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Dienstag, 13. Juni 2017

Gewährleistungsausschluss und Rechtsmängelfreiheit bei Kaufvertrag über gebrauchtes Fahrzeug

Der Kläger kaufte vom Beklagten einen  gebrauchten PKW zum Preis von € 30.000,00. Im Vertrag wurde aufgenommen, dass der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolge.  Gleichzeitig hieß es in dem Vertrag, dass der Verkäufer versichere, dass das Fahrzeug und dessen Zubehörteile sein Eigentum sind; Rechte Dritter daran würden nicht bestehen. Knapp fünf Monate nach Abschluss des Kaufvertrages erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und focht diesen wegen arglistiger Täuschung an, da das Fahrzeug nach Auskunft der Polizei im Schengener Informationssystem als gestohlen verzeichnet sie und jederzeit mit einer Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft zu rechnen sei. Er verlangte mit der Klage Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug der Gebrauchsvorteile.

Die Klage wurde erst- und zweitinstanzlich abgewiesen. Der BGH hob auf und verwies zur weiteren Sachprüfung an das OLG zurück. Inwieweit eine Kenntnis des Beklagten von dem möglichen Recht eines Dritten bestand blieb in den Entscheidungen unklar; lehnte man danach eine arglistige Täuschung ab, kam es darauf an, ob trotz des umfassenden Gewährleistungsausschlusses (der Sach- und Rechtsmängel umfasst) ein Rechtsanspruch des Klägers gegen ihn bestehen konnte.

1. Anders als in der Vorinstanz angenommen ging der BGH nicht davon aus, dass sich der Gewährleistungsausschluss auch auf Rechtsmängel iSv. § 435 S. 1 BGB beziehe. Nach § 435 S. 1 BGB ist eine Sache von Rechtsmängeln frei, wenn Dritte keine oder nur vereinbarte Rechte an dieser geltend machen können. Zwar sei vorliegend nicht geklärt worden, ob es sich bei den Regelungen im Kaufvertrag um AGB-Bestimmungen oder eine Individualvereinbarung handele. Während eine AGB-Klausel vom Revisionsgericht umfassend geprüft werden könne, könne eine Individualvereinbarung im Revisionsverfahren nur eingeschränkt geprüft werden. Vorliegend hätten die Vorinstanzen aber prüfbare Denksätze und anerkannte Auslegungsregeln nicht beachtet. Zwar sei ein vollkommener Gewährleistungsausschluss vereinbart worden, aber direkt danach Angabe des Beklagten, dass Rechte Dritter nicht bestünden. Dabei handele es sich auch nicht lediglich um eine Versicherung des Eigentums des Beklagten, da diese selbst noch vorangestellt wurde.

Es standen sich mithin hier der vereinbarte Gewährleistungsausschluss und die Darlegung einer Rechtsmängelfreiheit  gegenüber und bedürften einer Auslegung. Gerade beim Gebrauchtwagenkauf bestünde ein nachvollziehbares Bedürfnis des Käufers, den alleine im Interesse des Verkäufers aufgenommenen Gewährleistungsausschluss nach § 434 BGB auf Sachmängel zu begrenzen und die gesetzliche Rechtsmängelhaftung fortgelten zu lassen.

2. Zur arglistigen Täuschung durch den Verkäufer hielt der BGH fest, dass dieser mit seiner Begründung diese nicht hätte negieren dürfen. Ein Verschweigen der SIS-Eintragung sei verneint worden, da sich aus der Ermittlungsakte nicht ergeben hätte, dass er über die Eintragung im SIS-Fahndungssystem informiert wurde und einer Verwertung des Fahrzeugs nicht im Wege stünde. Außer Acht habe das Berufungsgericht gelassen, dass zunächst ein behördliches Veräußerungsverbot ausgesprochen wurde. Nach den Umständen sei nur eine SIS-Fahndung in Betracht gekommen. Der Beklagte habe auch einen Anwalt eingeschaltet gehabt. Er hätte hier nachfragen können. Indem er dies unterlassen habe, hätte er den Rechtsmangel zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Kläger ihn nicht kannte und bei Kenntnis den Kaufvertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte.

3. Da in den Vorinstanzen nicht geklärt wurde, ob das Fahrzeug tatsächlich (was vom beklagten bestritten war) im SIS-Fahndungssystem ausgeschrieben war, kam es zur Zurückverweisung.


BGH, Urteil vom 26.04.2017 – VIII ZR 233/15 -