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Mittwoch, 1. Juni 2016

Nachbarrecht: Beschädigung einer Grenzwand durch Abriss des angebauten Gebäudes

Derjenige, der eine Grenzwand hat, darf diese auch dann mangels anderweitiger Abreden abreißen, wenn sein Nachbar an diese Grenzwand angebaut hat, wobei für den Eigentümer der Grenzwand eine nach dem Abriss erforderliche Außenisolierung des Nachbargebäudes nicht erfolgen muss. Da die Grenzwand nicht die Grenze überschreitet (also keine Grenzanlage iSv. § § 921f BGB ist, ist der Eigentümer seinem Nachbarn gegenüber nicht verpflichtet, die Funktionsfähigkeit der Grenzwand zu erhalten. Insoweit wird auf die Entscheidungen des BGH z.B. vom 18.05.2001  - V ZR 119/00 -  und 18.02.2011  - V ZR 137/10 – verwiesen. Was aber ist, wenn durch den Abriss des Anbaus Schäden an der Grenzwand entstehen ?

Der BGH verweist hier zunächst auf seine Rechtsprechung zu dem umgekehrten Fall (s.o.). Er führt aus, entscheidend sei, dass jeder Grundstückeigentümer für seine Wand verantwortlich ist, wenn zwei parallel verlaufende Grenzwände existieren. Der Vorteil, der sich daraus ergäbe, dass eine Außenwand so lange keines oder keines vollständigen Witterungsschutzes bedarf, wie der Schutz von der Grenzwand des Nachbargrundstückes geboten wird, würde durch das BGB nicht geschützt (so bereits BGH vom 16.04.2010 – V ZR 171/09 -).  Im vorliegenden Rechtsstreit allerdings kam es durch den Abriss des Anbaus des Beklagten an die Grenzwand des Klägers zu einem Schaden der Grenzwand in Form von Putz- und Mauerschäden sowie Feuchtigkeitsschäden im Keller.

Die Putz- und Mauerschäden wurden durch den Abriss verursacht. Auch wenn der Beklagte dafür ein Abrissunternehmen beauftragte, ist er verantwortlich; dies zwar nicht wegen eines Fehlverhaltens des beauftragten Unternehmers, sondern da diese Schäden eine unvermeidliche Folge des Abrisses waren. Zwar durfte der Beklagte den Abriss des Anbaus vornehmen, dabei aber nicht das Eigentum des Klägers beschädigen. Der Kläger könne somit verlangen, dass die Wand als funktionsfähige Außenwand wiederhergestellt wird.

Im Hinblick auf den Feuchtigkeitsschaden leitet der BGH einen Anspruch aus der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB her. Der Beklagte hatte nach dem Abriss eine dicke Betonbodenplatte belassen, auf der sich Wasser ansammelte welches in die Grenzwand einsickerte. Zwar würde der Anspruch des Klägers entfallen, wenn er dies nach § 1004 BGB hätte abwehren können (vorbeugender Unterlassungsanspruch); doch habe der Kläger die Wasserzufuhr weder vorhersehen noch rechtzeitig abwehren können. 

BGH, Urteil vom 18.12.2015 – V ZR 55/15 -