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Dienstag, 30. August 2022

WEG: Kann das Abstellen von E-Autos in Tiefgarage untersagt werden ?

Der Mieter in der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft hatte ein Hybrid-Fahrzeug und von der klagenden Sondereigentümerin einen Tiefgaragenabstellplatz angemietet, an dem dieser ein Sondernutzungsrecht hatte.  In einer Eigentümerversammlung beschloss diese mehrheitlich, dass das Abstellen von Elektrofahrzeugen in der Tiefgarage bis auf weiteres untersagt wird. Die WEG verteidigte den Beschluss u.a. mit Hinweis darauf, dass sich die Lithium-Ionen-Batterien, mit denen E-Fahrzeuge betrieben würden, entzünden und im Brandfall der Brandverlauf länger als bei einem Benzinbrand sei und im Gegensatz zu diesem nicht mit Löschschaum gelöscht werden könne und ein Hineinfahren mit einem Container, wie dies für den Vorgang bei E-Fahrzeugen (zum Zwecke des Ausbrennens) erforderlich sei, hier nicht möglich sei.  Die Klage gegen diesen Beschluss war erfolgreich.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertrat, der Beschluss sei schon wegen mangelnder Beschlusskompetenz nichtig, folgte dem das Amtsgericht nicht. Es handele sich um eine Nutzungsregelung. Nach § 19 Abs. 1 WEG habe die Eigentümerversammlung die Beschlusskompetenz für Nutzungsregelungen des Sonder- und Gemeinschaftseigentums. Zwar sei ein solcher Beschluss nichtig, wenn er das Sondernutzungsrecht aushöhlen würde, doch sei dies hier nicht der Fall, da nur das Abstellen bestimmter Fahrzeuge untersagt worden sei.

Allerdings verstoße der Beschluss gegen die ordnungsgemäße Verwaltung iSv. § 18 Abs. 2 WEG. Nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG bestünde ein individueller Rechtsanspruch von jedem Wohnungseigentümer auf Gestattung von Maßnahmen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen würden. Dieser individuelle Anspruch sei nicht abdingbar und würde durch den Beschluss ins Leere laufen, da zwar der Wohnungseigentümer die Ermöglichung der Installation einer Ladestation erzwingen könne, diese aber nicht nutzen könnte. Selbst wenn man hier eine besondere Brandgefahr durch E-Fahrzeuge bejahen würde, entspräche die Untersagung des Abstellens von E-Fahrzeugen damit nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Anmerkung: Dieser Rechtsansicht des Amtsgerichts kann nicht zugestimmt werden. Zutreffend, dass zur ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig auch die Verwirklichung des gesetzgeberischen Ziels in § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG gehört. Dass durch E-Fahrzeuge eine besondere Brandgefahr ausgeht, ist bekannt, wie auch, dass ein Löschen wie bei herkömmlichen Vergaserfahrzeugen nicht möglich ist. Der Umstand, dass die Tiefgaragen nicht den Anforderungen an diese besondere Gefahr entsprechen, ist nicht explizit im Rahmen des § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG berücksichtigt. Allerdings wird nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Lademöglichkeit notwendig in der Tiefgarage gegeben sein muss. Könnte die WEG einen anderen Bereich - alleine zum Laden der Batterien - zur Verfügung stellen, könnte der Anspruch auf eine Ladestation in der Tiefgarage wohl jedenfalls dann versagt werden, wenn zum Laden (wenn auch nicht zum dauerhaften Abstellen) ein anderer Platz zur Verfügung gestellt wird. Für den Fall, dass nur die Tiefgarage bleibt, um eine Ladestation zu installieren, wird man dem Amtsgericht zustimmen müssen. Dies aber hätte wohl zur Konsequenz, dass die WEG das Brandschutzkonzept überprüfen müsste und ggf. durch bauliche Maßnahmen zum Brandschutz ergreift. § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG begründet keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Ladestation am Abstellplatz des Fahrzeuges errichtet werden müsset, sondern stellt auch im Rahmen der Entscheidung auf eine ordnungsgemäße Verwaltung ab.

AG Wiesbaden, Urteil vom 04.02.2022 - 92 C 2541/21 -

Donnerstag, 23. April 2020

WEG: Fehlende Kompetenz zur Beschlussfassung zu Hausgeldrückständen


Die Wohnungseigentümergemeinschaft forderte von den Beklagten € 4.900,19 an Hausgeldrückständen, die sich aus den Einzelabrechnungen 2008 bis 2011 und dem Wirtschaftsplan 2012 zusammensetzen. Das Amtsgericht gab der Klage statt; das Landgericht hat (im Berufungsverfahren) den Betrag auf € 3.450,20 reduziert. Die Beklagten legten (die zugelassene) Revision ein. Während des Revisionsverfahrens erklärten die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt. Der BGH entscheid mit Beschluss gem. § 91a ZPO über die Kosten.


Der BGH hielt die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigungserklärung teilweise als begründet, im Übrigen als offen, weshalb insoweit bei streitiger Durchführung eine Zurückverweisung erfolgt wäre.

Zum Einen setzte sich der BGH mit Kosten in den Abrechnungen auseinander, inwieweit diese berücksichtigt werden durften. Im Übrigen aber sei der Ausgang des Rechtstreits offen, da entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht die Hausgeldrückstände der einzelnen Wohnungseigentümer, die jeweils in den aus den Jahresabrechnungen abgeleiteten Einzelabrechnungen aufgeführt seien, von der Bestandskraft der Jahresabrechnung nicht erfasst würden. Das aber würde bedeuten, dass im Streitfall auch bei einer rechtskräftig gewordenen Jahresabrechnung der Umfang der Rückstände des einzelnen Eigentümers gesondert festzustellen sei. Die Wohnungseigentümer hätten nicht die Kompetenz, entstandene aber nicht erfüllte Zahlungsverpflichtungen des Eigentümers erneut (etwa in der Jahresabrechnung) zu beschließen. Dieser Teil des Beschlusses, mit dem letztlich der Anspruch auf die rückständige Zahlung neu begründet werden sollte, sei nichtig. Anspruchsbegründend könne nur der Teil des Beschlusses über die Jahresabrechnung wirken, der sich auf den Betrag bezieht, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteige (Abrechnungsspitzen).  Die in früheren Beschlüssen festgestellten Zahlungsverpflichtungen blieben unberührt, was auch für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen Vorschüsse (§ 28 Abs. 2 WEG) gelte. Damit könne  nach einem Beschluss über die Jahresabrechnung  nur die konkrete Abrechnungsspitze nach Eintritt der Bestandskraft der Jahresabrechnung nicht mehr in Frage gestellt werden.  Da damit aber nicht die Jahresabrechnung benannten Rückstände auf Hausgeld zur Abrechnungsspitze gehören würden, sondern Gegenstand einer Forderung aus einem beschlossenen Wirtschaftsplan seien, würde im Hinblick auf die Rückstände keine bestandkräftige Feststellung vorliegen. Dies sei  vorliegend vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt und geprüft worden.

BGH, Beschluss vom 13.02.2020 - V ZR 29/15 -

Donnerstag, 23. Mai 2019

WEG: Nichtiger Beschluss zu Vertragsstrafen (bei Verstoß gegen Vermietungsverbot)


Nach der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bedarf es zur Ausübung eines Berufs oder eines Gewerbebetriebs in einer Wohnung sowie für eine Vermietung, Verpachtung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung  der Zustimmung des Verwalters. In einer Eigentümerversammlung vom 05.06.2012 wurde mit Stimmenmehrheit ein Beschluss gefasst, wonach der betroffene Eigentümer bei einem unterlassenen Zustimmungsverlangen zu einem Mietvertrag an die Gemeinschaft einen „Ausgleichsbetrag“ von € 500,00 bzw. einen höheren Betrag (gestaffelt nach Monaten der Gebrauchsüberlassung, bis max. € 4.000,00) zahlen muss. Nachdem der Beklagte ohne Zustimmung des Verwalters seine Wohnung in mehreren Fällen kurzzeitig vermietet hatte, begehrte die Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin die Zahlung einer Vertragsstrafe von € 2.000,00.  Das Amtsgericht gab der Klage statt. Das Landgericht hat im berufungsverfahren das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision der Klägerin wurde vom BGH zurückgewiesen.

Sei eine Angelegenheit weder durch das Wohnungseigentumsgesetz noch Vereinbarung einer Beschlussfassung unterworfen, so der BGH, fehle es der Eigentümerversammlung an einer notwendigen Beschlusskompetenz, § 23 Abs. 1 WEG. Ein gleichwohl gefasster Beschluss sei zwingend nichtig (BGH, Urteil vom 13.10.2017 – V ZR 305/16 -). Einzig mögliche Grundlage für eine Beschlusskompetenz könne vorliegend § 21 Abs. 7 WEG sein. Danach wäre die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, Fälligkeiten und Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand durch Stimmenmehrheit möglich. Nach der Gesetzesbegründung würde die Regelung einer Vertragsstrafe bei einem Verstoß gegen eine Vermietungsbeschränkung nach einer beispielhaften Erläuterung zulässig sein, wohingehend die Literatur mehrheitlich diese Erwägung in der Begründung als Versehen einstuft und die Beschlussregelung in diesem Fall mit dem Wortlaut des § 21 Abs. 7 WEG unvereinbar halte.

Nach Ansicht des BGH würde sich hier die Vertragsstrafe auf die Einhaltung von Vermietungsbeschränkungen beziehen und Verstöße sanktionieren. Derartige Fallgestaltungen würden aber von § 21 Abs. 7 WEG nah dem eindeutigen Wortlaut nicht erfasst. Vielmehr ergäbe sich hier, dass es lediglich um Zahlungspflichten gehen würde, nicht um Unterlassungsansprüche. Es handele sich auch nicht um verzugsfolgen, da der Verstoß gegen Unterlassungspflichten nicht den Eintritt des Verzugs sondern regelmäßig die Unmöglichkeit zur Folge habe. Es würde für die Verwirkung der Vertragsstrafe nicht an einen Verzug, sondern an die Zuwiderhandlung angeknüpft.

BGH, Urteil vom 22.03.2019 - V ZR 105/18 -

Donnerstag, 8. März 2018

WEG: Fehlende Beschlusskompetenz des Verbandes zum Verlangen auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung


In einem Vorprozess wurde die Kostenverteilungsregelung der Gemeinschaftsordnung des Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Parteien angehören, als unwirksam eingestuft. Einige Miteigentümer haben daraufhin eine Vereinbarung notariell beurkunden lassen, nach der Umlagenschlüssel als auch Regelungen zu Sondernutzungsrechten, Instandhaltungspflichten u.a. geändert wurden. Sie forderten die übrigen Miteigentümer zur notariellen Zustimmung auf. Mit Ausnahme des Klägers waren diese dem nachgekommen. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde dann der auf der Tagesordnung angekündigte Beschluss gefasst, die Hausverwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, außergerichtlich und nötigenfalls gerichtlich die noch fehlende Zustimmung des Klägers einzuholen und durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt. Die zugelassene Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe keine Beschlusskompetenz gehabt. § 23 Abs. 1 WEG regele die Beschlussfassung zu Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder der Vereinbarung (Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) qua Beschluss entschieden werden könne. Es fehle daher an der Beschlusskompetenz, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben sei mit der Folge, dass ein dennoch gefasster Beschluss wegen absoluter Unzuständigkeit nichtig sei.

Vorliegend sei die Hausverwaltung beauftragt und ermächtigt worden, von dem Kläger die Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung  einzuholen und auch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Der Beschluss sei so zu verstehen, dass eine alleinige Ausübungsbefugnis des Verbandes für die Individualansprüche der Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG begründet werden sollte. Nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verlangen, wenn ein Festhalten an der bisherigen Regelung aus besonderen Gründen im Einzelfall unbillig erscheint. Die mögliche Kompetenzgrundlage des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG käme aber vorliegend nicht zum Tragen, da es sich bei § 10 Abs. 2 S. 3 WEG um einen Individualanspruch handele und für einen solchen die Kompetenz des Verbandes nicht begründet werden könne.

Der BGH weist darauf hin, dass § 10 Abs. 6 S. 3 WEG sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung beziehe, nicht aber auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer oder deren individuelle Mitgliedsrechte. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 3 würde dem Einzelnen einen Anspruch im Einzelfall bei besonderen Umständen zuerkennen, der sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Veraltung bezöge, sondern ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem beträfe § 10 Abs. 2 S. 3 WEG den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts, der generell der Vergemeinschaftung entzogen sei. Der Änderungsanspruch diene gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im Innerverhältnis der Wohnungseigentümer und dieser Schutz würde zur Disposition der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Änderungsanspruch auf den Verband gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übertragen könnten.

Die eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung wünschenden  Wohnungseigentümer könnten hier zwecks Vermeidung widerstreitender Entscheidungen gemeinsam klagen oder sich darauf verständigen, dass nur einer klagt. Im übrigen bliebe offen, ob hier überhaupt (gar insgesamt) die beabsichtigten Änderungen Inhalt des Individualanspruchs nach § 20 Abs. 2 S. 3 WEG sein könnten.

BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 305/16 -

Donnerstag, 3. April 2014

Wohnungseigentum: Mobilfunkanlage bedarf Zustimmung aller Eigentümer

(Bild: Christian Riedel / pixelio.de)
Die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Haus einer Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf nach der Entscheidung des BGH vom 24.01.2014 – V ZR 48/13 – der Zustimmung aller Eigentümer. Sie stellt sich als eine die Schwelle des §§ 22 Abs. 1 iVm. 14 Nr. 1 WEG hinausreihende nachteilige bauliche Beeinträchtigung dar, da es auf die Erheblichkeit nicht ankommt und nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen außer Betracht bleiben können. Schon im Hinblick auf mögliche Gefahren durch solche Anlagen bestünde die ernsthafte Möglichkeit, dass der Miet- und Verkaufswert der Eigentumswohnung beeinträchtigt würde. Die Norm des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach unwesentliche Strahlungen, die sich in den Grenzen der Richtwerte bewegen würden, im Nachbarverhältnis nicht berücksichtigungsfähig sind, greife im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander nicht.

BGH, Urteil vom 24.01.2014 - V ZR 48/13 -