: Nach § 640 Abs. 1 S. 2 BGB hindern unwesentliche Mängel die Abnahme nicht).  

Den Anforderungen an eine qualifizierte Abnahmeverweigerung habe das anwaltliche Schreiben des Beklagten entsprochen. Die Angabe, die Fugen müssten den Beanspruchungen im Rahmen des  bekannten Nutzungszwecks genügen und der Zusatz, es sei nicht nachgewiesen, dass dies hier der Fall sei, ließen für den verständigen Empfänger erkennen, an welcher Stelle das Werk aus Sicht des Beklagten nicht vertraglich vereinbarter Beschaffenheit entsprochen haben soll. Ob der Kläger eine solche Beschaffenheit tatsächlich schuldete oder die Belastbarkeit der Fugen (wie klägerseits vorgetragen) über eine dauerhafte und regelmäßige Wartung derselben (durch den Beklagten) erreichbar sei, bedürfe keiner Entscheidung.

Der Kläger hatte nochmals unter dem 15.07.2020 eine Frist zur Abnahme gesetzt. Diese habe aber auch nicht die Wirkungen des § 640 Abs, 2 S. 1 BGB herbeiführen können. Als fraglich sah es das Landgericht an, ob eine Feststellung angesichts der Formulierung des Klageantrags auf Feststellung der Abnahme mit Wirkung zum 23.06.2020 überhaupt zulässig sei. Jedenfalls aber habe der Kläger nicht vorgetragen, welche Umstände sich in der Zeit nach dem Schreiben des Beklagten vom 22.06.2020 und dem erneuten Abnahmeverlangen vom 15.07.2020 geändert hätten, die eine neue Abnahmeforderung rechtfertigen könnten. Es läge auf der Hand, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber nach dessen qualifizierter Abnahmeverweigerung bei unveränderter Sachlage nicht nochmals eine Frist zur Erklärung der Abnahme setzen könne.

Anmerkungen:

Mit der Entscheidung wurde nicht festgestellt, ob die Fugen aufgrund einer beklagtenseits behaupteten Beschaffenheitsvereinbarung hätten anderweitig ausgeführt werden müssen und/oder mangelhaft ausgeführt wurden. Dies begründet das Landgericht inzident damit, dass gerade die Abnahmewirkung zu einem bestimmten Datum (nämlich dem Tag des Ablaufs der dem Beklagten gesetzten Frist) begehrt wurde. Damit war nicht darüber zu entscheiden, ob der Beklagte das Werk allgemein abnahmen muss.

Der Kläger hätte hier auch nach der Abnahmeverweigerung gleich auf Vergütung klagen können. Im Rahmen dieses Prozesses hätte das Gericht mit darüber zu entscheiden gehabt, ob eine Abnahmereife vorliegt, da dies Voraussetzung des Vergütungsanspruchs ist, § 641 Abs. 1 BGB. Damit wäre es nicht darauf angekommen, ob eine (hier nach den zutreffenden Gründen im landgerichtlichen Urteil gegebene) qualifizierte Abnahmeverweigerung nach § 640 Abs. 2 BGB vorlag. Im Prozess wäre zu klären, ob eine (evtl. konkludente) Beschaffenheitsvereinbarung tatsächlich bestand und ob ein Mangel vorlag, auch, ob es sich um einen der Abnahme nicht entgegenstehenden unwesentlichen Mangel handelte.

Das Verfahren hätte mithin aufgrund der Abnahmeverweigerung und im Hinblick auf § 640 Abs. 2 S. 1 BGB anders geführt werden müssen, um ein endgütiges Ergebnis zu erreichen. Denn mit diesem Urteil steht der Kläger da, wo er auch vorher stand: Er weiß nicht, ob das Werk tatsächlich abnahmereif ist und er ohne Nacharbeiten seinen Werklohnanspruch durchsetzen kann.

 

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 03.05.2021 - 12 O 6673/20 -

Donnerstag, 29. April 2021

Kostenvorschussanspruch für Mängelbeseitigung und Berücksichtigung von Mehrkosten durch Änderung der technischen Regeln

Die Klägerin begehrte einen Kostenvorschuss in Höhe von € 151.709,14 für eine Dachsanierung. Nach einem vom Landgericht eingeholten Gutachten, dem das Landgericht folgte, sollen die von der Klägerin behaupteten Mängel und Schäden an dem Dach vorliegen und sich die Kosten der Beseitigung auf den geforderten Betrag belaufen. Mehrkosten in Höhe von € 21.839,32 für die Ausbildung des Daches gemäß der Vorgaben der EnEV 2014, die in den Kosten enthalten seien, seien deshalb zuzusprechen, da eine Mängelbeseitigung die zum Zeitpunkt ihrer Durchführung geltenden anerkannten Regeln der Technik einhalten müssten.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legten die Streithelfer der Beklagten Berufung ein. Sie wandten u.a. unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 14.11.2017 - VII ZR 45/14 - ein, dass der Mehraufwand in Ansehung der EnEV 2014 nicht vorhersehbar gewesen sei (die Errichtung des mangelbehafteten Daches erfolgte unter der Geltung der EnEV 2012) und der Vorschuss nicht den Mehraufwand auf Grund der Änderung der technischen Regeln umfasse, der mithin in Anzug zu bringen sei.

In seinem Hinweisbeschluss wies das OLG darauf hin, dass es der Berufung keine Aussichten auf Erfolg beimessen würde und beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.  

Die Mängelbeseitigung müsse nach den aktuellen Regeln der Technik durchgeführt werden, mithin hier nach den Anforderungen der EnEV 2014. Die Ansicht der Berufungsführer, die entsprechenden Mehrkosten könnten von der Klägerin nicht begehrt werden, sei verfehlt. Das insoweit von den Berufungsführern benannte Urteil des BGH vom 14.11.2017 sei nicht einschlägig, da sich dort der BGH nur damit auseinandergesetzt habe, welche Auswirkungen eine Änderung anerkannter technischer Regeln zwischen Vertragsabschluss und Abnahme auf die geschuldete Leistung und den Vergütungsanspruch sowie die Abnahme nach dem vertraglich geschuldeten Leistungssoll hätten. Er habe entschieden, dass grundsätzlich die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik schulde, die zwischen dem Vertragsabschluss und der Abnahme gelten würden. Hier könne der Auftragnehmer, ändern sich die anerkannten Regeln der Technik und führen diese zu Mehraufwand, entweder eine Anpassung der Vergütung begehren oder aber der Auftraggeber auf die Einhaltung der neuen Regeln verzichten. Zur Frage der Auswirkung auf den Fall einer Mängelbeseitigung habe der BGH in der Entscheidung nicht Stellung bezogen. Allerdings habe sich der BGH in seinem Urteil vom 17.05.1984 - VII ZR 169/82 - zur Frage der Vorteilsausgleichung im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht geäußert. Dort führte der BGH aus, dass eine Anrechnung des Vorteils dann nicht in Betracht käme, „wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf dadurch, dass der vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Gesetzeszweck der Gewährleistung im Werkvertragsrecht.

Dies zugrunde legend vertrat das OLG die Auffassung, dass sich die Klägerin die Mehrkosten, welche durch die jetzt notwendige Ausführung der Sanierung nach den Vorgaben der EnEV 2014 gegenüber derjenigen nach der vorher anzuwenden EnEV 2012 ergäben, nicht von dem Kostenvorschuss abziehen lassen müsse und der Grund dafür alleine darin läge, dass die beklagte ihrer Verpflichtung zur Herstellung eines mängelfreien Daches und zur umgehenden Beseitigung von Mängeln nicht nachgekommen sei. Die Verteuerung läge damit alleine in der Risikosphäre des Beklagten. Selbst wenn die Klägerin durch die Einhaltung der EnEV 2014 gegenüber der EnEV 2012 eine wirtschaftlich merkbare Ersparnis bei den Heizkosten erzielen würde, wäre es unbillig, sie an den Mehrkosten zu beteiligen.

Die Berufung wurde vom OLG mit Beschluss vom 22.10.2020 zurückgewiesen. In diesem wies das OLG darauf hin, dass es sich bei den Mehrkosten nicht um sogenannte Sowieso-Kosten handeln würde, da sie bei einem mängelfreien Dach nicht angefallen wären, da die EnEV 2014 noch nicht galt. Sowieso-Kosten lägen nur vor, wenn das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein entsprechend teurer geworden wäre (BGH, Urteil vom 29.10.1970 - VII ZR 14/69 -).

OLG München, Hinweisbeschluss vom 01.09.2020 - 28 U 1686/20 Bau -

Montag, 19. April 2021

Die nachträglich vereinbarte Zwischenfrist und das daraus abgeleitete Kündigungsrecht des Bauvertrages

Nach Abschluss eines VOB-Bauvertrages koordinierte der Auftraggeber (Beklagter) im Rahmen einer Baubesprechung die Arbeiten der verschiedenen Gewerke und legte u.a. fest, dass die Klägerin bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Dachrandsicherung fertigzustellen und ein Gerüst aufzustellen habe. Dies war erforderlich, damit ein Drittunternehmer notwendige Arbeiten vornehmen konnte. Die Klägerin wurde allerdings nicht fristgerecht fertig. Der Beklagte setzte ihr eine Nachfrist und drohte für den Fall der Nichteinhaltung die Kündigung an; nach fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist kündigte er.

§ 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B bestimmt, dass in einem Bauzeitenplan enthaltene Fristen nur dann als Vertragsfristen gelten, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart wird. Im Übrigen handelt es sich um Kontrollfristen und dienen letztlich der Prüfung, ob der Auftragnehmer seiner Baustellenförderungspflicht nach § 5 Abs. 3 VOB/B nachkommt. Das Überschreiten der Frist würde nicht einen Verzug begründen. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage, ob die im Rahmen einer Baubesprechung getroffene Terminabsprache auch als unverbindlich anzusehen ist oder bei Fristüberschreitung einen Verzug begründen konnte. Vom OLG wurde darauf verwiesen, dass es nicht erforderlich sei, dass die Frist als Vertragsfrist bezeichnet wird, wenn sich aus den Umständen eine entsprechende Auslegung klar ergibt. Ergibt sich dies, kommen die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4 VOB/B in Betracht, u.a. bei Verzug mit der Vollendung und Ablauf einer Nachfrist die Vertragskündigung. Zwar würde diese Regelung nicht auf eine Einzelfrist wirken, doch käme (auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie den VOB/B) eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Das führe dazu, dass die Parteien hier die Einzelfrist in Ansehung der unabdingbaren Vorarbeit für ein Drittgewerk einen Schadensersatzanspruch wegen Verzugs mit dieser Einzelfrist als Vertragsfrist und ein Kündigungsrecht vorgesehen hätten.

Das OLG sieht es aber auch als möglich an, ohne eine ergänzende Vertragsauslegung das Kündigungsrecht zu bejahen. So könne nach § 648a BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden könne. Das sei zu bejahen, wenn eine Vertragspflichtverletzung von erheblicher Bedeutung vorliege, was entsprechend auch für Einzelfristen gelte. Da der Arbeitsfortschritt auf der Baustelle von der Einhaltung der vereinbarten Zwischenfrist abhänge, sei dem Beklagten nach Ablauf der Frist und der gesetzten Nachfrist ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zumutbar gewesen.

Auch wäre eine Kündigung nach § 5 Abs. 4 VOB/B (ohne o.g. Vertragsauslegung) möglich, wenn die Ausführungsfrist als solche infolge der Verzögerung (des Verzuges) offenbar nicht eingehalten werden könne. Das Fehlen der Dachrandsicherung und des Gerüsts stelle sich als Fehlen von Verpflichtungen nach § 5 Abs. 3 VOB/B dar (wie Geräte, Gerüste, Bauteile). § 5 Abs. 4 VOB/B fordere hier von dem Auftragnehmer, auf verlangen Abhilfe zu leisten. Es bedürfe also in diesem Fall zuerst des Verlangens und danach der schuldhaften Verletzung der Abhilfepflicht. Erst wenn dies geschehen sei, könne der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung mit Kündigungsandrohung setzen. Dies sei im konkreten Fall entsprechend erfolgt.

Die Kündigung war damit wegen Verzugs und Ablaufs der Nachfristsetzung zulässig gewesen.

Mit der Entscheidung verdeutlichte das OLG die vertragliche Bedeutung von Vereinbarungen im Rahmen von Baubesprechungen, bei denen sich die Beteiligten über die Bedeutung und Tragweite im Klaren sein sollten.

OLG Stuttgart, Urteil vom 01.12.2020 - 10 U 124/20 -

Montag, 27. Juli 2020

Verjährung des Erfüllungsanspruchs des Bestellers und Fälligkeit des Werklohnes


Gegenstand war eine Klage auf Restwerklohn aus einem Bauwerkvertrag. Einem Abnahmebegehren der Klägerin nach Fertigstellung der Werkleistung lehnte die Beklagte wegen von ihr behaupteter erheblicher Restarbeiten und Mängel ab. In der Folge überließ die Beklagte der Klägerin ein Protokoll mit Mängeln, von denen einige von der Klägerin abgearbeitet wurden. Sie überließ sodann der Beklagten eine auf den 20.04.2013 datierenden Schlussrechnung. Die Beklagte ihrerseits erstellte ein neues Gutachten, überprüfte und kürzte die Schlussrechnung und machte ihrerseits nunmehr gegen die insoweit selbst berechnete Restforderung der Klägerin Kosten der Ersatzvornahme und Verzugskosten geltend, die insgesamt die nach ihrer Berechnung der Klägerin zustehenden Ansprüche übersteigen würden, wobei sie insoweit einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung geltend machte, wobei sie darauf hinwies, dass die Klägerin für die korrekte Erbringung ihrer Leistungen mangels Abnahme darlegungs- und beweisbelastet sei.

Der von der Klägerin generierte Werklohnanspruch, so der BGH, sei nicht fällig. Grundsätzlich habe die Fälligkeit die Abnahme der Werkleistung zur Voraussetzung, § 641 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Abnahme stünde gleich, dass der Besteller das Werk nicht innerhalb einer vom Unternehmer bestimmten Frist abnehme, obwohl er dazu verpflichtet sei, § 640 Abs. 1 S. 3 BGB, wobei bei endgültiger Abnahmeverweigerung eine Fristsetzung entbehrlich sei. Vorliegend habe die Beklagte das Werk nicht abgenommen noch sei sie dazu verpflichtet gewesen.

Allerdings sei dann nicht auf die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung abzustellen, wenn der Besteller a) nicht mehr Erfüllung sondern Minderung oder Schadensersatz verlange oder b) weitere Arbeiten des Unternehmers ernsthaft verweigere oder c) die Erfüllung unmöglich geworden wäre. In diesen Fällen würde ein Abrechnungsverhältnis entstehen, was zum Einen den Vergütungsanspruch des Unternehmers begründe und zum Anderen die Ansprüche des Bestellers wegen unvollständiger oder mangelhafter Arbeiten des Werkes auf Geldausgleich gerichtet wären (Abrechnungsverhältnis). Diese Voraussetzungen seien hier nicht festgestellt worden.

Allerdings sei der Erfüllungsanspruch der Beklagten zwischenzeitlich verjährt.

Unzutreffend sei die Annahme der Klägerin, mit der Erhebung der Verjährungseinrede läge ein den §§ 215, 641 Abs. 1 BGB gleicher Fall vor. Anders als in den Fällen eines Abrechnungsverhältnisses sei es hier dem Unternehmer möglich, den Anspruch des Bestellers (im Wesentlichen mangelfrei) zu erfüllen und damit selbst die Voraussetzungen für eine Abnahmepflicht des Bestellers zu schaffen und so die Fälligkeit des Werklohnanspruchs herzustellen. Die Verjährungseinrede hindere vorliegend die Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs des Bestellers, § 214 Abs. 1 BGB, der aber durch den Unternehmer erfüllbar bliebe.

Auch aus § 215 Abs. 1 BGB könne die Klägerin nichts herleiten, da die auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages anwendbare Norm nicht das Zurückbehaltungsrecht begründe, sondern voraussetze und dessen Fortbestand bei Verjährung regele. Im Hinblick auf die Vorleistungspflicht bedürfe es eines Leistungsverweigerungsrechts des Bestellers mangels Abnahme und Abnahmefähigkeit nicht, um die Vergütungsklage abzuwehren.

Ein Nichterfüllungseinwand der Beklagten nach § 320 BGB sei auch nicht erforderlich, § 242 BGB. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) läge auch nicht vor, wenn in dieser Situation der Werklohn nicht fällig würde, da es an der Klägerin läge, die Fälligkeitsvoraussetzungen zu schaffen. Aus dem Umstand, dass der Besteller seinen Erfüllungsanspruch habe verjähren lassen, könne der Unternehmer nichts herleiten, da er nicht gehalten sei, bei berechtigter Verweigerung der Abnahme Maßnahmen zur Verjährungshemmung zu ergreifen.

BGH, Urteil vom 28.05.2020 - VII ZR 108/19 -

Freitag, 8. November 2019

Bauwerkvertrag: Zur Abrechnung von Teilleistungen eines Einheitspreisvertrages, auf die der Auftraggeber verzichtet


Der Streit der Parteien basierte auf einem Bauwerkvertrag, aus dem die Beklagte zwei Leistungen nicht abgerufen habe, die aber von der Klägerin abgerechnet wurden. Das Landgericht gab der Klage statt. Im Rahmen der Berufung der Beklagten wies das OLG darauf hin, dass es beabsichtige die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 ZPO zurückzuweisen, worauf die Beklagte die Berufung zurücknahm (vgl. auch Kostenbeschluss des OLG München vom 06.05.2019 – 28 I 413/19 Bau -).

Das OLG verwies darauf, dass in Literatur und Rechtsprechung streitig sei, wie sich der vollständige Verzicht auf Einzelpositionen bei einem Einheitspreisvertrag auswirke.

Nach dem BGH (Urteil vom 26.01.2012 - VII ZR 19/11 -) sei der Weg über § 2 VOB/B  nur gegeben, wenn es sich um einen Fall der vom dortigen Regelungsumfang erfassten Äquivalenzstörung handele. Danach sei ein interessengerechter Ausgleich für Mengenänderungen vorzunehmen, erweise sich die anfängliche Schätzung als unzutreffend. Dies deshalb, da der zu erwartende Aufwand bei Einheitspreisverträgen geschätzt würde und diese Schätzung Grundlage der Kalkulation sei. Weiche die Schätzung von den tatsächlichen Umständen ab, sei die Geschäftsgrundlage betroffen und der Preis sei anzupassen.

Vorstehendes würde aber nicht den Fall umfassen, dass der Auftraggeber auf eine bestimmte Position aus dem Leistungsverzeichnis verzichte, da der Verzicht nicht mit der Ungenauigkeit einer Prognose zum Umfang/zur Menge vergleichbar sei. Da die Beklagte verzichtet habe, läge keine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne der Wertung nach § 2 VOB/B vor.

Im Hinblick auf von der Beklagten eingewandte Ergänzungsaufträge wies der Senat darauf hin, dass die Klägerin dadurch nichts erspart habe. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B gehe (ähnlich der Wertung des § 8 Abs. 2 VOB/B) von einer Erfassung von Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten und allgemeinen Geschäftskosten im Einheitspreis aus, die auch bei Wegfall von Teilleistungen verblieben und nicht nun auf den Unternehmer überwälzt werden könnten. Eine Umlage dieser Kosten über die Einheitspreise für entfallene Leistungen sei aber nicht notwendig, wenn sie durch andere Positionen oder Zusatzaufträge gedeckt werden sollten. Anders verhalte es sich mit dem Gewinn, der über § 2 VOB/B mit eingepreist sei; eine Kompensation sei durch Zusatzaufträge nicht möglich.

Offen bleiben könne, ob im Hinblick auf die nicht abgerufenen Leistungen von einer Teilkündigung auszugehen sei. Für die Abrechnung dieser „Nullpositionen“ käme nur § 8 VOB/B (bzw. § 648 BGB) direkt oder indirekt  in Betracht. Eine Formunwirksamkeit der (Teil-) Kündigung (wie im Verfahren gerügt wurde) läge nicht vor, da es hier um die nicht im Streit stehende grundsätzliche Vergütungspflicht ginge, wenn die Beklagte entgegen der Vereinbarung einseitig auf Vertragsleistungen verzichte. Damit würde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kalkulationsgrundlage der Klägerin der Gesamtauftrag war, wobei der Unternehmer idR. zur Steigerung der Attraktivität des Angebots bestimmte Positionen günstig anbieten würde und seinen Gewinn über andere Positionen (bei denen er z.B. günstige Produktions- oder Beschaffungskosten habe) sichern. Bei einer Teilkündigung oder teilweise fehlenden Abruf von Leistungen wäre das Berechnungssystem nicht mehr gesichert.

Damit stünde dem Unternehmer die vereinbare Vergütung zu, allerdings unter Herausrechnung ersparter Kosten. Deshalb müsse er (wie hier geschehen) für seine entsprechende Abrechnung seine Urkalkulation offen legen und die ersparten Lohn- und Materialkosten herausrechnen. Im Rahmen des § 8 VOB/B seien Zusatzaufträge, die nach Ansicht der Beklagten eine Kompensation darstellen würden, unbeachtlich.


Anmerkung: Problematisch kann sich für den Unternehmer die Erhöhung nach § 2 VOB/B bei Mengenänderungen darstellen, wenn er das Angebot / den Leistungsumfang selbst ermittelt hat. Der Auftraggeber kann sich sowohl in diesem Fall als auch im Falle des Nichtabrufs von Leistungen von einer weitergehenden Zahlungspflicht dann befreien, wenn er mit dem Unternehmer für den Fall der Mengenänderungen vereinbart, dass dies in die Risikosphäre des Unternehmers fällt und eine Nachberechnung nicht möglich ist, und für den Fall des Nichtabrufs von Leistungen oder jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für die vom Auftraggeber noch nicht als gesichert abzurufenden Leistungen vereinbart, dass diese ersatzlos entfallen können.  



OLG München, Hinweisbeschluss vom 02.04.2019 - 28 U 413/19 Bau -

Mittwoch, 21. August 2019

Bürgenhaftung nach Insolvenz des Schuldners einer Werkleistung (§ 650f Abs. 2 S. 2 BGB)


Die Klägerin plante und baute als Nachunternehmerin der A GmbH (Hauptunternehmerin) zwei Haustreppenanlagen in Einfamilienneubauten ein. Die Beklagte verbürgte sich für die Vergütungsforderungen gegen die Hauptunternehmerin zur Erfüllung deren Sicherungspflicht nach § 648a BGB a.F. (heute: § 650f BGB), wobei der Text der Norm sinngemäß in die Bürgschaftsurkunde übernommen worden sei.  Nachdem die A GmbH gegen ein von der Klägerin wegen ihres offenen Vergütungsanspruchs Versäumnisurteil erwirkt hatte, wurde über das Vermögen der A GmbH während der laufenden Einspruchsfrist das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Vergütungsanspruch der Klägerin wurde in der Folge vom Insolvenzverwalter zur Tabelle festgestellt.

Mit der vorliegenden Klage nahm die Klägerin die Beklagte aus deren Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage als derzeit noch nicht fällig ab. Das OLG änderte das Urteil ab und gab der Klage Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde und Abtretung der Werklohnforderung (mit Ausnahme eines Gewährleistungseinbehalts) statt.

Das OLG verweist darauf, dass die Regelung des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) gegenüber dem allgemeinen Bürgschaftsrecht ein zusätzliches formales Fälligkeitskriterium  zum Schutz des Bestellers und des Bürgen enthalte, dem die sachliche Auseinandersetzung um die Hauptforderung erspart werden solle. In § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) heißt es:

Das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer darf Zahlungen an den Unternehmer nur leisten, soweit der Besteller den Vergütungsanspruch des Unternehmers anerkennt oder durch vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangsvollstreckung begonnen werden darf.

Die Erfüllung dieses Kriteriums sei notwendige Bedingung für die Inanspruchnahme des Bürgen, der - wenn er wie  hier nicht auf Einwendungen verzichtet hat - nicht an ein mögliches Anerkenntnis durch den Hauptschuldner wie auch ein rechtskräftiges Urteil gegen diesen nicht gebunden sei, sondern Einwendungen des Hauptschuldners uneingeschränkt wie eigene erheben könne. Die Gegenansichten würden nicht überzeugen und Sinn und Zweck des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) verkennen. Allerdings sei die Berufung hier unabhängig davon begründet.

Die notwendige Bedingung entsprechend § 488 Abs. 2 S. 2 BGB (heute: § 650f Abs. 2 BGB) sei unabhängig davon eingetreten, ob hierfür das Versäumnisurteil ausreiche, obwohl das Insolvenzverfahren während der laufenden Einspruchsfrist eröffnet worden sei und damit zur Unterbrechung des Rechtsstreits nach § 240 ZPO geführt habe, da jedenfalls die nach § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) erforderliche Fälligkeitsvoraussetzung durch die Feststellung zur Insolvenztabelle erfüllt sei, die wie ein rechtskräftiges Urteil wirke, § 178  Abs. 3 InsO; dies könnte zudem (worauf es aber nicht ankäme) auch als Anerkenntnis angesehen werden.
In der Feststellung der Forderung durch den Insolvenzverwalters liege die (die Fälligkeit der Forderung nach § 641 Abs. 1 S. 1 BGB begründende) Abnahme der Werkleistung, wofür auch der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig war; daran sei die Beklagte als Bürgin auch gebunden, da die Abnahme zur planmäßigen Durchführung des Werkvertrages gehöre. Mit der Abnahme läge die Darlegungs- und Beweislast für Werkmängel bei dem Besteller und damit hier der Beklagten als Bürgin. Hier seien substantiiert keine Mängel behauptet worden.

Da der Bauvertrag einen Gewährleistungseinbehalt von 5% vorsehe, sei dieser Betrag bei dem geltend gemachten Zahlungsanspruch in Abzug zu bringen. Der Verweis der Klägerin darauf, dass im Prozess gegen die Hauptunternehmerin A GmbH ein Annahmeverzug festgestellt worden sei, hindere den Abzug nicht, da der Bürge an dieses Urteil nicht gebunden sei.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2019 - 29 U 81/189 -

Donnerstag, 8. August 2019

Schwarzgeldabrede – Gründe für die Annahme einer solchen und die rechtlichen Folgen beim Werkvertrag


Die Kläger machten einen Vorschussanspruch zur Mängelbeseitigung gem. §§ 63Nr. 2, 637 BGB geltend. Das Landgericht wies die Klage ab, da der Werkvertrag nach § 134 BGB iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig sei. Im Rahmen der Berufung wies das OLG die Kläger darauf hin, dass es gedenke, die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurückzuweisen, da eine Nichtigkeit vorläge du diese zum Ausschluss von Gewährleistungsrechten führe (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13 -).


§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG lautet

„Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei
                ...
                2. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
                ..."

und enthalte das Verbot, einen Werkvertrag abzuschließen, wenn die steuerpflichtige Vertragspartei ihre steuerlichen Pflichten nicht erfülle. Dieses Verbot würde („jedenfalls“) dann die Nichtigkeit des Werkvertrages begründen, wenn der steuerpflichtige Unternehmer vorsätzliche gegen die Pflicht verstößt, und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kenne und bewusst für sich als Vorteil nutze. Ein solcher Fall sei vorliegend im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO durch das Landgericht angenommen, ohne dass ein Verstoß gegen Denk- und Naturgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze erkennbar wäre.   

Die Kläger hatten eine Barzahlung in Höhe von € 3.860,00 zu Beginn der Arbeiten erbracht. Es sei unglaubhaft, dass es sich um eine Vorschusszahlung gehandelt habe. Zwar sei rechtlich die Barzahlung zulässig, allerdings in dieser Größenordnung  und im Hinblick auf die Gefahr beim Transport eines solchen Betrages eher ungewöhnlich, wobei hinzu komme, dass der Betrag extra bei der Bank abgehoben worden sei und unverständlich sei, weshalb nicht bei diesem ohnehin erfolgten Bankbesuch gleich eine Überweisung getätigt wurde. Hinzu käme, dass zwar über den Betrag eine Quittung ausgestellt worden sei, aber ohne Angabe des betreff und ohne Ausweisung der Mehrwertsteuer. Allerdings würde die Unredlichkeit der Kläger spätestens in Ansehung auf ihre fehlende Reaktion auf die Abrechnung vom 09.06.2015 deutlich, da dort nicht (wie ansonsten üblich) der Vorschuss vermerkt und abgezogen worden sei und darüber hinaus auch die berechnete Umsatzsteuer nicht den Betrag erfasse, der nach Quittung in bar gezahlt worden sei, der Rechnungsbetrag aber nur unter Berücksichtigung der Barzahlung überhaupt plausibel sei. Da die Quittung die Mehrwertsteuer nicht auswies, sei es eindeutig, dass die Umsatzsteuer verkürzt werden sollte. Ein redlicher Besteller, so das OLG, hätte die Rechnung bemängelt und die Aufnahme der Vorauszahlung sowie eines Umsatzsteuerausweises verlangt.  

Es könne auf sich beruhen, ob der Beklagte zwischenzeitlich die Barzahlung ordentlich verbucht habe. Zur steuerlichen Pflicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gehöre auch die Vorauszahlungspflicht zur Umsatzsteuer nach § 18 UStG, der hier der Beklagte nicht rechtzeitig nachgekommen gewesen sei wäre.

OLG Schleswig, Hinweisbeschluss vom 07.01.2019 - 7 U 103/18 -

Sonntag, 28. April 2019

Bau-/Werkvertrag: Vorschussanspruch zur Mängelbeseitigung ohne vorherige Abnahme


Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatte bereits 2009 ein selbständiges Beweisverfahren gegen die beklagte Bauträgerin (von der sukzessive Eigentumswohnungen seit 2005 in dem 1904 errichteten und sanierten Gebäude Objekt verkauft wurden) wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum eingeleitet und forderte mit Schreiben ihrer Verwaltung vom 14.04.2011 die Beklagte zur Behebung der insoweit festgestellten Mängel auf. Mit Schreiben vom 06.07.2011 mahnte sie eine zügigere Tätigkeit an. 2013 erhob die WEG sodann Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung der im selbständigen Beweisverfahren durch den dort beauftragten Sachverständigen Mängel. Das Landgericht gab der Klage unter Abweisung der Klage für einzelne Mängel, statt. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.  Dabei machte sie u.a geltend, dass die Klägerin mangels Abnahme ihrer Leistungen nicht berechtigt sei, einen Kostenvorschuss zu fordern. Ferner machte sie geltend, zu bestimmten Arbeiten (so insbesondere zur Isolierung des Kellers im Altbestand) nicht verpflichtet zu sein.  

Die Berufung der Beklagten blieb im wesentlichen erfolglos. Insbesondere bejahte das Kammergericht (KG) als Berufungsgericht einen Anspruch auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der festgestellten Mängel gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.

Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Zwar würde der Anspruch rechtlich den einzelnen Erwerbern zustehen, die die Verträge mit der Beklagten geschlossen hätten. Allerdings sei die Klägerin von den Erwerbern zur Geltendmachung im eigenen Namen ermächtigt worden (sogen. Ansichziehen derartiger Ansprüche betreffend dem Gemeinschaftseigentum qua Beschluss der Eigentümergemeinschaft).

Es sei der Beklagten auch eine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden. Sollte die Werkleistung nicht abgenommen worden sein, könne sich die Pflicht zur Setzung der Nacherfüllungsfrist nicht aus § 637 Abs. 1 BGB herleiten lassen, da diese Rechte dem Besteller nach §§ 734 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB erst nach Abnahme  zustünden. Der Besteller könne zwar die in § 634 Nr. 2 bis 4 BGB aufgeführten Mängelrechte auch ohne vorherige Abnahme geltend machen, was aber erfordere, dass der Erfüllungsanspruch erloschen sei und sich der Vertrag in einem Abrechnungsverhältnis befände. Dazu käme es, wenn der Besteller vom Vertrag zurücktritt, die Vergütung mindere, Schadensersatz statt der Leistung geltend mache oder einen Vorschussanspruch begehre und zugleich die Leistung des Unternehmers ernsthaft und endgültig ablehne (BGH, Urteil vom  19.01.2017 - VII ZR 103/15 -). Damit aber setze die Berechtigung des Bestellers, das Vertragsverhältnis in en Abwicklungsverhältnis umzuwandeln, im Regelfall eine vorherige Nachfristsetzung voraus, die sich nicht aus den jeweiligen Vorschriften für die Rechtsfolgen ableiten ließe. Allerdings sei der Besteller aus den allgemeinen Regeln des Schuldrechts zu dieser vorbereitenden Nachfristsetzung befugt (BGH, Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 193/15 -), die alleine die Fälligkeit der Werkleistung voraussetzen (§ 281 Abs. 1 BGB bzw. § 323 Abs. 1 BGB). Daraus würde folgen, dass die entscheidende Hürde für die Geltendmachung von Sekundärrechten wegen Mängeln (mithin nicht: Mängelrechten) nicht die Abnahme, sondern die Fälligkeit der Werkleistung sei. Die dafür erforderliche Nacherfüllungsfrist sei ausreichend gesetzt worden.

Zunächst setzt sich das KG damit auseinander, dass wohl schon nach dem eigenen Vertragswerk der Beklagten die Abnahme als erfolgt anzusehen sei, auch wenn diese Regelung unwirksam sein dürfte, da sich die Beklagte als Verwenderin dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht auf deren Unwirksamkeit berufen könne (Anmerkung: Dies gilt nach der herrschenden Meinung aber nur, wenn auch der Vertragspartner die Regelung gegen sich gelten lässt). Aber auch für den Fall der Annahme einer Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung und davon ausgehend, dass damit keine Abnahme vorläge, würde der Anspruch auf Kostenvorschuss hier bestehen.

Könne der Besteller nicht mehr die (Nach-) Erfüllung des Vertrages verlangen, würde dies den Vertrag in ein Abrechnungsverhältnis überleiten. Die Entstehung des Abrechnungsverhältnisses ohne Abnahme erfordere, dass der Besteller dem Unternehmer wirksam eine Nacherfüllungsfrist zur Beseitigung der Mängel gesetzt habe, was möglich sei, wenn nach den allgemeinen Regeln des Schuldrechts die Werkleistung fällig geworden sei (§§ 281 Abs.1 BGB bzw. § 325 Abs. 1 BGB). Danach müsse eine Erklärung abgegeben werden, die rechtsgestaltend das Erfüllungsstadium des Vertrages beende. Wenn der Besteller nach Fristablauf Rücktritt oder Minderung erkläre oder verlange er Schadensersatz statt der Leistung, käme dieser Erklärung rechtsgestaltende Wirkung zu mit der Folge, dass das Erfüllungsstadium des Vertrages ende.

Das Vorschussverlangen habe aber keine rechtsgestaltende Wirkung; es käme auch nicht § 281 Abs. 1 BGB zur Anwendung. Es sei also, um die Wirkung herbeizuführen, bei dem Vorschussverlangen zu erklären, die Leistung des Unternehmers abzulehnen. Da aber die Erklärung nicht Voraussetzung sei, überhaupt Sekundärrechte geltend zu machen (die Hürde dafür sei die Fälligkeit), sondern es sich nur um eine spezielle Voraussetzung für den Vorschussanspruch handele, könne die Erklärung auch konkludent abgegeben werden.

Diese zumindest konkludente Erklärung, keinesfalls mehr mit der Klägerin zusammenarbeiten zu wollen, läge hier vor. Das Landgericht sei davon ausgegangen, dass die Erklärung in dem erstinstanzlichen Vorbringen läge. Die Partei müsse ihr eigenes Vorbringen nicht kritischer Hinterfragen als das (erstinstanzliche) Gericht. Selbst wenn das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Klägerin habe die Leistungen der Beklagten endgültig abgelehnt, hätte dies die Klägerin im Berufungsrechtszug nachholen können, was jedenfalls erfolgt sei.

KG, Urteil vom 19.02.2019 - 21 U 40/18 -

Freitag, 14. September 2018

Kauf- oder Werkvertrag: Lieferung und Montage einer (Einbau-) Küche


In der Regel wird sich der Kunde keine Gedanken über die Rechtsnatur eines Vertrages machen, mit dem er die Anlieferung und Montage einer als Einbauküche bezeichneten Küche bestellt. Kommt es dann allerdings zur Frage, ob und welche Gewährleistungsansprüche (noch) bestehen, wird die Frage des Vertragstyps bedeutsam.

Das LG hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, es könne auf sich beruhen, ob ein von der Klägerin behaupteter Mangel bestünde, da die Klägerin die Küche jedenfalls in Kenntnis dieses Mangels (Farbe der Arbeitsplatte)  vorbehaltlos abgenommen habe, § 640 Abs. 2 BGB.  Das LG ließ die Revision gegen seine Entscheidung zu. Der BGH hob diese  auf und verwies den Rechtsstreit an das LG zurück.

Nach Ansicht des BGH könne nicht aufgrund der vorinstanzlichen Feststellungen beurteilt werden, ob der Vertrag als Werkvertrag (so das LG) oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§ 433 Abs. 2 BGB) einzuordnen sei. Entscheidend sei, wenn sich der Unternehmer zur Lieferung und Montage einer Sache verpflichte, auf welcher Leistung der Schwerpunkt liege. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund stünde und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen würden, desto eher sei die Annahme eines Kaufvertrages mit Montageverpflichtung geboten. Läge allerdings der Schwerpunkt auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeiten, und den damit verbundenen individuellen Erfolg, läge ein Werkvertrag vor.

Der BGH verweist darauf, dass diese Grundsätze zur rechtlichen Einordnung von Verträgen über die Lieferung und Montage einer Sache im Einklang mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter stünden, die bei der Auslegung zu berücksichtigen seien.

Das Amtsgericht sei von einem Kaufvertrag ausgegangen (wofür einiges spräche), das Landgericht von einem Werkvertrag, bei dem entscheidend die Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB sei, die im Kaufrecht keine Entsprechung fände.

Anmerkung: Wird eine Küchenzeile bestellt, die aufgebaut werden soll, kann man nach der vorliegenden Entscheidung des BGH dann von einem Kaufvertrag ausgehen, wenn der Aufbau ohne sonstige bauliche Anpassungen erfolgen soll. Ist aber die Küchenzeile an die örtlichen Verhältnisse anzupassen, so insbesondere Freiräume zu Wandabständen seitlich und/oder zur Decke hin zu verblenden, läge darin eine bauliche Maßnahme, die für die Anwendung des Werkvertragsrechts sprechen würde.

BGH, Urteil vom 19.07.2018 - VII ZR 19/18 -

Donnerstag, 13. September 2018

Baumangel: Feststellungs- oder Vorschussklage statt Leistungsklage auf Schadensersatz ?


Die Beklagte errichtete als Bauträgerin ein Mehrfamilienhaus. Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft (bestehend aus den Erwerbern). Diese machte erstinstanzlich Schadensersatzansprüche in Höhe von € 27.838,26 netto als Leistungsklage geltend und begehrte darüber hinaus die Feststellung der Einstandsverpflichtung der Beklagten für anfallende Mehrwertsteuer, etwaige Mehrkosten und vorgerichtliche Anwaltsgebühren. Das Landgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Im Rahmen der Berufung der Beklagten beantragte die Klägerin diese zurückzuweisen und nahm im Rahmen der Berufungserwiderung eine Änderung des Antrags in der Sache dahingehend vor, dass sie die Feststellung begehrte, dass die Beklagte verspflichtet sei, ihr die Kosten für die Erneuerung des Daches nach Maßgabe eines näher benannten Gutachtens einschl. etwaiger notwendiger Mehraufwendungen aufgrund von möglichen Preissteigerungen und die Mehrwertsteuer zu erstatten sowie die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren in Höhe von € 1.474,89 zzgl. Zinsen zu verurteilen.

Das OLG sah die Klageänderung der Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens als zulässig und im Übrigen als begründet an, weshalb es die Berufung der Beklagten zurückwies.

Die Antragsänderung der Klägerin erfolgte in Ansehung der Rechtsprechungsänderung des BGH mit seinem Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 - zur Unzulässigkeit fiktiver Abrechnungen von werkvertraglichen Mängeln. Es handele sich hier um eine privilegierte Antragsänderung iSv, § 264 Nr. 2 ZPO, die auch im Berufungsverfahren zulässig sei und nicht an den Anforderungen des § 533 ZPO zu messen sei.  

Das OLG verweist (zutreffend) die Klägerin nicht darauf, zunächst die Ersatzvornahme vorzunehmen, um dann (mit der Leistungsklage) den Aufwendungsersatz zu verlangen. Die Feststellungsklage ist zulässig, da hier die Beklagte der ihr obliegenden Leistung zur Mängelbehebung nicht nachgekommen war und eine (gar endgültige) Abrechenbarkeit mangels Mangelbeseitigung durch die Klägerin nicht vorlag. Zu überdenken wäre allenfalls, ob die Klägerin auf eine Vorschussklage verwiesen anstelle der Feststellungsklage werden könnte. Auch wenn die Leistungsklage, als die eine Vorschussklage anzuwehen ist, der Feststellungsklage grundsätzlich vorgeht, erwägt dies vorliegend das OLG nicht. Hier könnte Hintergrund sein, dass die Vorschussklage ebensowenig wie die Feststellungsklage eine endgültige Abklärung des Streits bedeutet,, da jedenfalls der Anspruchsteller stets abrechnen muss. Die Art der Klage (Vorschuss- oder Feststellungsklage) hindert also nicht einen möglichen weiteren Prozess.

OLG Koblenz, Urteil vom 16.05.2018 - 5 U 1321/17 -

Mittwoch, 22. August 2018

Verkehrssicherungspflicht des Waschstraßenbetreibers


Die Beklagte betrieb eine Waschstraße.  Es handelte sich um eine vollautomatisierte Anlage, bei der das Fahrzeug in geringer Geschwindigkeit vom Schleppband gezogen wird. Die linken Räder befinden sich dabei in einer Fördereinrichtung, während die rechte Räder über den Boden laufen. Vor dem Fahrzeug des Klägers betätigte der Fahrer des dort geschleppten Fahrzeuges grundlos die Bremse, wodurch dessen Fahrzeug aus dem Schleppband geriet und stehen blieb, demgegenüber das Fahrzeug des Klägers und hinter diesem befindliche Fahrzeuge weitergezogen wurden. Dadurch bedingt wurde das Fahrzeug des Klägers auf das liegengebliebene Fahrzeug und das hinter dem klägerischen Fahrzeug befindliche Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers geschoben.

Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens dir Klage abgewiesen. Auf die vom Landgericht zugelassene und vom Kläger eingelegte Revision hob der BGH die landgerichtliche Entscheidung auf und verwies den Rechtstreit an das Landgericht zurück.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten negierte das Landgericht im Hinblick darauf, dass es nur durch ein Fehlverhalten des Fahrzeugführers vor dem klägerischen Fahrzeug zu dem Schadensfall gekommen sei. Auch läge keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte vor, da die Waschanlage nach den Ausführungen des Sachverständigen den anerkannten Regeln der Technik entspräche und eine Sicherung gegen einen Vorgang wie hier sei weder üblich und aus technischer Sicht funktionell und auch unter Kostengesichtspunkten kaum möglich, wie auch eine ständige Videoüberwachung jedes einzelnen in der Anlage befindlichen Fahrzeugs nicht üblich sei.

Die Ansicht zu Frage der Schutzpflichtverletzung durch die Beklagte hält nach Ansicht des BGH einer Prüfung nicht stand. Insoweit habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass auch eine Schutzpflichtverletzung in Betracht zu ziehen sei, wenn die Beklagte gebotene Hinweise bezüglich der Benutzung der Waschstraße nicht erfüllt habe. Seien (wie hier) Schädigungen durch zwar seltene, aber vorhersehbare nicht eingehaltene Verhaltensregeln durch Nutzer möglich, müsse der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass es nicht zu solchen Verhaltensfehlern kommt. Er müsse also die Nutzer in geeigneter und zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln informieren.

Mangels gegenteiliger Feststellungen durch das Landgericht müssen im revisionsverfahren davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den vor dem Kläger geleiteten Fahrzeugführer keine Hinweise zur Benutzung der Waschstraße und der beim Bremsen während des Schleppvorgangs drohenden Gefahr erteilt habe.

Anmerkung: Die Entscheidung des BGH besagt leider nichts dazu, welche konkreten Hinweise dem Nutzer vom Betreiber einer entsprechenden Waschstraße konkret erteilt werden sollen und auf welche Art und Weise er dies dem Nutzer (verständlich) übermitteln soll. Da es viele Hinweise gibt, die zu beachten wären (nicht nur das Unterlassen vom Bremsen, sondern z.B. auch vom Lenken, Gasgeben), stellt sich schon die Frage, wie der Betreiber dem Kunden entsprechendes übermitteln soll, will der Nutzer doch nur hineinfahren, waschen fahren und weiterfahren können, und sich nicht länger mit Broschüre / Hinweisblättern auseinandersetzen. Dies unabhängig davon, dass es sich doch um an sich allgemein bekannte Umstände handelt, weshalb ein Verlangen der ausdrücklichen Übermittlung zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht uberspitzt erscheint.

BGH, Urteil vom 19.07.2018 - VII ZR 251/17 -

Sonntag, 1. Juli 2018

Vereinbarung einer förmlichen Abnahme vs. konkludente Abnahme und fehlende Abnahmefähigkeit bei fehlender notwendiger Dokumentation


In dem Bauwerkvertrag zwischen den Parteien wurde ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 12 VOB/B eine förmliche Abnahme des Werks (Errichtung einer Heizungsanlage in einer Kindertagesstätte) durch die Parteien des Rechtstreits vereinbart.  Mit ihrer Klage macht die Klägerin Werklohnansprüche aus einer von ihr erstellten Schlussrechnung geltend. Streitig ist zwischen den Parteien (jedenfalls im Berufungsverfahren), ob die Beklagte eine förmliche Abnahme begehrt habe (vom Landgericht als unstreitig im Tatbestand aufgenommen) oder ob trotz der im Werkvertrag ausdrücklich vorgesehenen förmlichen Abnahme auch eine konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme erfolgen kann. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Beklagte soll die Klägerin (Werkunternehmerin) aufgefordert, einen förmlichen Abnahmetermin zu vereinbaren. Dieser  sei dann für Oktober 2014 vereinbart worden, von der Klägerin aber nicht wahrgenommen worden; diesen sich aus dem Tatbestand der landegerichtlichen Entscheidung sich ergebenden Umstand nahm das OLG als unstreitig an, da ein Tatbestandsberichtigungsantrag klägerseits nicht erfolgte.. Demgegenüber macht die Klägerin, die ihren Werklohnanspruch einklagt, geltend. Zwar würde von der Klägerin vorgetragen, eine Abnahme habe durch Ingebrauchnahme stattgefunden, die Beklagte habe 3 Tage nach Erhalt der Schlussrechnung eine förmliche Abnahme angemahnt, würde dieser Vortrag nach Ansicht des OLG nicht greifen. Nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 VOB/B 2009 gelte eine Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn keine Abnahme verlangt würde. Da allerdings (von der Klägerin nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen und damit der Entscheidung zugrunde zu legen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)das Landgericht ein förmliches Abnahmeverlangen tatbestandlich als unstreitig festgestellt habe, seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 VOB/B 2009 nicht erfüllt.  

Auch habe das Landgericht, so das OLG, zutreffend eine konkludente Abnahme der Beklagten negiert. Eine solche konkludente Abnahme durch Inbetriebnahme sei ausgeschlossen, wenn wie hier eine förmliche Abnahme ausdrücklich vorgesehen sei.

So sei hier auch nicht der Vorwurf der Klägerin gerechtfertigt, die Beklagte habe eine förmliche Abnahme in unbilliger Weise verzögert, weshalb ihr die Berufung auf eine förmliche Abnahme nach § 242 BGB verwehrt sei. So habe die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.05.2017 die Beklagte aufgefordert, mit ihr einen Abnahmetermin zu vereinbaren, ohne dabei allerdings einen konkreten Termin anzubieten.  Der Projektleiter der Beklagten habe darauf zwar erst mit Mail vom 20.07.2017 reagiert, allerdings darin um Bestätigung eines förmlicher Abnahmetermins zum 02.08-. 09.08. oder 16.08.2017 ersucht. Hierauf habe die Klägerin nicht mehr reagiert. Erfolglos vertrete diesbezüglich die Klägerin die Ansicht, es habe nicht ihr oblegen, einen konkreten Abnahmetermin zu bestimmen. Nachdem die Beklagte mehrere Termine zur Auswahl gestellt habe, sei es ihre Pflicht gewesen zu reagieren und mit der Beklagten einen konkreten Termin zu vereinbaren; stattdessen habe sie keinen der angebotenen Termine wahrgenommen. Die Beklagte musste mangels Reaktion der Klägerin keine weiteren Termine vorschlagen; das Verhalten der Klägerin war treuwidrig gewesen.

Auch der Hilfsantrag der Klägerin sei, so das OLG, vom Landgericht zutreffend zurückgewiesen worden. Mit dem auch im berufungsverfahren verfolgten Hilfsantrag begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Abnahme. Der Auftragnehmer könne den Auftragnehmer nur dann erfolgreich auf Abnahme verklagen, wenn der Auftragnehmer aus seiner (des Auftragnehmers) Sicht zu Unrecht die Abnahme verweigern würde; dabei müsse nicht notwendig zugleich auf Zahlung geklagt werden. Zu Recht habe das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst die verlangte förmliche Abnahme verweigert habe und zudem auch erhebliche Mängel vorlägen, die einer Abnahme entgegen stünden.

So sei die Klägerin nicht der Würdigung des Landgerichts entgegengetreten, wonach erforderliche und mitzuliefernde Dokumentationen, die für den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage erforderlich seien, nicht mitgeliefert worden seien, Bezeichnungsschilder nicht angebracht worden seien, in Bestandsplänen und -zeichnungen die Leitungsführung falsch dargestellt worden seien pp. Das OLG schloss sich der Ansicht des Landgerichts an, dass diese Umstände bereits einer Abnahme entgegen stehen würden.

Die Berufung wurde in der Folge zurückgewiesen (Urteil vom 23.04.2018).

Anmerkung: Der Entscheidung ist zuzustimmen.
Wird ausdrücklich eine förmliche Abnahme vereinbart, scheidet eine formlose (d.h. konkludente) Abnahme aus.

Soweit wohl während des Rechtstreits ein Abnahmeverlangen durch den Werkunternehmer erfolgte, benannte dieser keinen Abnahmetermin. Auf die Angebote des Auftraggebers ging er nicht ein. Damit hatte der Auftraggeber auch nicht eine Abnahme treuwidrig verhindert, unabhängig davon, ob nun in einem Abnahmetermin ausdrücklich die Nichtabnahme wegen fehlender Abnahmefähigkeit erklärt wird.

Die Zahlungsklage war daher abzuweisen, da nach § 641 BGB die Abnahme nach § 640 BGB Fälligkeitsvoraussetzung ist.

Da der Werkunternehmer einen förmlichen Abnahmetermin selbst verhinderte, ein solcher nicht von dem Auftraggeber verweigert wurde, bestand bereits kein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag, mit dem die Klägerin die Beklagte zur Abnahme verurteilt wissen wollte. Zudem standen dem wesentliche Einwende des Auftragnehmers (so die fehlende Dokumentation und Fehler in Plänen) entgegen, die nach richtiger Auffassung die Abnahmefähigkeit, mit der bestätigt wird, dass das Werk im Wesentlichen mängelfrei ist, hindern.

OLG Koblenz, Hinweisschluss vom 01.03.2018  -  1 U 1011/17 -