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Donnerstag, 5. November 2020

(Verweigerte) Bauteilöffnung – Weisungsrecht nach § 404a ZPO, Ermessen und Beweislast

 

Die Klägerin machte Versicherungsleistungen gegen die beklagte Wohngebäudeversicherung nach einem Gebäudeschaden nach einem Hochwasserschaden geltend. Sie behauptete, durch Wassereintritt sei das Fundament zerstört worden. Die diesbezügliche Klage wurde nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen.  Ihre Berufung wurde ebenso wie die vom Berufungsgericht zugelassene Revision zurückgewiesen. Dabei verwies das Berufungsgericht darauf, dass sich bei einer Begehung des Hauses keine Anhaltspunkte für eine Beschädigung des Fundaments ergeben hätten und die Klägerin die von der Sachverständigen für erforderlich angesehene Bauteilöffnung abgelehnt habe.

Das Berufungsgericht hatte danach die Klägerin, nach Auffassung des BGH zu Recht, als beweisfällig angesehen. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht davon abgesehen habe, die Sachverständige zur Vornahme der Bauteilöffnung anzuweisen.

Der Klägerin oblag für die anspruchsbegründenden Tatsachen und damit die behauptete Zerstörung des versicherten Gebäudes die Beweislast. Dieser Beweis sei nicht geführt worden. Aus dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten habe sich für die Behauptung keine Anhaltspunkte gezeigt. Diese vom, Landgericht festgestellte Tatsache sei zutreffend vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt worden, da klägerseits keine begründeten Zweifel gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen durch das Langgericht geltend gemacht worden seien.

In diesem Zusammenhang sei das Landgericht ebenso wenig wie das Berufungsgericht  verpflichtet gewesen, im Rahmen eines nach § 404a Abs. 1  und Abs. 4 ZPO eingeräumten Ermessens dem Sachverständigen Weisungen zu erteilen, hier auf Vornahme der von der Klägerin nicht gewollten Bauteilöffnung zur weitergehenden Prüfung. § 404a stelle letztlich klar, dass der Gutachter Gehilfe des Gerichts ist und ihm vom Gericht vorgeschrieben werden könne, was rechtlich bedeutsam sei. Das Weisungsrecht umfasse inhaltliche Vorgaben, die der Sachverständige seiner Begutachtung zugrunde zu legen habe, wie auch zur Beantwortung der Beweisfragen erforderlichen Maßnahmen und Weisungen zu Art und Weise des bei der Untersuchung des Beweisgegenstandes gebotenen Vorgehens. Allerdings sei streitig, ob dazu auch die Weisung zu Bauteilöffnungen gehöre, was aber hier offen bleiben könne. Auch bei Bejahung sei dies aber nach den Umständen des Einzelfalls in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Die Ablehnung einer Weisung durch das Berufungsgericht sei vorliegend jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft gewesen. Es habe erkannt, dass zwischen den Interessen der beweispflichtigen Partei und den mit der Durchführung des Gutachtenauftrages beauftragten Sachverständigen unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit bezogen auf den konkreten Sachverhalt abgewogen werden müsse. Dabei dürfe das Gericht das durch eine Bauteilöffnung des Hausfundaments verbundenen besonderen Gefahren und daraus resultierenden Haftungsrisiken des Sachverständigen ausschlaggebendes Gewicht beimessen. Rechtsfehlerfrei sei dabei auch vom Berufungsgericht berücksichtigt worden, dass die Klägerin dadurch nicht in Beweisnot gerät, da sie die Bauteilöffnung für die Untersuchung durch den Sachverständigen auch selbst hätte vornehmen können.

Schließlich begegne aber die Anwendung der Beweislastregel hier auch deshalb keinen Bedenken, da die Klägerin nicht zu einer Öffnung des Fundaments bereit war. Dass aber die Beweisfrage auf anderen Weg auch geklärt hätte werden können, sei nicht ersichtlich.

BGH, Urteil vom 23.09.2020 - IV ZR 88/19 -

Montag, 20. Juli 2020

Kosten der Bauteilöffnung für eine Beweisaufnahme und Kostenaufhebung im gerichtlichen Verfahren


Die Parteien stritten um Baumängel. Im gerichtlichen Verfahren wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, für welches die Klägerin die Kosten der notwendigen Bauteilöffnung trug. Im Anschluss verglichen sich die Parteien und vereinbarten eine Kostenaufhebung. In deren Rahmen beantragte die Klägerin auch die von ihr aufgewandten Kosten für die Bauteilöffnung auszugleichen, also gegen die Beklagte festzusetzen. Dies lehnte der Rechtspfleger ab. Der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Klägerin half das Landgericht nicht ab; die Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen.

Entscheidend stellte das OLG dabei zutreffend darauf ab, dass es sich bei den der Klägerin entstandenen Kosten für die Bauteilöffnung nicht um Gerichtskosten handele, die im Rahmen der Vergleichsregelung zwischen den Parteien auszugleichen waren, sondern um eigene Kosten der Klägerin, die mithin nach dem Vergleich jede Partei für sich zu tragen hatte.

Das OLG wies darauf hin, dass in Literatur und Rechtsprechung streitig sei, ob notwendige vorbereitende Maßnahmen zur Schaffung der Voraussetzungen für die Erstattung des Gutachtens vom Gericht dem von diesem beauftragten Sachverständigen aufgegeben werden können (dazu; OLG Schleswig, Beschluss vom 14.12.2017 - 16 W 152/17 -), wobei in Abrede gestellt würde, dass dem Sachverständigen das Verschließen der Bauteilöffnung durch das Gericht auch übertragen werden könne (OLG Celle, Beschluss vom 01.12.2016 - 5 W 49/16 -.).

Darauf kam es hier nach zutreffender Ansicht des OLG nicht an, da das Landgericht dem Sachverständigen nicht aufgegeben hatte, die Voraussetzungen für seine Gutachtenerstattung durch Bauteilöffnung selbst zu veranlassen. Die Arbeiten wurden von der Klägerin (einschließlich des Verschließens nach Begutachtung durch den Sachverständigen) beauftragt und bezahlt, weshalb auch der Sachverständige insoweit keine Entlohnung nach §§ 413 ZPO, 8ff JVEG erhalten habe. Auslagen des Gerichts iSv. KV-GKG Nr. 9005 seien deshalb nicht entstanden, die auszugleichen wären.

Ausdrücklich dahingestellt ließ das OLG die Frage, ob in entsprechender Anwendung der §§ 667, 683, 670 BGB hier die außergerichtlichen Kosten der Klägerin als Gerichtskosten gewertet werden könnten. Dem habe Punkt IV. des Beweisbeschlusses entgegengestanden, nach dem eine notwendige Bauteilöffnung der Klägerin „auf ihre Kosten“ auferlegt worden sei.

Anmerkung: Der Fall verdeutlicht, dass die Partei versuchen sollte, derartige Kosten von vornherein als Gerichtskosten zu postulieren, indem der Sachverständige mit der Bauteilöffnung beauftragt wird.  Kann die Partei damit nicht durchdringen, sollte jedenfalls im Falle eines Vergleichsschlusses, bei dem die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, bezüglich der von der Partei getragenen Kosten für Bauteilöffnung aber auch -schließung geregelt werden, dass diese hälftig von der gegnerischen Partei getragen werden.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.05.2020 - 2 W 1128/20 -

Dienstag, 25. April 2017

Pflichten des Sachverständigen bei Bauteilöffnungen

Immer wieder ist es erforderlich, dass für sachverständige Feststellungen Bauteilöffnungen vorzunehmen sind. Wer aber hat sie vorzunehmen und wer hat sie wieder zu verschließen ? Mit dieser Problematik setzte sich das OLG Celle auseinander.

Der Antragsteller wollte die Mangelhaftigkeit im Bereich des Fußbodens seines Hauses festgestellt wissen, die er auf mangelhafte Fußbodenheizungsverlegungsarbeiten bzw. Fliesenarbeiten zurückführte. Der vom Gericht berufene Sachverständige hielt eine Bauwerksöffnung für erforderlich, weigerte sich aber, diese selbst vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, da nicht erkennbar sei, welche Schwierigkeiten sich dabei ergeben könnten. Die Parteien sollten die Organisation vornehmen. Das Landgericht wies den darauf vom Antragsteller gestellten Antrag, den Sachverständigen zur Vornahme der Öffnung und Verschließung in Eigenregie vorzunehmen, zurück. Die dagegen erhobene Beschwerde war teilweise erfolgreich.

Nach Auffassung des OLG Celle ist der Sachverständige verpflichtet, die Bauteilöffnung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Dies begründete es mit einem Verweis auf § 404a Abs. 1 ZPO, demzufolge der Sachverständige verpflichtet sei, Art und Umfang der Maßnahmen zu bestimmen, die zur Beantwortung der Beweisfrage erforderlich sind. Diese Maßnahmen habe er dann selbst oder durch geeignete Hilfspersonen vorzunehmen. Es sei seine ureigenste Aufgabe, die Grundlagen für die Erstattung des Gutachtens zu schaffen.

Allerdings sei der Sachverständige entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der vor der Bauteilöffnung bestand. Dies sei für die Begutachtung nicht erforderlich. Im übrigen könne ihm auch nicht zugemutet werden, evtl. einen mangelhaften Zustand wiederherzustellen. Die Wiederherstellung sei hier Sache des Antragstellers, der dann seinen Aufwand geltend machen könne.


OLG Celle, Beschluss vom 01.12.2016 – 5 W 49/16 -