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Montag, 6. Dezember 2021

Schriftformerfordernis (§ 550 BGB) bei wesentlicher Änderung des Mietvertrages ?

Der Rechtsstreit der Mietvertragsparteien erledigte sich im Rahmen des Revisionsverfahrens in der Hauptsache und der BGH hatte nur noch über die Kosten zu entscheiden. Die Kostenentscheidung hat auch im Revisionsverfahren, worauf der BGH hinwies, gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen. Danach seien die Kosten des Verfahrens hier der Klägerin aufzuerlegen, da sie mit ihrem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Mietsache, der auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gestützt wurde, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durchgedrungen wäre.

Grundlage des Rechtstreits war § 550 BGB, demzufolge ein für einen längeren Zeitraum als einem Jahr abgeschlossener Mietvertrag der Schriftform bedarf. Der Zweck der Norm bestehe darin, einen Erwerber des Grundstücks vor der Gefahr zu schützen, an einen Mietvertrag, dessen Inhalt er nicht zuverlässig kennt, länger als ein Jahr gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 12.03.2003 - XII ZR 18/00 -). Ferner würde die Norm auch dazu dienen, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese auch vor einer unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -). Der Gesetzgeber habe mit der Vorgabe, dass die Schriftform für Verträge über eine Laufzeit von mehr als einem Jahr geltend würde, gleichzeitig postuliert, bis zu welchem Zeitpunkt nicht von einer langfristigen  Bindung auszugehen sei.

Nach dem benannten Zweck der Norm würde das Schriftformerfordernis auch für vertragswesentliche Vereinbarungen (wie z.B. Miethöhe) gelten, wenn diese länger als ein Jahr gelten sollen. Daraus ergäbe sich, dass die Jahresfrist er mit Abschluss einer nicht formgerechten Änderungsvereinbarung zu laufen beginne, die die Schriftform des ursprünglich formwirksamen Vertrages entfallen ließe (BGH, Urteil vom 25.01.2017 - XII 69/16 -), weshalb sich die Vertragsparteien (einschließlich eines evtl. eintretenden Erwerbers) selbst bei einem Schriftformverstoß bei der Änderungsvereinbarung erst nach Ablauf eines Jahres aus der vertraglichen Bindung lösen könnten.

Vorliegend ging es um zwei Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Minderung der Miete infolge eines Minderungsgrundes und der Dauer der möglichen Minderungen. Vorliegend käme es nicht darauf an, ob die Vereinbarung zur Minderung der Schriftform unterliege, wenn die Dauer an das Bestehen des Minderungsgrundes geknüpft sei. Die Minderungen hätten jeweils eine Dauer von unter einem Jahr gehabt. Auch wenn beide Minderungen mit 15 Monaten die Jahresfrist überschritten hätten, käme es darauf nicht an, da die Laufzeit jeweils in Bezug auf die einzelne Abrede betrachtet werden müsse. Der von der Klägerin aus den beiden Vereinbarungen abgeleitete Schriftformverstoß des bis zum 31.08.2020 befristeten und mit zwei je fünfjährigen Verlängerungsoptionen für den Mieter versehene Mietvertrag habe mithin nicht an einem Schriftformverstoß gem. § 550 BGB gelitten, weshalb die darauf beruhende Kündigung und damit das gerichtliche Räumungs- und Herausgabeverlangen unberechtigt seien.

BGH, Beschluss vom 15.09.2021 - XII ZR 60/20 -

Sonntag, 2. Mai 2021

Wahrung der Schriftform durch eine Nachtragsurkunde oder (nachträgliche) Anlage zum Mietvertrag

Die Klägerin (die aus abgetretenen Recht klagte) nahm die Beklagte auf Räumung und Herausgabe einer zur Aufstellung einer zum Betrieb eines Geldautomaten vermieten Gewerbefläche in Anspruch. Der Mietvertrag wurde am 31.07.2015 auf die Dauer von fünf Jahren (mit Verlängerungsklausel) geschlossen. Auf der Vorderseite des Vertragsformulars der Beklagten waren u.a. Angaben zu den Vertragsparteien, dem Standort der Gewerbefläche und zur Höhe der Miete; die Unterschrift erfolgte durch die Mietparteien auf der Vorderseite im Anschluss an die o.g. Angaben. Auf der Rückseite befanden sich allgemeine Vertragsbedingungen, in denen unter § 1 Abs. 1 auf eine Anlage verwiesen wurde, einem Lageplan, in dem die konkrete Mietfläche in einem „Lageplan/Fotomontage“ für den Geldautomaten markiert sein sollten. Die Vertragsdauer nebst der Verlängerungsklausel wurden dort unter § 2 benannt.  Später unterzeichneten die Vertragsparteien eine mit „Anlage 1“ bezeichnete Urkunde, in der in der Überschrift diese als Anlage 1 „zum Mietvertrag zwischen … und …“ und ausgeführt wurden „Das eingezeichnete Objekt kennzeichnet die Mietfläche nach § 1.1 des Vertrags“. Eine Fotomontage zeigte den von außen bedienbaren Geldautomaten in einer Ansicht der Hausfassade. Der Gelautomat wurde am 29.11.2016 in Betrieb genommen.

Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 14.08.2017 ordentlich zu, 31.03.2018.

Das Landgericht wies die Räumungsklage ab. Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das OLG die Beklagte antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe. Die Revision der Beklagten führte zur Wiederherstellung der landgerichtliche Entscheidung.

Ein Mietvertrag von einer Mietdauer von über einem Jahr bedarf der Schriftform, § 550 BGB. Dies gilt auch für Räume, die keine Wohnräume sind, § 578 Abs. 2 BGB. Der BGH führte aus, dass ein Vertrag, bei dem sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter gegen ein monatliches Entgelt eine Teilfläche zur Aufstellung eines Geldautomaten zur Verfügung zu stellen, rechtlich als Mietvertrag zu qualifizieren sei, da dieser Vertrag durch die typischen mietvertraglichen Hauptleistungspflichten der Überlassung des Mietobjekts zur vertragsgemäßen Nutzung gegen Zahlung eines Entgelts (§ 535 Abs. 1 und 2 BGB) geprägt sei. Damit sei auf ihn auch § 550 BGB anwendbar, wenn der Vertrag auf die Dauer von mehr al einem Jahr geschlossen wird.

Anders als das OLG sah der BGH das Schriftformerfordernis als erfüllt an.

Die Schriftform des § 550 BGB sei nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen aus der von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergäbe. Zu diesen notwendigen Angaben gehören Benennung der Vertragsparteien, der konkrete Mietgegenstand, der Mietzins und die Vertragsdauer. Da auch formbedürftige Vertragsklauseln der Auslegung unterfallen würden, reiche es aus, wenn der Inhalt der Vertragsbedingungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmbar sei. Würden wesentliche vertragliche Vereinbarungen in Anlagen zum Vertrag ausgelagert, müssten die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Diese Kenntlichmachung müsse nicht durch körperliche Verbindung erfolgen; ausreichend sei eine bloß gedankliche Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck gebracht werden müsse (BGH, Urteil vom 26.02.2020 - XII ZR 51/19 -).  Weiterhin würde zur Schriftform die Unterschrift der Vertragsparteien gehören, die den gesamten Vertragsinhalt decken müsse und den Vertragstext räumlich abschließen, also unterhalb des Textes stehen und damit die urkundliche Erklärung abschließen müsse (BGH, Urteil vom 04.11.2020 - XII ZR 104/19 -).

Diese Voraussetzungen erfüllte der Mietvertrag vom 31.07.2015 nicht. Der BGH verwies darauf, dass dieser nur auf der Vorderseite unterschrieben worden sei und damit nicht den vollständigen Vertragsinhalt, der auch aus den rückseitig abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen bestünde, abdecken würde. Auf der Vorderseite sei auch kein verweis auf die rückseitigen Allgemeinen Vertragsbedingungen aufgenommen worden, aus dem sich entnehmen ließe, dass diese von den Unterschriften mitumfasst wären.

Allerdings sei es für die Einhaltung der Schriftform nicht erforderlich, dass schon die erste Vertragsurkunde (hier der Mietvertrag vom 31.07.2015) selbst alle Schriftformerfordernisse erfülle. Es genüge vielmehr, wenn diese Voraussetzungen durch eine nachfolgende Änderungsvereinbarung gemeinsam mit der in Bezug genommenen ersten Vertragsurkunde erfüllt würde. Dabei könne es nach den Umständen des Einzelfalls auch genügen, wenn lediglich eine dem Vertrag beigefügte Anlage von den Parteien unterschrieben würde, wenn in dieser Anlage hinreichend deutlich würde, auf welchen vertrag sie sich beziehe. Auch hier sei eine körperliche Verbindung zwischen dem Mietvertrag und der Anlage nicht erforderlich, vielmehr genüge es wie bei einer Nachtragsvereinbarung zur Einhaltung der Schriftform, dass zwischen der Anlage und dem Mietvertrag eine gedankliche Verbindung bestünde, die erkennen ließe, dass beide Schriftstücke in ihrer Gesamtheit den Vertrag bilden. Es sei daher ausreichend, wenn die Anlage die Mietvertragsparteien bezeichne, hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nähme und ersichtlich sei, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages verbleibe (BGH, Urteil vom 04.11.2020 - XII ZR 104/19 -).

Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die nach Abschluss des Mietvertrages gefertigte Anlage nenne die Vertragsparteien und würde den streitgegenständlichen Vertrag sowie den Mietgegenstand benennen. Weiterhin würde Bezug genommen auf § 1 der auf der Rückseite des Mietvertrags vom 31.07.2015 abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen. Aus dieser Bezugnahme würde die gesamte Vertragsurkunde des Mietvertrages vom 31.07.2015 und die nachträgliche Anlage zu einer gedanklichen Einheit verbunden, aus der sich der Inhalt des Vertrages ergäbe. Es sei deshalb nicht erforderlich, dass in der nachträglichen Anlage die weiteren Vertragsbedingungen nicht mehr ausdrücklich aufgeführt worden seien und auch kein klarstellender Hinweis auf die Fortgeltung der in der Vertragsurkunde abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen aufgenommen worden sei. Mithin sei die Schriftform nach § 126 Abs. 1 und 2 S. 1 BGB gewahrt.

BGH, Urteil vom 10.02.2021  - XII ZR 26/20 -

Montag, 9. März 2020

Der vom Wohnraummietvertrag isolierte Stellplatzmietvertrag und die Krux mit der Schriftform


Im Kern streiten die Parteien um die Frage, ob die Kündigung eines Stellplatzmietvertrages bei nicht schriftlicher vereinbarter Vertragsdauer mit ordentlicher Kündigungsfrist möglich ist. Hintergrund (verkürzt wiedergegeben) war der Mietvertrag aus 1990 des (inzwischen verstorbenen) Ehemanns der Beklagten mit seinem damaligen Vermieter der Wohnung über einen Einstellplatz. Die Beklagte heiratete den Mieter 1993 und zog mit in die Wohnung ein. In 2005 verstarb der Ehemann der Beklagten.  Die Beklagte blieb in der Wohnung wohnen und nutzte den Stellplatz weiter, zahlte auch dafür das zuvor mit ihrem Ehemann bereits vereinbarte Entgelt. Die Klägerin erwarb in  2016 eine Eigentumswohnung, die mit dem Sondernutzungsrecht zu der hier fraglichen Stellplatz verbunden war. Sie kündigte den Stellplatzmietvertrag und begehrte das Unterlassen der Nutzung durch die Beklagte. Ihre Klage war im Berufungsrechtszug erfolgreich; die (zugelassene) Berufung der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Grundsätzlich würde gelten: Für den Fall, dass der Vermieter eines in einem einheitlichen Vertrag vermieteten Stellplatzes und einer Wohnung ist, einen Teil des Mietobjekts abtrennt und veräußert, tritt der Erwerber des Stellplatzes ebenfalls in den Mietvertrag ein. Gleiches gilt, wenn der Mieter von vornherein mittels zweier voneinander getrennter Verträge mit dem gleichen Vermieter von die Wohnung und den Stellplatz anmietet und sodann der Vermieter Wohnung und Stellplatz getrennt veräußert.  

Der BGH ging davon aus, dass es sich bei dem Stellplatz um jenen im schriftlichen Mietvertrag mit dem Ehemann der Beklagten handeln würde. Allerdings würden hier Wohnraummietvertrag und Stellplatzmietvertrag keine rechtliche Einheit bilden, weshalb der Übergang des Wohnraummietvertrages auf die Beklagte gem. § 563 BGB (Eintrittsrecht bei Tod des Mieters) nicht auch zu einem Übergang des Stellplatzvertrages geführt habe. Zwar sei nach dem Tod des Ehemanns der Beklagten von einem konkludenten Abschluss eines Stellplatzvertrages zwischen dem Vermieter und der beklagten auch zu den Bedingungen des Stellplatzvertrages auszugehen, da weiterhin eine Nutzung erfolgte und die Miete gezahlt worden sei und die Beklagte auch als Mieterin angeschrieben worden sei. Allerdings sei der Stellplatzmietvertrag gem. §§ 578, 576 BGB gesondert von der anderweitig zugeordneten Wohnung auf die Klägerin übergegangen (nicht die Wohnung). Es habe sich um einen vom Wohnraummietvertrag isolierten Stellplatzvertrag zwischen dem verstorbenen Ehemann der Beklagten und dem damaligen Vermieter gehandelt; eine Verbindung beider Verträge sei nicht vereinbart gewesen.

Zwar sei der ursprüngliche schriftliche Mietvertrag über den Stellplatz über eine längere Zeitdauer als ein Jahr abgeschlossen gewesen, wie die Staffelung des Mietzinses in dem Vertrag zeige. Der mit der Beklagten konkludent neu abgeschlossene Mietvertrag wahre aber nicht die Verträge mit einer Vertragslaufzeit von mehr als einem Jahr vorgesehene Schriftform, §§ 578, 550 BGB, mit der Folge, dass er ordentlich nach § 580a BGB kündbar sei. Der Umstand, dass davon auszugehen sei, dass der neue Vertrag der Beklagten mit dem Vermieter nach dem Ableben ihres Ehemanns die gleichen Bedingungen enthalte, wie der Vertrag mit ihrem Ehemann, ändere daran nichts. Es ermangelt an einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde. Die Beklagte habe erst (und damit verspätet und unbeachtlich) im Revisionsverfahrens geltend gemacht, sie sei Erbin ihres verstorbenen Ehemanns geworden und als solche Rechtsnachfolgerin von ihm im (schriftlichen) Mietvertrag über den Stellplatz.

BGH, Urteil vom 15.01.2020 - XII ZR 46/19 -

Freitag, 27. April 2018

Die Einhaltung der Schriftform im Mietvertragsrecht: § 550 BGB vs. § 126 BGB


Der Kläger schloss am 05.03.2012 mit dem damaligen Eigentümer der Liegenschaft einen „Nutzungsvertrag“ (für eine Photovoltaikanlage)  über eine Laufzeit von 30 Jahren. Der schriftliche Vertragsentwurf des Klägers wurde vom damaligen Eigentümer unterschrieben und sodann per Telefax dem Kläger übermittelt, der nun das Fax unterschrieb und dieses sodann an den ehemaligen Eigentümer zurück faxte. Die im Original unterschriebenen Exemplare verblieben damit bei dem jeweiligen Unterzeichner.


Am 04.10.2012 kündigte der ehemalige Eigentümer den Vertrag. In der Folge verkaufte er das Grundstück an A., der am 11.03.2013 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Die Beklagte kaufte von A. am 27.02.2013 das Grundstück und wurde am 10.06.2013 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die beklagte verweigerte dem Kläger ab 15.03.2013 den Zugang zum Grundstück. Der Kläger beantragte die Feststellung, dass das Vertragsverhältnis durch die Kündigung vom 04.10.2012 nicht beendet wurde sondern weiter fortbesteht und die Beklagte ihm gegenüber wegen Verweigerung des Zutritts schadensersatzpflichtig sei, da die beklagte das Grundstück einen Dritten überließ und von daher eine Besitzeinräumung an den Kläger nicht mehr möglich sei.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Der BGH hob die Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Die Vorinstanzen haben die Einhaltung der notwendigen Schriftform gem. §§ 550, 126 BGB. Erforderlich sei, dass die Vertragsparteien dieselbe Urkunde eigenhändig unterschreiben würden, was hier nicht der Fall gewesen sei.

Der BGH folgt hier der Annahme der Vorinstanzen, dass es sich nicht um einen Pachtvertrag sondern um einen Mietvertrag handeln würde, wies aber auch darauf hin, dass dies in Ansehung der Antragsstellung ohne Belang sei, da im Hinblick auf die gesetzliche Kündigungsfristen bei Miet- und Pachtverträgen dies nur den Zeitpunkt der Beendigung zum nächsten Kündigungszeitpunkt  bei fehlender Wahrung der Schriftform des über einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossenen Vertrages betreffen würde.

Richtig habe das OLG darauf hingewiesen, dass keine Urkunde existiere, auf der beide Vertragsparteien im Original unterschreiben hätten. Damit lägen die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 S. 1 BGB nicht vor. Allerdings würde die Nichteinhaltung der materiell-rechtlichen Anforderung des § 126 Abs. 2 S. 1 BGB nicht der Wahrung der Schriftform für Miet-/Pachtverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr entgegenstehen. Das Schriftformerfordernis könne gem. § 126 Abs. 2 S. 2 BGB auch dadurch erfüllt werden, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen würden und jede Partei die für die andere Partei vorgesehene Urkunde unterzeichne.  Aber auch diese Voraussetzung läge nicht vor, da jede Partei nur das Original der von ihr selbst unterschriebenen Urkunde habe.

Die Schriftform des § 550 S. 1 BGB würde nur erfordern, dass die Erklärungen schriftlich niedergelegt sind (äußere Form), wobei der Abschluss des Vertrages auch mündlich oder konkludent erfolgen könne. § 550 BGB würde in erster Linie dem Informationsbedürfnis eines Erwerbers dienen, sich in genügender Form über den Inhalt eines Vertrages zu informieren. Damit aber sei es ausreichend, wenn, wie hier, die Vertragsparteien gleichlautende Urkunden unterzeichnen, wobei es auf den Zugang der Urkunden bei dem jeweils anderen Vertragspartner nicht ankäme.

§ 126 Abs. 2 S. 2 BGB verlange allerdings, dass das jeweils unterzeichnete (gleichlautende) Vertragsexemplar für die andere Partei bestimmt sein müsse. Nicht zwingend sei allerdings, daraus abzuleiten, dass im Rahmen des § 550 S. 1 BGB die gleichlautenden Urkunden in den Besitz des jeweiligen Vertragspartners gelangt seien. § 126 Abs. 2 S. 2 BGB würde den der Schriftform genügenden Vertragsschluss und damit die Form der empfangsbedürftigen Willenserklärung regeln, demgegenüber es für die Einhaltung der Schriftform des § 550 S. 1 BGB nicht darauf ankomme, ob die beurkundete Erklärung den Vertragsparteien zugegangen sei, da der Vertragsschluss sowohl durch sie als auch auf andere Weise möglich sei. Es käme hier lediglich auf die äußere Form an, weshalb alleine die Existenz der die vertraglichen Regelungen dokumentierenden und unterschriebenen Urkunde entscheidend sei. Der Zugang sei daher ebenso ohne Belang wie die Frage, wo sich die Urkunden befinden oder ob sie zum Zeitpunkt einer gerichtlichen Prüfung der Formgemäßheit des Mietvertrages noch existieren würden.

BGH, Urteil vom 07.03.2018 - XII ZR 129/16 -

Sonntag, 3. Dezember 2017

Gewerberaum-Mietrecht: Unwirksamkeit der Schriftformheilungsklausel und treuwidrige Kündigung

Die Klägerin begehrte die Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen.  Beklagte hatte mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 08.12.1998 einen Mietvertrag geschlossen (der u.a. vorsah dass die Müllgebühren zu den vom Mieter zu tragenden Betriebskosten gehören) und am 11.10.2006 einen „1. Nachtrag zum Mietvertrag“. In dem Nachtrag wurde eine Indexierung vereinbart. Ferner enthielt der Nachtrag eine Regelung, dass den Parteien bekannt sei, dass „dieser Mietvertrag, der eine Laufzeit von mehr als einem Jahr hat… der Schriftform bedarf.“ Damit im Zusammenhang heißt es: „Sie verpflichten sich deshalb gegenseitig, auf jederzeitiges verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen, und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun. Dies gilt sowohl für den Mietvertrag, als auch sämtliche Nachtrags-, Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen.“

Mit der Klägerin wurde am 16.12.2009 ein 2. Nachtrag geschlossen, nach der die Mietzeit bis zum 31.05.2020 (mit Verlängerungsoption für den beklagten) verlängert wurde. Auch hier wurde eine Klausel in Bezug auf das ausdrücklich benannte Schriftformerfordernis nach § 550 BGB aufgenommen mit der Ergänzung dahingehend, bis zur Vornahme eventuell notwendiger Handlungen und Erklärungen das Mietverhältnis nicht unter Berufung auf die fehlende Schriftform zu kündigen. Mit einem Schreiben vom 15.01.2011 bat die Klägerin den Beklagten um eine Veränderung der Indexklausel, wonach statt 10%-Punkte nunmehr 5%-Punkte für eine Anpassung ausreichend sein sollten und der Beklagte dies mit dem handschriftlichen Zusatz „6% einverstanden“ zurücksandte.

Mit Schreiben vom 20.06.2014 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 31.12.2014. Im Berufungsverfahren legte sie ein Schreiben des Beklagten vom 24.12.2015 vor, mit dem dieser sich gegen die Abrechnung von Müllgebühren wandte mit Hinweis darauf, sich mit dem vormaligen Eigentümer geeinigt zu haben, dass für ihn eine Mülltonne nicht angeschafft würde.

Der BGH sah das Schriftformerfordernis des Vertrages, welches für die vereinbarte Mietzeit bis  2020 erforderlich wäre und der hier vorliegenden ordentlichen Kündigung entgegenstehen würde, als nicht gegeben an.  Er verwies darauf, dass das Schriftformerfordernis bedeute, dass sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen  (so insbes. Mietgegenstand, Miethöhe, Mietdauer und Parteien) aus der von beiden Parteien zu unterzeichnenden Urkunde ergeben müsse. Ergibt sich dies nur aus möglichen Anlagen, sei eine zweifelsfreie Verbindung (die nicht notwendig körperlich sein müsse) erforderlich. Dem entsprächen die Bezugnahmen in den zwei Nachträgen und dem ursprünglichen Mietvertrag. Auch die Müllgebühren würden hier der Schriftformklausel nicht entgegenstehen, da der Beklagte ohnehin nur die Kosten zu tragen habe, die (für ihn auch) anfallen. Allerdings sei die Änderung der Indexierung nicht von der Schriftformklausel gedeckt, da hier (auch nicht gedanklich) auf die wesentlichen Grundlagen der vertraglichen Regelungen verwiesen wurde, sondern lediglich diese Klausel angesprochen wurde.

Dies konnte vorliegend nach Auffassung des BGH auch nicht durch die Schriftformklausel geheilt werden. Derartige Schriftformklauseln wären möglich, wenn z.B. in einem Vorvertrag ein langfristiges Mietverhältnis vereinbart worden wäre oder wenn bei nachträglichen Vereinbarungen dafür Sorge getragen werden solle, dass die Schriftform gewahrt wird und dadurch die langfristige Bindung gesichert würde. In diesen Fällen würde es darum gehen, den Vorgaben des Vorvertrages zu entsprechen und einen formwirksamen Vertrag zu schaffen oder um einem konkret befürchteten Formmangel entgegenzuwirken. Vorliegend sei dies aber anders. Hier sollte für jedweden fall des Verstoßes eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Schriftform bestehen. Im Übrigen aber sei mit Blick auf den Schutzzweck des § 550 BGB die Schriftformheilungsklausel nicht wirksam abdingbar. Denn im Falle ihrer Gültigkeit würde der von ihr vorgesehene Übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige Warnfunktion letztlich leerlaufen.  

Allerdings wäre dies hier für die Klägerin nicht weiterführend. Denn insoweit nahm der BGH einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) an. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben läge dann vor, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Vereinbarung, die nur ihrem Vorteil diene, nur wegen der fehlenden Schriftform zum Anlas nähme, sich von einem ihr zwischenzeitlich als lästig angesehenen Mietvertrag zu lösen. Die Neureglung der Indexierung, für der es an der Schriftform fehlt, was sich auf den Mietvertrag insgesamt auswirkt, wäre hier für die Klägerin vorteilhaft gewesen, da die Erhöhung statt erst nach einer Indexänderung von 19%-Punkten schon ab (so die Zustimmung des Beklagten) 6%-Punkten möglich wurde.


BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -

Donnerstag, 27. April 2017

Zulässige Berufung des Erwerbers auf fehlende Schriftform eines langfristigen Mietvertrages

Die Beklagte hatte mit dem Rechtsvorgänger des Klägers einen Mietvertrag über nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume abgeschlossen, §§ 550, 578 Abs. 1 BGB. In § 4 des Mietvertrages war eine Vertragslaufzeit bis zum  30.04.2021 vereinbart gewesen. Anlässlich des Vertragsabschlusses wurde mündlich die Vereinbarung getroffen, dass nach Ablauf eines Vertragsjahres die Miete nicht mehr, wie im schriftlichen Vertrag vorgesehen, € 2.900,00/Monat, sondern nur noch € 1.900,00/Monat betragen sollte.

Der Kläger kündigte den Mietvertrag innerhalb der gesetzlichen Frist. Seiner Räumungsklage gab das Landgericht statt; die Berufung der Beklagten zum OLG war nicht erfolgreich. Trotz der Laufzeitvereinbarung in § 4 des Mietvertrages war nach Auffassung beider Instanzen des auf den gesetzlichen Reglungen zu einem unbefristeten Mietverhältnis beruhende Kündigung rechtens gewesen. Der Mietvertrag entbehrte nämlich der notwendigen Schriftform. Zwar wurde ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen; da allerdings der Mietzins ohne Aufnahme in den Vertrag nur mündlich anderweitig als in dem schriftlichen Vertrag beschrieben geregelt worden war, ist der Schriftformanforderung nicht genügt. Die Schriftform, so das OLG, sei nur gewahrt, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen wie Mietparteien, Mietgegenstand, Mietdauer und Mietzins, aus einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde ergeben (BGH vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 -).

Die mündliche Vereinbarung zum Mietzins sei auch nicht nach § 125 BGB nichtig. Nichtigkeit könnte nur angenommen werden, wenn die Vereinbarung gegen eine qualifizierte Schriftformklausel verstoßen würde. Zwar wurde in § 18 des Mietvertrages eine Schriftformklausel aufgenommen, Es könne auf sich beruhen, ob solche Klauseln zulässig sind, ob sie zur Nichtigkeit von gleichwohl getroffenen Vereinbarungen führen oder ob die Individualvereinbarung der Schriftform vorgehe, da vorliegend die im Formularmietvertrag enthaltene Klausel bereits deshalb nicht greift, da dies eine nachträgliche Ergänzung oder Veränderung des Vertrages fordert. Nur für nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sollte nach der Formularklausel die Schriftformregelung gelten. Hier aber wurde die mündliche Abrede nicht nach Vertragsschluss, sondern bei Vertragsschluss getroffen, weshalb die schriftlich niedergelegte Miethöhe von Anbeginn an nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprach.

Auch kann nach Ansicht des OLG die Beklagte mit ihren Treuwidrigkeitseinwand nicht durchdringen. Selbst wenn der Generalbevollmächtigte der Beklagten den Kläger auf die abweichende Reglung zum Mietzins hingewiesen haben sollte, läge in der Kündigung unter Berufung auf die fehlende Schriftform nach § 550 BGB kein treuwidriges Verhalten, denn der Kläger musste die einseitige Erklärung von der Beklagtenseite aus Rechtsgründen nicht beachten. Vielmehr hätte sich der Kläger gleichwohl auf die schriftlich niedergelegte Mietzinshöhe verlassen dürfen. Etwas anderes, so das OLG, könnte allenfalls (was offen blieb) gelten, wenn beide Mietvertragsparteien den Kläger (wohl vor Abschluss des Kaufvertrages) auf die abweichende mündliche Vereinbarung hingewiesen haben sollten (was nicht behauptet wurde). Der Kläger sei (nach der behaupteten einseitigen Erklärung des Generalbevollmächtigten der Beklagten) auch nicht zu Nachforschungen verpflichtet gewesen; dies könnte sich nur dann ergeben, wenn der Erwerber (Kläger) durch den Inhalt der Vertragsurkunde selbst hinreichend gewarnt war, wofür hier aber § 18 des Formularvertrages keinen Anlass bot. Die Erkundigungspflicht gelte, wenn in der Urkunde auslegungsbedürftige Begriffe verwandt worden wären (BGH vom 24.07.2013 – XII ZR 104/12 -) oder auch zur Frage einer Verlängerungsoption (BGH vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 -).

Anmerkung: Die Entscheidung ist zutreffend und berücksichtigt auch die einschlägige Rechtsprechung des BGH. Das Gebot zur Schriftform bei längerfristigen Verträgen (Vertragsdauer länger als ein Jahr, § 550 BGB) dient auch der Sicherheit für den Fall des Vertragsübergangs qua Verkauf des Grundstücks oder Rechtsnachfolge qua Erbschaft. Wollte man hier die alleine auf die mündlich vereinbarten Regelungen abstellen, würde dies zur ständigen Ungewissheit des Rechtsnachfolgers über den tatsächlichen Vertragsinhalt führen. Von daher reicht auch ein einseitiger Hinweis des Mieters gegenüber dem (potentiellen) Erwerber nicht aus, sondern müssten jedenfalls sowohl der Mieter als auch Vermieter/Verkäufer dies (vor Abschluss des Kaufvertrages) darlegen; zwar läge dann auch noch ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB vor, doch könnte in einem solchen Fall die Berufung darauf tatsächlich treuwidrig sein, da das Schriftformerfordernis den Zweck der umfassenden Information des Erwerbers dient und durch die Information als geheilt angesehen wird. Vor diesem Hintergrund liegt es im Interesse von Vermieter und Mieter, bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von über einem Jahr darauf zu achten, dass die Vereinbarungen dem Erfordernis des § 550 entsprechen.