Mittwoch, 1. Juni 2016

Fitnessstudio: Zur Rechtzeitig einer Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes

Die Beklagte schloss mit der Klägerin einen Vertrag über die Nutzung eines von der Klägerin betriebenen Fitness-Studios. Der Vertrag vom 03.03.2014 sollte auf 24 Monate laufen. Mit Schreiben vom 13.08.2014 kündigte die Beklagte den Vertrag fristlos. Sie behauptete eine (dauerhafte) Sportunfähigkeit und legte ein Attest vor, demzufolge die Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2016 bestehen soll. Die Klägerin widersprach der Kündigung und klagte das vertraglich vereinbarte Nutzungsentgelt bis zum Zeitpunkt des möglichen Vertragsendes ein. Die Klage war erfolgreich.

Das Amtsgericht hat auf sich beruhen lassen, ob die behauptete Erkrankung als solche eine fristlose Kündigung des Vertrages mit dem Fitnessstudio rechtfertigen könne. Denn auch wenn dies unterstellt würde, wäre die darauf gestützte Kündigung nicht beachtlich. Entscheidend sei, dass nach § 314 Abs. 3 BGB der Berechtigte eine fristlose Kündigung nur in angemessener Frist erklären kann, die hier nach § 626 Abs. 2 BGB zwei Wochen betrage und mit Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgeblichen Umstände beginne. Da in dem Attest vom 31.07.2014 die angebliche Sportunfähigkeit der Beklagten ab dem 11.06.2014 bescheinigt wurde, ist auch davon auszugehen, dass dies der Beklagten bekannt gewesen wäre. Damit wäre die Kündigung erst zwei Monate nach Kenntniserlangung erfolgt und mithin wegen Versäumung der Frist unwirksam. Die Beklagte wäre auch beweisfällig für ihre Behauptung geblieben, erst seit dem 31.07.2014 die ausreichende Kenntnis gehabt zu haben.


AG Langen, Urteil vom 30.05.2016 – 55 C 172/15 (11) -

Aus den Gründen:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 888,91 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jewei ligen Basiszinssatz aus jewei ls 11;83 seit dem 30.09.2014, 07.10.2014, 14.10.2014 und 28.10.2014 sowie aus 841,59 seit dem 04.11.2014 sowie die Bankrücklastschriftkosten in Höhe von 33,28 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jewei ligen Basiszinssatz seit dem 24.05.2015, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jewei­ ligen Basiszinssatz seit dem 24.05.2015 und Mahnkosten in Höhe von 5 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins­ satz seit dem 24.05.2015 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des je­ weils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 1.069,75 festgesetzt.




Tatbestand:


Die Klägerin betreibt in Heusenstamm ein Fitnessstudio und macht gegen die Beklagte Nut­zungsentgelt für das Fitnessstudio für die 40., 41., 42 . und 44 Kalenderwoche 2014 sowie für den Zeitraum 45. .Kalenderwoche 2014 bis Vertragsende (2.3.2016) geltend. 

Die Beklagte unterzeichnete am 03.03.2014 bei der Klägerin einen Nutzungsvertrag mit Be­ ginn zum 03.03.2014 mit einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten mit Verlängerung um jeweils 12 Monate wenn nicht mit einer Frist von 13 Wochen vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.
Das wöchentliche Nutzungsentgelt in Höhe von 11,83 ist im Voraus fällig . Der Beitrag erhöht sich jeweils zum 01.01. eines Jahres um 29 Cent pro Woche. Der wöchentliche Beitrag be­ trägt somit im Jahr 2015 12,12 und im Jahr 2016 12,41 .
Im Vertrag ist vereinbart , dass für den Fall, dass der Nutzer mit mehr als 4 Abbuchungen in Verzug kommt, der komplett ausstehende Betrag bis zum Ende der Laufzeit auf einmal ange­fordert und zur Zahlung fällig wird.
Wegen des konkreten Inhalts des Vertrages wird auf den Nutzungsvertrag (BI. 12 d. A.) ver­wiesen.

Die Beklagte erteilte der Klägerin bei Vertragsabschluss einen Abbuchungsauftrag zum Ein­zug der Beiträge.

Mit Schreiben vom 13.08.2014 erklärte die Beklagte fristlos kündigen zu wollen wegen Sport­unfähigkeit und legte ihrem Schreiben ein ärztliches Attest vom 31.07.14 bei, in dem der   Beklagten eine seit 11.06.2016 bestehende Sportunfähigkeit attestiert wird. Wegen des konkre­ten Inhalts des Attestes wird auf BI. 44 d. A. verwiesen .

Mit Schreiben vom 27.08 .14 bestätigte die Klägerin den Eingang des Kündigungsschreibens und widersprach der Kündigung mit der Begründung, dass das Attest keine Laufzeit und keine Diagnose beinhalte.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass ihrer Ansicht nach keine Angabe der Laufzeit und  der Diagnose erforderlich sei, übersandte der Klägerin jedoch ein weiteres fachärztliches At­ test vom 14.10.2014, in welchem die Beklagte als dauerhaft sportunfähig wegen cholinger­ gen Urticaria" (Nesselfieber) beschrieben wird .

Die Beklagte ließ das von der Klägerin eingezogene Nutzungsentgelt betreffend der 40. KW 2014, der 41. KW 2014, der 42. KW 2014 und der Wochen 44. KW bis einschließlich 1. KW 2015, mithin insgesamt 13x von ihrer Bank zurückbuchen . Hierfür sind der Klägerin pro Rück­buchung Rücklastschriftgebühren in Höhe von 2,60 pro Rückbuchung, mithin insgesamt 33,28 entstanden.

Mit Schreiben vom 26.11.2014 und 28.01.2015 mahnte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.02.2015 forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Zahlung der Beiträge für die 40., 41., 42. Und 44. KW 2014 sowie für den Zeitraum 45. KW 2014 bis zum 02.03.2016 (Vertragsende) in Höhe von insgesamt 888,91 €, sowie der Rück­lastschriftkosten in Höhe von 33,28 , Mahnkosten in Höhe von 5 und vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 124 auf und setzte der Beklagten eine Frist bis zum 05.03.2015.

Die Beklagte leistete keine Zahlung.

Die Klägerin Ist der Ansicht , die Kündigung der Beklagten sei unwirksam, da sie nicht inner­halb angemeener Frist gemäß § 314 Abs. 3 BGB erklärt worden sei. Im Übrigen sei die Kündigung treuwidrig, da die Beklagte von ihrem Nesselfieber bereits bei Abschluss des Ver­trages gewusst habe.

Die Klägerin behauptet, Nesselfieber stelle keine unheilbare Erkrankung dar, sondern die Ur­sache  könne,  sobald sie gefunden werde, ausgeschaltet  und die Krankheit geheilt werden .

Durch die Einnahme von entsprechenden Medikamenten vor dem Sport würden die Symptome der Krankheit ausbleiben .

Die Klägerin beantragt, 

die Beklagte zu verurteilen , an die Klägerin 888,91 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent­ punkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz aus jeweils 11,83 seit dem 30.09.2014 07.10.2014,   14.10.2014  und  28.10.2014  sowie  aus  841 ,59  €  seit   dem
04.11.2014 sowie 162,28 € vorprozessuale Kosten zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent­ punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.

 Die Beklagte beantragt

      die Klage abzuweisen.

Simacht widerklagend ihre vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend und beantragt, 

die Klägerin zu verurteilen , die Beklagte von der außergerichtlichen Gebührenforderung ih­res Prozessbevollmächtigten in Höhe von 147,56 freizustellen.

Die  Klägerin beantragt ,

die Widerklage abzuweisen .


Die Beklagte behauptet, sie habe von ihrer Sportunfähigkeit erst mit Überreichung des Attes­ tes am 31.07.2014 erfahren. Die Kündigung sei somit weder verfristet noch treuwidrig.

Die Kündigung sei wirksam , da ihr ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zustehe, da sie unter Nesselfieber leide und deshalb auf unbestimmte Zeit  keinen Sport mehr treiben könne.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig und begründet. Die Widerklage ist zulässig aber  unbegründet.


Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus dem Fitnessstudiovertrag vom 03.03 .2014 einen An­ spruch auf Zahlung der geltend gemachten Beiträge für den Zeitraum 41., 42 . und 44. Kalen­ derwoche in 2014 sowie für den Zeitraum 45. Kalenderwoche  in 2014 bis zum Vertragsende am 02.03 .2016 in Höhe von insgesamt 888,91 .

Zwischen den Parteien bestand für den streitgegenständlichen Zeitraum ein wirksames Ver-­ tragsverhältnis, das die Beklagte zur Zahlung der vereinbarten Beiträge verpflichtet, denn der Vertrag ist von der Beklagten nicht wirksam außerordentlich gekündigt worden .

Ob überhaupt ein außerordentlicher Kündigungsgrund , mithin Sportunfähigkeit auf unbe­stimmte Zeit wegen Nesselfieber, vorlag, konnte dahingestellt bleiben, da die für  das Vorlie­gen der Kündigungsvoraussetzungen beweisbelastete Beklagte das Gericht bereits nicht da­von überzeugen konnte, dass sie die Kündigung in angemessener Frist erklärt  hat.

Gemäß § 314 Abs. 3 BGB kann der Berechtigte eine fristlose Kündigung nur in angemesse­ner Frist erklären. Die angemessene Kündigungsfrist beträgt im streitgegenständlichen Fall gemäß § 626 Abs. 2 BGB zwei Wochen und beginnt mit Kenntniserlangung der für die Kündi­gung maßgeblichen Umstände.

Das Kündigungsschreiben der Beklagten datiert vom 13.08.2014 und verweist auf ein ärztli­ ches Attest vom 31.07.2014 , in dem der Beklagten eine Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2014 attestiert wird. Das Attest , das eine Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2014  attestiert, ist ein  Indiz dafür, dass der Beklagten bereits seit dem 11.06.2014 ihre Sportunfähigkeit - deren Vor­liegen unterstellt - auch bekannt war, zumindest dürfte die Sportunfähigkeit bereits am 11.06.2014 Thema zwischen ihr und ihrem Arzt gewesen sein. Aus welchen Gründen sollte sonst der Arzt in einem am 31.07.2014 ausgestellten Attest aufnehmen, dass eine Sportunfä­higkeit bereits am 11.06.2014 bestand. Eine Kündigung zwei  Monate später  am  13.08.2014  ist keine Kündigung in angemessener Frist. Die Beklagte konnte auch  nicht beweisen,  dass  sie erst seit Übergabe des Attestes am 31.07.2014 von einer Sportunfähigkeit gewusst habe. Die Beklagte ist beweisbelastet für das Vorliegen der Voraussetzungen einer wirksamen Kün­digung, mithin auch für die Kündigungserklärung innerhalb angemessener Frist (Gaier  in MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016 , § 314 Rn. 27; Weidenkaff in Palandt, BGB, § 626 Rn. 6). Die Be klagte ist beweisfällig  geblieben, da sikeinen  Beweis für  ihre  Kenntnierst  am 31.07.2014 angeboten hat. Es war deshalb davon auszugehen , dass sie bereits seit dem 11.06.2014 von der von ihr behaupteten Sportunfähigkeit wusste -

Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Rücklastschriftgebühren in Höheon 33,28 folgt aus §§ 280 Abs . 1, 241 Abs. 2, BGB i. V. m. dem Fitnessstudiovertrag ..

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von ·Veugszinsen, vorgerichtliche Rechtsanwalts­ kosten sowie Mahnkosten folgt aus §§ 280 Abs. 1 .und 2, 286 (i. V. m. § 288 Abs. 1) BGB.

Die Widerklage war abzuweisen, da die Beklagte keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte berechtigterweise ihre Ansprüche auf Zahlung der Beiträge geltend  gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige  Vollstreckbarkeit  hat  seine  Rechtsgrundlage  in  §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert entspricht der Summe der klageweise geltend gemachten  Fitnessstudiobeiträge i. H. v. 888,91 und der Rücklastschriftgebühren i. H. v. 33,28 sowie der Widerklageforde­rung i. H. v. 147,56 €. Die Widerklageforderung wirkt streitwerterhöhend , da sie als Hauptfor­derung und nicht als Nebenforderung geltend gemacht worden  ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen