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Sonntag, 9. Oktober 2022

WEG: Anspruch von Nutzung von Teileigentum zu Wohnzwecken ?

Die Parteien waren Mitglieder einer Teileigentümergemeinschaft, die aus sieben Einheiten bestand. Nach der Teilungserklärung „dürfen“ die Einheiten „zur beruflichen oder gewerblichen Nutzung“ dienen, „insbesondere als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden“. Der Beklagte war Eigentümer einer als Arztpraxis vermieteten Einheit im Erdgeschoss; nach Errichtung eines Ärztehauses in der Nachbarschaft kündigte der Mieter. Er bildete die Einheit um und vermiete sie als Wohnraum. Das Amtsgericht wies die auf Unterlassung der Vermietung als Wohnraum gerichtete Klage zurück. Die Berufung dagegen war erfolgreich. Mit seiner Revision bei dem BGH drang der Beklagte nicht durch.

Es bestünde ein Unterlassungsanspruch gem. § 15 Abs. 3 WEG. Danach könne jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechend der Vereinbarung (Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung) verlangen. Die Nutzung der Einheit des Beklagten zu Wohnzwecken widerspreche der Teilungserklärung (TE) bzw. im weiteren Sinne den in der Teilungserklärung enthaltenen Regelungen der Gemeinschaftsordnung.

Soweit es in der TE heiße, die Einheiten „dürfen“ beruflich oder gewerblich genutzt werden, würde es sich trotz des verwandten Verbs „dürfen“ um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handeln iSv. § 15 Abs. 1 WEG handeln (BGH, Urteil vom 27.10.2017 - V ZR 193/16 -). Dies ergäbe sich aus der Vorbemerkung zu der TE, demzufolge das gesamte Gebäude „zur beruflichen und gewerblichen Nutzung dienen wird“.

Der BGH wies darauf hin, dass eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung sich aber als zulässig erweisen können, wenn sie „bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung“. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, auch wenn die Teilungserklärung jegliche berufliche oder gewerbliche Nutzung als lediglich für Apotheke und Arztpraxis erlauben sollte. Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass die Anlage ausschließlich aus Teileigentumseinheiten bestünde und das gesamte Gebäude gewerblichen oder beruflichen Zwecken diene. Es könne dahinstehen, wie es sich bei einer Anlage mit Wohnungs- und Teileigentum verhalte. Bei der notwendigen typisierenden Betrachtungsweise sei die Nutzung eines Teileigentums zu Wohnzwecken in einem lediglich beruflichen oder gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzungsart, da eine Wohnnutzung mit typischen Wohnimmissionen (Küchengerüche, Freizeit- und Kinderlärm, Musik pp.) sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (wie im Hausflur herumstehender Gegenstände) verbunden sei und ganztägig, auch an Wochenenden, erfolge. Nicht entscheidend sei, on durch die Wohnnutzung ein geringerer Besucherandrang vorläge oder sich die Anlage in einem reinen Wohngebiet befinde. Die Teileigentümer hätten ein berechtigtes Interesse daran, dass der professionelle Charakter der Anlage erhalten bleibe, um mögliche Konflikte durch eine in der TE nicht angelegte gemischte Nutzung von vornherein zu vermeiden. Sie dürften darauf vertrauen, dass sich alle Teileigentümer an die vereinbarten Zweckbestimmungen halten.

Der Umstand, dass eine Heimnutzung, die typischerweise dem Aufenthalt von Menschen rund um die Uhr dient, als in Teileigentumseinheiten grundsätzlich statthaft angesehen würde (BGH aaO.), spreche hier nicht gegen das Unterlassen. Eine Heimnutzung müsse von einer reinen Wohnnutzung abgegrenzt werden, da sie sich von dieser unterscheide.

Der Beklagte könnte einen Anspruch auf eine Änderung der TE gem. § 10 Abs. 3 S. 2 WEG haben. Dieser fall läge vor, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Eigentümer, unbillig erscheine. Dies ließe sich hiernach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneinen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Kodifizierung des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG die Hürden an die Anpassung bewusst abgesenkt habe, indem nun nur noch „schwerwiegende Gründe“ und nicht mehr „außergewöhnliche Umstände“ erforderlich seien. Solche schwerwiegenden Gründe könnten vorliegen, wenn (wie der beklagte behauptet) eine dauerhafte gewerbliche Vermietung angesichts der Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten sei. Darüber hinaus müsse geprüft werden, welche Interessen aus Sicht der anderen Eigentümerneben dem formalen Interesse gegen die Anpassung sprechen würden. Hier könnten bauliche Gegebenheiten bedeutsam sein, da die Einheit des Beklagten im Erdgeschoß läge und so möglicherweise den Eindruck von der Anlage prägen könnte, wobei allerdings auch zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte dafür gesorgt haben soll, dass die zwei aus dem Teileigentum hervorgegangenen Wohnungen über einen hinter der Eingangstür gelegenen gemeinsamen Windfang betreten würden. Auch müsse bei der Abwägung nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG bedacht werden, dass sich ein dauerhafter Leerstand für die gesamte Anlage nachteilig erweisen könnte.

Allerdings könne der Beklage einen eventuell danach bestehenden Anpassungsanspruch nach § 10 Abs. 2 S. 4 WEG dem Unterlassungsanspruch nicht einredeweise entgegenhalten (BGH, Beschluss vom 13.07.1995 - V ZB 6/94 -). Die Gemeinschaftsordnung würde solange gelten, bis sie durch Vereinbarung aller Eigentümer oder durch richterliche Entscheidung ersetzt worden sei. Berechtigte Anpassungsbegehren müssten in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen im Verhältnis der Wohnungs-/Teileigentümer untereinander gelten. Dieses Ziel könne nicht erreicht werden, wenn eine entsprechende Einrede geltend gemacht werden könne. Durch eine die Einrede berücksichtigende Entscheidung würde auch nicht eine Anpassung in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden können. Keiner Entscheidung bedürfe es, wie zu verfahren gewesen wäre, wenn der Beklagte Widerklage auf Anpassung der Gemeinschaftsordnung erhoben hätte (da eine Widerklage nicht vorlag).

BGH, Urteil vom 15.07.2022 - V ZR 127/21 -

Donnerstag, 16. Mai 2019

WEG: „Geburtsfehler“ der Gemeinschaftsordnung und deren Berichtigung


Die Teilungserklärung (TE) der Wohnungseigentümergemeinschaft aus 1984 bestimmte u.a., dass dem „jeweiligen Eigentümer des Teileigentumsrechts G30 die unentgeltliche, ausschließliche Nutzung der Abstellräume I, II und II sowie der Wasch- und Trockenräume A und B“ zustehe. Nach Auseinandersetzungen über die Art der Nutzung, wurde dem Kläger u.a. durch Gerichtsurteil untersagt die Räume als Wohnung zu nutzen. Nunmehr, im vorliegenden Verfahren, verlangte der Kläger die Zustimmung zur Berichtigung der TE dahingehend, dass dem „jeweiligen Eigentümer des Teileigentumsrechts G30 die unentgeltliche, ausschließliche Nutzung der Räume I, II und II sowie der Wasch- und Räume A und B“ zustehe. Das Amtsgericht wies die Klage als unzulässig, das Berufungsgericht als unbegründet ab. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück.

Zunächst wäre eine (gegebenenfalls auch ergänzende) Auslegung der TE vor der Prüfung einer Anpassung derselben nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG zu prüfen. Für die Auslegung maßgebend seien der Wortlaut und Sinn der getroffenen Regelungen in der TE, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergäbe. Umstände außerhalb der TE / des Grundbuchs dürften nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar seien. Eine Nutzung über die mit der Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum verbundene Zweckbestimmung hinaus auf lediglich bestimmte Zwecke müsse sich klar und eindeutig aus der TE bzw. Gemeinschaftsordnung (GO) ergeben. Eine schlichte Bezeichnung in dem Teilungsvertrag (TE) könne allerdings bereits ausreichend sein. Eine Zweckbestimmung ergäbe sich hier aus der Angabe als Abstell-, Wasch- und Trockenraum. Dass bereits zum Zeitpunkt der Teilung in den Räumen 18 Wohnungen vorhanden gewesen seien, wie vom Kläger behauptet, sei nicht für jedermann ersichtlich und von daher nicht berücksichtigungsfähig.

Damit sei eine Prüfung nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG geboten. Zwar sei die sachenrechtliche Zuordnung nicht Gegenstand einer Vereinbarung iSv. § 10 WEG, da diese der Regelung der Innenbeziehung der Wohnungseigentümer untereinander diene, also der Schaffung einer GO, die ähnlich einer Satzung die Grundlage des Zusammenlebens der Wohnungseigentümer bilde. Anders läge dies aber bei der Änderung des Inhalts eines dinglichen Sondernutzungsrechts, da dies die sachenrechtliche Zuordnung unberührt lasse. Gegenstand der Klage sei hier der Inhalt des Sondernutzungsrechts. Der Kläger begehre nicht die Umwandlung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachgeschossräume in Sondereigentum, sondern eine Änderung der Zweckbestimmung, womit das dingliche Recht an den Räumen nicht berührt werde.

§ 10 Abs. 2 S. 3 WEG („Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.“) lasse unter den dort benannten Voraussetzungen  eine abweichende Vereinbarung oder die Anpassung der Vereinbarung zu. Die Kodifizierung der Norm habe gegenüber den bis dahin von der Rechtsprechung verlangten „außergewöhnlichen Umständen“ die Hürde bewusst herabgesenkt, indem nunmehr „schwerwiegende Gründe“ vorausgesetzt würden. Nicht erforderlich sei, dass sich tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich verändert hätten; anwendbar sei dies auch dann, wenn Regelungen der GO von Anfang an verfehlt oder unbillig waren (sogen. Geburtsfehler; vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 19). Die Behebung derartiger, eventuell auch bewusster „Geburtsfehler“ einer GO oder TE zu ermöglichen, sei ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers gewesen.

Schwerwiegende Gründe, die ein Festhalten an der bisherigen Regelung unbillig erscheinen ließen, lägen vor, wenn die von der GO geforderte Zweckbestimmung einer Nutzung der Sondereigentumseinheit entgegenstünde, die nach baulicher Ausstattung der Räume möglich wäre, und wenn ferner objektive Umstände dafür sprächen, dass dem betroffenen Wohnungseigentümer diese Nutzung eröffnet werden sollte. Diese bauliche Ausstattung müsse aber entweder bereits bei Begründung des Wohnungseigentums vorgelegen haben oder im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufteilung vorgenommen und von den übrigen Wohnungseigentümern hingenommen worden sein. Eine eigenmächtige Änderung ohne Zustimmung nach § 22 Abs. 1 WEG wäre nicht ausreichend, da dies auf eigenes wirtschaftliches Risiko erfolge. Ferner müssten objektive Umstände vorliegen, die darauf hindeuten, dass die bestehende Regelung die tatsächliche eröffnete Nutzung der Räume nicht wiedergebe, was z.B. dann der Fall sei, wenn die Kostentragungspflicht in einem Missverhältnis zu der wirtschaftlichen Verwertbarkeit stünde, die gegeben wäre, wenn dieses nur dem Inhalts der TE gemäß genutzt werden dürfe. Ferner müsse die verlangte Änderung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens zulässig sein. Letztlich müsse die nach der bestehenden Zweckbestimmung zulässige Nutzung zu einer erheblichen Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertung führen, die durch die Änderung der Zweckbestimmung behoben werden könne.

Würden die schwerwiegenden Gründe (die vom Berufungsgericht nicht geprüft wurden) bejaht, wäre zu prüfen, welche Interessen der übrigen Wohnungseigentümer gegen die geforderte Anpassung sprächen. Alleine ein abstraktes Vertrauen der übrigen Wohnungseigentümer auf Einhaltung der GO würde die Unbilligkeit iSv. § 10 Abs. 2 S. 3 WEG nicht entfallen lassen. Diesem Vertrauen auf den Bestand würde durch das Erfordernis des schwerwiegenden Grundes Rechnung getragen.

Nach diesen Grundsätzen käme ein Änderungsanspruch des Klägers auf der Grundlage von § 10 Abs. 2 S. 3 WEG in Betracht: Die 18 Wohnungen seien bereits mehr als zwei Jahre vor der Teilung fertiggestellt und vermietet worden; zugewiesen worden sei aber dem Kläger ein Sondernutzungsrecht, das keine Wohnnutzung, sondern nur eine untergeordnete Verwertung der Räume zuließe. Neben der baulichen Ausstattung spräche auch die Größe der dem Kläger zugewiesenen Miteigentumsanteile von 15.013,730/100.000 (dem größten Miteigentumsanteil) und die damit verbundene Kostentragungspflicht, die sich nach der TE nach Miteigentumsanteile richte, was nahelegen würde, dass der wirtschaftliche Wert des Anteils von vorherein in der Wohnnutzung bestanden habe. Dass hier die bestehende Regelung zu einer erheblichen Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertung des Sondernutzungsrechts führe, sei klar.

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung habe besonderes Gewicht, dass die Wohnungen nach dem Vortrag des Klägers bereits seit über 30 Jahren bestanden, ohne dass es Beanstandungen durch die übrigen Wohnungseigentümer gegeben habe. Soweit sich in den letzten Jahren gegen die Wohnungsnutzung gewandt hätten, solle dies nur seinen Grund in der Zweckbestimmung, nicht in möglichen nachteiligen Auswirkungen gehabt haben. Dann aber dürften keine Interessen der übrigen Wohnungseigentümer bestehen, sich der Änderung zu verschließen und den Kläger statt dessen auf eine Änderung des unbilligen Kostenverteilungsschlüssels zu verweisen.

Damit erweise sich das Berufungsurteil als fehlerhaft, welches keine Feststellungen nach § 10 Abs. 3 S. 2 WEG getroffen habe. Allerdings dürfe es nicht „Räume“ heißen, da diese allgemeine Bezeichnung keine Wohnnutzung zuließe; die unbestimmte Bezeichnung „Raum“ würde noch nicht dem Rechtsschutzziel der Wohnnutzung entsprechen (es handelt sich hier ersichtlich um einen bisher von den Instanzgerichten unterlassenen Hinweis an den Kläger nach § 139 ZPO, seinen Antrag entsprechend nach Zurückverweisung zu ändern).

BGH, Urteil vom 22.03.2019 - V ZR 298/16 -

Donnerstag, 8. März 2018

WEG: Fehlende Beschlusskompetenz des Verbandes zum Verlangen auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung


In einem Vorprozess wurde die Kostenverteilungsregelung der Gemeinschaftsordnung des Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Parteien angehören, als unwirksam eingestuft. Einige Miteigentümer haben daraufhin eine Vereinbarung notariell beurkunden lassen, nach der Umlagenschlüssel als auch Regelungen zu Sondernutzungsrechten, Instandhaltungspflichten u.a. geändert wurden. Sie forderten die übrigen Miteigentümer zur notariellen Zustimmung auf. Mit Ausnahme des Klägers waren diese dem nachgekommen. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde dann der auf der Tagesordnung angekündigte Beschluss gefasst, die Hausverwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, außergerichtlich und nötigenfalls gerichtlich die noch fehlende Zustimmung des Klägers einzuholen und durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt. Die zugelassene Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe keine Beschlusskompetenz gehabt. § 23 Abs. 1 WEG regele die Beschlussfassung zu Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder der Vereinbarung (Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) qua Beschluss entschieden werden könne. Es fehle daher an der Beschlusskompetenz, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben sei mit der Folge, dass ein dennoch gefasster Beschluss wegen absoluter Unzuständigkeit nichtig sei.

Vorliegend sei die Hausverwaltung beauftragt und ermächtigt worden, von dem Kläger die Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung  einzuholen und auch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Der Beschluss sei so zu verstehen, dass eine alleinige Ausübungsbefugnis des Verbandes für die Individualansprüche der Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG begründet werden sollte. Nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verlangen, wenn ein Festhalten an der bisherigen Regelung aus besonderen Gründen im Einzelfall unbillig erscheint. Die mögliche Kompetenzgrundlage des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG käme aber vorliegend nicht zum Tragen, da es sich bei § 10 Abs. 2 S. 3 WEG um einen Individualanspruch handele und für einen solchen die Kompetenz des Verbandes nicht begründet werden könne.

Der BGH weist darauf hin, dass § 10 Abs. 6 S. 3 WEG sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung beziehe, nicht aber auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer oder deren individuelle Mitgliedsrechte. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 3 würde dem Einzelnen einen Anspruch im Einzelfall bei besonderen Umständen zuerkennen, der sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Veraltung bezöge, sondern ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem beträfe § 10 Abs. 2 S. 3 WEG den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts, der generell der Vergemeinschaftung entzogen sei. Der Änderungsanspruch diene gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im Innerverhältnis der Wohnungseigentümer und dieser Schutz würde zur Disposition der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Änderungsanspruch auf den Verband gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übertragen könnten.

Die eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung wünschenden  Wohnungseigentümer könnten hier zwecks Vermeidung widerstreitender Entscheidungen gemeinsam klagen oder sich darauf verständigen, dass nur einer klagt. Im übrigen bliebe offen, ob hier überhaupt (gar insgesamt) die beabsichtigten Änderungen Inhalt des Individualanspruchs nach § 20 Abs. 2 S. 3 WEG sein könnten.

BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 305/16 -

Montag, 28. September 2015

WEG: Kauf einer gebrauchten Wohnung begründet keine Rechte der Gemeinschaft gegen Verkäufer bei Mängeln des Gemeinschaftseigentums

Bei einem Kauf vom Bauträger sind  mögliche Mängel- und Gewährleistungsanspruch betreffend das Gemeinschaftseigentum von der Gemeinschaft geltend zu machen; jedenfalls wenn diese den Anspruch an sich zieht, steht dem einzelnen Erwerber kein eigener Anspruch mehr gegenüber dem Bauträger zu.  Dies ist allgemein anerkannt (vgl. BGH vom 23.02.2006 – VII ZR 84/05 -).

Wie aber ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn nicht vom Bauträger erworben wird, sondern eine „gebrauchte Wohnung“ von einem Dritten ? Der BGH hatte einen Rechtstreit zu entscheiden, bei dem das vorerkennende KG eine fehlende Passivlegitimation der Kläger (Erwerber) annahm. Zugrunde lag ein Kaufvertrag eines Wohnungseigentums in einem in den 50er Jahren errichteten Gebäudekomplex. Die Kläger warfen der Beklagten arglistige Täuschung zu Sanierung, Standfestigkeit und Durchfeuchtung, jeweils das Gemeinschaftseigentum betreffend, vor.

Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Vom BGH wurde auf den unterschiedlichen meinungsstand verwiesen und ausgeführt, dass jedenfalls bei Kauf einer „gebrauchten Eigentumswohnung“ unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel und fehlender Vereinbarung einer Beschaffenheitsgarantie der allein nach Kaufrecht zu beurteilende Anspruch auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG fällt. Nur dann, wenn der Anspruch unter dieser Norm zu subsumieren wäre, wäre die Geltendmachung des Anspruch dem einzelnen Wohnungseigentümer (hier Erwerber) versagt,

Zur Begründung verwies der BGH daraus, dass eine nach § 10 WEG notwendige Gemeinschaftsbezogenheit nur angenommen werden könne, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder der Schuldner an einer einheitlichen Rechtsverfolgung die individuellen Interessen des Rechtsinhabers deutlich überwiegen würden. So würden bereits, anders als bei einem Bauträgervertrag, keine gleichgerichteten Interessen mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer existieren. Auch gebiete hier nicht der Schuldnerschutz eine einheitliche Rechtsverfolgung, da typischerweise die Kaufverträge über „gebrauchte“ Wohnungen durch verschiedene Verkäufer geschlossen würden; der werkvertragliche Schadensersatzanspruch des Erwerbers unterscheidet sich von dem kaufvertraglichen dadurch, dass im Werkvertrag den Bauträger die Erfolgshaftung treffe, demgegenüber im Kaufrecht der individualisierte Marktwert (bei dem sich ein Mangel am Gemeinschaftseigentum im Verhältnis der Anteile an der WEG auf das erworbene Wohnungseigentum niederschlägt) entscheidend ist.


BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 167/14 -