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Mittwoch, 3. Januar 2024

Das „Balkonkraftwerk“ im Mietrecht

Die Mieter wollten auf dem zur Wohnung gehörenden Balkon eine Solaranlage aufstellen. Da der Vermieter die Genehmigung versagte, sahen sie sich zur Klage gezwungen. Das Amtsgericht (AG) differenzierte zwischen Fällen, bei denen der Vermieter die Zustimmung versagen kann und solchen, bei denen sie - wenn auch unter bestimmten Auflagen - erteilt werden muss.

Der mitvermietete Balkon würde dem Mieter zur freien Verfügung stehen, solange durch den gebrauch nicht Rechte des Vermieters oder anderer Mieter beeinträchtigt würden. Allerdings bestimme vorliegend § 10 des Mietvertrages, dass sämtliche Um- und Einbauten, Veränderungen jeder Art, insbesondere Installationen der Zustimmung des Vermieters bedürfen würden. Die Solaranlage (ein sogen. „Balkonkraftwerk“) würde - so das AG - stelle eine bauliche Anlage dar, wobei es nicht darauf ankäme, ob diese mir dem Objekt fest verbunden würde. Die von der Vermieterin versagte Genehmigung sei allerdings (wenn auch möglicher Auflage) zwingend zu erteilen. Zwar habe der Mieter keinen Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen mit dem Ziel der Modernisierung; die Erteilung stehe im Ermessen des Vermieters, der dieses nicht willkürlich ausüben dürfe.

Der Willkürlichkeit der Versagung könnte Art. 14 GG entgegenstehen, wonach der Vermieter nach Belieben mit seinem Eigentum verfahren dürfe und von daher auch entscheiden könne, dass es bei dem zum Mietbeginn bestehenden Zustand verbleibe, was auch für das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes gelte. Für den Kläger sprächen die Gesichtspunkte, dass Solarstrom (wenn auch überschaubar) Kosten sparen würde, Erzeugung fossiler Brennstoffe mindere und damit das Balkonkraftwerl dem Gemeinwohl diene. Vorliegend sie dem Antrag auch eine Substanzbeeinträchtigung der Mietsache ausgeschlossen. Unerheblich sei die klägerische Erwägung zu einem umweltbewussten Leben der Bewohner ihres Quartiers, da sich dies nicht objektiv überprüfen lasse.

Vor diesem Hintergrund einer Interessensabwägung sei das Ermessen der Vermieterin unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit eingeschränkt: Die Vermieterin habe der Aufstellung und Nutzung einer Solaranlage in Bodenhöhe des Balkons zustimmen, könne aber zuvor Zahlung einer angemessenen Sicherheit für den Rückbau fordern.

Weitergehend könne nach derzeitiger Rechtslage aber nicht die Erteilung einer Genehmigung für eine Solaranlage mit an der Außenseite des Balkons angebrachten Solarmodulen verlangt werden, da dadurch schon (unabhängig von der Frage des rückstandsfreien Rückbaus) das äußere Erscheinungsbild des Mietobjekts gravierend beeinträchtigt würde.

AG Köln, Urteil vom 26.09.2023 - 222 C 150/23 -

Mittwoch, 29. November 2023

Beweislast für befristetes Mietverhältnis (hier: Gewerberaum)

Der Kläger kündigte das Mietverhältnis des Beklagten über Gewerberäume mit der gesetzlichen Kündigungsfrist. Im Räumungsverfahren wurden diverse Mietverträge vorgelegt, unter anderem zwei Mieterträge datierend auf den 25.03.2014, bei dem der eine ein unbefristetes Mietverhältnis (ein Original, von dem der Beklagte behauptete, es sei eine Fälschung), der andere ein bis zum 31.12.2044 befristetes Mietverhältnis (eine vom Beklagten vorgelegte Kopie eines Mietvertrages) betraf. Das Landgericht gab der Räumungsklage statt. Die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Für die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die Kündigung (mit gesetzlicher Kündigungsfrist) zur Beendigung des Mietverhältnisses führte und damit den Räumungsanspruch des Klägers begründete, kam es darauf an, wer für welche Tatsachenbehauptung darlegungs- und beweisbelastet war. Entscheidend war, ob die (vom Beklagten behaupteten) Befristungen des Mietverhältnisses bis zum 31.12.2044 bestand oder aber (so der Kläger) das Mietverhältnis unbefristet begründet wurde und von daher jederzeit mit der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet werden konnte.  

Der vom Kläger vorgelegte Mietvertrag vom 25.03.2014 enthalte unter § 3.3 keine längere Kündigungsfrist (also keine Befristung, wie vom Beklagten für das Mietverhältnis behauptet). Dies vorausschickend wies das OLG darauf hin, dass dem Beklagten die Beweislast für seine Behauptung der Befristung bis zum 25.03.2014 treffe und er ihn nicht geführt habe. Der von ihm eine Befristung enthaltene Vertrag sei von dem Beklagten nur als Kopie, nicht als Original vorgelegt worden. Zwar habe der Beklagte erklärt, er werde zum Beweis dafür, dass der klägerseits unter dem Datum des 25.03.2014 eingereichte Mietvertrag erst Jahre später ausgefertigt worden sei und es sich um eine Fälschung handle, Antrag auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens stellen. Diesem Antrag müsse aber nicht nachgegangen werden. Denn auch wenn mit dem Beklagten unterstellt würde, dass der klägerseits vorgelegte Mietvertrag eine Fälschung sei, verbliebe es bei dem unstreitigen Vortrag der Parteien zu einen Vertragsabschluss am 25.03.2014 (mit einem ab dem 01.04.2014 laufenden Mietverhältnis). Selbst bei Annahme einer Fälschung des keine Befristung enthaltenen Mietvertrages würde sich daraus nicht der Rückschluss ergeben, dass das Mietverhältnis befristet gewesen sei. Von daher sah das OLG keine Veranlassung, den Beweis zu erheben.

Ferner behauptete der Beklagte, er habe das Original des die Befristung enthaltenen Mietvertrages dem Kläger ausgehändigt und benannte dazu Zeugen. Wäre der Vortrag zutreffend, so das OLG, wäre verständlich, weshalb der Beklagte diesen nicht (mehr) vorlegen könne. Doch hätten die benannten Zeugen nicht vernommen werden müssen, da der Beklagte erklärt habe, diese könnten zwar die Übergabe eines Dokuments durch ihn an den Kläger bestätigen, würden aber keine Kenntnis von dem Inhalt des Dokuments haben. Dann aber könnte sie auch nicht bestätigen, dass es sich bei dem Dokument um das Original des beklagtenseits benannten Mietvertrages gehandelt habe.

Anmerkung: Das OLG geht hier (zutreffend) von der prozessualen Grundregel aus, dass jede Partei die ihr günstigen Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen habe, soweit sie für die Entscheidung erheblich seien und (wie hier) keine gesetzliche Beweislastregelung existiert. Die Anwendung der Beweislastregeln zur Streitentscheidung stellt eine ultima ratio dar, die zum Tragen kommt, wenn vom Gericht alle zulässigen Beweismöglichkeiten ohne Erfolg ausgeschöpft sind und weitere Feststellungen nicht möglich erscheinen (BGH, Urteil vom 07.02.2017 – VII ZR 274/17 -), weshalb hier der Entscheidung des OLG zuzustimmen ist, nachdem auch die Anhörung der Parteien (§ 141 ZPO) vorliegend nicht die Feststellung iSv. § 286 ZP ermöglichte, ob der Mietvertrag unbefristet (so der Kläger) oder unbefristet (so der Beklagte) abgeschlossen wurde. Da eine Befristung eines Mietverhältnisses von länger als einem Jahr notwendig der Schriftform bedarf (§ 550 BGB), musste hier der sich gegen die Zulässigkeit der Kündigung wendende beklagte Mieter den Nachweis erbringen, dass eine Befristung in einem (schriftlichen) Mietvertrag vereinbart wurde, da ohne diese Schriftform der befristete Mietvertrag unabhängig von der vereinbarten Dauer der Befristung jedenfalls nach Ablauf eines Jahres ordentlich kündbar ist (BGH, Urteil vom 29.10.1986 - VII ZR 53/85 -). Da es sich hier bei der Befristung des Mietverhältnisses um einen Umstand zugunsten des sich gegen die Räumungsklage wendenden Beklagten handelte, war dieser beweisbelastet und musste unterliegen, da er den Beweis nicht führen konnte.

OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2023 - 5 U 255/23 -

Samstag, 28. Oktober 2023

Ungenehmigte Um- und Einbauten in Mietwohnung – Kündigung

Streitgegenständlich war der Einbau einer Badewanne durch den beklagten Mieter in einem ungefliesten Raum, die Anbringung eines Warmwasserboilers in der Küche und die Installation von Leitungen zum Elektrospeicher, ferner die Entfernung einer Dusche in der Küche Eine ursprünglich in der Küche befindliche Dusche wurde vom Mieter und die Verlegung von Leitungen durch die Trennwand von der Küche in das Bad zur (neuen) Badewanne, die u.a. zur fristlosen und fristgemäßen Kündigung durch den Rechtsvorgänger des Klägers als Vermieter führten.

Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt, wobei es jedenfalls die ordentliche Kündigung als begründet ansah. Der Einbau der Badewanne inklusive der Verlegung der Wasserleitungen und der Verfliesung sowie der Einbau eines Boilers würden eine schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten des Mieters darstellen, § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Abzustellen sei auf den vertragsgemäßen Gebrauch. Der Rahmen dafür bestimme sich nach den beiderseitigen Rechten und Pflichten der Mietvertragsparteien. Veränderungen der Mietsache könnten zwar im Bereich des Möglichen und Zulässigen liegen, seien aber nur in engen Grenzen zulässig. Es stehe dem Mieter frei, eine Wohnung in einem bestimmten Zustand zu mieten oder sich für eine andere Wohnung zu entscheiden. Damit müsse der Mieter die Wohnung in dem Zustand belassen, wie er sie angemietet habe. Unter gewissen Umständen könne der Mieter zwar einen Anspruch auf Genehmigung von Veränderungen auf eigene Kosten haben, wenn diese zur Anpassung der Wohnung oder ihrer Einrichtungen z.B. an den technischen Fortschritt dienen würden. In der Regel seien aber Eingriffe in die Substanz, insbesondere bauliche Veränderungen der Mieträume, dem Mieter nicht gestattet.

Die Maßnahmen würden sich als Eingriff in die Substanz darstellen. Denn dadurch sei nach der Lebenserfahrung die Gefahr der Durchfeuchtung der Bausubstanz geschaffen worden, was selbst bei Einschaltung einer Fachfirma nicht ganz ausgeschlossen sei (LG Berlin in GE 1995, 429). Zudem sei im Mietvertrag explizit bestimmt, dass bauliche Veränderungen wie Um- und Einbauten sowie die Änderung der Installation der vorherigen Erlaubnis des Vermieters bedürfe; auch diese Regelung bestimme bei der Auslegung der Rechte und Pflichten zwischen den Vertragsparteien den Begriff des vertragsgemäßen Gebrauchs. Danach hätten der Einbau der Badewanne, die Verlegung von Wasserleitungen sowie die Installation eines Boilers der Zustimmung des Klägers (Vermieters) bedurft, die hier nicht vorlag.

Das Amtsgericht geht auch darauf ein, ob nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) der Vermieter zur Erteilung einer Erlaubnis verpflichtet sein konnte mit der Folge, dass die Geltendmachung einer Versagung im Kündigungsprozess rechtsmissbräuchlich mit der Folge der Klageabweisung sein könnte. Allerdings sei hier der Kläger nicht zur Einwilligung verpflichtet gewesen, weshalb er jetzt die Maßnahmen nicht dulden müsse. Nicht nur im Hinblick auf die möglichen Gefahren von solchen Maßnahmen (LG Berlin aaO.) sei hier ein Duldungsanspruch nicht gegeben; es könne allenfalls dann eine Verpflichtung der Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis angenommen werden, wenn sich der Beklagte zum Einbau der Badewanne einer Fachfirma bedient hätte und entsprechende Nachweise über die ordnungsgemäße Ausführung erbringen könnte. Hier bestünden aber nach dem eingereichten Bildmaterial bereits Zweifel daran, dass eine Fachfirma beteiligt gewesen wäre.

Eine erhebliche schuldhafte Vertragsverletzung ergäbe sich auch daraus, dass sich der Beklagte durch ein vorprozessuales Aufforderungsschreiben zum Rückbau in keiner Weise verpflichtet gesehen habe, diesen Zustand zu beenden.

Der fortgesetzte vertragswidrige Gebrauch habe die Rechte des Klägers in erheblichem Maße verletzt. Die Gefährdung, die von Einbauten, insbesondere von unfachmännischen Einbauten von Badewannen und den dazu notwendigen Wasserleitungen ausgehen würde, müsse der Kläger nicht hinnehmen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb es dem Kläger nicht vorab möglich gewesen sein sollte, den Vermieter um Zustimmung zu ersuchen, weshalb er nicht darauf habe vertrauen dürfen, dass eine Zustimmung erteilt würde. Er habe damit rechnen müssen, vom Kläger auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes in Anspruch genommen zu werden; das Unterlassen des geforderten Rückbaus verletzte die Rechte des Klägers an seinem Eigentum erheblich. Es handele sich um die Verletzung einer Hauptpflicht aus dem Mietverhältnis, wobei schützenswerte Interessen des Beklagten nicht ersichtlich seien.

Auch die nach erklärter Kündigung erfolgte Mitteilung des Klägers, den Rückbau vornehmen zu wollen, sei nicht ausreichend, um die Vertragsverstöße abzumildern. Ihm sei offensichtlich nicht klar, dass er lediglich eine Wohnung engmietet habe, in der er nicht eigenmächtig erhebliche Umbauten vornehmen dürfe.

AG Kreuzberg, Urteil vom 15.03.2022  - 13 C 285/18 -

Freitag, 18. November 2022

Schönheitsreparaturen als fiktiver Schadensersatz im Mietrecht

Der Beklagte war nach dem Mietvertrag zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Er wurde nach Beendigung des Mietverhältnisses von dem klagendenden Vermieter auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags deshalb auf Schadensersatz verklagt, nachdem er zuvor von dem Kläger unter Fristsetzung unter Darlegung näher bezeichneter Schönheitsreparaturen zur Durchführung derselben aufgefordert wurde. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten wurde vom Landgericht zurückgewiesen. In Bezug auf die Zuerkennung fiktiven Schadensersatzes ließ das Landgericht die Revision zu, die vom Beklagten eingelegt wurde. Nach seinem Hinweisbeschluss beabsichtigte der BGH diese zurückzuweisen; die Revision wurde daraufhin zurückgenommen.

Die Beschränkung der Zulassung der Revision, so der BGH, sei hier statthaft, da bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch die Zulassung auch auf den Streit über die Höhe beschränkt werden könne. Es handele sich dabei um einen selbständigen teil des Streitstoffs, da dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff (dem Anspruchsgrund, hier die Frage, ob eine Pflicht zur Schönheitsrenovierung bestand) beurteilt würde und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zu dem nicht anfechtbaren teil des Streitstoffs auftrete.

Soweit der VII. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -) im Rahmen des Werkvertragsrechts eine Bemessung des Schadens anhand von fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Rahmen des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung gem. § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB verneinte, sei dies einzig auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts, insbesondere dem Vorschussanspruch des Bestellers gem. § 637 Abs. 3 BGB zurückzuführen (BGH, Beschluss vom 08.10.2020 - VII ARZ 1/20 -), was auf andere Rechtsverhältnisse nicht übertragbar sei (so z.B. BGH, Urteil vom 31.03.2021 - XII ZR 42/20 -) und sollen es auch nicht sein (BGH, Beschluss vom 08.10.2020 - VII ARZ 1/20 -).

Zwar gäbe es (anders als im Kaufrecht) im Mietrecht einen mit § 637 Abs. 3 BGB vergleichbaren Anspruch auf Vorschuss für eine beabsichtigte Selbstvornahme. Nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB bestünde ein Vorschussanspruch des Mieters bei Mängelbeseitigungen (so BGH, Urteil vom 08.07.2020 - VIII ZR 163/18 -) und könne auch der Vermieter vom Mieter einen Vorschuss in dem Fall verlangen, dass sich der Mieter mit den Schönheitsreparaturen in Verzug befände (BGH, Urteil vom 15.03.2006 - VIII ZR 123/05 -). Um derartige Ansprüche würde es hier aber nicht gehen, da das Mietverhältnis beendet sei (BGH, Urteil vom 31.03.2021 - XII ZR 42/20 -).

Das Berufungsgericht habe zutreffend den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der nicht vorgenommenen Schönheitsreparaturen gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB, § 281 Abs. 1 BGB anhand der sogenannten fiktiven Mängelbeseitigungskosten (hier: auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags) bemessen können. Bei den abgerechneten fiktiven Kosten handele es sich um Schönheitsreparaturen im Sinne der auch für den preisfreien Wohnraum maßgeblichen Definition in § 28 Abs. 4 S. 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV).

Das Bestreiten der zugrunde gelegten Größen der Wandflächen sei vom Beklagten unzulässig pauschal erfolgt. Der Beklagte habe dort zehn Jahre gewohnt, weshalb er Kenntnisse habe und ihm daher ein pauschales Bestreiten verwehrt sei, § 138 Abs. 1m 2 ZPO. Zudem habe der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige die im Kostenvoranschlag in Ansatz gebrachten Mengen anhand einer unstreitigen Wohnfläche von 70 qm nachvollziehen können.

 BGH, Hinweisbeschluss vom 10.05.2022 - VIII ZR 277/20 -

Montag, 3. Januar 2022

Rechtliches Gehör und Kündigung wegen geringer Mietdifferenz über längere Zeit

Die Parteien (Brüder) hatten einen schriftlichen Mietvertrag mit einer Bruttomiete von € 562,42 vereinbart. Nach Darstellung des Beklagten soll die Miethöhe mündlich reduziert worden sein. Der Kläger kündigte fristlos wegen einer Mietdifferenz von € 162,42/Monat für den Zeitraum Januar 2015 bis Januar 2018 und machte die offene Mietdifferenz von € 9.709,54 geltend. Die Klage wurde - auch im Berufungsverfahren vor dem Landgericht - diesbezüglich abgewiesen, da die Beweisaufnahme ergeben habe, dass eine Mietreduzierung vereinbart worden sei. . Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts zurück, § 544 Abs. 9 ZPO.

Der BGH sah eine verfahrenserhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) darin, dass das Landgericht das Vorbringen des Klägers nicht berücksichtigt habe, dass auch bei Zugrundelegung der Zeugenaussagen eine monatliche Mietdifferenz von € 12,42 vorliege. Es läge daher eine nach seiner Ansicht ein nach § 573 Abs. 1 Nr. 2 BGB relevanter Mietrückstand von (mehr als) einer Monatsmiete seit März 2017 vor, der auch bei Ausspruch der Kündigung bestanden habe und bis zu diesem Zeitpunkt noch angestiegen sei. 

Das Gebot des rechtlichen Gehörs erfordere vom erkennenden Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, ohne dass es allerdings gehalten sei, sich ausdrücklich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen. Wenn allerdings im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, aus denen sich ergebe, dass tatsächliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden seien, sei ein Verstoß gegen die Pflicht aus Art. 103 Abs. 1 GG gegeben. Hier habe das Landgericht nicht den vom Kläger geltend gemachten Umstand berücksichtigt, dass sich bei der Berechnung der Mietreduzierung von € 562,42 um € 300,00 noch ein Betrag von € 312,42 ergäbe, nicht lediglich von € 300,00, wie vom Beklagten gezahlt. Zudem wurde vom Kläger auf ein Schreiben des Beklagtenvertreters verwiesen, demzufolge der Beklagtenvertreter in einem Schreiben vom 17.09.2009 (unstreitig) eine geschuldete Miete von € 312,00 benannt habe und weder dort noch im Rahmen der Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärt hätte, warum er, wenn sich die Miete um € 250,00/Monat reduziert habe, nicht den Differenzbetrag von € 312,42 sondern nur € 300,00 zahle. Zudem habe er geltend gemacht, dass ausgehend von einer Miete in Höhe von € 312,00 im Zeitraum von Januar 2015 bis Januar 2018 ein Mietrückstand von € 444,00 bestünde und damit die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Damit und mithin mit der Kernfrage des Rechtsstreits für die (noch) rechtshängigen Ansprüche auf Räumung und Herausgabe und Zahlung von rückständiger Miete) habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt, also mit der Frage, welche konkrete Miete letztlich geschuldet würde. Es habe das Vorbringen des Klägers ausgeblendet.  Es habe damit einen wesentlichen Punkt des Berufungsvorbringens des Klägers nicht nur im Kern, sondern vollständig übergangen. 

Dies sei aber sowohl für die Berechnung des Zahlungsanspruchs für die Miete als auch für die am 23.01.2018 erklärte (ordentliche) Kündigung von Relevanz gewesen. Bei Beachtung dieses Vorbringens hätte das Berufungsgericht nicht zur vollständigen Abweisung der Berufung gelangen können. Ausgehend von einer Miete in Höhe von € 312,42 hätte sich ein Mietrückstand für die Zeit Januar 2015 bis Januar 2018 von € 459,54 ergeben, was zwar für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a und b BGB nicht ausreichend gewesen wäre, allerdings die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllt hätte, die hilfsweise ausgesprochen worden war, da bis zum Zugang der Kündigungserklärung vom 23.01.2018 ab März 2017 ununterbrochen mehr als € 312,42 an Miete offen gestanden habe (BGH, Urteil vom 10.10.2012 - VIII ZR 107/12 -). Damit hätte das Mietverhältnis mit Ablauf des 31.10.2019 geendet. 

Der BGH ging auch auf die Subsidiarität der Rüge der Gehörsverletzung ein. Danach hätten die Prozessbeteiligten alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Gehörsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern (z.B. BGH, Urteil vom 09.02.2011 - VIII ZR 285/09 -). Dies entspräche dem sich aus § 295 ZPO ersichtlichen Rechtsgedanken, wonach eine Gehörsverletzung nicht mehr gerügt werden könne, wenn nach Erkennen derselben die verbliebene Möglichkeit einer Äußerung nicht genutzt würde. Hier sei sie vom Kläger im Rahmen zulässig im Rahmen der Berufung genutzt worden. 

Es sei auch vorliegend nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vortrages des Klägers, anders entschieden hätte, wenn es den Vortrag des Klägers zum amtsgerichtlichen Urteil in Bezug auf die  Diskrepanz im Beklagtenvortrag berücksichtigt hätte, nach dem das Landgericht der Darstellung des Beklagten nach Beweisaufnahme folgte, und nicht aufgeklärt und damit offen gelassen habe, ob nur € 281,21 (die Hälfte von € 562,42), € 300,00 (so die letzte Überweisung) oder € 312,42 (€ 564,42 abzüglich € 250,00) als Miete geschuldet würden. 

Das Berufungsgericht sei schon deswegen nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gebunden gewesen, da dieses nur unvollständig und zur Höhe der geschuldeten Miete widersprüchlich (€ 562,42 abzüglich € 250,00 ergeben nicht die Hälfte von € 562,42) sei. Selbst bei Zugrundelegung des vom Berufungsgericht angenommenen, auf das Vorliegen von Rechtsfehlern iSv. § 286 Abs. 1 ZPO beschränkten Prüfungsmaßstabs gehalten gewesen sei, eigene Feststellungen zu treffen. Zudem handele es sich bei dem Berufungsverfahren um eine zweite Tatsacheninstanz, die das erstinstanzliche Urteil nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen habe. Auch als „eingeschränkte Tatsacheninstanz“ bestünde seine Aufgabe in der Gewinnung von „fehlerfreien und überzeugenden“ und damit „richtigen“ Entscheidungen (BGH, Urteil vom 26.05.2020 - VIII ZR 64/19 -). 

BGH, Beschluss vom 10.11.2020 - VIII ZR 18/20 -

Mittwoch, 22. Dezember 2021

Auswechseln der Mieter bei Vermietung an eine Wohngemeinschaft

Die Beklagte hatte als Vermieterin eine 241 m“ große Wohnung an die Kläger als Mieter vermietet, die dort nach ihrer Kenntnis eine Wohngemeinschaft bilden wollten. Vier der sieben Mieter wohnten nicht mehr dort, sondern hatten ihre Zimmer untervermietet. Die Kläger begehrten, dass im Rahmen einer entsprechenden Änderung des Mietvertrages die ausgezogenen Hauptmieter aus dem Mietverhältnis ausscheiden können und die Untermieter an ihrer Stelle in dieses eintreten. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hin änderte das Landgericht das Urteil ab und wies die Klage ab.

Das Landgericht setzte sich mit den dazu vertretenen Ansichten auseinander.

Die Einen sehen die Mieter als eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts als Wohngemeinschaft (WG) zum Betrieb einer gemeinsamen Wohnung, der zufolge ein Anspruch auf Zustimmung zum Auswechseln bestünde, wenn (wie hier) de, Vermieter bei Vermietung der Zweck bekannt sei. Dies nicht nur in Fällen, in denen ausdrücklich von den Mietern vor Vertragsabschluss formuliert worden sei, dass ein Bedürfnis für die eine Aufnahme weiterer oder neuer WG-Mitglieder bestünde, ferner für den Fall, dass der Vermieter in der Vergangenheit einem Auswechseln zugestimmt habe und auch in dem Fall, dass junge  Studenten oder sonstige Personen, die nicht verwandt wären oder in Lebensgemeinschaften leben würden, einen unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen hätten.

Die Gegenmeinung schließe einen Rechtsanspruch gegen den Vermieter aus. Die Mieter einer WG  seien danach auf das Recht zur anteiligen Untervermietung nach § 553 BGB beschränkt, wenn der Mietvertrag ein Auswechseln nicht vorsehen würde.

Das Landgericht folgt der Gegenmeinung. Es verweist auf die Vertragsautonomie des Vermieters, demzufolge es ihm auch dann nicht zumutbar sei, einem Auswechseln zuzustimmen, selbst wenn er bei Vertragsabschluss wissen würde, dass die Mieter eine WG betreiben wollen und ein Interesse dran haben, bei Auszug einzelner WG-Mitglieder an ihrer Stele neue aufzunehmen. Dies begründet das Landgericht damit, dass ein solcher Anspruch darauf hinauslaufen könnte, dass der Vermieter eine solche Wohnung ein für alle Mal als WG-Wohnung gewidmet hätte und dauerhaft an den Mietvertrag gebunden bliebe, da die jeweiligen WG-Mitglieder den Mietvertrag an immer neue Generationen von WG-Mitgliedern übertragen könnten, ohne dass der Vermieter den Vertrag irgendwann einmal kündigen oder davon ausgehen könnte, dass das Mietverhältnis – etwa durch Auszug oder Tod des Mieters – einmal enden werde. Vorliegend würde dies dadurch deutlich, dass von den ursprünglichen sieben Mietern bereits anlässlich einer Nachtragsvereinbarung sechs ausgeschieden und ersetzt worden seien und nun auch der siebte ursprüngliche Mieterausgewechselt werden soll.

Unter Berücksichtigung der Interessen der Mieter wies das Landgericht darauf hin, dass diese durch die mögliche Untervermietung gewahrt würden, wozu es nicht zwingen deiner Änderung des Hautmietvertrages bedürfe. Der Aufwand, der z.B. darin bestünde, dass im Außenverhältnis die die ausgezogenen WG-Mitglieder gegenüber dem Vermieter berechtigt und verpflichtet blieben, sei zumutbar, zumal der Vermieter mit steigender Anzahl der Untermieter wegen eines nach Ansicht des Gerichts damit verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwandes in der Praxis häufig der Vermieter damit einverstanden erklären würde, die neue Zusammensetzung der WG doch im Hauptmietvertrag nachzuvollziehen. Erkläre er sich damit allerdings nicht einverstanden, würde zwar das letzte von der ursprünglichen WG in der Wohnung verbliebene Mitglied nicht mehr untervermieten können (da damit eine vollständige Gebrauchsüberlassung an Dritte vorläge. Hier bliebe den Mietern nach § 540 Abs. 1 S. 2 BGB die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses, was aber den bei Vertragsbeginn absehbaren gegenseitigen Interessen am ehesten gerecht würde.

Vorliegend sei der Austausch der WG-Mitglieder im Mitvertrag nicht vorgesehen. Es gäbe auch mit dem zweimaligen Austausch keine langjährige Übung, die einen Anspruch begründen könnte. Bei dem ersten Austausch wurde ein WG-Mitglied mehr aufgenommen, wodurch die Anzahl der WG-Mieter von bis dahin sechs Mietern auf sieben erhöht wurde und zugleich ein neuer Mietzins durch Erhöhung desselben vereinbart; bei dem zweiten Mal im Rahmen eines Austauschs sei zwar nicht Weiteres vereinbart worden, doch würde sich auch daraus keine langjährige Übung ergeben.

Wohnung anmieten, zum Zwecke des Austauschs einzelner WG-Mitglieder gegen den Vermieter ein Anspruch auf entsprechende Änderung des Mietvertrags zusteht.

Das Landgericht ließ die Revision zu. Die Revision wurde zu BGH VIII ZR 304/21 eingelegt.

LG Berlin, Urteil vom 18.08.2021 - 64 S 261/20 -

Samstag, 20. November 2021

Die rechtsmissbräuchliche Eigenbedarfskündigung

Die Klägerin zu 1, eine Aktengesellschaft, deren Anteile überwiegend von der Familie P. gehalten werden, der auch die Klägerin zu 2 angehörte, erwarb 2015 eine Eigentumswohnung. Eine auf Eigenbedarf gestützte Räumungsklage mit der Begründung, der Vater der Klägerin zu 1, Vorstandsmitglied der Klägerin zu 1, wolle dort einziehen, wurde zurückgewiesen. Danach schenkte die Klägerin zu 1 der Klägerin zu 2 einen 5/100 Miteigentumsanteil an die Klägerin zu 2 und die Kläger kündigten wegen Eigenbedarfs. Die Räumungsklage wurde zurückgewiesen. Der BGH wies darauf hin, dass er die Revision nicht annehmen würde, woraufhin die vom Berufungsgericht zugelassene Revision zurückgenommen wurde.

Das Landgericht hatte als Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin zu 1 als juristische Person keinen Eigenbedarf geltend machen könne und mit der Übertragung des 5/100 Miteigentumsanteils an die Klägerin zu 2 als natürliche Person nur ein völlig unbedeutender Miteigentumsanteil übertragen worden sei, um das Hindernis der fehlenden Berechtigung der juristischen Person zu umgehen; dies sei rechtsmissbräuchlich.

Der BGH wies darauf hin, dass die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung habe noch eine Entscheidung des BGH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert sei (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung hänge von der Beantwortung der Frage ab, ob ein Verhalten treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich sei (§ 242 BGB), was von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhänge und sich daher einer Grundsatzentscheidung entziehe.

Zudem habe die Revision aber auch in der Sache keinen Erfolg. Ersichtlich habe die Übertragung des minimalen Miteigentumsanteils auf die Tochter des Vorstandsmitgliedes der Aktiengesellschaft nur dem Ziel gegolten, die der Gesellschaft nicht mögliche Eigenbedarfskündigung durchzusetzen, ohne dass mit der Übertragung von Miteigentumsanteilen eine nennenswerte Änderung der Eigentumsverhältnisse oder wirtschaftlichen Verhältnisse verbunden gewesen sei. Die Würdigung durch das Landgericht halte sich damit im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung.

BGH, Beschluss vom 30.03.2021 - VIII ZR 221/19 -

Dienstag, 14. September 2021

Kündigung des Wohnraums durch einen Vertreter und Folge der Angabe „i.A.“

Die Entscheidung des LG Wuppertal erging im Rahmen eines Antrages der Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (§§ 114ff ZPO). Nachdem diese nach einer ihr gegenüber ausgesprochenen Kündigung von Wohnraum vor dem zuständigen Amtsgericht auf Räumung verklagt wurde, beantragte sie zur Rechtsverteidigung die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die ihr vom Amtsgericht versagt wurde. Der dagegen von der Beklagten eingelegten Beschwerde half das Landgericht (LG) ab.

Insgesamt wurden der Beklagten gegenüber zwei Kündigungen ausgesprochen, die jeweils von einer (mit dem Vermieter namensgleichen) Person mit der Angabe „i.A.“ unterschrieben wurden.

Die Kündigungserklärung bedarf nach § 568 Abs. 1 BGB der Schriftform, wobei sich der Vermieter bei der Abgabe der Kündigungserklärung auch vertreten lassen kann. Das Landgericht wies darauf hin, dass bei der Kündigung durch einen vom Vermieter bestellten Vertreter nicht nur dessen eigenhändige Unterschrift auf der Kündigungserklärung erforderlich sei, sondern auch die Offenlegung der Stellvertretung zur Formwirksamkeit der Kündigungserklärung gehöre. Es müsse sich mithin aus der Kündigungserklärung ergeben, dass der diese Erklärung Unterzeichnende als Vertreter des Vermieters handelt, nicht etwa nur als Bote. Dies würde selbst dann gelten, wenn zwischen dem kündigenden Vermieter und dem Unterzeichner der Kündigungserklärung Namensgleichheit bestünde.

Auch wenn der Kündigungsempfänger wüsste, dass der Unterzeichner der Kündigungserklärung den Vermieter in allen Mietangelegenheiten vertrete, sei die Offenlegung der Stellvertretung nicht entbehrlich. An dieser Offenlegung würde es bei der Angabe „i.A.“ fehlen, da dieser Zusatz grundsätzlich nicht zu einer für die Kündigungserklärung durch einen Vertreter erforderliche Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt des Schriftstückes zu erkennen gäbe, vielmehr den Unterzeichner lediglich als Erklärungsboten erscheinen lasse (BGH, Beschluss vom 25.09.2012 - VIII ZB 22/12 -).

Das LG ließ dahinstehen, ob es einer Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 24.09.2014 - 65 S 64/14 -) folgen würde, dass die Angabe „i.A. unschädlich sei, wenn ausdrücklich auch der Zusatz im Kündigungsschreiben „namens und in Vollmacht des Vermieters“ aufgenommen würde, da dieser Fall hier nicht vorlag und besondere Umstände nicht ersichtlich seien, aus denen sich ergäbe, dass der Unterzeichner bei der Kündigungserklärung als Vertreter handele. Zwar sei ein Briefbogen des Vermieters verwandt worden, aber nirgends im Text auf eine Bevollmächtigung des Unterzeichners hingewiesen worden. Es sei sogar in der wir-Form formuliert worden, was gegen eine Bevollmächtigung spräche.

Weiterhin ging das LG darauf ein, ob in der Räumungsklage eine neue Kündigungserklärung zu sehen sei. Das Wort „Kündigung“ müsse nicht unbedingt genannt werden, wenn nach den Gesamtumständen von einer entsprechenden Erklärung in der Klage oder einem nachfolgenden Schriftsatz ausgegangen werden könne (BGH, Urteil vom 09.07.2003 - VIII ZR 26/03 -). So sei zwar auf weitere Mietrückstände hingewiesen worden, doch sei gleichwohl nicht von einer Kündigung mittels der Klageschrift oder eines nachfolgenden Schriftsatzes auszugehen: Anders als in den vorgerichtlichen Kündigungsschreiben sei der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht widersprochen worden (§ 545 BGB), zudem sei der Wille zur einseitigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht hinreichend klar zum Ausdruck gebracht worden. Eine eindeutige Erklärung sei auch deshalb zu fordern, damit der Mieter wisse, ob er eine  einseitige Kündigungserklärung unverzüglich gem. § 174 BGB (Zurückweisung wegen mangelnder Vollmachtsvorlage) zurückweisen kann und das zuständige Gericht wissen muss, ob es aufgrund der schriftsätzlichen Kündigung zur Vermeidung einer möglichen Obdachlosigkeit die Sozialbehörde einschalten muss (§ 36 Abs. 2 SGB XII). Stattdessen würde es am Ende der Klageschrift heißen, dass die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gem. § 534 BGB mit den beiden Kündigungsschreiben erfüllt seien.

Anmerkung: Der Entscheidung ist zuzustimmen. Allerdings kann der Argumentation des Landgerichts zur Auslegung einer Klageschrift/eines Schriftsatzes als eigenständige Kündigung nicht gefolgt werden, soweit es darauf verweist, im Schriftsatz sei nicht gem. § 545 BGB einer Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprochen worden. Unabhängig davon, dass es einer solchen Erklärung nicht bedarf, wenn entsprechendes bereits im Mietvertrag aufgenommen ist (was hier nicht bekannt ist), verlangt zwar § 545 BGB einer Erklärung binnen zwei Wochen nach Vertragsende, dass einer Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprochen wird, andernfalls es sich auf unbestimmte Zeit verlängert. Allerdings ist anerkannt, dass ein Räumungsverlangen eine ausreichende schlüssige Erklärung iSv. § 545 BGB darstellt (BGH, Urteil vom 24.01.2018 - XII ZR 120/16 -), was jedenfalls in einer hier vorliegenden Räumungsklage zu sehen wäre.

LG Wuppertal, Beschluss vom 04.08.2021 - 9 T 128/21 -

Sonntag, 29. August 2021

Mietvertragliche Betriebskosten: Umlagefähigkeit von Anmietkosten und Wartung von Rauchmeldern, Sperrmüll und Müllmanagement ?

In dem Rechtstreit war streitig gewesen, ob es sich bei den Kosten einer Sonder- und Sperrmüllbeseitigung, eines (Abfall- und Wertstoff-) Behältermanagements und der Anmietung und Wartung von Rauchmeldern umlagefähige Betriebskosten (Nebenkosten) eines Mietverhältnisses sein können.

1. Das Landgericht als Berufungsgericht sah keine Umlagefähigkeit der Kosten der Anmietung von Rauchmeldern. Bei Betriebskosten würde es sich nur um solche Kosten handeln, die dem Eigentümer/Vermieter durch das Eigentum oder dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, seiner Anlagen und Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen würden. Zwar würden (hier) die Kosten laufend anfallen. Es würden aber entgegen der Vorgabe der §§ 556 Abs. 1 S. 2 BGB, 1 Abs. 1 S. 1 BetrKV diese Kosten nicht “durch das Eigentum“ des Vermieters begründet. Betriebskosten würden sich als Miete iSv. § 535 Abs. 2 BGB darstellen und eine Gegenleistung für die Pflicht des Vermieters zur Zurverfügungstellung der Mietsache nach § 535 Abs. 1 BGB darstellen. Zu trennen seien davon die Anschaffungs- und Kapitalkosten (soweit nicht anderweitiges normiert), weshalb die Anmietkosten für Rauchmelder nicht anders behandelt werden könnten, als wenn sie (nicht umlagefähig) erworben worden wären.

Eine Analogie zu § 2 BetrKV, wonach Leasing- und Anmietkosten für Wasser-/Warmwasserzähler, Geräten zur Wärmeerfasung, Gemeinschaftsantenne umgelegt werden könnten. Es handelt sich hier um einen nicht analogiefähigen Ausnahmetatbestand zu den enumerativ erfassten Betriebskosten, was auch einen Rückgriff auf den Auffangtatbestand § 2 Nr. 17 BetrKV verbiete.

2. Die Kosten für Müllsonderabfuhr bzw. Sperrmüllbeseitigung seien hingegen umlagefähig. Das gelte auch für das Behältermanagement und die Wartung der Rauchmelder.

2.1. Die Kosten der Abfuhr des durch Mieter oder Dritte abgestellten Sperrmülls würden der umlagefähigen Müllbeseitigung unterfallen. Der Umstand, dass der Sperrmüll unberechtigt auf Gemeinschaftsfläche abgestellt worden sei, würde dem nicht entgegen stehen. Es würde sich gleichwohl um Kosten handeln, die im Rahmen des „bestimmungsgemäßen Gebrauchs“ des Gebäudes „laufend entstehen“; eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks würde eine widerkehrende Müllbeseitigung bedingen, die auch den Aufwand umfasse, der für die Beseitigung von Müll anfalle, der von Dritten stamme.

Der Umstand, dass die Sperrmüllabfuhr nur gelegentlich oder unregelmäßig stattfinde, spreche nicht gegen die Umlagefähigkeit. Ob zur Wahrung des Wirtschaftlichkeitsgebots der Vermieter gehalten sei, vor einer entsprechenden Maßnahme die Einhaltung der Hausordnung anzumahnen, könne auf sich beruhen, da hier dieser durch Aushang die Mieter mehrmals zur Beseitigung des Mülls aufgefordert habe.

2.2. Bei den Kosten des Behältermanagements würde es sich auch um umlegbare Kosten der Müllbeseitigung handeln.  Der Umstand, dass der Kernbereich des Müllmanagements in der Überprüfung der Wertstofftrennung sowie einem notwendigen Nachsortieren liege und dies in § 2 Nr. 8 BetrKV nicht ausdrücklich benannt sei, schließe die Umlegungsfähigkeit nicht aus, da die dortige Aufzählung nur beispielhaft und nicht abschließend sei. Dies ergäbe sich auch aus der Begründung des Verordnungsgebers zu § 2 Nr. 8 BetrKV, ausweislich der mit der Änderung der Überschrift zu § 2 Nr. 8 BetrKV „der gesamte Sachverhalt Müllbeseitigung“ erfasst werden sollte.

Es handele sich hier auch nicht um einer Umlage auf Wohnraummieter entzogene Verwaltungskosten iSv. § 1 Abs. 2 BetrKV. Diese umfassen lediglich die kaufmännische und rechtliche Verwaltung des Gebäudes. Das Behältermanagement sei eine Reaktion des Vermieters auf ein fehlerhaftes Mülltrennungsverhalten der Mieterschaft, diene also nicht einer Betriebskostenoptimierung iSv. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV, sondern vorrangig dem gesamtgesellschaftlichen Interesse an der optimalen Trennung und Wiederverwertung des Mülls.

2.3. Ebenfalls umlagefähig seien die Kosten der Wartung der Rauchmelder. Abzugrenzen sei dies von (vorbeugenden) Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten. Die Wartung von Rauchmeldern erfolge als Vorsorgemaßnahme zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit und Betriebssicherheit der technischen Einrichtung des Mietobjekts, nicht zur Beseitigung von Mängeln. Alleine der Umstand, dass eine regelmäßige Wartung mittelbar auch zur Minderung von Instandhaltungskosten führe, ändere an der Einordnung als Betriebskosten nichts.

Dahinstehend könne, ob sich die Umlagefähigkeit der neu entstandenen Wartungskosten aus der mietvertraglichen Mehrbelastungsklausel oder dem Verweis auf § 2 Nr. 17 BetrKV ergibt. Die Umlagefähigkeit ergäbe sich hier gem. §§ 133, 157 BGB ergänzenden Vertragsauslegung, da diese Kosten aus einer nach Abschluss des Mietvertrages duldungspflichtigen Modernisierung entstanden seien (BGH, Urteil vom 17.06.2015 - VII ZR 216/14 -). Hier sei die mietvertragliche Abwälzungsklausel zu den Betriebskosten so auszulegen, dass neuen Betriebskosten, die im Zuge einer solchen Maßnahme entstehen, umgelegt werden könnten (BGH aaO.). Die Maßnahme sei nach Abschluss des Mietvertrages durch § 48 Abs. 4 S. 1 BauO Berlin erforderlich geworden.

LG Berlin, Urteil vom 08.04.2021 - 67 S 335/20 -

Donnerstag, 26. August 2021

Umbaupflicht des (gewerblichen) Mieters und Ersatzanspruch wegen Nichterfüllung durch Vermieter nach § 548 BGB

Im (Ergänzungs-) Mietvertrag vom 01.01.2006 war u.a. vorgesehen, dass die Beklagte „folgende Wertverbesserungen in dem angemieteten Objekt vorzunehmen“ habe, nämlich u.a. Isolierung und fehlende Wandverkleidung an der hintersten Giebelseite auf eigene Kosen mit einer „Wertverbesserung ca. 6.000,0 €“ und „Ausgleich und Versiegelung des Betonfußbodens … Wertverbesserung ca. 2.000,00 bis 2.500,00 €“. Nach Annahme der beklagten waren diese Arbeiten für eine erforderliche Betriebsgenehmigung notwendig.  Im Januar 2009 schlossen die Parteien einen neuen Mietvertrag, in dem aber auf die genannten Verpflichtungen als weiterbestehend Bezug genommen wurde. Allerdings war die Maßnahme wegen Umstrukturierung der Beklagten für diese nicht mehr notwendig, weshalb sie die Arbeiten nicht durchführte bzw. durchführen ließ. Nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 15.02.2018 forderte der Kläger Schadensersatz in Höhe der Herstellungskosten mit € 2.269,40 für die Wandverkleidung und € 19,327,28 für die Bodenversiegelung.

Land- und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück. 

Grundsätzlich könnte der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach §§ 281, 280 Abs. 3 BGB zustehen. Dem könnte hier aber Verjährung entgegenstehen. Zwar stelle sich die Umbauverpflichtung als (Teil der) Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung dar und war diese mangels anderweitiger Vereinbarung sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Damit könnte hier wegen Zeitablaufs Verjährung vorliegen. Entscheidend sei allerdings, welche Ansprüche der Vermieter im Hinblick auf eine Rückgabe der Mietsache im vereinbarten Zustand habe. Wenn nämlich die übernommenen Umbauverpflichtungen unter Berücksichtigung der zu erwartenden Abnutzungen den bei Rückgabe geschuldeten Zustand festlegen, würden die Ansprüche erst sechs Monate nach Rückgabe der Mietsache verjähren, § 548 Abs. 1 BGB. Zwar könne die auf eigene Kosten vorzunehmende Umgestaltung der Mietsache eine Gegenleistung für die geschuldete Miete darstellen, allerdings auch von § 548 BGB erfasst sein, insoweit der Erfüllungsanspruch zugleich eine Hauptpflicht wiederspiegele, sofern der Zustand festgelegt wird, den die Mietsache bei Mietend haben soll (BGHZ 86, 71, 78).

Der Begriff der Verschlechterung in § 548 Abs. 1 BGB verlange nicht, dass sich der Zustand der Mietsache im Vergleich zum Mietbeginn verschlechtert habe. Ausreichend sei, dass der Zustand bei Rückgabe von jenem abweiche, den die Mietsache nach dem Vertrag haben sollte. Auch hier greife § 548 BGB. Deshalb sei bei einer vom Mieter übernommenen Verpflichtung entscheidend, ob sich diese auf den Zustand am Mietende beziehe. Würde dies bejaht, führe die Nicht- oder Schlechterfüllung zu einen Anspruch nach § 548 Abs. 1 BGB. 

Vorliegend seien die Umbaumaßnahmen mit den Angaben zu Wertverbesserungen näher benannt worden. Dies bedeute, dass nicht nur eine Anpassung an die speziellen Bedürfnisse der Beklagten erfolgen sollte, sondern die konkreten Maßnahmen Wertverbesserungen auch für künftige Nutzungen waren. Es sei daher mit den vom Mieter als Gegenleistung zur Gebrauchsgewährung übernommenen Umbauarbeiten ein veränderter Zustand der Mietsache bei Rückgabe durch die Beklagte geschuldet. 

Da die Klage innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Rückgabe erhoben worden sei, greife die Verjährungseinrede der Beklagten nicht. Im Hinblick auf die Anspruchsvoraussetzungen zur Höhe erfolgte die Zurückverweisung des Rechtsstreits.

BGH, Urteil vom 31.03.2021 - XII ZR 42/20 -

Samstag, 16. Januar 2021

Miete: Belegeinsicht bei Betriebskostenabrechnung auch in Zahlungsbelege

 

Dass der Mieter das Recht hat, die der Betriebskostenabrechnung zugrunde liegenden Belege einzusehen (§ 259 BGB), ist allgemein bekannt und war auch im vom BGH entschiedenen Fall nicht streitig. Streitig war, ob sich das Einsichtsrecht auf die Rechnungen / Bescheide bezieht oder ob es sich auch auf die zahlungsbelege des Vermieters erstreckt. Letzteres wurde von dem klagenden Vermieter, der eine Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung für 2013 geltend machte, verneint. Während das Amtsgericht der Klage teilweise stattgab, wurde sie vom Landgericht (LG) im Berufungsverfahren vollumfänglich abgewiesen. Die zugelassene Revision der Klägerin blieb erfolglos.

Grundlage der Entscheidung des LG war, dass die Klägerin dem beklagten Mieter keine Einsicht in die der Abrechnung zu Grunde liegenden Abrechnungsbelege gewährte. Dem Mieter stehe gegenüber dem auf einer Betriebskostenabrechnung beruhenden Zahlungsbegehren des Vermieters ein aus § 242 BGB folgendes (temporäres) Leistungsverweigerungsrecht zu, solange ihm eine begehrte Belegeinsicht nicht gewährt würde. Das Einsichtsrecht beziehe sich neben den Rechnungen auch auf die dazugehörigen Zahlungsbelege über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten. Mit deren Hilfe würde der Mieter die Möglichkeit haben, die Berechtigung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge zu überprüfen. Das berechtigte Interesse ergäbe sich aus dem Kontrollrecht des Mieters.

Für das Einsichtsrecht käme es auch nicht darauf an, ob der Vermieter nach dem Abflussprinzip oder dem Leistungsprinzip abrechne oder je nach Betriebskostenart unterschiedlich (dazu BGH, Urteil vom 20.02.2008 - VIII ZR 49/07 -), was ohnehin in der Regel aus der Abrechnung nicht ersichtlich sei. Insbesondere könne er sich nicht bei einer Abrechnung nach dem Leistungsprinzip darauf berufen, dass er die im Abrechnungszeitraum erbrachten bzw. darauf entfallenden Leistungen unabhängig davon umlegen könne, ob diese bereits im Abrechnungszeitraum bezahlt worden seien. Das allgemeine Kontrollinteresse des Mieters erstrecke sich darauf festzustellen, ob der Vermieter die in die Abrechnung eingestellten Leistungen Dritter seinerseits vollständig gezahlt habe. Sei dies nicht der Fall, bestünde für den Mieter zumindest Anlass zu Nachfragen oder zur Erhebung von Einwendungen gegen die Abrechnungsposition.  Da die Abrechnung regelmäßig erst nach einem Ablauf von mehreren Monaten nach Ende der Abrechnungsperiode erfolge (hier: zehn Monate) sei auch regelmäßig zu erwarten, dass der Vermieter berechtigte Rechnungsbeträge seinerseits bereits gezahlt habe.

Wird von dem Vermieter die Abrechnung nach dem Abflussprinzip vorgenommen, bei dem auf die im Abrechnungszeitraum abgeflossenen Mittel (bei Rechnungen Dritter also die Bezahlung dieser Rechnungen durch den Vermieter) abgestellt, sei der Mieter zwingend auf die Einsicht in die Zahlungsbelege angewiesen, da es für die Richtigkeit der Abrechnung auf die tatsächlich vorgenommene Zahlung ankäme.

BGH, Urteil vom 09.12.2020 - VIII ZR 118/19 -

Sonntag, 13. Dezember 2020

Baumfällkosten als umlegbare Betriebskosten nach § 2 Nr. 10 BetrKV

 

Gegenstand der Klage war ein von der Klägerin geltend gemachter Zahlungsanspruch aus einer von ihr teilweise unter Vorbehalt gezahlten Nebenkostenabrechnung für2015. Dieser Vorbehalt betraf die von der beklagten Vermieterin geltend gemachten und auf die Klägerin umgelegten Kosten für die Fällung eines Baumes. Die Klage wurde (mir Ausnahme einer kleinen Differenz aus dem Umlageschlüssel) abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Der Anspruch der Klägerin wäre begründet gewesen, wenn die Zahlung ohne Rechtsgrund vorgenommen wurde, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Den Rechtsgrund für die Zahlung der hier streitigen Baumfällkosten sah das Landgericht in § 2 Nr. 10 BetrKV. Diese sehen als umlagefähig an

„die Kosten der Gartenpflege,

hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von Spielkästen einschließlich der Erneuerung von Sand und der Pflege von Plätzen, Zugängen und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen“.

Zwar seien hier nicht ausdrücklich die Kosten einer Baumfällung benannt. Allerdings handele es sich bei Bäumen sowohl um Pflanzen als auch Gehölze im Sinne der Norm. Begrifflich ergäben sich durch die Bezeichnung keine Einschränkungen auf Gartenbestandteile einer bestimmten Größe.

Systematisch seien umlagefähige Betriebskosten iSv. § 1 Abs. 1 BetrKV von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV abzugrenzen. Instandsetzungen und Instandhaltungen würden Kosten für Reparaturen und Wiederbeschaffungen verursachen oder seien zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs erforderlich, um Abnutzungen, Alterungen und Witterungseinwirkungen sowie sonstige Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten würden mithin Mängel an der Substanz der Immobilien oder teilen davon betreffen. Regelmäßig durchzuführende Maßnahmen würden nicht dazu gehören, wie z.B. de Überprüfung der Funktionsfähigkeit von elektrischen Anlagen.  Für die Annahme wiederkehrender Belastungen sei auch nicht ein (zumindest) jährlicher Rhythmus erforderlich; ausreichend sei für die Annahme wiederkehrender Belastungen al laufend entstehende Kosten auch ein mehrjähriger Rhythmus (BGH. Urteil vom 11.11.2009 - VIII ZR 221/08 -).

Bei der Entfernung von morschen oder abgestorbenen Pflanzen einer Gartenanlage handele es sich um wiederkehrende Arbeiten, da ausreichen sei, dass sie einem, typischen Kreislauf unterfallen, wobei § 2 Nr. 10 BetrKV ausnahmsweise auch Instandsetzungskosten zu den umlagefähigen Kosten aufnimmt, so in Bezug auf Neubepflanzungen, soweit Pflanzen (auch Bäume) durch Alter u.a. abgängig wurden. Damit würde dies erst recht für das Fällen von Bäumen und deren Abtransport gelten und das Anpflanzen junger Bäume gelten, da es sich dabei um Maßnahmen handele, die für eine gärtnerisch angelegte Fläche notwendig seien.

Der Umlagefähigkeit der Baumfällkosten würde auch nicht Sinn und Zweck der Betriebskostenverordnung entgegen stehen. Es handele sich nicht um nicht zu erwartende Kosten, da der Baum bereits vor Beginn des Mietverhältnisses vorhanden war, weshalb zu erwarten gewesen sei, dass Baumpflegekosten im Zusammenhang mit den Gartenpflegekosten entstehen könnten und dies auch zu einem jährlich ungleichmäßigen Kostenbedarf führen könnte.

Zudem sei vorliegend zu berücksichtigen, dass die Fällung nicht auf gestalterischen Erwägungen der Vermieterin beruht habe, sondern Grund die Morschheit des Baumes und seine fehlende Standsicherheit gewesen sei.

LG Hannover, Urteil vom 27.03.2020 - 17 S 1/19 -

Sonntag, 8. November 2020

Wann kann der Mieter Schadensersatz wegen Verzugs mit der Mangelbeseitigung fordern ?

Es lag ein Wasserschaden in den vom Kläger angemieteten Räumen vor. Dieser wurde, wovon das OLG nach dem Vortrag des Klägers ausging, im Dezember 2020 durch eine innen liegende Dachentwässerung verursacht. Es handele sich damit um denselben Mangel wie bei einem ersten Schaden im Januar 2010.

Nach Auffassung des OLG, welches die Berufung des mietenden Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts aus offensichtlich unbegründet im Beschlussweg zurückwies, kommt eine Schadenshaftung des Vermieters aus § 280 Abs. 1 BGB nur in Betracht, wenn der Schaden nicht auf der Beschaffenheit der Mietsache beruhe. Ansonsten würde § 536a BGB lex specialis sein.

Auch ein Schadensersatzanspruch nach § 536a Abs. 1 Fallgruppe 3 BGB käme nicht in Betracht. Ob ein Verzug des Vermieters mit der Mangelbeseitigung vorliege, richte sich nach § 286 BGB. Voraussetzung seien ein fälliger Anspruch des Mieters und grundsätzlich eine darauf gerichtete Mahnung. Eine Haftung des Vermieters scheide aus, wenn ihn an der Verzögerung kein Verschulden treffe.

Fällig würde der Beseitigungsanspruch bereits mit Entstehung des Mangels. Allerdings bedürfe es zur Geltendmachung der Rechte aus § 536a Abs. 1 BGB der Mängelanzeige durch den Mieter, § 536c Abs. 3 BGB. Um nun nach § 286 BGB einen Verzug zu begründen, bedarf es grundsätzlich der Mahnung. Dass diese hier nach § 286 Ab. 2 BGB entbehrlich sein könnte, konnte das OLG nicht erkennen. Die Mahnung müsse unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass dem Vermieter bei Nichtbeseitigung des mangels Nachteile drohen, ohne dass dabei zwingend eine Fristsetzung erforderlich sei. Die Mangelanzeige ersetze nicht die Mahnung. Wobei allerdings Mangelanzeige und Mahnung miteinander verbunden werden könnten. Ob eine derartige Verbindung vorläge, sei durch Auslegung zu ermitteln. Alleine die Behauptung des Klägers, mit der Anzeige des Mangels gleichzeitig gemahnt zu haben, reiche nicht aus. Mangels Vorlage der Mangelanzeige sah sich das OLG nicht in der Lage, eine Prüfung vorzunehmen. Da auch eine gesonderte Mahnung nicht schlüssig behauptet worden sei, den Kläger aber für den Verzugseintritt die Beweislast trifft, müsse ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 536a Abs. 1 Fallgruppe 3 BGB scheitern.

Darüber hinaus würde ein Verzug auch voraussetzen, dass der Vermieter nicht ohne schuldhaftes Zögern nach Zugang einer Mahnung die Beseitigung des mangels beauftragt hätte. Ein Verzug würde auch in diesem Fall mit der Beseitigung des mangels enden. Würden wiederholt gleichartige Mängel auftreten, könne der Vermieter gehalten sein die Ursachen zu beseitige. Sei allerdings nach Beseitigung der Symptome nicht mit einem erneuten Wiederauftreten zu rechnen, könne sich der Vermieter darauf beschränken Da nichts dazu vorgetragen wurde, dass es bereits vor Januar 2010 Durchfeuchtungen der Decke kam (obgleich der Kläger die Räume seit 1994 nutze), sei nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte nach Beauftragung einer Fachfirma im Januar 2010 mit einer erneuten Durchfeuchtung gerechnet habe. Damit ergäbe sich aus dieser Erwägung auch kein Schadensersatzanspruch nach § 536a Abs. 1 3. Fallgruppe BGB.

OLG Rostock, Beschluss vom 03.08.2020 - 3 U 91/18 - 

Sonntag, 3. Mai 2020

Pferdepensionsvertrag: Kündigungsfristen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)


Die Parteien stritten um weitere monatliche Vergütung, nachdem die Beklagte den Pferdepensionsvertrag gekündigt hatte. In diesem Zusammenhang setzte sich der BGH in Ansehung der Entscheidung des Berufungsgerichts mit dessen Ansicht zur Rechtsnatur eines derartigen Vertrag auseinander (und ließ dies im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich offen) und entscheid die Frage, ob eine in dem AGB-Vertrag vorgesehene Klausel zur Kündigungsfist von drei Monaten der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält.

Der BGH stufte den Vertrag als typengemischten Vertrag ein. Ein solcher würde aber ein einheitliches Ganzes darstellen, weshalb der Vertrag dem Recht zu unterstellen sei, welches den Schwerpunkt bilde. Das würde aber nicht bedeuten, dass nicht auch Bestimmungen aus dem Vertragsrecht angewandt werden könnten, bei dem der Schwerpunkt des Vertrages zwar nicht liege, aber anders die Eigenart des Vertrages nicht richtig gewürdigt werden könne (BGH, Urteil vom 02.10.2019 - XII ZR 8/19 -).

Das Berufungsgericht hatte den Schwerpunkt bei einem Verwahrungsvertrag gem. § 668 BGB gesehen. Der Schwerpunkt des Vertrages müsse im Bereich der Verwahrung, nicht in den Bereichen Dienstvertragsrecht und Mietvertragsrecht angenommen werden. So habe sich der Kläger dem beklagten Einsteller gegenüber verpflichtet, dem Einsteller die Reithalle sowie die zugänglichen Bereiche im Bereich des Aktivlaufstalls, sich aber nicht verpflichtet, das Pferd zu reiten oder zu führen, weshalb nicht Dienstvertragsrecht gem. §§ 611ff BGB angenommen werden könne. Der Kläger habe dem Einsteller auch keine individuelle Pferdebox zugewiesen, weshalb mietvertragsrecht ausscheide. Demgegenüber habe er aber für den Verwahrvertrag typusbildende Obhuts- und Fürsorgepflichten übernommen, wie das Ausmisten, die Fütterung und die Gesundheitskontrolle für das eingestellte Pferd.

Der BGH hatte bisher diese Frage nicht beantwortet und ließ sie auch hier ausdrücklich offen. Nach seiner Auffassung käme es bei der Frage, ob die Kündigungsfrist von drei Monaten wirksam sei, darauf nicht an.

Eine Unangemessenheit der Kündigungsfrist könnte nach § 307 BGB Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen, wenn sie den Vertragspartner (hier Einsteller) entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteilige.

In diesem Zusammenhang prüfte der BGH, ob sich diese Unangemessenheit aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ableiten ließe, wonach eine Bestimmung mit im Zweifel wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist. Eine derartige Unangemessenheit folge nicht aus § 695 S. 1 BGB. Dies gelte unabhängig davon, ob nach der Vorschrift der Hinterleger die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern könne, auch wenn eine Zeit bestimmt sei und der Vorschrift, wie das Berufungsgericht meint, eine Leitfunktion für den Verwahrungsvertrag zukommen sollte. Zwar enthalte der Einstellvertrag hier keine ausdrückliche Regelung, dass der Einsteller sein  Pferd vor Ablauf der Vertragslaufzeit jederzeit wieder an sich nehmen könne. Alleine die Vereinbarung einer Kündigungsfrist sei (auch in einem formularmäßigen Pferdeeinstellvertrag – eindeutig dahingehend auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass die Kündigungsfrist nur den Vergütungsanspruch des Verwahrers beträfe, nicht aber den Herausgabeanspruch des Hinterlegers (Einstellers). Dafür spräche hier auch § 4 des Vertrages, wonach die Vergütung auch bei Abwesenheit des Pferdes zu zahlen sei.  Mithin läge eine Abweichung von einem auf § 695 S. 1 BGB beruhenden Leitbild nicht vor.

Abzugrenzen sei dies von der Frage, ob derartige Abreden mit denen sich der Einsteller zur Zahlung auch nach Rücknahme der Sache verpflichte, mit dem Wesen des Verwahrungsrechts vereinbar sind. Allerdings zeige § 699 Abs. 2 BGB, dass das Verwahrungsrecht für derartige Vergütungsabreden offen sei. Es könne vereinbart werden, dass bei vorzeitiger Beendigung der Aufbewahrung der Vergütungsanspruch des Verwahrers nicht geschmälert werden soll, und zwar sowohl im Rahmen einer Individualvereinbarung als auch durch AGB (BGH, Urteil vom 02.10.2019 aaO.).

Eine Unangemessenheit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB käme auch in Betracht, wenn der AGB-Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für seine Interessen missbraucht, ohne von vornherein die Interessen seines Vertragspartners zu berücksichtigen. Damit sei das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung mit dem Interesse seines Vertragspartners am Wegfall der Klausel und Ersetzung durch die maßgebliche gesetzliche Regelung abzuwägen. Aber auch hier sei, ginge man mit dem Berufungsgericht von einem Verwahrungsvertrag aus, die Vereinbarung einer dreimonatigen Kündigungsfrist (noch) nicht zu beanstanden. Zwar würde der Einsteller bei sofortiger Rückforderung des Pferdes noch für eine gewisse Zeit belastet. Allerdings würd (mit Ausnahme im Fall einer fristlosen Kündigung) die Kündigungsfrist für beide Vertragsparteien gelten mit der Folge, dass sie auch vom Verwahrer eingehalten werden müsse und er nicht jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen könne. Da das Verwahrungsrecht keine gesetzliche Regelung zur Kündigung von Verträgen mit unbestimmter Laufzeit enthalte, biete sich für ein mögliches Leitbild  die Reglung des § 473 HGB zum Lagervertrag an. Danach kann bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden.  Diese Frist sei eine Mindestkündigungsfrist, weshalb am Maßstab des § 307 BGB orientiert eine maßvolle Überschreitung hingenommen werden könne, solange angenommen werden könne, dass diese Frist auch für den Einsteller zum Zwecke der Suche nach einem neuen Einstellplatz von Nutzen sein kann. Die Dreimonatsfrist sei dem Lagergeschäft nicht völlig fremd sei (sie habe bis zum 30.06.1998 der Mindestlagerfrist des § 422 Abs. 1 S. 1 HGB entsprochen und wurde nach der Gesetzesbegründung diese Frist für das moderne Lagergeschäft nicht mehr für zweckmäßig gehalten).  

Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Interessen des Einstellers in vielerlei Hinsicht denen eines Mieters gleichen, da er regelmäßig nicht in der Lage sei, das Tier ohne weiteres wieder in die eigene Obhut zu nehmen und sich wünsche, jederzeit bei Fortbestand des Obhutsverhältnisses an einem festen Ort zurückgreifen zu können. Orientiert an die Kündigungsfristen für Mitverhältnisse gem. § 580a BGB (Mietverhältnisse über andere Sachen als Wohnraum) würde die Überschreitung der Kündigungsfrist sich noch im Rahmen dessen halten, was als angemessener Interessensausgleich der Vertragsparteien angesehen werden könne, selbst wenn, wie das Berufungsgericht annimmt, die mietrechtlichen Elemente durch das Verwahrungsrecht dominiert würden.

Nach Ansicht des BGH verstößt daher die hier vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB.

BGH, Urteil vom 12.02.2020 – XII ZR 6/19 -

Samstag, 11. Januar 2020

Nutzungsrisiko und Mangel der Miet-/Pachtsache bei fehlender behördlicher Genehmigung


Mit einem Pachtvertrag hatte der Pächter das Objekt „zur Betreibung von Paint-Ball-Spielen“ gepachtet. Nach einer behördlichen Nutzungsverfügung war der Betrieb einer Paint-Ball-Anlage auf dem Pachtgrundstück unzulässig. Im Pachtvertrag (§§ 1 und 7 Ziffer 2) wurde das Risiko der auch vollständigen Versagung einer Genehmigung zum Betrieb einer Paint-Ball-Anlage dem Pächter auferlegt. Der Kläger (Pächter) machte aus § 536a BGB, § 252 BGB Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns geltend und beantragte Prozesskostenhilfe für die Klage. Das Landgericht wies den Antrag zurück, da es der Klage keine Erfolgsaussichten beimaß. Auf die Beschwerde gab das OLG dem Antrag statt.

Das OLG ging in seiner Entscheidung davon aus, dass aufgrund der behördlichen Nutztungsuntersagungsverfügung der Betrieb einer Paint-Ball-Anlage auf dem Pachtgrundstück unzulässig sei. Daher kam es darauf an, ob eine solche Anlage zum vertragsgemäßen Gebrauch gehörte. Dieser richte sich nach Vertragsinhalt und Vertragszweck. Dies würde in gewerblichen Miet-/Pachtverträgen regelmäßig im Vertrag näher dargelegt. Hier sei der Betrieb dieser Anlage ausdrücklich im Vertrag vorgesehen gewesen. Der Verpächter (Vermieter) schulde damit die Eignung des Miet-/Pachtobjekts zu einem entsprechenden Gebrauch.

Das Fehlen der behördlichen Genehmigung stelle sich als Mangel da, da die Nutzung im Hinblick auf die fehlende Genehmigung nicht mehr möglich sei. Es würde sich um durch die baulichen Gegebenheiten bedingte Nutzungseinschränkungen handeln, die, da Gebäudebezogen, grundsätzlich in den Verantwortungs- und Risikobereich des Vermieters fallen würden (BGH, Urteil vom 13.07.2011 - XII ZR 189/09 -).

Zwar hätten hier die Parteien in dem Vertrag das Risiko der Versagung der Genehmigung abweichend von der gesetzlichen Reglung dem Pächter/Mieter (Beklagten) auferlegt. Danach habe sich der Beklagte verpflichtet, alle notwendigen Genehmigungen zum Betrieb von Paint-Ball-Spielen vorzulegen und für sämtliche Genehmigungen und Auflagen zu sorgen. Es sei auch bestimmt worden, dass dem Verpächter/Vermieter für die Einhaltung der Voraussetzungen für den Betrieb keine Haftung übernehme. Derartige Klauseln seien allerdings unwirksam, wenn es sich bei ihnen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 BGB handele (also um Klauseln, die vom Verwender für mehrere Fälle genutzt würden oder werden sollen).  Nicht nur würden die Klauseln sowohl Gewährleistungsrechte ausschließen, sondern auch das Recht zur (fristlosen) Kündigung wegen des im Fahlen der Genehmigung liegenden Mangels der Miet-/Pachtsache gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB, auch wenn (wie hier) das Risiko in die Sphäre des Vermieters/Verpächters fällt, es sei denn, es läge Arglist des Vermieters/Verpächters vor. Im Rahmen einer AGB-Prüfung würde ein derart weitreichender Haftungsausschluss den Pächter/Mieter entgegen Trau und Glauben unangemessen benachteiligen und sei daher unwirksam.

Die Unwirksamkeit würde dazu führen, dass der Mieter/Pächter wegen des im Fehlen der Genehmigung liegenden Mangels der Miet-/Pachtsache Schadensersatz verlangen können (wozu auch der entgangene Gewinn nach § 252 BGB gehöre); er müsse nicht kündigen, sondern könne am Vertrag festhalten und für die Laufzeit Schadensersatz begehren (BGH, Urteil vom 18.01.1995 - XII ZR 30/93 -); lediglich im Hinblick auf den entgangenen Gewinn würde dieser Anspruch nur bis zu dem Zeitpunkt geltend gemacht werden können, zu dem der Vermieter ordentlich hätte kündigen können.

Dies würde allerdings dann nicht gelten, wenn es sich um individualvertragliche Vereinbarungen handeln würde (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.07.2016 - 2 U 144/15 -). Ob es sich um einen formularmäßigen Haftungsausschluss oder eine Individualvereinbarung handelt sei zwischen den Parteien streitig. Da die Möglichkeit besteht, dass es sich um Formularklauseln handelt, sei Prozesskostenhilfe zu gewähren (das Landgericht wird dies im streitigen Verfahren, ggf. nach Beweisaufnahme) zu klären haben.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.04.2019 - 3 W 95/18 -

Donnerstag, 21. November 2019

Mieterhöhungsverlangen unter Bezugnahme auf Mietspiegel einer Nachbargemeinde


Die Wohnung lag in der Stadt Stein (für die es keinen Mietspiegel gab, §§ 558c und 558d BGB), die unmittelbar an das westliche Gemeindegebiet von Nürnberg angrenzt. Zur Begründung der Mieterhöhung nahm die Klägerin Bezug auf den Mietspiegel von Fürth. Die Klage wurde in allen Instanzen zurückgewiesen.

Kernpunkt war, ob die Klägerin zur Begründung der Mieterhöhung zulässig auf den Mietspiegel von Fürth abstellen durfte. Nach der Feststellung des Landgerichts, der der BGH folgte, sei der Mietspiegel der Stadt Fürth zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens für das in der Stadt Stein belegene Mietobjekt nicht geeignet und würde daher das Mieterhöhungsverlangen nicht den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 S. 2 BGB genügen.

Das Mieterhöhungsverlangen ist vom Vermieter zu begründen, § 558a Abs. 1 BGB, damit der Mieter prüfen die sachliche Berechtigung prüfen könne um überflüssige Prozesse zu vermeiden. Allerdings dürften an das Begründungserfordernis in Ansehung von Art. 14 Abs. 1 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es müssten allerdings in formeller Hinsicht Angaben über Tatsachen erfolgen, aus denen das Erhöhungsbegehren  hergeleitet würde, denen der Mieter nachgehen und zumindest ansatzweise prüfen könne. Dabei sei der Mietspiegel einer anderen Gemeinde nur dann taugliches Mittel der Begründung, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handele, § 558a Abs. 4 S. 2 BGB. Das sei hier nicht der Fall. Es handele sich mit den Städten Fürth und Stein, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei feststellte, nicht um vergleichbare Gemeinden.

Die Frage der Vergleichbarkeit der Gemeinden obliege dem Tatrichter. Die Gewichtung und Würdigung sie im Revisionsverfahren nur darauf überprüfbar, ob Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt worden seien, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungsgrundsätze hinreichend beachtet worden seien oder gerügte Verfahrensverstöße vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall. Insbesondere sei der rechtliche Maßstab entgegen der Revision (in Ansehung des älteren Rechtsentscheids des OLG Stuttgart (02.02.1982 - 8 REMiet 4/81 -) nicht daran auszurichten, es handele sich nach Auffassung des Vermieters um vergleichbare Gemeinden, nicht „offensichtlich unbegründet“ sei. Vielmehr habe das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass in Fürth 125.000 Einwohner, in Stein lediglich 15.000 Einwohner leben würden, Fürth ein sogen. Oberzentrum im Sinne des Landesentwicklungsplans sei, in dem über die Einrichtungen für die Grundversorgung hinaus auch eitere Einrichtungen des spezialisierten höheren Bedarfs für die Einwohner des Nachbereichs bereitgehalten würden. Nicht nur träfe dies auf Stein nicht zu; es würden sich dort anders als in Fürth auch keine U- und S-Bahn-Haltestellen befinden, was für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote innerhalb der Stadt als auch in der Gesamtregion für die Einwohner von Bedeutung sei. Berücksichtigt habe das Landgericht auch, dass beide Städte an das Stadtgebiet von Nürnberg grenzen und von beiden Städte aus (Stein mit den benannten Ausnahmen) aufgrund des gemeinsamen Verkehrsverbundes des Großraums Nürnberg mit seinen vielfältigen kulturellen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Angeboten gut erreichbar sei. Nicht zu beanstanden sei es, dass das Landgericht in seiner Gesamtwürdigung dem Umstand der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte maßgebliches Gewicht beigemessen habe. Soweit die Revision darauf abstelle, dass beide Städte an Nürnberg angrenzen würden und sich dies auch in den Grundstückspreisen niederschlage, verkenne sie, dass die Entwicklung der Grundstückspreise keinen verlässlichen Rückschluss auf eine ortsübliche (Vergleichs-) Miete (§ 558 Abs. 1 BGB) zulasse. Auch läge kein Verfahrensfehler darin, dass das Landgericht dem Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Verkehrsanbindung und die allgemeine wirtschaftliche Lage beider Städte nicht eingeholt habe, da diese Umstände das Berufungsgericht aufgrund seiner offensichtlichen Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten selbst habe beurteilen können.

BGH, Urteil vom 21.08.2019 - VIII ZR 255/18 -

Dienstag, 19. März 2019

Vermietung: Gebrauchsgewährung und Instandhaltung der Telefonanschlussleitung in Wohnung


Die von der Klägerin vom Beklagten angemietete Wohnung war mit einem Telefonanschluss ausgestattet, dessen Leitung vom Hausanschluss durch einen Kriechkeller in die Wohnung der Klägerin verlief. Es kam zu einem Defekt der Leitung. Das Telekommunikationsunternehmen teilte der Klägerin nach einer Überprüfung der Leitung vom Haus- zum Telefonanschluss diesen mit und gab an, dieser Defekt müsse vom Vermieter beseitigt werden. Die Klägerin verlegte notdürftig außen ein Kabel vom Hausanschluss zum Telefonanschluss  über ein gekipptes Fenster im Schlafzimmer.

Mit der Klage begehrte die Klägerin die Instandsetzung der Leitung durch die Klägerin, hilfsweise die Duldung der Reparatur durch eine von ihr beauftragte Fachfirma. Das Amtsgericht hatte der Klage im Hauptantrag stattgegeben; auf die zugelassene Berufung des Beklagten wies das Landgericht insoweit die Klage ab und gab dem Hilfsantrag der Klägerin statt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrte die Klägerin die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

Die Revision war erfolgreich. Der Grundsatz sei, dass der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem Zustand überlassen müsse, der einen vertragsgemäßen Gebrauch ermögliche. Fehle es an einer Vereinbarung zum vertragsgemäßen Gebrauch iSv. § 535 Abs. 1 BGB, sei dieser nach den Umständen des Mietverhältnisses und den daraus abzuleitenden Standards, insbesondere unter Berücksichtigung der beabsichtigten Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung von § 242 BGB, zu bestimmen. Danach könne der Wohnraummieter einen Wohnstandard erwarten, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen (unter Berücksichtigung von  Alter, Art des Gebäudes,  Höhe der Miete und evtl. Ortssitte) entspräche.

Dies zugrunde legend würde der vertragsgemäße Gebrauch (und damit die Instandhaltungspflicht) eine funktionsfähige Telefonanschlussleitung umfassen. Dabei könne dahinstehen, ob dies (wie zu Stromleitungen angenommen) nach der Verkehrsanschauung bereits grundlegend zum Mietstandard gehöre. Da jedenfalls in der Wohnung sichtbar eine Telefonanschlussdose vorhanden sei, würde der Telefonanschluss im Wege ergänzender Vertragsauslegung jedenfalls zum vertragsgemäßen Zustand gehören, ohne dass hier der Mieter gegebenenfalls vorher Verkabelungsarbeiten zum Hausanschluss im Keller vornehmen müsse.

Einer teilweise (so auch vorliegend vom Landgericht) vertretenen Ansicht, dass bei Defekt des Anschlusskabels dem Vermieter keine Instandsetzungspflicht obliege, er vielmehr lediglich dem Mieter die Reparatur auf dessen Kosten ermöglichen müsse, sei falsch, da sie nicht mit der Gebrauchsgewährungs- und –erhaltungspflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1  BGB unvereinbar sei, die sich aus der Gebrauchsgewährungsverpflichtung ergebe. Deshalb käme es auch nicht darauf an, ob die defekte Leitung außerhalb der Wohnung liege, da entscheidend nur sei, dass sie mittelbar auch dem Mietgebrauch des Mieters unterliege. Auch wenn weiterhin evtl. dem Mieter Ansprüche gegen seinen Telekommunikationsanbieter zustünden, wäre damit die Pflicht des Vermieters nicht betroffen, da es sich dann allenfalls um einen gesamtschuldnerischen Anspruch handeln würde, bei dem der Mieter wählen könne, wen er in Anspruch nehme.

BGH, Urteil vom 05.12.2018 - VIII ZR 17/18 -

Sonntag, 3. März 2019

Mieterhöhungsbegehren mittels Sachverständigengutachten – ohne Besichtigung der Wohnung


Mieterhöhungen müssen begründet werden, wobei auf Mietspiegel (§§ 558c und 558d BGB), Auskunft einer Mietdatenbank iSv. § 558e BGB, Benennung von Entgelten dreier vergleichbarer Wohnungen oder ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abgestellt werden kann, § 558 Abs. 2 BGB. Häufig bleibt dem Vermieter keine andere Möglichkeit, als ein Gutachten einzuholen, da Mietspiegel und Mietdatenbank (im gesetzlichen Sinne) nicht bestehen und ihm Vergleichswohnungen nicht bekannt sind. Vorliegend war streitig, ob das von der klagenden Vermieterin eingeholte Gutachten den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Amts- und Landgericht verneinten dies; die vom Landgericht zugelassene Revision führte zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

Der Sachverständige hatte die streitbefangene Wohnung nicht besichtigt. Darin sahen die Vorinstanzen einen Formmangel des Gutachtens. Dem folgte der BGH nicht.

Die Formulierung in § 558 Abs. 2 Nr. 3 BGB, „ein mit Gründen versehenes Gutachten“, bedeute, dass dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden müssten, die er zur Prüfung des Begehrens benötige; es diene nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erbringen oder dem Mieter ein Prozessrisiko abzunehmen. Damit reiche es aus, wenn das Gutachten Tatsachen enthalte, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet würde und die der Mieter ansatzweise selbst prüfen könne. Das aber erfordere nicht notwendig, dass der Sachverständige vorher die Wohnung (oder eine typengleiche Wohnung) selbst besichtige. Entscheidend für die Überprüfbarkeit durch den Mieter sei, welche Angaben im Gutachten zu der konkreten (oder vergleichbaren) Wohnung enthalten sind, unabhängig davon, auf welchen Weg der Sachverständige diese Erkenntnisse gewonnen hat. Die Quelle der Sachkunde mag zwar für die Beurteilung der Qualität bedeutsam sein, sei jedoch nicht formal bedeutsam. Auch aus vom Bundesjustizministerium herausgegebenen Hinweisen für derartige Gutachten (nach § 2 Abs. 2 MHG), wonach der Sachverständige grundsätzlich die Wohnung vorher besichtigen soll, ergäbe sich nichts anderes. Damit würde keine formalisierte Verfahrensvoraussetzung geschaffen, die im Falle der Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit führe; der Hinweis solle lediglich Maßnahmen darstellen, die geeignet seien, unnötige Prozesse zu vermeiden und eine außergerichtliche Einigungsbereitschaft des Mieters zu fördern. (Anmerkung: Wenn der Vermieter veranlasst ist, für eine Mieterhöhung (nicht eventuell eine Vielzahl von Mieterhöhungen in einem Hochhaus o.ä.) ein Gutachten einzuholen, wird schon der Vermieter selten bereit sein, sich in Ansehung der von ihm zu tragenden Kosten des Gutachtens auf die regelmäßig im Verhältnis zu den Kosten geringe Erhöhung des Mietzinses auf einen geringeren Mietzins als vom sachverständigen unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze einzulassen).

Auch etwaige Mängel des Gutachtens würden nicht zur formellen Unwirksamkeit des Gutachtens und damit zur Unzulässigkeit der  von der Vermieterin erhobenen Zustimmungsklage führen.

So habe der Sachverständige vorliegend im Gutachten keine Angabe zum Vorhandensein oder Fehlen  von Balkonen und zur Geschosshöhe gemacht. Dies begründete er damit, dass es sich dabei nicht um mietrelevante Ausstattungsmerkmale handele. Sofern diese Merkmale doch für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete relevant seien, läge allenfalls ein inhaltlicher Fehler des Gutachtens vor, der aber die formelle Wirksamkeit desselben und damit die Zulässigkeit der Klage berühre.

BGH, Urteil vom 11.07.2018 - VIII ZR 190/17 -