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Dienstag, 19. Dezember 2017

Überschreiten der privaten Vermögensverwaltung (zur Abgrenzung § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu § 15 EStG nach der „Klammerrechtsprechung“)

Die Klägerin (eine 1978 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GBR))erklärte 2003 wie in den Vorjahren im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wozu u.a. ein Rathauserweiterungsbau und ein Straßenverkehrsamt (sogen. Dienstgebäude) gehörten. Daneben erklärte sie aus einer Beteiligung an einer GbR weitere Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie geringe Einnahmen aus Kapitalvermögen. In Bezug auf das Dienstgebäude Rathauserweiterungsbau lag dem zugrunde, dass die Stadt mit der Klägerin einen 1986 Erbbaurechtsvertrag schloss mit der Pflicht der Klägerin, auf dem Grundstück die Dienstgebäude zu errichten. Im Falle des Erlöschens des Erbbaurechts durch Zeitablauf sollte die Stadt gegen Zahlung eine bestimmte Entschädigung zahlen. Auch war vorgesehen, dass die Stadt die Übertragung des Erbbaurechts an sich verlangen konnte, wenn der Mietvertrag über die Vermietung an die Stadt unwirksam wäre oder endet. Das Mietverhältnis war auf die Dauer des Erbbaurechts von 20 Jahren ausgerichtet und endete 2007. Entsprechend schloss die Klägerin in 1002 einen Erbbaurechtsvertrag mit dem Landkreis; Erbbaurecht und Mietvertrag endeten 2013.

Im Rahmen einer Außenprüfung des Finanzamtes 1997 bis 2001 wurden die Einnahmen nach § 21 EStG festgestellt. Anlässlich einer Folgeprüfung 2003 – 2009 wurden die Einnahmen nach § 15 EStG als gewerbliche Einnahmen festgestellt und erging in 2013 ein entsprechender Änderungsbescheid (Feststellungsbescheid) für 2003.

Die Klägerin legte Einspruch und erhob gegen den Einspruchsbescheid iVm. dem Änderungsbescheid Klage. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamtes war erfolgreich und führte zur Aufhebung der finanzgerichtlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das Finanzgericht.

Der BFH wies darauf hin, dass die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb bei der Vermietung von Grundstücken dann überschritten sei, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung des Grundbesitzes im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (so durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund trete.

Nicht im Hinblick auf eine von vornherein geplante Veräußerung (bzw. entgeltlichen Übertragung) der Dienstgebäude infolge Erlöschens des Erbbaurechts gegen Zahlung einer Entschädigung alleine sei der rahmen zur privaten Vermögensverwaltung überschritten worden. Auch sei kein gewerblicher Grundstückshandel (so z.B. die Überschreitung der 3-Objekte-Grenze als Indiz) anzunehmen. Allerdings habe hier die Tätigkeit der Klägerin über die private Vermögensverwaltung deshalb hinausgegangen sein können, wenn das Gesamtkonzept der Klägerin darin bestanden habe, auf den Erbbaugrundstücken Bauwerke zu errichten, diese an den Grundstückseigentümer zu vermieten und nach Ablauf der Vermietzeit einer von vornherein fest vereinbarten Entschädigung entgeltlich zu übertragen. Diese „Verklammerungsrechtsprechung“ sei für bewegliche Wirtschaftsgüter anerkannt (BFHE 258, 403). Diese Rechtsprechung sei entgegen der Annahme  des Finanzgerichts auch auf unbewegliche Wirtschaftsgüter übertragbar. Die Umschichtung trete in diesen Fällen klar in den Vordergrund gegenüber der Fruchtziehung aus den Substanzwerten. Dem stünde die Haltefrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 EStG nicht entgegen. Auch eine Reinvestition des Veräußerungserlöses in ein nämliches Objekt würde hier nicht dazu führen, noch eine private Vermögensverwaltung anzunehmen.

Entscheidend sei (und dazu hatte das Finanzgericht keine Feststellungen getroffen, weshalb es zu einer Zurückverweisung kam), ob bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse feststand, ob das zu erwartende positive Gesamtergebnis sich nur unter Einbeziehung der am Schluss zu zahlenden Entschädigung durch die Grundstückseigentümer realisieren ließ.


BFH, Urteil vom 28.09.2017 - IV R 50/15 -

Donnerstag, 27. April 2017

Zulässige Berufung des Erwerbers auf fehlende Schriftform eines langfristigen Mietvertrages

Die Beklagte hatte mit dem Rechtsvorgänger des Klägers einen Mietvertrag über nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume abgeschlossen, §§ 550, 578 Abs. 1 BGB. In § 4 des Mietvertrages war eine Vertragslaufzeit bis zum  30.04.2021 vereinbart gewesen. Anlässlich des Vertragsabschlusses wurde mündlich die Vereinbarung getroffen, dass nach Ablauf eines Vertragsjahres die Miete nicht mehr, wie im schriftlichen Vertrag vorgesehen, € 2.900,00/Monat, sondern nur noch € 1.900,00/Monat betragen sollte.

Der Kläger kündigte den Mietvertrag innerhalb der gesetzlichen Frist. Seiner Räumungsklage gab das Landgericht statt; die Berufung der Beklagten zum OLG war nicht erfolgreich. Trotz der Laufzeitvereinbarung in § 4 des Mietvertrages war nach Auffassung beider Instanzen des auf den gesetzlichen Reglungen zu einem unbefristeten Mietverhältnis beruhende Kündigung rechtens gewesen. Der Mietvertrag entbehrte nämlich der notwendigen Schriftform. Zwar wurde ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen; da allerdings der Mietzins ohne Aufnahme in den Vertrag nur mündlich anderweitig als in dem schriftlichen Vertrag beschrieben geregelt worden war, ist der Schriftformanforderung nicht genügt. Die Schriftform, so das OLG, sei nur gewahrt, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen wie Mietparteien, Mietgegenstand, Mietdauer und Mietzins, aus einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde ergeben (BGH vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 -).

Die mündliche Vereinbarung zum Mietzins sei auch nicht nach § 125 BGB nichtig. Nichtigkeit könnte nur angenommen werden, wenn die Vereinbarung gegen eine qualifizierte Schriftformklausel verstoßen würde. Zwar wurde in § 18 des Mietvertrages eine Schriftformklausel aufgenommen, Es könne auf sich beruhen, ob solche Klauseln zulässig sind, ob sie zur Nichtigkeit von gleichwohl getroffenen Vereinbarungen führen oder ob die Individualvereinbarung der Schriftform vorgehe, da vorliegend die im Formularmietvertrag enthaltene Klausel bereits deshalb nicht greift, da dies eine nachträgliche Ergänzung oder Veränderung des Vertrages fordert. Nur für nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sollte nach der Formularklausel die Schriftformregelung gelten. Hier aber wurde die mündliche Abrede nicht nach Vertragsschluss, sondern bei Vertragsschluss getroffen, weshalb die schriftlich niedergelegte Miethöhe von Anbeginn an nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprach.

Auch kann nach Ansicht des OLG die Beklagte mit ihren Treuwidrigkeitseinwand nicht durchdringen. Selbst wenn der Generalbevollmächtigte der Beklagten den Kläger auf die abweichende Reglung zum Mietzins hingewiesen haben sollte, läge in der Kündigung unter Berufung auf die fehlende Schriftform nach § 550 BGB kein treuwidriges Verhalten, denn der Kläger musste die einseitige Erklärung von der Beklagtenseite aus Rechtsgründen nicht beachten. Vielmehr hätte sich der Kläger gleichwohl auf die schriftlich niedergelegte Mietzinshöhe verlassen dürfen. Etwas anderes, so das OLG, könnte allenfalls (was offen blieb) gelten, wenn beide Mietvertragsparteien den Kläger (wohl vor Abschluss des Kaufvertrages) auf die abweichende mündliche Vereinbarung hingewiesen haben sollten (was nicht behauptet wurde). Der Kläger sei (nach der behaupteten einseitigen Erklärung des Generalbevollmächtigten der Beklagten) auch nicht zu Nachforschungen verpflichtet gewesen; dies könnte sich nur dann ergeben, wenn der Erwerber (Kläger) durch den Inhalt der Vertragsurkunde selbst hinreichend gewarnt war, wofür hier aber § 18 des Formularvertrages keinen Anlass bot. Die Erkundigungspflicht gelte, wenn in der Urkunde auslegungsbedürftige Begriffe verwandt worden wären (BGH vom 24.07.2013 – XII ZR 104/12 -) oder auch zur Frage einer Verlängerungsoption (BGH vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 -).

Anmerkung: Die Entscheidung ist zutreffend und berücksichtigt auch die einschlägige Rechtsprechung des BGH. Das Gebot zur Schriftform bei längerfristigen Verträgen (Vertragsdauer länger als ein Jahr, § 550 BGB) dient auch der Sicherheit für den Fall des Vertragsübergangs qua Verkauf des Grundstücks oder Rechtsnachfolge qua Erbschaft. Wollte man hier die alleine auf die mündlich vereinbarten Regelungen abstellen, würde dies zur ständigen Ungewissheit des Rechtsnachfolgers über den tatsächlichen Vertragsinhalt führen. Von daher reicht auch ein einseitiger Hinweis des Mieters gegenüber dem (potentiellen) Erwerber nicht aus, sondern müssten jedenfalls sowohl der Mieter als auch Vermieter/Verkäufer dies (vor Abschluss des Kaufvertrages) darlegen; zwar läge dann auch noch ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB vor, doch könnte in einem solchen Fall die Berufung darauf tatsächlich treuwidrig sein, da das Schriftformerfordernis den Zweck der umfassenden Information des Erwerbers dient und durch die Information als geheilt angesehen wird. Vor diesem Hintergrund liegt es im Interesse von Vermieter und Mieter, bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von über einem Jahr darauf zu achten, dass die Vereinbarungen dem Erfordernis des § 550 entsprechen.