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Samstag, 5. August 2017

Erlass von Steuern aus sachlichen Billigkeitsgründen

Der Kläger begehrte den Erlass der für den Zeitraum 1989 bis 2004 festgesetzten Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag von rund € 1,4 Mio. mit der Begründung, die erzielten Einkünfte seien mit deutlich mehr als 100% mit Einkommen- und Gewerbesteuer (aus Personengesellschaften, an denen er als Kommanditist beteiligt sei) belastet worden. Für den Zeitraum 1989 bis 1993 wurde dies vom Finanzamt auch im Einspruchsverfahren abgelehnt. Eine Entscheidung für die Jahre ab 1994 erfolgte noch nicht, da hier gesondert die ab dann nicht mehr vorliegende Zusammenveranlagung des Klägers mit seiner Ehefrau zu berücksichtigen sei. Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Ablehnung für den Zeitraum 1989 bis 1993. Sie wurde vom Finanzgericht zurückgewiesen, u.a. mit der Begründung, der Verlust der Existenzgrundlage sei nicht dargelegt worden, und auch sachliche Billigkeitsgründe würden ausscheiden.

Die zulässige Revision wurde vom BFH zurückgewiesen.

Der BFH wies ebenfalls darauf hin, dass persönliche Billigkeitsgründe vom Kläger (so eine Existenzgefährdung) nicht dargelegt wurde. Damit wäre auf sachliche Billigkeitsgründe abzustellen. Ein sachlicher Billigkeitsgrund wäre bei einer Steuerbelastung anzunehmen, die in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie eingreifen würde. Auch die steuerliche Belastung höherer Einkünfte dürfe nicht so weit gehen, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt würde, Allerdings gäbe es keine verbindlichen absoluten Belastungsobergrenzen (BVerfGE 115, 97, 114).

Bezogen auf die Gewerbesteuer könne ein Erlassgrund vorliegen, wenn bei einer jahrelang andauernden Verlustperiode diese nicht mehr aus dem Ertrag sondern der Substanz des Unternehmens geleistet würde. Wird eine Übermaßbesteuerung durch Kumulation von Einkommen- und Gewerbesteuer geltend gemacht, ist nicht nur die den Steuerpflichtigen direkt treffende Gewerbesteuer zu berücksichtigen, sondern auch die auf der Ebene der Personengesellschaft entstandene.

Allerdings sei vorliegend zu berücksichtigen, dass die geltend gemachte Belastung mit Gewerbesteuer darauf beruht, dass sie auf negative Ergebnisse aus Betrieben zurückgeht, an denen der Kläger mittelbar oder unmittelbar beteiligt war und eine Verrechnung von positiven Erträgen mit positiven Erträgen aus anderen Betrieben dem gewerbesteurrechtlichen Saldierungsverbot entstamme (§ 2 Abs. 1 GewStG). Dies sei Folge des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer. Dies würde, trotz dagegen vorgebrachter Bedenken, vom Bundesverfassungsgericht nicht in Frage gestellt (zuletzt BVerfG vom 15.02.2016 - 1 BvL 8/12 -).  Damit könne es zu einer Abweichung vom Prinzip der Bestuerung nach Leistungsfähigkeit kommen, auch mit der Möglichkeit einer Substanzbesteuerung (BFHW 246, 67).

Das Fehlen einer Verlustverrechnungsmöglichkeit dürfe nicht mittels einer Billigkeitsmaßnahme entgegen der gesetzgeberischen Wertung aufgehoben werden.


BFH, Urteil vom 23.02.2017 – III R 35/14 -