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Freitag, 2. Juni 2017

Zur fiktiven Berechnung des Unfallschadens auf Basis eines Gutachtens und Geltendmachung von Kosten für eine Reparaturbestätigung

Die Klägerin machte Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend, Dabei streiten die Parteien einzig (noch) um eine Schadensposition, nämlich die Kosten für eine Reparaturbestätigung. Ein von der Klägerin beauftragter Sachverständiger hatte die Reparaturkosten in einem Gutachten ermittelt und die Klägerin rechnete gegenüber der beklagten Haftpflichtversicherung auf Basis dieses Gutachtens ab und bekam von ihr die ermittelten Reparaturkosten netto ausgezahlt. Sodann ließ sie von ihrem Lebensgefährten, einem gelernten Kfz-Mechaniker, die Reparatur  vornehmen und sich die Ordnungsgemäßheit von dem Sachverständigen gegen Zahlung der streitigen Gebühr bestätigen.

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Der BGH hält fest, dass eine Kombination zwischen abstrakter Abrechnung (wie hier auf Basis des Gutachtens) und konkreter Abrechnung nicht zulässig sei. Der Geschädigte habe bei der Ersetzungsbefugnis gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Wahl, sich zwischen der  fiktiven Abrechnung auf der Basis der Feststellungen eines Sachverständigen oder aber nach den tatsächlich von ihm zu tragenden Kosten für eine Wiederherstellung abzurechnen.  Bei der fiktiven Abrechnung ist der objektiv zur Wiederherstellung erforderliche Betrag ohne Bezug auf tatsächliche Aufwendungen festzustellen.

Das bedeutet aber auch, dass bei einer fiktiven Abrechnung Kosten für Reparaturmaßnahmen nicht (zusätzlich) erstattungsfähig sind. Übersteigen die konkreten Kosten einer dann (eventuell nachträglich) vorgenommenen Reparatur die Kosten (einschließlich Nebenkosten wie Umsatzsteuer) den fiktiv abgerechneten Betrag, bleibt dem Geschädigten der Übergang zur konkreten Abrechnung (wenn  der Anspruch noch nicht verjährt ist).

Vorliegend rechnet aber die Klägerin nicht die Kosten der konkreten Reparatur ab, sondern will - ohne bezüglich der Reparaturkosten im übrigen auf eine konkrete Abrechnung überzugehen – Ersatz der Kosten für die Reparaturbestätigung durch den Sachverständigen. Hier aber würde es sich nicht um Kosten handeln, die bei der gewählten Art der Abrechnung auf fiktiver Basis zur Wiederherstellung iSv. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich wären. Es handelt um eine auf der freien Entscheidung der Klägerin beruhende Position, ihr Fahrzeug nicht in einer Fachwerkstatt reparieren zu lassen, sondern letztlich in Eigenregie. Die mögliche Motivation, einen Beleg für eine korrekte Reparatur für den Verkaufsfall bzw. bei einem späteren Unfall zu haben, käme es nicht an.

Etwas anderes könnte nur in den vorliegend verneinten Fällen gelten, dass der Nachweis einer ordnungsgemäßen Reparatur zur Geltendmachung von zusätzlichen Nutzungsausfall benötigt wird (deren Geeignetheit im Hinblick auf die Zeit der Gebrauchsentbehrung vorausgesetzt) oder im Fall der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden fiktiven Reparaturkosten für den Nachweis der verkehrssicheren (Teil-) Reparatur des Unfallfahrzeugs und des damit bestehenden Integritätsinteresses des Geschädigten an der Weiternutzung des unfallbeschädigten Fahrzeugs.


BGH, Urteil vom 24.01.2017 – VI ZR 146/16 -